therapie, depression...

Begonnen von pan(Guest), 21 Juli 2009, 10:57:56

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pan(Guest)

ein auszug aus einem hochinteressanten teil des buches, das ich grad lese. D.D. "die heilige matrix", S. 228/229

"wohlgemerkt, ich spreche vom psychischen leiden derjenigen, die keinem realen leiden ausgesetzt sind.
ich spreche nicht vom physischen leiden derjenigen, die in den kriegen auseinandergerissen werden, ihre freunde und freundinnen verlieren, ihre kinder sterben sehen und die ohnmächtig zusehn müssen, wie die organisierte brutalität der internationalen konzerne und ihre handlanger ihre heimat vernichtet.
ich spreche von uns, den verschonten, von denen, die noch zeit haben, über sich und die welt nachzudenken und zum beispiel dieses buch zu lesen.
ich stelle die these auf, dass niemand mit psychischen leiden beschäftigt ist, wenn er oder sie ein hohes ziel vor augen hat und mit einer realen aufgabe verbunden ist.
ein friedensarbeiter wird sein psychisches leiden in dem maß ablegen, wie er eintritt in seine aufgabe und die verantwortung voll annimmt.
es gibt für einen friedensarbeiter nur zwei arten von echtem seelischen leiden: die eine kommt aus der anteilnahme am schmerz anderer, es ist das echte mitleiden; die andere ist die trauer beim verlust eines geliebten menschen (oder tieres).
mitleiden und trauer sind die beiden leidensformen, die ein gesunder mensch mit einem geöffneten herzen erfährt, wenn er sich vorm schmerz der welt nicht mehr drückt.
sie werden ihn beruflich begleiten, und es gehört zu den aufgaben seiner geistigen disziplin, ihnen nicht zu weit nachzugeben, denn sie könnten ihn beim derzeitigen zustand unserer welt verschlingen.
[....]
vor 30 jahren hatten wir festgestellt, dass revolutionäre arbeit ohne die veränderung der eigenen person keinen sinn macht. und was wurde daraus?
ein allgemeines gejammer und gezeter um persönliche scheinprobleme, die nur dadurch entstehen, dass man in die falsch richtugn guckt. wir hatten die arbeit an der eigenen person gefordert und und neue methoden der persönlichen konfliktbearbeitung entwickelt. einige jahre lang war das ein produktives abenteuer für die ganze gruppe. dann aber sahen wir, dass sich die konflikte verselbständigt hatten.
die menschen, die früher nie über ihre persönlichen themen gesprochen hatten, wollten jetzt nichts anderes mehr tun.
sie wollten gar nicht mehr  aufhören, sich in ihren persönlcihen schwierigkeiten zu ergehen.
eine welle von gewohnheitsmäßigen selbstbejammerungen war über uns wie über viele andere gruppen hereingeschwapptund prägte für viele jahre das geistige klima.
manche liefen herum wie ein trockener schwamm, der nur noch die funktion hatte, alles, was problematisch sein könnte, in sich aufzunehmen und keine gelegeneheit des leidens mehr auszulassen, denn AUS JEDEM NEUEN LEIDENSSTOFF ENTSTAND EIN NEUER STOFF FÜR GESPRÄCH UND KONTAKT  (fett von mir).
[...]
wir hatten die persönlichen schwierigleiten in unser konzept aufgenommen, um die schwierigeiten aufzulösen, nicht, um sie zu verewigen.

wir hatten den unterhaltungswert und dieser maßnahme und die kommunikative bedeutung des leidensspiels unterschätzt.

krank sein, labil sein, sich nicht mehr auskennen, sich gegenseitig in der persönlichen unzulänglichkeit zu unterstützen, war zu einem kollektiven ritual geworden.
man gewinnt zuwendung in dem spiel, und man spielt es so intensiv und dauerhaft, dass man es bald selbst glaubt."




Lastmanstanding

100% /sign

trifft den Nagel auf den Kopf, den viele nicht bereit sind bei sich selbst zu erkennen

pan(Guest)


Sheila

Leiden ist eine sehr subjektive Sache. Jeder Mensch fühlt und verarbeitet Dinge anders. Ich finde es anmaßend, dass der Autor nur Trauer und Depression im Kriegszustand oder Trauerfall zulässt.
Manche Menschen leiden eben auch wegen weniger und darüber steht niemandem (auch keinem Philosophen) irgendein Urteil in irgendeiner (negativen) Form zu. Sorry, das ist meine Meinung.
Selbstmitleid ist wahrlich keine schöne Sache, das gebe ich zu. Aber wenn man sonst schon keine Untersützung erfährt, dann sollte es zumindest gestattet sein, dass man sich eben selbst Mitleid zukommen lässt. Unsere Zeit ist kalt und für den einzelnen schwer zu ertragen. Es herrscht nämlich Krieg überall und zu jeder Zeit. Es sind eben die kleinen Kriege- das Mobbing der Kollegen, die Angst um den Job, Krisen in der Partnerschaft - die unsere Existenzen schwer machen. Daher ist sind psychische Krankheiten und der Austausch darüber (auch wenn er auf manch Aussenstehenden skurril wirken mag!) auf keinen Fall ein SPIEL!

Grüße
Sheila

Friedrich_ohne_K

habe dies jetzt auch mit sehr viel Interresse gelesen und danke dir Pan dafür
und werde mir das Buch auch in der bücherei mal holen denn auch ich bin da
schon sehr überzeugt und war mir nur nie so ganz sicher aber je mehr ich
hier und in anderen Foren auch lese werde ich immer fündiger und ich hatte
ja schon mal den genuss in meinem Seminar zum Suchthelfer und hörte da
schon sehr viel gerade was das "Mitleiden" eines anderen so ergibt.

Für mich gibt es ein "mitleiden" ja seither in dieser Form gar nicht und ich
bin mir sicher dass es dieses "mitleiden" gar nicht geben kann darüber
habe ich schon viel geschrieben -ob hier das weis ich gar nicht denn
ich bin mir nicht mehr so sicher wie es oft aufgefasst wird und was
daraus gemacht  wird .

Aber ich werde das Buch gerne auch mal lesen und danke dir für deine
einstellung zu dem Thema und du wirst sehen es wird hohe Wellen
schlagen  wo ich mich jetzt schon ausklinke -denn für mich ist es erst
witer intressant wenn ich es erst gelesen habe -danah werde ich dann
weiter Stellung nehmen  und nicht vorher !

viele Grüße aus dem schönen Hesen
euer Friedrich ohne K

pan(Guest)

hallo :) danke für eure gedanken. sheila, ich finde, was du schreibst, ist nicht abwegig. ich tue mich immer schwer damit, solche texte zu lesen, denn sie sind für mich vereinnahmend, weil sie so klar scheinen. zum selbstmitleid- ja, ich denke, es tut gut, wenn man auch mal richtig darin suhlen kann. meistens komme ich eh nicht an meinen schnerz, da wird selbstmitleid eher sowas quengeliges, um sich treten wollendes. is sehr subjektiv, womöglich, ja.
vergraben kann man unschöne dinge nicht... man muss sie kauen und schlucken, und selbstmitleid kann helfen.
mich lähmt es auch oft und ich muss gucken (wenn ich dafür dann zeit und klarheit investiere), was mich selbstmitleidig macht. neid? wut? immer ist es etwas, was ich nicht gerecht oder akzeptabel finde. die dinge sind so. ich kann sie unterdrücken, abwürgen, oder zulassen... ich hab das gefühl, dass selbstmitleid oft gefangen hält... vielleicht gibt es nen kritischen moment, an dem es nich mehr hilfreich ist...

und selbstmitleid an sich, was beschert es mir? hilft es mir? für wie lange? gibt es mir was, wenn ich dabei bleibe mich zu bemitleiden? jedem dinge widerfahren dinge, die so nicht sein dürfen, der eigenen meinung nach.
ich selber merke, wenn ich selbstmitleidig bleibe über das mass hinaus, dann geht mir aller macht verloren. keine kraft mehr da.

LostHope(Guest)

also meiner meinung nach ist selbstmitleid was ganz schlimmes. das macht jeden menschen klein...
mitgefühl dagegen soll uns helfen unsere trauer und unseren schmerz anzunehmen und zu verarbeiten...

selbstmitleid treibt uns noch tiefer in unsere übergroßen schwarzen löcher...

"mir gehts ssooo schlecht" und "mir ist schlimmes passiert" sind zwei verschiedene paar schuhe...

Grüße
hope

Sheila

Selbstmitleid ist für mich aber der erste Ansatz etwas zu erkennen. Und zwar, dass ich mit irgendeiner Situation oder einem Problem nicht zufrieden bin.
Ich kann es leugnen. Das habe ich z.B. allzu lange gemacht. Das hilft mir bei der Bearbeitung gar nichts. Erst als ich mir eingestanden habe, dass etwas schief läuft und das "es mir so schlecht geht", habe ich angefangen mich der Thematik zu stellen. Ja, und dazu gehört für mich auch das Suhlen...
Das es auf Dauer keine effektive Strategie ist, das mag sein, aber immerhin ist es eine. Und leider ist Mitgefühl durch andere Menschen heutzutage ein sehr seltenes Gut. Wenn es mir andere nicht geben, dann gestatte ich es mir wenigstens selbst. ;-)

Grüße
Sheila


LostHope(Guest)

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Selbstmitleid ist für mich aber der erste Ansatz etwas zu erkennen.
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Und leider ist Mitgefühl durch andere Menschen heutzutage ein sehr seltenes Gut. Wenn es mir andere nicht geben, dann gestatte ich es mir wenigstens selbst.
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wie gesagt, selbstmitleid und mitgefühl sind zwei verschiedene dinge.


ps: ich wäre mal für 'ne quote-funktion...=)

Friedrich_ohne_K

hi pan,

kannst du bitte nochmal den Buchtitel und den Verfasser eventuell nennen

von dem geschriebenen D.D. "die heilige matrix" denn ich habe schon in der
Uni-biblothek nachforschen lassen aber die finden nix meno und mich würde
es schon interessieren - danke nochmals aber liebe Grüße Friedrich ohne K

LostHope(Guest)

http://www.buch24.de/1248366236-129763526/shopdirekt.cgi?id=4592740&p=3&t=&h=&kid=0&klid=2&sid=1


ich habs auf anhieb gefunden...googlen FoK, GOOGLEN :D

Sheila

-  "mir gehts ssooo schlecht" und "mir ist schlimmes passiert" sind zwei verschiedene paar schuhe...

Ja, das Eine sagt der Optimist und das Andere der Pessimist ;-)

Grüße
Sheila *die zu den letzteren der beiden genannten Spezies gehört* ;-)

LostHope(Guest)

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"mir gehts ssooo schlecht" und "mir ist schlimmes passiert" sind zwei verschiedene paar schuhe...

Ja, das Eine sagt der Optimist und das Andere der Pessimist ;-)
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wo, bitte schön, ist den "mir gehts ssooo schlecht" optimistisch? =)

mitleid hat etwas von jammern...ich möchte auch nicht das jemand mitleid mit mir hat. da kann der jenige gleich sagen "och, du bist ja ein armes würstchen" das macht menschen klein und hat auch wenig mit respekt zu tun.

mitgefühl zu haben ist dagegen etwas völlig anderes. man ist sich seiner situation bewusst und versucht es zu ändern...nur mit mitgefühl können traumatische erlebnisse angenommen und akzeptiert werden.

naja wie auch immer...

hope


Sheila

- wo, bitte schön, ist den "mir gehts ssooo schlecht" optimistisch? =)

Das sagt ja auch der Pessimist ;-)


- mitleid hat etwas von jammern...

Das ist Auslegungssache. Mitleid kann auch einfach heißen, dass man mitleidET. Das wäre m. E. auch nichts Falsches. Aber wir wollen hier, glaube ich, keine etymologische Diskussion beginnen, oder? ;-)

Grüße
Sheila

pan(Guest)

mitleid is mit jemandem leiden. wem bringt das was... selbst wenn mans könnte- wem bringt es was, dasselbe zu leiden, was der andere gerade erleidet? da is doch keinem geholfen. wir meinen aber sicher dasselbe. mitgefühl. mitgefühl is besser. mitgefühl geht.