Das Zwiegespräch

Begonnen von DreiPunkte, 20 Januar 2015, 13:15:06

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DreiPunkte

Das Zwiegespräch
zwischen Selbstvertrauen (V) und Selbstzweifel (Z)

V: Hey Selbstzweifel. Alles klar bei dir?

Z: Hi Selbstvertrauen. Ach lass mich in Ruhe. Alles blöd.

V: Was ist passiert? Komm erzähls mir, dann geht's dir sicher wieder besser.

Z: Ich bin heute morgen aufgestanden. Hab mich so klein gefühlt im Gegensatz zu dir. Du bist da rumgesprungen und hast dich auf den Tag gefreut. Heute war doch der erste Arbeitstag in der neuen Abteilung. War etwas neidisch auf dich, weil ich einfach nicht so motiviert und kraftvoll wie du sein kann.

V: Ach Selbstzweifel. Glaub mir, für dich ist es besser, wenn du nicht so groß und stark bist. Es liegt in deiner Natur. Gesund ist, wenn du zwar da bist, aber nie auch nur annährend so präsent wie ich.

Z: Ja toll. Du hast gut reden. Du sagst mir, ich soll auf der Strecke bleiben? Das sei für alle das Beste?

V: Halt, halt! Du verstehst das falsch. Du sollst immer genauso präsent sein wie ich! Wir sind beide wichtig. Doch es ist so, dass wir uns die Arbeit teilen. Du bist gar nicht dafür gemacht, im Vordergrund zu stehen. Deine Aufgabe ist, mich zu bremsen. Mensch, du weißt doch, wie stürmisch ich sein kann.

Z: Versteh ich schon. Ich pass quasi auf dich auf.

V: Genau. Du stärkst mir den Rücken. Wenn ich zu übermütig werde, greifst du ein und hilfst, dass wir lieber noch mal nachdenken. Ohne dich, wäre ich schnell total unsympathisch und man würde mich Arroganz nennen.
Wichtig ist einfach, dass du dich im Hintergrund hälst und mich nicht ausbremst.
Schau dich mal an. Du bist doch gar nicht dafür gemacht, im Mittelpunkt zu stehen. Der Körper und die Seele gehen kaputt, wenn du zu dominant bist. Dann sterbe ich mit der Zeit.
Willst du das? Ich denke, wir sind Kumpel?

Z: Klar sind wir das. Es ist nur... Ich mag ja gar nicht immer so im Mittelpunkt stehen. Aber ich möchte eben auch einfach beachtet werden und ab und an wichtiger als du sein.

V: Hey, du beschreibst genau das, wie es sein sollte.
Es gibt Tage und Situationen, da ist es verdammt wichtig, dass ich klein werde und du wächst. Da musst du alles in die Hand nehmen und naja, wie du weißt, verkriech ich mich dann gerne mal in eine dunkle Ecke.

Z: Du meinst also, ich bin nicht nur ein kleines Licht, das sich nur verstecken muss?

V: Genau. Davon rede ich doch die ganze Zeit.
Jetzt erzähl mal weiter von deinem Tag, ja?

Z: Nachdem ich aufgestanden bin, überlegte ich mir, was ich anziehen sollte. Wollte doch nach der Auszeit gut bei den Kollegen ankommen. Aber ich hatte schon die ganze Nacht gegrübelt, ob ich in meiner neuen Hose wirklich gut aussehe. Was ist, wenn alle über mich lachen? Ist grün nicht doch etwas zu gewagt?

V: Ach was, das steht dir doch super. Mach dir keinen Kopf wegen solchen Kleinigkeiten.

Z: Das sagst du so einfach. An dir sieht ja auch alles super aus. Aber an mir?
Auf jeden Fall habe ich mich dann fertig gemacht und ging zum Bus.
An der Haltestelle haben mich welche blöd angeschaut. Die grüne Hose war doch verkehrt!

V: Mach mal langsam. Wahrscheinlich haben sie dich gar nicht wirklich angeschaut, sondern waren einfach nur müde und deprimiert, weil sie heute wieder so früh aufstehen mussten. Nimm das nicht persönlich.
Vielleicht fanden sie auch nur deine Hose toll und dachten, wie schade es sei, dass sie nicht so eine haben.

Z: Meinst du? Ich weiß nicht.
Habe mir dann einen Platz im Bus suchen wollen, aber würde ich es dann schaffen, rechtzeitig auszusteigen? Der Bus wird morgens doch so schnell voll. Ich merkte, wie ich anfing zu wachsen.

V: Na hör mal! Zu Not rufst du einfach laut, dass du auch noch rauswillst, wenn der Busfahrer die Türen schließt. Machen doch alle.

Z: Für dich ist das kein Problem. Aber ich schaffe sowas einfach nicht und was die Leute dann wieder über mich sagen würden.

V: Nimm dich mal nicht zu wichtig. Die Leute würden gar nichts über dich sagen. Sie würden lediglich über den Busfahrer schimpfen, dass er die Türen so schnell zu macht, obwohl noch Leute aussteigen möchten.

Z: Jedenfalls war ich heilfroh, als ich auf der Arbeit angekommen war.
Zum Glück hatte ich schon mit dem neuen Abteilungsleiter gesprochen. Aber das ist ja auch schon paar Wochen her gewesen. Ob der sich noch an mich erinnert? Oder bereut er inzwischen seine Wahl?

V: Warum sollte er? Du hast doch ein super Zeugnis von deiner alten Abteilung.

Z: Schon, aber vielleicht hat mein alter Chef es nur geschrieben, weil er mich los werden wollte. Ich bin vielleicht gar nicht so toll, wie dort beschrieben. Ich mache doch nur meine Arbeit so wie es alle anderen machen.

V: Nein, machst du nicht. Du bist so pflichtbewusst, dass du in den ganzen 15 Jahren, die du dort warst, kein einziges Mal zu spät gekommen bist. Du verlängerst keine Pause. Erledigst jede Arbeit zu 150 % und man kann sich bestens auf dich verlassen.
Erinnerst du dich noch an die Vertragsverhandlungen, die du letztes Jahr gerettet hast? Hättest du den kleinen Fehler nicht gefunden, hätte es die Firma 100.000 € gekostet.
Achja, und ein Zeugnis schreibt man nicht einfach positiv. Dein neuer Chef hat dich auch nicht aus Mitleid angestellt. Unter 60 Bewerber hat er dich ausgewählt, weil du von allen am passendsten bist!

Z: Vielleicht waren das andere ja auch nur Vollpfosten, die auch nicht mal im geringsten auf die Stelle gepasst haben.

V: Selbstzweifel!

Z: Ja, schon gut.
Ich bin auch bisschen geschrumpft, als mich der Abteilungsleiter freundlich begrüßt hat und meinen neuen Kollegen vorgestellt hat.
Es waren auch alle sehr zuvorkommend. Naja, bis auf eine. Ich glaube, die kann mich nicht leiden.
Wieso kann ich nicht einfach mal wohin kommen und so akzeptiert werden, wie ich bin?

V: Was war denn mit der einen Kollegin? Hat sie dich doof angemacht?

Z: Nicht so direkt. Aber sie hat mir beim Vorstellen nicht mal in die Augen geschaut und mir nur pro forma die Hand gegeben. Dann ist sie sehr schnell wieder verschwunden. Auch in der Pause hat sie kein Wort mit mir geredet.

V: Das klingt natürlich nicht so toll.
Aber ich bin mir sicher, dass das nicht an dir lag. Vielleicht hatte sie privaten Stress oder ein Projekt, das schnell fertig werden musste. Du weißt doch selbst, dass man dann oft keinen Kopf für andere Dinge und Leute hat.
Warte einfach mal ab, wie sich das entwickelt. Und vor allem geh offen auf sie zu. Wenn du jetzt wie immer den Fehler machst, dich ihr gegenüber zu verschließen, wird sie denken, du magst sie nicht und wird genauso reagieren.
Wie läuft denn die Arbeit? Hast du schon etwas machen dürfen?

Z: Oh hör mir auf. Ich glaube, es war ein Fehler zu wechseln. Ich habe in drei Wochen bereits erste eigene Termine. Wie soll ich das denn schaffen? Ich habe von der Materie doch gar nicht soviel Ahnung.
Was ist, wenn ich das alles falsch mache und dann die Lachnummer der ganzen Abteilung werde?

V: Dann bist du eben die Lachnummer.
Im Ernst. Wenn dir dein Chef schon solche Aufgaben zutraut, warum du dann nicht? Er kennt dich noch nicht wirklich. Du weißt doch, dass du das alles schaffen kannst.
Lass mich dir einfach helfen. Wenn du mich lässt, bin ich immer für dich da.
Aber wenn du dich immer so aufspielst, kann ich auch nichts machen. Du weißt doch. Umso größer du bist, umso kleiner bin ich. Ich fühle mich dann so kraftlos, dass man mich neben dir oft gar nicht mehr wahrnimmt. Dabei bin ich immer an deiner Seite.
Vertrau mir einfach!



Fortsetzung folgt...





anila

Lieber Drei Punkte,
Schön,dass Du zurück bist!
:-D
Bin gespannt wie ein Flitzebogen auf die Fortsetzung...!
Alles Liebe Anila

DreiPunkte

Hi Anila,

ich danke dir :).

Gruß DreiPunkte

DreiPunkte

Das Zwiegespräch
zwischen Egoismus (E) und Hilfsbereitschaft (H)

E: Hi Hilfsbereitschaft. Du siehst heute aber nicht gut aus.

H: Guten Tag Egoismus. Nein, mir geht's heute auch nicht gut. Bin so erschöpft.

E: Warst du heute wieder fleißig am Arbeiten?

H: Ohja, von heute früh bis gerade eben. Keine Pause. Aber was soll ich machen, die anderen brauchen mich doch.

E: Denk doch mal an dich, Mensch. Du ackerst für andere wie blöde und du selbst bleibst dabei auf der Strecke.

H: Ich wollte heute eigentlich mal ausschlafen und in Ruhe meinen Termin vorbereiten. Aber dann rief gestern Abend noch eine Bekannte an und bat mich, ihr Kind heute in den Kindergarten zu bringen, weil sie einen wichtigen Termin habe. Der stand doch schon seit Wochen fest und wenn sie den abgesagt hätte, hätte sie Probleme bekommen.
Ich kann ihr das doch nicht abschlagen.

E: Naja, sie wusste es doch nun schon seit langem. Sie hätte doch auch früher kommen können. Manchmal übertreibst du es echt.

H: Nein, nur weil du immer nur an dich denkst! Denk doch mal an die anderen, die es nicht so gut wie wir haben.

E: Halt halt! Wie oft springst du für andere ein und deine Arbeit zu Hause bleibt dafür liegen?
Du weißt, dass ich dich sehr gerne habe und wir auch zusammengehören. Ich schätze sehr an dir, dass du anderen hilfst. Es erfüllt unser Leben auch. Du hilfst oft, weil es dich selber erfüllt. In dem Moment denkst du doch auch an dich selbst, dein Ansehen und den Dank, den du von anderen bekommst.

H: Du hast schon Recht. Ich helfe gerne, weil ich auch etwas zurückbekomme, was mir gut tut. Ja, du lieber Egoismus spielst dabei oft auch eine Rolle. Aber diese ist eben oft untergeordnet.

E: So untergeordnet ist meine Rolle aber nicht. Wie oft kommst du nach Hause und beklagst dich, dass du keinen Dank erhalten hast oder etwas anderes nicht so verlief, wie du es dir gewünscht hast?
Dann heulst du mir die Ohren voll, dass du nur ausgenutzt werden würdest.

H: Stimmt, manche Menschen nehmen und nehmen. Wenn ich sie aber mal brauche, sind sie nicht für mich da, obwohl ich soviel für sie gemacht habe.

E: Obwohl!!! Da fällt das Kind doch in den Brunnen. Du erwartest bei deinem Tun auch immer etwas. Es steht vielleicht nicht im Vordergrund, aber bei dir ist es auch nicht nur ein Geben. Du willst auch nehmen.

H: Naja.

E: Es ist auch in Ordnung. Du bist doch mit mir verheiratet und mich wirst du nicht los.

H: Will ich auch nicht. Du tust mir gut und passt ja auch auf mich auf.

E: Ja, ich sollte aber öfters mal mehr in Erscheinung treten. Wenn ich dich die letzte Zeit beobachte, mache ich mir ernsthaft Sorgen.
Du isst kaum noch was, schläfst nicht und deine Arbeit und Angelegenheiten bleiben alle liegen.
Und ich sag dir ehrlich, dass mich das langsam nervt. Ich versteh ja, dass viele Leute Hilfe brauchen und es vielen auch schlechter als uns geht. Aber du reibst dich für Leute auf, die dich oft nur ausnutzen. Wieso willst du das denn nicht sehen?

H: Ausnutzen, ausnutzen. Ich kann es nicht mehr hören!
Was wäre denn heute aus meiner Bekannten geworden?

E: Ja, versteh ich. Aber du hättest selbst einmal ausschlafen müssen. Du klappst mir hier bald zusammen. Und dein Termin morgen? Den musst du auch noch vorbereiten. Jetzt bist du hundemüde, solltest schon längst im Bett sein, damit du fit für morgen bist.

H: Oh, mein Termin. Den hab ich vergessen. Was mache ich denn jetzt?
Ich wollte doch die Kleine nur wegbringen und dann nach Hause gehen. Als meine Bekannte dann meinte, sie bekäme heute noch Besuch und schaffe es nicht mehr, ihre Wohnung aufzuräumen, musste ich doch einspringen. Da dachte ich auch, ich schaffe es noch.

E: Ja, hast du aber nicht. Du musst auch mal Nein sagen. Es gibt dir niemand etwas dafür, dass du dich für andere aufreibst. Und deine Bekannte muss auch lernen, dass du nicht immer springen kannst.

H: Du hast ja Recht. Vielleicht solltest du das nächste Mal einfach ans Telefon gehen und absagen.

E: Das werde ich machen.
Du kannst von mir aus anderen soviel helfen, wie du möchtest. Aber es geht uns nicht gut, wenn du mich immer außen vor lässt. Deine Hilfe in allen Ehren. Aber du sagst mir immer wieder, dass du etwas zurück haben willst.

H: Das sagst du immer.

E: Wenn du nichts wieder haben willst, musst du dich einfach von mir trennen. Aber solange ich bei dir bin, werden wir auch Nehmen wollen, wenn wir geben.
Und ich habe noch von keiner Ehe gehört, in der der Egoismus rausgeworfen worden ist! Mich wirst du nicht los.

H: Ich will dich auch nicht loswerden. Es ist ja schon gut, dass ich dich habe, auch wenn ich dich oft nicht sehen will, weil man dir immer so negative Eigenschaften zuspricht.

E: Ja, ich weiß. Vielen bin ich peinlich und viele verwechseln mich mit meinen großen Brüdern Kaltherzigkeit und Gefühlskälte.
Dabei bin ich doch nur da, um uns zu schützen.