Winterspaziergang

Begonnen von AHunter, 17 August 2012, 00:57:30

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AHunter

Huhu, hoffe, es ist nicht zu einseitig geschrieben, schon etwas älter der Text.
Werde ihn hoffentlich bald mit anderen ausstellen dürfen, mal sehen.
Auf Wunsch von Epines kommt er auch mit hierher, viel Spass beim Lesen.


Winterspaziergang


Kommen die kleinen Vögelchen hervorgehüpft, unter Regenrinnen immernoch gefrorenes Eis
und Schnee und darauf die Spuren dieser zart vorsichtig ängstlichen Geschöpfe. Wie
sie suchend sich bewegen. Immer ein Stück voran, wieder ein kleiner zierlicher Sprung,
weit gewagt, jedoch im Abschluss kurz gehalten.
Suchen nach einem Korn, nach einem Halm, nach einem Stückchen Futter und Zufriedenheit
für ihre kleinen, knurrenden Mägen.
Stöbern ein ebenso kleines Körnchen auf, liegt es offen und brach vor ihnen, förmlich wartend
auf den Verzehr.
Ohje ! Was für ein Gestöber. Wild und herrlich, ergriffen und rabiat stürzen sich die Kleinsten
auf dieses noch kleinere Gebilde im Schnee. Zerwühlen Gefieder und fiepsen in den höchsten
Tönen ! Bis... ja bis einer den Kern am Ende doch noch verschluckt.
Wieder kehrt Ruhe ein, jeder vereinzelt herumhopelnd, aufgelöst, fast schon traurig. Wieder
knurren die Mägen. Einer weniger, aber noch viel zu viele.
Da bricht der eiskalte Wind, und sie fangen an davon zu flattern. Weg, weg von hier, weg in
das Warme Gehege zurück. Bis zum nächsten Spaziergang im so tiefen Winter.

Epines

Vielen Dank :-)

Sehr liebevoll erzählt , man kann es förmlich vor sich sehen und den Hunger fühlen. Vermutlich werde ich den Vögeln nun im Winter anders begegnen.

Liebe Grüße
Epines

Sintram

Hallo AHunter


Wunderschön erzählt.
Deine filigrane und lebenssprühende Sprache ist wie diese kleinen Überlebenskünstler selbst, dennoch schwindet ihre Zahl von Jahr zu Jahr.

Die Ornithologen sagen, man soll sein Vogelhäuschen das ganze Jahr über füllen ob der maschinell restlos geplünderten Felder, den Insektenfressern freilich hilft das nur sehr wenig, die Lebensräume schwinden schier unaufhaltsam.

Diese kleinen Wichte sind nicht nur die größten Sangeskünstler unter der Sonne, sondern die direkten Nachfahren der Dinosaurier, also schon eine ganze Weile länger vor Ort als wir, und sie können was der Mensch nie können wird: fliegen.

Sie haben Hochachtung und Fürsorge verdient. Und unsere Dankbarkeit.

LG
Sintram

Siny

Gefällt mir! :-)
Ich musste ja unweigerlich an Goethes Osterspaziergang denken, wegen des Titels.^^
Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.

(Jean-Jacques Rousseau)