Unter deiner Sonne

Begonnen von AHunter, 05 Februar 2015, 00:08:44

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

AHunter

Unter deiner Sonne


Will ich etwas verteidigen? Mich selbst vielleicht, oder nur den Versuch
unternehmen, hinfort- wie zurückzugehen?
Ich zog aus, für ein Land, einen Gedanken, für einen Sieg über alles und jeden,
immer aus dem Antrieb heraus, zu beschützen.
Die Wangen meiner Tochter gestreichelt, die Tränen meiner Frau getrocknet,
nur zum Abschied hin, so wurde es mir schwer im Herzen, so schwer, wie es
mich für den Moment aufleben lies.

Letzter Zustrom, letzter Gedanke, fest umgriffen im Glaube, sie bald wieder-
zusehen. Malte mir vieles aus, malte mit Sehnsucht Farben hell leuchtend über
den Himmel, doch darunter in Angst und Schrecken nur reinste Düsternis.

Wollte heimkommen, wollte sie wiedersehen, wollte es nur mehr überleben,
doch was dann? Sah ich, was Stolz und Verblendung mit sich führten.
Überleben, für sie beide, doch für mich dies hier mit mir nehmen, mit sich tragen,
was hier geschehen. Brennende Wunden, Aufopferung, Vernichtung.
Auf jeden Centimeter gab es nur Verdammnis, Blut, ein Meer aus Schlamm
und Vergeltung. Und daneben wir.

"Bitte, Papi, halt die Sonne hoch, man darf sie nicht verlieren."
Doch so wie es hier steht, ist sie wohl schon lange begraben.
In Rauchschwaden, unter Donnergrollen der Geschütze.
Gibt es nur Nacht, gibt es nur Finsternis und diesen einen Graben, in dem wir
zu viert, zu fünft, hoffentlich wirklich noch zu fünft, nein, nur mehr zu viert
wachend.
Ein Graben geschlagen in unsere Herzen, Gedanken sind so klein geworden,
dass man sie nur mehr überhört.

Was verteide ich hier? Mein Leben vielleicht, oder doch die Angst und Furcht
vor dem Morgen? Vor einem weiteren, vor keinem weiteren. Vor dem Erwachen,
bei euch, ohne auch nur ein Wort zu finden, nur ein Wort zu verlieren.

Scheint alles verloren, Verzweiflung rinnt meinen Wangen feucht hinab.
Niemand mehr hier, der mich erretten könnte, der für mich auszieht, hinaus
in diese Schlacht, um Land, um Gerechtigkeit, um Ehrgefühl, in dieses Gemetzel,
an Menschen und Menschlichkeit.
So schmerzt meine Brust, mein Herz es bricht.
Weiss nicht mehr aus, noch ein.
Bis ein Leuchten, ein Strahlen mich zu leiten sucht.
Ein Geschoss, das zerborsten, ein Projektil, das zersprengt?

Nein, es ist etwas anderes, es ist sie.
Die Sonne, ich seh sie wieder, mein Kind!
Dein Papa wird sie beschützen, wird sie für dich hochhalten.
Mögt ihr mir verzeihen, für diese eine Lüge. Werde nicht mehr wiederkehren,
doch meinen Mut, den Grund, niederzugehen, den Kampf zu enden, habe ich
gefunden.
Ja, ich verteidigte erst meine Eitelkeit und dann meine Furcht, doch nun strebe
ich nach ihr, nach euch, nach dem Ende, nicht in Verblendung, nicht in einem
Anstoss von Verwirrung dieses Krieges, sondern nach dem Licht in meinem Herzen.

Es tut mir Leid, mein Kleines, dass ich glaubte, die Sonne sei verloren und schon
längst erloschen. Das werde ich nie wieder zulassen.
Zwar wird dieses Leben enden, doch das Licht wird fortbestehen.
In Kamerad, wie in Feind, gespiegelt in den Meeren der Trauer und Traurigkeit.
In einer Zukunft, die wir weitergeben. So lege ich meine Waffe nieder.
Schreite in den Kugelhagel, um zu zeigen, dass wir Mensch, dass wir müde und
frierend, durchnässt und am Bluten.
Es ist egal, wer stirbt, denn wir sind schliesslich alle Menschen.
Wir kämpfen alle für ein Heim, unter deiner Sonne, mein Kind.
Leb wohl, dein Papa.

Ina

Lieber AHunter,

wie die meisten Deiner Texte, spricht mich auch dieser wieder sehr an! Stilistisch wie inhaltlich, wobei Letzteres wohl immer auch eine Frage der persönlichen Interpretation des Geschriebenen ist. Ich denke nicht, dass ich jedes Deiner Worte verstehe und so deute, wie Du es gemeint hast. Oft ist es ja ohnehin schwierig, zu erkennen, was die "wahre" Aussage eines Textes oder Gedichtes ist bzw. was der Autor wirklich ausdrücken wollte, wenn man diesen nicht kennt. Vielleicht ist das aber auch gar nicht so wichtig, solange man seine Leser trotzdem auf irgendeine Weise erreicht!

Ich verbinde einige Passagen aus Deinem Text mit ganz persönlichen Gedanken, Erlebnissen und Menschen, die in meinem Leben eine Rolle spielen oder gespielt haben. Und so, wie ich es für mich interpretiere, gefällt es mir und ich kann Parallelen zu vergangenen Situationen erkennen, die mit ähnlichen Gedanken einhergingen und mich somit in mancher Hinsicht sogar darin wiederfinden – von daher hat es eine Bedeutung und einen Wert für mich!

Wie dem auch sei, eigentlich wollte ich Dir nur sagen, dass mich Deine Zeilen wieder einmal berührt haben und ich Dir fürs Posten danke!


Alles Liebe
(und hör bitte niemals auf zu schreiben!)

Ina
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Adrenalinpur

@Ina

ich nehme an du hast aus fiktiven Gedanken deines Vaters geschrieben

ich zitiere und er ist wunderschön!

"Zwar wird dieses Leben enden, doch das Licht wird fortbestehen.
In Kamerad, wie in Feind, gespiegelt in den Meeren der Trauer und Traurigkeit.
In einer Zukunft, die wir weitergeben. So lege ich meine Waffe nieder.
Schreite in den Kugelhagel, um zu zeigen, dass wir Mensch, dass wir müde und
frierend, durchnässt und am Bluten.
Es ist egal, wer stirbt, denn wir sind schliesslich alle Menschen.
Wir kämpfen alle für ein Heim, unter deiner Sonne, mein Kind.
Leb wohl, dein Papa."

Er wird immer deine Sonne sein Ina - wie mein Papa halte ihn tief im Herzen!

Adrenalinpur

Für Ina, Mein Papa würde schreiben:

"Träume von deinem Eselbaby und den Hasen im Schnee, den Igeln denen wir
ein Heim gebaut haben aus Ästen und Moos
die Steine die wir aus den Tiefen des Waldes geholt haben, für unseren
Steingarten, den Teich mit den Fischen und Fröschen die Schwalbe die ich
aufgehoben habe die an der Telefonleitung hängengeblieben war ich legte
sie in deine Hände und du bist mit ihr in den Eselstall gegangen und sie
starb dort in deinen Händen, du hast sie begraben. Der Esel sah zu. Von
den Lagerfeuern. Träume davon dass der Hänfling bei mir ist und der Bub
der bei mir im Krankenhaus war, dem ich vorlas wie sein Opa - wird gross
und durch das Leben gehen. Eine Zeit habe ich ihm aus meinem Herzen
geben können. Meine Zeit ist jetzt da draussen .... "


Ina

@ Adre:

Das ist lieb von Dir, aber an meinen Vater habe ich beim Lesen von AHunters Gedicht gar nicht gedacht.

Zum einen lebt mein Vater noch, zum anderen ist er nie meine Sonne gewesen und ich glaube ehrlich gesagt auch nicht, dass er sie jemals noch sein wird.

Aber Du, Adre, behalte ihn tief im Herzen, Deinen Papa! :)
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Adrenalinpur

Ahunter schrieb das mit dem Papa sorry