Freunde sterben, wahrscheinlich muss es sein.

Begonnen von Relativ_139, 22 August 2013, 22:29:11

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Relativ_139

Ich möchte hier an meine Freunde gedenken, die mir in letzter Zeit wie aus der Hand gestorben sind ...

Alles fing an mit meiner Patentante Bärbel. Ich habe sie geliebt wie meine Mutter, es war eine Krankheit, die sie mir weggenommen hat ...

Dann kam eineinhalb Jahre später meine Freundin Joanne, wir waren sehr gut befreundet und haben viel zusammen gemacht. Sie starb bei einem Autounfall :'(

Jenny war eher eine Bekannte, aber wir waren schon befreundet. Sie war die Freundin von Anke, einem Mädchen, dass ich im Internet kennengelernt habe und sehr gut befreundet. Auch sie kam bei einem Autounfall ums Leben.

Julia. Schwer depressiv. Zweifaches Vergewaltigungsopfer. Meine wirklich beste Freundin. Wir gingen durch dick und dünn, stritten uns und hatten Spaß zusammen. Bis sie wegziehen musste. Hamburg, weit weg von mir. Sie schien aber nie ruhiger, nie war sie anders. Zufrieden, schien zumindest so.
23.06.13
Julia verabschiedete sich von mir und einigen anderen Freunden im Internet. Ich rief sie an, wollte fragen, was passiert war. Niemand nahm ab, keiner ging ans Haustelefon. Eltern nicht zuhaus, Internet abgestellt.
Was geschah? Sie brachte sich um, erhängte sich in ihrem eigenen Zimmer. Die Eltern völlig geschockt. Familie zerstört. Freunde erschrocken. Ich verzweifelt. Hatte ich ihr nicht genug geholfen? Hätte ich mehr machen können, um ihr zu helfen? Ich vermisse sie so, möchte sie so oft anschreiben, bis mir einfällt, sie ist nicht mehr da. Nicht mehr da für mich. Es wird niemand ans Handy gehen. Nur eine Computerstimme, die sagt, dass die Nummer nicht mehr vergeben ist.

Und nun weiß ich, dass meine Freundin Anke wahrscheinlich stirbt. Sie liegt 800 km weit weg von mir im Krankenhaus, wird immer wieder irgendwo operiert. Mit ihr zu telefonieren, eine Qual für mich.

Mein Leben endet in einem Suizid. Oder Unfall. Jetzt noch nicht. Ich habe aus Julia gelernt. Ich will wenigstens noch die Physik-Arbeit, die ich mit Julia und Joanne gemacht habe, fertigstellen, veröffentlichen. Meinen Roman rausbringen. Dann kann ich gehen.
Ich bin 15. Kann ich sowas aushalten? Geliebte Menschen verlassen mich, ich bin allein, schwer depressiv, mit Papieren um mich, die ich zu Ende bringen muss. Zu Ehren Joannes und Julias.
Ich habe mir selber gesagt, ich kämpfe. Ich schaffe das. Ich lebe. Aber es ist der Druck, der mich klein hält. Der Druck der Schule, unter der Familie, der ganze Stress. Der Druck des nahenden Rückfalls. Ich habe Angst. Früher, 2012, konnte ich mich an zwei Lehrer wenden und mit deren Hilfe gesund werden. Das dachte ich. Aber ich war nicht gesund. Vielleicht war es eine Hochphase. Oder eine Depressionen-Lücke. Ich wurde Ende 2012 wieder depressiv, als ein Lehrer mir und meiner Freundin "sonst wo" hingestarrt hat. Ich wendete mich an niemanden. Soll ich meinen Lehrern sagen, was passiert ist? Soll ich die Menschen um Hilfe bitten, die mir keine oder kaum Hilfe geben können? obwohl sie mir besser helfen könnten als ein Arzt, der Geld für´s Hilfe geben bekommt.
Ich weiß wirklich nicht mehr weiter. Momentan schlage ich mich so durch. Aber ich weiß nicht, wie lange noch ...

Stachel

Es tut mir leid, dass du das alles erleben musstest und musst. Hast du Hilfe auf deinem Weg? Hast du einen Therapeuten? Das ist zu viel, um das mit 15 auszuhalten. Plane nur nicht Deinen Tod, das ist nicht der Weg den man mit 15 wählen sollte. Es liegen noch gute Zeiten vor Dir, und wenn Du das alles durchgestanden hast, bist du stärker denn je. Halte es durch, du schaffst das.

Adrenalinpur

So geballtes Unglück ist schwer zu ertragen, die Frage nach dem Warum verhallt meistens in der Leere.

Ich kenne einige Leute, die in kurzer Zeit so schlimme Sachen erleben mussten und manchmal schäme ich mich, dass es mir so gut geht, eine Antwort weiss ich auch nicht.

Bitte, suche Dir Freunde zum Reden und einen Therapeuten, wie Stachel sagt. Vielleicht lernst Du dadurch auch soviel, dass Du andere in ihrem Schmerz begleiten kannst.

Alles Gute und schreib mir eine PN wenn du Rat brauchst ich höre gerne  zu.

Adre

Relativ_139

Ich weiß nicht, ob ich das noch lange kann. Bis jetzt geht es mir verhältnismäßig gut, und ich habe vor kurzem erst gelernt, dass Menschen für mich da sind. Ich hatte das durch die Depression vielleicht nicht gemerkt, aber ich hab immer gedacht: "Mir hört keiner zu. Warum soll ich schreien? Andere gehen doch eh weiter, und Leute, die mich begleiten, ignorieren mich."

Die meisten meiner Freunde sind schwer depressiv. Ich bin seit ein oder zwei Jahren in dieser Clique, und ich habe ständig Angst, dass sich meine Freunde etwas antun. Dabei mache ich mir mehr Sorgen um sie als um mich. Ich bin völlig - wie soll ich das sagen, verändert? Verstellt? Nur, weil ich immer für andere da war. ihnen zugehört hab und Hilfe gab. Das ging mir selbst nicht nur psychisch ins Minus, sondern auch körperlich. Ich wurde krank, nicht nur depressiv. Andauernd Kopfschmerzen, Schwindel, bekam keinen klaren Kopf mehr. Ich wandte mich an eine Ärztin (Ich kannte sie privat). Sie konnte mir nicht sagen, was und ob ich krank war. Aber ich? Ich machte mir mal wieder keinen Kopf um mich.

Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich bin depressiv, das ist sicher. Aber da ist noch .. was anderes. Manchmal sitze ich im Schulbus, höre meine Musik und sehe auf einmal diesen Zug vor mir auf den Gleisen. Dieses Signal, zu wissen, dass es bald vorbei ist. Plötzlich finde ich mich im Bus wieder, kurz vor meiner Haltestelle. Ich will ja gar nicht sterben! Ich will leben, meine Träume erfüllen! Ich habe mein Leben ein bisschen durchgeplant: Abitur, Studium, Wissenschaft, Astronomie/Astrophysik. Mein Traum, aber ich habe Angst. Um meine Freunde, um mich, um mein Leben.

Ich höre seine Stimme und könnte heulen. Die Stimme der beiden Lehrer, die 2012 für mich da waren und mir wirklich geholfen haben. Aber ich hatte auf einmal so Angst, wovor weiß ich nicht. Einfach Angst vor der Zukunft, und ich habe gelogen. Gesagt, mir ginge es besser. Meine Familie wusste davon. Ich dachte, alles würde gut werden. Nein. Nichts wurde gut, es wurde nur schlimmer.

Relativ_139


nubis


Relativ_139

Vielleicht möchtest du auch lieber in einem anderen Bereich weiter über dich schreiben?

Hier ist der Gedenkplatz und eigentlich nicht dazu gedacht einen allgemeinen Thread zu führen.
Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

Relativ_139

Okay, tut mir leid. Ich bin nur so verwirrt in letzter Zeit ...

LG

Adrenalinpur

@Relativ ich denke deine Leben refkletieren und Ziele setzen wäre ein Anfang.

Helfe Dir gerne, sag einfach Bescheid

Svvenja

hallo,
an meinem 21. Geburtstag sind meine große Liebe Andreas und meine einzige Oma tödlich verunglückt. Beide an einem Tag. Andreas versuchte man mit Not-OP wieder zum Leben zu erwecken, meine Großmutter brach sich mit 82 J. den Oberschenkelhals und verstarb wenige Tage später. Ich war zu der Zeit im 3. Monat.

Man kann sich nicht vorstellen, wie es damals für mich war. Ich konnte ja selbst viele Jahre damit nicht umgehen. Beide sind aber in mir niemals weg. Sie sind nur wo anders. Ob es sein mußte? Nein, es mußte nicht sein-es war aber nun mal so und ich ging seit her behutsamer mit Leben um. Für mich stellte sich nicht mehr die Frage, ob ich unsterblich lange leben würde und das Menschen über 30 aus einer anderen Dimension kommen. Ich wünsche den Teens, daß sie das Gefühl für Unsterblichkeit und niemals altern für eine Zeit lang leben dürfen, denn es muß wundervoll sein. Ich erinnere mich, daß bis zu diesem Tag auch ich unsterblich erschien.

Tod gehört zum Leben dazu und das ist unabdingbar. Ich selbst habe keine Angst mehr vor dem Tod, so wie andere sich angstvolle Gedanken machen. Menschen sind nur auf Zeit auf dieser Welt und ich bin Atheistin und voll der Überzeugung, daß es kein Heil gibt. Jeder von uns wird irgendwann wo anders sein, dabei gibt es für mich keinen Teufel und keine Hölle. Das Woanders wird sicherlich so wie das Erdenleben sein: vielschichtig, anstrengend, multikulturell und ja, wahrscheinlich wird dann jeder schizoid werden, um sich ein kleines Stück Autonomie zu bewahren. Für mich ist Hölle dann so, wie es auf Erden schon ist. ;-)

Jeder macht Verluste in vertrauten Seelen. Der Umgang damit kann verschieden kompliziert oder einfach sein. Das hängt davon ab, wie man selbst dazu eingestellt ist.

Grüsse

Svvenja

...und ich gedenke meinem lieben Andreas, meinen Kindern, meiner Großmutter. Meinem Vater danke ich ganz besonders, denn er hat mich nach all dem Unglück aufgefangen und war mein bester Freund. Am 28. 12. 2001 starb auch er.

Ich liebe euch, wollte ich nur schreiben.

Adrenalinpur

Auch Christen akkzeptieren den Tod. Hölle und Bestrafung sind historische Auslegungen.

Fingerzeige genau wie Märchen. Beides hat seine Berechtigung.

Wichtig ist Kommunikation und Toleranz, Zuhören!

Das sogenannte Heil finden wir vielleicht in einer Annäherung an inneren Frieden und Schmerzen gehören dazu genauso wie Freude.