Verhaltenstherapie bei Depressionen?

Begonnen von Leon, 20 April 2010, 14:27:55

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Leon

Hallo alle,

mein Neurologe empfiehlt mir dringend eine VT. Nun bin ich beim Nachfragen zufällig an eine Psycho-Analytikerin geraten, die mir sagte, sie sei gegen die VT bei Depressionen.

Was spricht für, was gegen VT bei Depressionen? Auf eine Psychoanalyse habe ich keine große Lust, weil es mir eigentlich egal ist, wann meine Mutter mich das erste Mal auf den Topf gesetzt hat  ;)

Allerdings wüsste ich doch gerne, ob der Rat einer VT durch meinen Neurologen oK ist oder nicht. Ich werde auf jeden Fall weitersuchen in Richtung VT (die Wartezeiten sind enorm in da-wo-ich-wohne).

Was ist Eure Meinung?

Ina

Hallo Leon!

Die Frage ist in der Tat schwierig zu beantworten. Es gibt verschiedene Formen
von Depressionen. Dazu kommt es eben auch auf die Auslöser und die aktuellen
Symptome an. Dein Neurologe hat sich sicher etwas dabei gedacht, als er Dir
eine Verhaltenstherapie empfohlen hat!

Wenn Du aber noch eine zweite Meinung hören möchtest, wäre es am besten,
wenn Du Dich zu einem Psychiater überweisen ließest. Die können oft besser
entscheiden, was sinnvoll ist.


Liebe Grüße,
Ina


Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

ruach

lieber leon,
und auch liebe ina und wohlstandspudel,

ich denke, man muss einiges ein wenig präziser fassen, was die therapieformen angeht...
vt oder analyse - das hängt nicht nur von der form und schwere der depression ab, sondern auch von der persönlichkeit des oder der erkrankten, von der einsichts- und mitarbeitsfähigkeit und dem, was man 'compliance' nennt, nämlich dem willen, sich einzulassen oder eben nicht.

problematisch ist, dass seitens der kostenträger häufig eher eine vt denn eine analyse genehmigt wird - ist eine reine kostenfrage. und wegen des drängens der kostenträger wird häufiger vt verordnet, als es vielleicht gut wäre...

analyse ist darauf ausgerichtet, in erlernte gefühlsmuster und verhaltensstrukturen hineinzugehen und ihre wurzeln offen zu legen. der meiste teil der prägung erfolgt nun einmal frühkindlich (aber leon, es geht wirklich nicht darum, wann deine mutter dich zum ersten mal auf den topf gesetzt hat^^), demzufolge muss jemand für eine analyse so mutig sein, in die regression zu gehen, d.h. frühe phasen 'nachzuerleben' gewissermaßen, um von dort aus zu erkennen und zu verarbeiten. das schafft nicht jede(r) und es ist ein naturgemäß langwieriger prozess. vereinfacht gesagt nähert sich die analyse den 'warum'-fragen.

vt ist darauf ausgerichtet, bestimmten situationen durch verhaltensänderung gesünder zu begegnen. bildlich gesprochen: eine gute vt stellt dir eine art 'werkzeugkoffer' zur verfügung, aus dem du in einer konkreten situation etwas 'herausnehmen' kannst. verhalten kann man einüben, um dann 'altes' verhalten durch 'neues' ablösen zu können.
vereinfacht gesagt nähert sich die vt den 'wie'-fragen und stellt die 'warums' in den hintergrund. menschen, die sich darauf einlassen können, nicht für sich 'wissen zu müssen', warum es mir so geht, wie es mir geht, sind in einer vt erheblich besser aufgehoben als solche, die es gewohnt sind oder nicht abstand davon nehmen können, den dingen 'auf den grund gehen' zu wollen.

wenn du die frage nach der bedeutung des 'wie' und des 'warum' für dich klären kannst, bekommst du auch eine idee davon, was besser zu dir passt. vt führt dann, wenn du dich darauf einlassen kannst, deutlich schneller zu 'behandlungserfolgen' als eine analyse.

es sollte nur klar sein, dass die vt nicht rein aus kostengründen empfohlen wird. weil es der standard so vorsieht.

zu therapiebeginn besteht in der anamnesesitzung und den sog. 'probatorischen sitzungen' überdies die möglichkeit, nicht nur herauszufinden, ob du mit dem therapeuten oder der therapeutin klar kommst, sondern auch zu klären, was genau du von der therapie erwartest und auf welcher grundlage vt eingesetzt werden soll (siehe pudels hinweis auf persönlichkeitsstörungen - es müssen nicht 'ausgewachsene' störungen vorliegen, aber depressionen und zumindest persönlichkeitsschwächen reichen sich häufiger die hand).

ich schließe mich ina an, dass du sicher gut beraten bist, eine zweite meinung durch einen psychiater oder eine psychiaterin einzuholen (und eher NICHT durch eine/n psychologen bzw. -in, denn die sind KEINE ärztinnen und ärzte - und zur diagnosefindung ist ein arzt deutlich empfehlenswerter, zudem er im gegensatz zu einer psychologin ggf. auch medikamentieren darf).

und zu den wartezeiten: die sind schlicht überall enorm bis nahezu unerträglich lang, das hat leider nichts mit deinem wohnort zu tun. das gilt im übrigen für alle therapieformen (es gibt ja noch mehr als nur analyse oder vt).

ich wünsche dir viel erfolg
ruach