Frage heute im Chat: "Warum machen Menschen häufig immer die gleichen Fehler"

Begonnen von Adrenalinpur, 01 September 2012, 23:39:33

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Adrenalinpur

Ein Gast fragte das, leider war er zu schnell weg und deshalb schreibe ich meine Gedanken dazu hier, ich denke auch sie sind weitgehend psychologisch belegt.

Das Unterbewusstsein speichert alles wie ein riesiges Lexikon mit Fotos und paged es jeden Tag vom Kurzzeit ins Langzeitgedächtnis. Viele Bilder sind womöglich genetisch vorgegeben wie das Kindchenschema, das Mutter- oder Vaterschema vielleicht auch gesellschaftlich oder beides.

Deshalb stehen viele Männer auf Frauen die Eigenschaften ihrer Mutter haben oder umgekehrt Frauen die Eigenschaften ihrer Mutter haben, mal als Beispiel. Oder bestimmte Ereignisse prägen sich total positiv ein zb. ein Stuhl ein Bild ein Duft eine Landschaft.

Im Gegenzug dazu versucht das Unterbewusstsein, Ereignisse die total schrecklich sind in der Erinnerung zu verschleiern. Deshalb erinnern sich oft alte Menschen nur noch an positive Ereignisse vom Krieg. Welche Kameradschaft da war usw. Das Unterbewusstsein schafft es sogar Menschen in Komatas oder eine Art davon zu versetzen um Schmerzen seelische und körperliche, z.B. nach schrecklichen Unfällen zu versetzen - eine Art Überlebensstrategie der Natur. Kein Mensch könnte sonst das ertragen.

Und so blendet das Unterbewusstsein oft wieder negative Zusammenhänge zu den Schematas und Bildern aus, die einmal postitiv waren.

Und man sucht vielleicht wieder Partner mit Eigenschaften, die eigentlich positiv waren aber verhängnisvoll waren oder Lebensumstände die so sind, weil man immer wieder den alten Reizbildern erliegt und glaub diesmal ist es anders.

Niemand kann etwas dafür und vielleicht gibt es ja Fälle in denen es genau anders passiert. Die gute Seite daran ist, dass wir wenn wir alles meiden würde was möglicherweise gefährlich sein könnte, gar nicht mehr auf irgendwas reagieren könnten sondern immer nur Angst hätten.

Schwieriges Thema hab noch zig Ideen dazu

Gruss Adre


Nick

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier im Guten wie im Schlechten. Er geht nicht den leichtesten Weg sondern die Wege den er kennt.Zu wissen was ihn erwartet gibt ihm mehr Sicherheit auch wenn das was ihn erwartet nicht das Beste für ihn ist. Deswegen sucht er sich Partner in denen er etwas findet dass er kennt, deswegen löst er Probleme auf die Art die ihm vertraut ist. Weitere Erklärungen bietet die Hirnforschung...warum wir unsre Muster so schwer abschütteln können..so viel Angst vor Veränderung haben auch wenn die positiv ist.

Adrenalinpur

ja aber warum haben wir immer die gleichen Schematas bei manchen Menschen

würde ein Mann seine Hand gegen mich erheben würde ich weglaufen und wenn ich irgendwo draussen schlafen muss
manche Frauen lassen sich halbtod schlagen ich habe deshalb oft die Polizei geholt wenn dass Paar dann vorspielt alles wäre ok können die nichts machen

und in der nächsten Nacht knallt der Mann die Frau wieder mit dem Kopf an die Wand

Es gibt Leute die sich lieber totprügeln lassen und vergewaltigen weil sies nicht anders kennen

Deja

Weil jeder Mensch Aufmerksamkeit benötigt im gesunden Maß und es ihm iwann egal ist, ob er positiv oder "bemerkt" wird. Die Strategien aus der frühkindlichen Phase prägen die Strukturen im Gehirn und lassen den Menschen später auf kleinste erinnerbare Details reagieren. Ein Wort, ein Blick, eine Geste, ein Verhalten, eine Augenfarbe, dies muß alles nichts mit der ursprünglichen Situation zu tun haben.
Zur Aufmerksamkeitsproblematik kommt erschwerend hinzu, daß Menschen denken, wenn sie gewohnten "Fehlern" ggü stehen, diesmal wird es anders, diesmal kann ich meine Leere, das schwarze Loch schlechthin füllen.

Am Ende geht es immer um das ungeliebte Kind im Menschen. Stehe ich dem Partner ggü, der mich schlecht behandelt, bin ich den guten alten Mustern konfrontiert und die primitiven Denkansätze flüstern mir: Dieses Mal werde ich die Liebe meines Vater/ meiner Mutter erhalten.
Dieses Mal wird alles anders.

Nur, um dann all das um die Ohren gehauen zu bekommen, was altbekannt und altbewährt ist. Das Perfide daran ist, man kann wirklich nix dafür, wie Adre es schreibt. Das begründet auch, auch warum Opfer zu Tätern werden (können). Durch die Abspaltung des eigenen Ich`s, verdrängt man jeglichen Schmerz und vermeidet ihn auf Teufel komm raus. Am Ende sind Gewalt und negative Grundannahmen dermaßen infiltriert, daß der Mensch nichts mehr von seiner ehemaligen Opfersituation weiß, und seine kompletten Schmerzen lieber an andere weitergibt, anstatt sie selbst erdulden zu müssen.

Niemand wird böse geboren. Jedes Kind kommt unschuldig zur Welt. Stellt man sich das Neugeborene reinweiß vor, so wird ab der Geburt die Familiengeschichte auf ihm geschrieben. Ist es dann erwachsen, hat es soviele Projektionen und Schuldgefühle auf sich notiert, daß es diese nicht mehr los wird, egal, wie oft man sich duscht.

Adre, du würdest weglaufen, ich auch. Hat aber die Frau zuhause Gewalt gegen sich als Kind erlebt oder gegen ihre Mutter, was sich für ein Kind x- mal schlimmer anfühlt als gegen sich selbst, ist es für diese Frau normal, so traurig wie das ist.

Ich hab auch immer gesagt, ich will nicht so werden wie meine Mutter und im Endeffekt hatte ich mir nur Männer, die mich behandelt haben wie ein Stück Dreck. Und das, obwohl ich es mir mit 15J geschworen habe. Ich hab jedes Mal gedacht, Jetzt wirds anders, diesmal werde ich geliebt und bin einmal im Leben für jemanden etwas besonderes.

lg yogu

Adrenalinpur

Ihr habt alle Recht, ja leider

und Yogurette Du triffst es: bei vielen Misshandelten wir genau leider das zur Normalität, darüber haben wir uns erst in der Arbeit unterhalten. Aber ein "Patentrezept" habe ich nicht.

LG Adre

Fee

Liebe Adre,


das sind mehrere verschiedene Themen, die Du hier "ansprichst". Jedes für sich allerdings besprechenswert, wie ich finde.


1. Die Frauen, die sich schlagen lassen, können alles mögliche haben.

- Kindheitsgewohnheit

- Masochismus

- Schlechtes Selbstwertgefühl

- Coabhängigkeit

- Persönlichkeitsstörungen

- uvm. ... einzelne oder mehrere Störungen



... mich würde man(n) jedenfalls, wenn überhaupt, trotz meiner Störungen,nur einmal schlagen !


L.G. Fee

Adrenalinpur

Noch eine weitere Idee zu dem Thema

wir erwarten immer Sicherheit und Dauer von bestimmten Dingen vielleicht auch aus dem unterbewusstem System

man muss das ganze aber auch mal so sehen

Jeder Lebensabschnitt hat seine Zeit, alles wandelt sich, sekündlich, minütlich, stündlich

und das warum machen Menschen immer die gleichen Fehler kann man auch so sehen:

sie nähern sich der Auseinandersetzung mit dem Unterwusstseinspaging, jeder neue Versuch, auch wenn er erstmal
wieder - in der Sicht gerade schmerzlich scheitern sollte - gehört vielleicht zum Kampf sich genau damit auseinanderzusetzen.

Flieht man vor den Stolpersteinen weisst man nie woher sie kamen, ich denke das ist ein Reifeprozess

Und ich formuliere den negativen Begriff "Fehler" um in

warum geben wir nicht auf um etwas zu kämpfen, wo wir Runde 1 verloren haben


Epines

Hallo liebe Adre und Mitlesende

Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten.

Fee hat jedoch ziemlich genau aufgelistet was die möglichen Ursachen sein könnten.

Ich denke mal das die Gewohnheit geschlagen geworden und wie der letzte Dreck behandelt worden zu sein, wohl den Ausschlag gibt. Man bewegt sich auf einem Territorium, dass man gut kennt und dadurch, dass man immer gesagt bekommt wie schlecht und böse man ist, sieht man die Schläge oft auch als gerechte Bestrafung an. Als Kind hat man sie akzeptieren müssen, denn man glaubt ja das man so ist wie einem immer suggeriert wird. Warum sollten einen die Erwachsenen anlügen? Also muss es stimmen, man weiss zwar oft nicht was man böses getan hat, aber man muss in den Augen der Anderen böse sein, wenn sie es ständig sagen.

Man war also böse, wurde geschlagen und dadurch ist es abverdient, wenigstens für eine Weile. Man ist mit der Zeit soweit, dass körperliche Züchtigung verbalen Gewaltanwendungen vorgezogen werden, denn körperlich verletzt zu werden tut bedeutend weniger weh, als die "Seele" bluten zu fühlen.

Dies kann zu Masochismus führen, auch wenn man im Grunde geistig eine Rebellin ist. Schläge befreien und zeigen einem was man wirklich ist... eine Null, ein Nichts, ein Niemand, der Besitz von jemandem, eine Ware... Das schlechte Selbstwertgefühl ist dadurch automatisch gegeben und wird mit Partnern die ebenso toxisch sind wie die Eltern es waren, auch niemals verbessert werden können. Man hat keinen Wert! Man ist weniger als Nichts.

Natürlich trifft man als Geschädigte, oder Geschädigter der noch nichts verarbeiten konnte, selten auf einen "normalen" Partner, sondern meistens auf einen, der seinen eigenen Sadismus egal in welcher Form ausleben muss, um sich besser zu fühlen. Jemanden der als Kind auch gelitten hat und darum instinktiv auf eine Partnerin, oder einen Partner abfährt der ebenfalls betroffen ist. Man kann diese Seelenqualen eines Menschen dem als Kind Leid zugefügt wurde fühlen. Man weiss was es durch gemacht hat. Das Sprichwort:"Gleich und Gleich gesellt sich gerne" kommt nicht von ungefähr, sondern birgt sehr viel Wahres.
Manche nennen es Seelenverwandtschaft, aber diese Erklärung über ein Phänomen ist viel zu einfach, es ist das Erkennen und das Fühlen des Leides, welches der andere erlitten hat, bedingt durch die Spiegelneuronen in unserem Gehirn. Ich sage immer; die Kinder in uns erkennen sich instinktiv.

Spiegelneurone sind Nervenzellen, die genauso reagieren, als ob man das Geschehene selbst erlebt hätte. Die von uns beobachteten Aktionen einer anderen Person werden in unserem Gehirn "gespiegelt". Wen dies interessiert kann sich in den Büchern von Joachim Bauer über dieses spannende Gebiet einlesen. "Warum ich fühle was du fühlst" und "das Gedächtnis des Körpers". Beides schon ältere Bücher, die jedoch nichts an Aktualität verloren haben und total einfach erklärt und verständlich zu lesen sind.

Ich selbst weiss um all dies und habe meine Erlebnisse mit einem prügelnden Ehemann und auch mit Partnern  die mich emotional erpressten und manipulierten, so gut es geht verarbeitet und trotzdem ertappe ich mich immer wieder, wie mich genau jene Menschen in den Bann ziehen und faszinieren, die selbst persönlichkeitsgestört sind und ich stelle auch immer wieder fest, dass mich Partner sowie auch Freunde die "normal" sind sehr schnell langweilen. Ihnen fehlt es häufig am Charisma, welches Leute mit Persönlichkeitsstörungen besonders interessant macht.

Heute bin ich erwachsen und würde mich auch nicht mehr schlagen lassen und mir ist bewusst, dass ich damals mit 18 noch viel mehr ein geprügeltes Kind war, als ich dachte...

LG
Epines


Adrenalinpur

Hallo Fee,

diese permanenten Abhängigkeiten können sogar zu absoluter Verlustangst führen egal was jemand macht wenn er einmal Bezugsperson ist wird geklammert ohne Ende und die Misshandlungen können in Sadismus oder anderen sexuellen Fixaturen münden.

Auch da meinen diejenigen das wäre normal und merken nicht wie sich der Gegenpart erpresst und oder bedroht fühlt

Niemand ist hier böse nur die Sicht ist eingeschränkt

Epines

Hallo Adre und Mitlesede

**diese permanenten Abhängigkeiten können sogar zu absoluter Verlustangst führen egal was jemand macht wenn er einmal Bezugsperson ist wird geklammert ohne Ende und die Misshandlungen können in Sadismus oder anderen sexuellen Fixaturen münden.**

Durch die Altlasten in der Kinderzeit bedingt, ist man ständig auf der Suche nach Liebe. Diese unstillbare Sehnsucht ist immer da. Man sehnt sich danach bedingungslos geliebt zu werden und zwar so wie man ist.  Da wundert es nicht, dass man wenn man endlich jemanden trifft der sich für einen interessiert, in dieser Liebe aufgehen will. Man möchte alles tun um sie zu erhalten. Um etwas zu haben, was man bisher nie hatte, aber von Liebesromanen gut kennt :-).
Ein ebenfalls belasteter Partner, oder Partnerin sucht oftmals auch  jemanden der  bedingungslos liebt.

Jener Part der schlägt, egal in welcher Form, sei dies nun körperlich oder verbal, hat genau so panische Angst vor dem Verlassen werden, wie der ihm unterliegende. Deshalb werden oftmals auch Drohungen ausgesprochen die Angst machen den Partner zu verlassen.
In meinem Fall hat mir mein Mann ständig gedroht, dass er mich umbringt wenn ich ihn verlasse. "Wenn ich dich nicht haben kann, soll dich kein anderer mehr haben", sagte er oft. Und diese Drohungen haben gewirkt, haben mir panische Angst gemacht. Einmal hat er mich bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und von da an wusste ich, dass es ihm ernst mit der Drohung war.

Auch habe ich mich extrem geschämt geschlagen worden zu sein und dies mit mir machen zu lassen, aber ich sah einfach keinen Weg hinaus. Ich war zu seinem Besitz geworden und darüber wachte er eifersüchtig. Damit er nicht ständig vor Eifersucht ausrastete habe ich mich von allen Freunden getrennt und Familie hatte ich ja eh keine richtige, die mir Halt und Hilfe gegeben hätte. Seine Angst verlassen zu werden war bestimmt um ein Vielfaches größer als meine. Ich hoffte immer, dass er mich eines Tages satt haben würde, dass er eine andere treffen würde, das sich das Problem von selbst löst, denn ich entsprach ja überhaupt nicht  dem, was er haben wollte.

Alles an mir nervte ihn und dennoch beteuerte er mir mich zu lieben. Ich selbst liebte ihn nicht, wenn ich auch anfangs einen Hauch von Zuneigung spürte, war diese schnell verflogen als wir zusammen gezogen sind.

Als ich ihn kennenlernte fühlte ich seine extreme Verletzlichkeit, sie hat mich bis tief in mein Inneres berührt und an etwas erinnert und ich denke, dass genau dies mich damals angezogen hat, wie es mich auch heute noch bei vielen Menschen anzieht.
Ich wollte ihn lieben, wollte ihm geben was er zuvor nie hatte und hoffte das Gleiche von ihm zu bekommen.

Ich spürte seinen Hass der mehr und mehr wuchs und wusste, dass er seinen Ursprung ganz woanders hatte, aber darüber reden war unmöglich, er konnte sich über Gefühle verbal kaum artikulieren, seine Sprache und Ausdrucksform war die Gewalt der Faust.

Er konnte grundlos ausrasten, weil ich "blöd glotzte", "doof lachte" "zu sexy angezogen", "verdächtig gut gelaunt " war u.s.w.

In unserer Beziehung hat sich meine Kindheit 1 zu 1 fortgesetzt, auch bei meiner Mutter wurde ich für doof lachen und blöd glotzen verprügelt, auch sie hatte die selben Ausraster.  Ich war 18 als ich ihn kennenlernte und 21 als er ging.

Es ist also niemals nur eine einseitige Abhängigkeit, sondern immer oder meistens gegenseitig, man klammert sich an etwas wovon man genau weiss, dass es ungut ist, sieht aber durch Drohungen bedingt kein Licht am Ende des Tunnels.

In meinem Fall war es weniger ein Klammern an einen Partner der mir nie geben konnte was ich brauchte, sondern ein Fesseln und gefangen halten seinerseits, damit ich ihn nicht verließ. Seine Angst muss grenzenlos gewesen sein... dabei hatte ich selbst meine Kraft verloren, ich hätte wohl viele Jahre ausgeharrt, wenn er mich nicht verlassen hätte.

Es ist meiner Meinung nach wichtig zu erkennen was eine Missbrauchskarriere alles beinhaltet und toxische Partner sind bei fast allen ein weiterer Leidenspunkt in der Biographie.

Eine Lösung und kluge Ratschläge habe ich in diesem Fall auch nicht, vielleicht muss man erst durch die Hölle gehen um danach das Paradies zu sehen...

Alles Liebe
Epines