Bestien

Begonnen von Phönixherz, 17 Dezember 2012, 18:28:56

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Phönixherz

Tief im Schul-Dschungel,
verborgen hinter den hölzernen Fassaden
ganz gewöhnlicher Schüler,
leben gefährliche Bestien
mit spitzen Zähnen und Klauen,
die aus Worten bestehen.

Und wenn ihnen im Dickicht
aus Mathe, Deutsch und allen anderen Fächern
ein Beutetier begegnet,
dann funkeln ihre Augen und
sie wetzen ihre Krallen.

Sie umzingeln ihr Opfer
und schlagen ihm Zähne und Klauen ins Herz.
Sie ziehen und zerren.
Sie reißen Stücke heraus
und fressen es auf.

Die Narben auf meinem Arm
stammen auch von solchen Angriffen,
sei es von der Meute des Dschungels
oder doch von anderen Monstern,
die mich ebenfalls jagen
und zur Strecke bringen wollen

Manchmal denke ich,
dass auch ich eines bin.
Eine Bestie im Innern,
die seine äußere Hülle verletzt.
Vielleicht um selbst grausam zu sein.
Vielleicht um endlich zu leben.
Die Traurigkeit ist das Los der tiefen Seelen und der starken Intelligenzen.

Alexandre Vinet

imepenem

So eine Bestie kannst Du niemals sein, höchstens gegen Dich selbst und das haben diese Bestien da draussen sicher nicht verdient, hätten sie nur einen Bruchteil Deiner Intelligenz, die Welt würde viel besser aussehen.

Mach Dich nicht fertig.

Phönixherz

Vilen Dank für dieses Weihnachtsgeschenk, Streuner.
Die Traurigkeit ist das Los der tiefen Seelen und der starken Intelligenzen.

Alexandre Vinet

AHunter

Hallo Trauerherz,

Deine Worte erinnerten mich an eine nun schon länger
vergangene Zeit, der ich aber nicht ganz zu entrinnen
im Stande scheine. Sie prägt, sie hat sich auf Armen,
Beinen, Bauch und Brust eingeschrieben - bei mir.
Doch nicht nur da. Mein Geist scheint ebenso berührt,
ohne auch ein Stück davon gleiten lassen zu wollen.
Doch egal, wie sehr sich alles gegen dich wendet, wie
sehr du an dir selbst zweifelst, ob diese Kaltblütigkeit
in dir wacht, sie aus dir drängt, gegen dich selbst, so
weiss ich zu berichten, dass man zu mehr im Stande
ist. Nicht unbedingt um die Welt zu drehen oder sie zu
stoppen, jedoch für sich zu gewinnen, einen Teil zu
erhalten, der über das Zerfleischen hinausgeht.

Ich hoffe für dich, dass du dies auch bei dir irgendwann
finden kannst, Leben gebührt jedem, Leben gebührt dir,
ebenso. Halt daran fest.

Hier noch ein Text, den ich gerade aus den geweckten
Erinnerungen schrieb.
Kannst das auch ruhig gerne ignorieren.


Pausengang


Müde, nur für einen Augenblick etwas müde. So schrecklich müde kauere ich mich versenkt in
meine Arme auf dem Boden hockend nieder.
Gesichter verborgen, meine, ihre. Niemand sieht mehr einander, in der Hoffnung sich zu verlieren.
Nur das tösende Gelächter, der Übereifer einer freien Minute und das Getuschel.
Verbindend die Personen, die zueinander gesellt eine Gruppe definieren.
Doch wo gehöre ich hin? Bin hier so verlegen versessen, vergraben unbegriffen, voll Wut und
Schmerz, unsichtbar sichtbar. Hämisch verlacht, ausgekichert und abgegrenzt.
Scheint ein Zirkel zu Boden um mich gezogen, als wäre ich markiert. Bis dahin und nicht weiter!
Ruft man? Rufe ich?
Die Unerträglichkeit greift ein, das Läuten der Pausenglocke, Lehrer nicht in Sicht. Also doch noch
weiter warten, wie die Müdigkeit weiter um sich greift. Zum Glück niemand sonst in Reichweite,
denn wenn die Ohnmacht sie überfällt, so wissen wir wer schuldig wäre.
Angst und Furcht. Ich vor ihnen, sie vor mir, ich vor mir, sie dennoch nur vor mir.
Die Zeit vergeht nicht mehr, wird nur weitergetragen, ertragen gerade so.
Jede Annäherung Anfeindung, jede Berührung Bedrohung. Will nicht, will nicht mehr dieses Spiel
spielen, in dem man darum bedacht ist, soviel von mir zu zerstören, wie nur möglich ist. Hab zwar
einen Vorsprung, so mir eingeredet, doch sie hängen knapp dran, real wohl weit voraus, doch
wissen sie nicht um ihren Vorteil, wissen scheinbar nichtmal um dieses Spiel.
Ihre Ignoranz färbt ab. Auf Bänke, auf Freunde, auf die Luft. Weder kann ich irgendwo sitzen,
noch reden, noch atmen, ohne zerfleischt zu werden. Von mir, der inneren Kluft, den Worten,
die widerhallen in meinem Kopf, den Tränen, die sich in mich pressen und dem Gedanken an die
Ausflucht.
Blicke mich um, eher nur in eine Richtung verharrend. Wo bleibt der Lehrer? Ein Beweggrund gegen
die Mattheit in den Gliedern, ein Beweggrund von dem kalten Boden, der noch mehr Energie zu
saugen scheint, ein Beweggrund weg von den heiteren Gemütern, einfach ein Grund sich zu bewegen.
Wieder, weiter, voran, irgendwohin, wiederholend, einzig in der Hoffnung, das es im Unterricht, in der
nächsten Pause, im nächsten Monat oder zumindest im nächsten Jahr sich ändern wird.
Es sich einfach ändern wird.
Auch Märchen werden geschrieben, wurden verfasst. Warum also dann nicht diese Sehnsucht zu
einem Glück geführt? Erst Leiden und Kämpfen, dann nur mehr Siegen und... Schlafen. Keine Worte
mehr, keine Feinde mehr, fern von allem, sich und dem Warten auf ein besseres Morgen.
Schwere Schritt, blicke hoch, der Lehrer. Endlich Einlass, als drittes durch die Tür gedrängt, endlich
weg von hier. Wohl aber nur bis zum nächsten Pausengang.


AHunter

Phönixherz

Hallo AHunter,

du beschreibst genau eine Situation, die ich so schon erlebt habe und auf die wohl noch einige dieser Art folgen werden. Es ist ein Wettrennen, bei dem das Ziel in weiter Ferne liegt und die Gegner grausam und gefährlich sind und einem selbst Gewichte angehängt werden. Ein Sieg scheint aussichtslos. Und doch: Wer nicht kämpft, hat schon  verloren- Alo läuft man los. Und manchmal gewinnt man sogar.
Es gibt Tage an denen ich das Leben als Preis für mich gewonnen habe. An anderen Tagen,da schaff ich es sozusagen nicht mal über die Startlinie oder ich muss aufgeben. Aber jeder kleine Sieg, den ich mich erkämpfe, macht mich stärker und ich kann das nächste Rennen laufen.
Die Traurigkeit ist das Los der tiefen Seelen und der starken Intelligenzen.

Alexandre Vinet