Halluzinationen & "da ist nichts!"

Begonnen von Lightning, 05 November 2013, 21:33:11

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Lightning

Ich weiß nicht warum, aber ich dachte ich erzähle einfach mal, wie es war.

Warum ich es ausgerechnet an diesem Tag getan habe weiß ich nicht. Plötzlich hatte ich den Eindruck, die Welt würde um mich zusammenstürzen und mich unter sich begraben. Um die 50 Pillen hab ich geschluckt, hat 2 Minuten gedauert, bis ich in Panik ausgerbrochen bin und mir aufgefallen ist, dass ich doch noch nicht sterben will. Also Krankenwagen gerufen.
Erst kam die Polizei, dann mit bin ich mit dem KW ins Krankenhaus auf die Intensivstation.
An viel erinner ich mich nicht mehr, war soooo müde.
Aber ich erinner mich an die Halluzinationen. Oh Gott war das schlimm, mir kommen die Tränen, wenn ich mich daran erinnere.
Insekten... überall, auf mir, neben mir. Wie kleine Ameisen, die riesige Straßen bauen, in den Bettfalten überall die schwarzen Nester.
Die ganzen Schläuche und Kabel haben sich in riesige Tausendfüssler verwandelt. Zweimal hab ich mir die Infusion rausgerissen, weil da so ein Vieh reingekrochen ist.
Aber das schlimmste ist, wenn man schreien, aufstehen, wegrennen will und die Krankenschwestern einem sagen, da ist nichts.
Da ist nichts, da ist nichts. Das war alles so surreal. Drei Tage, drei Tage in diesem Horror.
Dannach gings auf die offene Station für eine Woche. Hing die ganze Zeit am EKG, hatten vermutlich Angst ich könnte abhauen und irgendwas Dämliches anstellen.
Später kamen dann die ersten Gespräche mit meinem Psychologen. Es hat ganz gut getan über alles zu reden, alles zu erzählen, aber manchmal ging es mir auch auf die Nerven. Ich wollte alles vergessen, NIE WIEDER dran denken und dieser Typ hat mich fast täglich dran erinnert.
Spontan habe ich dann einen Platz im SPZ (sozial pädiatrisches Zentrum) bekommen, anstatt in die geschlossene nach Augsburg zu müssen. War da zusammen mit anderen Jugendlichen, die alle so ihre Probleme hatten. Die Betreuer da waren zum Teil ganz okay, zum Teil ziemlich daneben. Ständig wollten die von mir, Gemeinschaftsspiele zu spielen und so was (das hat mir noch nie Spaß gemacht). Ja ich weiß, schließlich sollte ich mich da "bessern", aber warum heißt Besserung automatisch, dass einem diese Besserung nicht den geringsten Spaß macht und mehr gezwungen als gewollt ist?
Ich bin 4 Wochen dageblieben, dannach habe ich mich mehr oder weniger selbst entlassen. Wollte nicht länger da drin bleiben, kam mir so eingesperrt vor. Durfte nicht mal ne Runde spazieren gehen außerhalb des Klinikgeländes, selbst nachdem es mir viel besser ging und keine "akute" Gefahr mehr bestand. Man wird nie direkt zu was gezwungen, aber so lang genötigt, bis man doch nachgibt.
Die Zeit, die ich für mich BRAUCHE, fehlte einfach. Denn ich brauche nicht nur ne Stunde, oder zwei, sonder auch mal vier oder fünf.
Das haben sie nicht verstanden. Schließlich bin ich ja depressiv und die Einsamkeit muss man mir austreiben...
Der einzige mit dem ich gut klarkam war mein Psychologe (zu dem ich immer noch ambulant gehe). Er war nicht wirklich dagegen, dass ich so früh schon gehe, aber wohl war ihm nicht dabei.
Letzten Endes weiß ich nicht, was das Alles gebracht hat. Obwohl, doch. Ich habe eine regelrechte Ameisen- und Tablettenphobie.
Und Schläuche... die sind am schlimmsten. Ich frage mich, ob ich das alles jemals vergessen kann.
Über Selbstmord denke ich nach wie vor nach. Nicht mehr so oft, nicht mehr so zwanghaft, aber ich weiß auf jeden Fall, dass ich es nie, nie, nie nochmal mit Tabletten versuchen werde.

Deja

Hallo Lightning

ich wünsche dir- und das wünsche ich dir aus tiefstem Herzen- daß du nie wieder vergessen wirst, was dir 2min nach deinem Suizidversuch in erschreckender Panik klar wurde.

lg Deja