Sprechblockaden bei Jugendlichen oder generell

Begonnen von Adrenalinpur, 26 Juni 2015, 23:12:03

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Adrenalinpur

weiss jemand etwas darüber oder ist euch das bekannt?

Ina

Hallo Adre,

was genau meinst Du mit Sprechblockaden? Dass man gehemmt ist, über bestimmte Dinge – im speziellen über Probleme – zu sprechen? Das kennen hier wohl ziemlich viele...

Ich denke, dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Je nachdem, worum es geht können dies z.B. Scham oder die Angst vor Ablehnung, Unverständnis und negativen Reaktionen sein. Nehmen wir mal als Beispiel eine Jugendliche, die unter Magersucht leidet und vielleicht selber nicht so genau weiß, warum sie hungern "möchte": Sie weiß wahrscheinlich, dass ihr Essverhalten nicht der "Norm" entspricht, weil es in ihrem Bekannten- und Freundeskreis niemanden gibt, der sich auch nur annähernd so viele Gedanken um seine Ernährung und das ganze "Drumherum" macht wie sie – sie weiß also, dass sie ein Problem hat oder fühlt sich einfach "unnormal" und schämt sich dafür, weshalb sie natürlich auf keinen Fall auffallen möchte. Sie fühlt sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht wohl in ihrer Haut, kann sich aufgrund ihrer Probleme nicht leiden und hat vermutlich ganz viel an sich zu bemängeln (nicht nur an ihrer Figur). Nach außen hin möchte man so etwas ungern zeigen, schließlich möchte man in dem Alter gerne möglichst viele Freunde haben und definiert sich vielleicht sogar dadurch, wie "beliebt" man bei anderen ist und glaubt, man könne sich selbst mehr mögen, wenn andere dies tun. Die magersüchtige Jugendliche glaubt, es könne sie ohnehin niemand verstehen (wie auch, wenn sie es selbst nicht tut?) und schweigt aus Scham und Angst, wegen ihrer Probleme und ihrer "Andersartigkeit" abgelehnt und ausgegrenzt zu werden. Wenn ihre Eltern oder Lehrer sie darauf ansprechen, wird sie das Ganze herunterspielen oder Ausreden vorschieben, nur um keine Schwäche zu zeigen. Selbst wenn sie weiß, dass sie Hilfe braucht und sich danach sehnt, mit jemandem über ihre Probleme zu sprechen, kriegt sie aus oben genannten Gründen kein Wort raus, hat Hemmungen, fühlt sich blockiert. Es fällt dann einfach unheimlich schwer, sich zu öffnen und jemandem anzuvertrauen. Eigentlich möchte sie reden, aber sie "kann" oder traut sich einfach nicht.

Anderes Beispiel: In manchen Familien wird Kindern schon ganz früh beigebracht, besser nicht über Probleme zu sprechen – ganz nach dem Motto "Was sollen denn die Nachbarn denken?", "Hauptsache immer einen guten Eindruck machen" und "Nur nicht negativ auffallen". Nach außen hin wird also immer schön gelächelt und "heile Welt" vorgespielt, Probleme werden unter den Tisch gekehrt. Die Eltern leben es vor, die Kinder übernehmen es und denken, dass es so richtig ist. Solche Verhaltensmuster prägen sich ein und können sich durch das ganze Leben ziehen. Wenn man es so gelernt hat, fällt es auch im Erwachsenenalter schwer, anders zu handeln, selbst wenn man alt genug ist, um zu wissen, dass dadurch Probleme entstehen können und es einem selbst auch nicht immer gut tut. Wer es so gelernt hat, wird auch dann noch versuchen, die Dinge (erstmal) mit sich selbst auszumachen und lieber etwas "halb so Schlimmes" vorschieben, als direkt die Karten auf den Tisch zu legen. Dadurch sollen Konflikte vermieden und die (vermeintliche) Harmonie gewahrt werden; Auseinandersetzungen wird bewusst aus dem Weg gegangen, weil man Angst vor diesen hat, da man nie gelernt hat, "wie das geht" und dass es okay ist, wenn nicht immer alles rund läuft, es einem mal nicht gut geht und man nicht mit jeder Situation und jedem Problem umgehen kann. Schwäche zu zeigen bedeutet, sich verletzbar und angreifbar zu machen – und da einem die Meinung anderer aufgrund der erlernten Denkweise wichtig ist, ist man in der Hinsicht sehr sensibel und teilweise wohl auch nicht besonders kritikfähig, sodass man Kritik schnell als Angriff auf die eigene Person versteht. Auf das Thema Sprechblockade bezogen, bedeutet das dann soviel wie: Lieber erstmal schweigen und versuchen, die Probleme im Stillen zu lösen – Hauptsache man funktioniert irgendwie und keiner merkt einem etwas an – und dazu gehört dann meist auch ein "Bei mir ist alles okay", wenn man gefragt wird, ob etwas nicht stimmt oder einen etwas belastet. Das passiert nicht unbedingt immer ganz bewusst – dieses Vorgehen in Problemsituationen hat sich über die Jahre einfach so eingeprägt bzw. den betreffenden Menschen geprägt und die damit zusammenhängenden Ängste sind so stark in ihm verankert, dass er einfach nicht anders "kann".

Sprechblockaden können so viele Ursachen haben und ganz unterschiedlicher Natur sein... Manchmal tut auch einfach "nur" die Wahrheit zu weh, um sie aussprechen zu können... Man flüchtet durchs Schweigen und Verdrängen vor der Realität, weil man sie einfach nicht wahrhaben will – würde man sie aussprechen, wäre alles noch viel schmerzhafter, weil man es sich ganz klar vor Augen führen würde.

Grundsätzlich denke ich, dass es immer mit den Erfahrungen zu tun hat, die man im Laufe der Zeit (allgemein oder hinsichtlich einer bestimmten Thematik / Situation) gemacht hat. Abgesehen von der eigenen Stabilität, Kritikfähigkeit und wie man mit "schwierigen" Dingen / Situationen / Gefühlen umgeht, spielen sicher auch das Vertrauensverhältnis sowie der Rückhalt im Freundeskreis und in der Familie eine wichtige Rolle dafür, ob man sich gut öffnen und über sich selbst reden kann oder nicht. Sprechblockaden, die sich nur auf bestimmte Themen beziehen, liegen häufig Ängste, Unsicherheit, Selbstzweifel oder auch Scham zugrunde. Das ist ganz individuell, hängt von der Person, dessen Umfeld und Erfahrungen sowie dem jeweiligen Problem als solchem ab.

Ich finde, das sind alles ganz logische Prozesse. Leider ist es oftmals aber sehr schwer, dagegen anzukämpfen, vor allem wenn man es von klein auf so gewohnt ist oder man seine Gedanken und Gefühle aus anderen Gründen schon seit Jahren vor anderen zurückhält. Aber man kann es lernen – unmöglich ist es nicht!


Lieben Gruß

Ina
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Adrenalinpur

Danke Ina ich lese mir das genau durch
es geht um einen Jungen der Leukämie hat
es scheint aber aufwärs zu gehen

danke

Adrenalinpur

mit vielen Krisen
und ich glaube er ist einfach "sprachlos" weil er sein Schicksal annimmt aber drüber reden will er nicht
bevor er krank war war es nicht so soweit ich weiss

ich bewundere seine Tapferkeit
und denke er man sollte ihn einfach gernhaben so wie er ist
gute Nacht

Adrenalinpur

sein Krebs rezidiviert und er bekommt wieder
Chemo

was will man machen?

und ich wäre auch an seiner Stelle sprachlos

und ich bewundere ihn sehr

Adrenalinpur

und er hat wieder Rückfälle

er war nie wirklch ein Jugndlicher mit alle den Freuden und Abenteuern

ich verstehe sein Schweigen jetzt

er will nicht klagen nicht weinen nicht fragen beantworten
was gäbe es auch zu antworten

ich schliesse ihn in meine Gute Nachtgedanken

Adrenalinpur