Therapie der radikalen Akkzeptanz

Begonnen von Adrenalinpur, 15 August 2012, 22:00:35

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Adrenalinpur

Hallo,

kennt jemand diese Therapie, die Gründe warum sie gemacht wird und hat vielleicht eigene Erfahrungen oder als Angehöriger ihren Verlauf und Erfolge mitbekommen?

Warum empfinden sie Patienten als so schmerzhaft? Mir erscheint sie sehr vernünftig und philosophisch siehe
http://www.schattauer.de/fileadmin/assets/buecher/Schramm/2758/pdf/Handout_16.pdf
und hat ja auch Gedanken des Zen in sich.

Dank und Gruss
Adre

Deja

Hallo Adre

ich kenne die Therapieform und hab sie selbst gemacht. Sowohl in der Skillgruppe besprochen als auch in der TK vermittelt bekommen.
Und nicht zuletzt ist es für mich eine der hilfreichsten Therapien in meinem ganzen Schlamassel.

Ich könnte dir jetzt theoretischen Kram dazu schreiben, ist aber nicht meins. Ich rede lieber von dem, wie es mir damit erging.

Warum ist es schmerzhaft? Ja, vlt der Knackpunkt schlechthin. Etwas radikal zu akzeptieren bedeutet sich damit abzufinden, ohne Wenn und Aber. Nur die Tatsache an sich steht in Mittelpunkt und gerade in psych instabilen Phasen oder Krisen ist man doch sehr geneigt, zu grübeln, die 3 gefürchteten W- Wieso Weshalb Warum- gehen einem nicht mehr aus dem Kopf und die Abwärtsspirale setzt sich automatisch in Gang.
Oft findet man nicht mehr raus und es wird eine Kette ohne Ende. SVV etc....das volle Programm.

Ist jedoch so, daß ich nur den reinen Fakt betrachte, verliert es manchmal schon das Bedrohliche. Für Menschen wie mich kann das kleinste Detail zur Bedrohung werden also muß ich iwi einen Weg finden, damit umzugehen. Ich konnte früher nichtmal einen Brief oder eine Email öffnen, ohne schon vorher "zu wissen", daß etwas Schreckliches drin stehen würde. Ich hab es dann überflogen und immer Dinge gelesen, die dort gar nicht standen. Oder wenn Menschen aus meinem Leben gegangen sind, ohne mir Gründe zu nennen, ohne ein Wort darüber zu verlieren, warum das jetzt so passiert, hab ich mich in dieser Abwärtsspirale verfangen und kein Ende gefunden.
Durch meine Prägung endete das grundsätzlich darin, daß ich an allem schuld bin.

Jetzt versuche ich, die Fakten objektiv zu beleuchten, ohne Wertung, ohne Emotion. Und das gelingt mir wirklich nur, wenn ich mir sage: Yogu, es ist so. Das ist die Tatsache und wenn du dich darauf beschränkst, mußt du dich weder aufregen noch in eine Krise rutschen.
Die Emotionen, die jetzt hochkommen sind alte Geschichten, sie betreffen nicht die heutige Realität und Panik ist nicht angebracht.

Dadurch gelingt es mir, meinen Focus auf die Sache zu richten und die Emotionen, die mich normalerweise vorher schon überfluten, besser zu kontrollieren. Grad für meine Diagnose eine der Hauptsachen.
Wenn ich gut drauf bin, gelingt es mir sogar bei nächtlichen Panikattacken.

lg


Adrenalinpur

Danke Yogurette, also doch eher positiv zu sehen, das hat schon mal weitergeholfen.

Freudestrahlend

Also, ich kenne das nicht als konkrete Therapieform, wie in dem Artikel beschrieben. Aber ich habe z.B. mit dem Prinzip "The Work" von Byron Katie gearbeitet: http://www.thework.com/downloads/littlebook/German_LB.pdf

Dort gibt es auch den wichtigen Grundsatz "Lieben was ist". Mir hat das sehr geholfen, meine Grübeleien zu reduzieren und vom Problem zur Lösung zu kommen. Aber anfangs war es wirklich schwer, mich vom "Wollen" zu verabschieden.
Most people do not listen with the intent to understand, they listen with the intent to reply.

Fee

Hallo Adre,

Stresstoleranz ist ein Modul, des Fertigkeitentraining, der Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) nach Marsha M. Linehan.

Ursprünglich zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung von ihr entwickelt.

Als Angestellte der "DBT - Station", mit der längsten Warteliste in Berlin, habe ich unterschiedliche Erfolge miterlebt.

Die Patienten, die sich auf das Skilltraining (Fertigkeitentraining) einlassen konnten, profitierten auf alle Fälle davon.


L.G. Fee



Adrenalinpur

Hallo Fee,

ich fragte deshalb, weil der Betroffene sich anhörte als wäre diese Therapie ein Weltuntergang und ich dann eigentlich gegenteilig positives las.  Vielleicht ist aber bei starkem Realitätsverlust über Jahre hinweg noch schwerer
das "Nichtwiederbringbare" anzunehmen, deshalb habe ich gefragt.

Welche Erfahrungen hattest du deunn da?

Gruss A.

Fee

Hallo Adre,

Therapie ist zwar kein Weltuntergang, aber fühlt sich für manch`einen sicher so an.

Denn neue Wege kennen zu lernen und diese dann auszuprobieren, ist nicht nur mit `ner Menge Arbeit verbunden, sondern macht auch Angst und andere "Unpässlichkeiten".

Dinge einfach nur zu beobachten, ohne dabei in eine Bewertung zu verfallen, ist "uns" ja auch erstmal fremd. Völlig wertfrei zu beschreiben und die nötige Achtsamkeit darauf, muss man ständig üben.

Annehmen können, das ist jetzt so und nunmal nicht so (wie ich es mir vllt. wünsche), ohne zu handeln, ist im Alltagsgeschehen kaum üblich.

Verschiedene Diagnosen und Ressourcen der einzelnen Patienten, führen in der Therapie zu verschiedenen (intensiven) Emotionen, Gedanken, uvm., die geradezu zum automatisierten Handeln zwingen. Was dann zu Problemen führt.

Therapieabbruch,SVV, uvm. sind die Folge.

Im Grunde geht es darum, durch eine radikale Akzeptanz keine Veränderung herbeiführen zu wollen. Sondern zu gucken was ist und was es mit mir macht und das anzunehmen.


Schwierig   ;-)



L.G. Fee