Betroffen und richtig down...

Begonnen von Andy, 14 April 2012, 17:51:54

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Andy

Hallo zusammen,

ich fange einfach mal an. Am Mittwoch habe ich erfahren, dass sich ein mir unbekannter Arbeitskollege im Alter von 21 Jahren neben unserer Firma erhängt hat. Anfangs habe ich diese Info so abgetan, doch spätestens als ich die Parte an der Eingangstüre gesehen habe, fühlte ich mich plötzlich schlagartig betroffen und traurig. Ich habe mich immer mehr mit diesem Kollegen beschäftigt und habe mich da immer weiter reingesteigert. Er hatte sogar seinen Tod penibel vorbereitet, sein Auto abgemeldet und einen Abschiedbrief geschrieben. Nun ist genau eine Woche her, als er sich umgebracht hat (vergangener Samstag) und ich mache mir sehr viele Gedanken dazu. Ich stelle mir die gesamte Szenerie vor, wie es abgelaufen ist, habe auch den Fundort von ihm und das Grab gesehen.

Doch das beunruhigenste ist neben der Traurigkeit, welche mich immer wieder überkommt ist, dass ich mir denke "Er hat es geschafft". Er hat keine Sorgen, Aufgaben und Probleme mehr. Und da beginnt die Relexion auf mich mit dem Ergebniss "Es ist also nicht so schwer..."

Ich fühle mich seit 4 Tagen mittlerweile echt übel und sehe keinen echten Sinn im Leben mehr, denn es läuft ohne einen auch weiter. Nur dass man selbst den ganzen Stress, den Druck und die ganzen Probleme nicht mehr bewälltigen muss.

In der Hoffnung, dass mein Beitrag nicht zu verwirrend für euch ist.

Liebe Gruesse
Andy


Andy

Ich nochmal:

Vielleicht lässt sich meine Stimmung so zusammenfassen:

Ich möchte mich einfach nur zu Hause einsperren und von keinem etwas hören.
Und meine Gedanken kreisen um das Thema: Was wäre danach, was wäre ohne mich...

Epines

Hallo Andy

Wenn jemand den Freitod wählt ist meist das ganze Umfeld entsetzt und viele machen sich Gedanken und Vorwürfe, ob sie nicht vielleicht etwas hätten tun können um der Person zu helfen. Oder man fragt sich warum man nicht erkannt hat wie es im Innern dieses Menschen ausgesehen hat.

Als meine Freundin vor vier Jahren diesen Weg für sich gewählt hatte, stieß mich dies auch in ein tiefes Loch, genau wie du hatte ich plötzlich keinerlei Lebensfreude mehr und sah den Sinn im Leben nicht mehr.

Ihr Tod hat mich lange zum Nachdenken gebracht und mich nachhaltig verändert. Irgendwie habe ich erst da begriffen wie wertvoll es ist am Morgen aufzuwachen und leben zu dürfen. Plötzlich nahm ich das Leben nicht mehr als Selbstverständlichkeit hin, sondern als Geschenk. Ich weiss das klingt jetzt seltsam, aber die Vergänglichkeit wurde mir erst durch ihren Tod zum ersten Mal wirklich bewusst.

Oft sagt man, dass man erst eine schlimme Krankheit wie Krebs haben muss um dies zu erkennen. Ich denke mal dies war ihr Geschenk an mich, trotz allem tut es immer noch unendlich weh sie verloren zu haben...

Was sind das für Sorgen die einen Menschen bewegen das einzig Wertvolle was er besitzt aufzugeben? Wie unendlich muss die Qual sein diesen Schritt zu gehen?

Nach so einem Erlebnis ist nichts mehr wie es vorher war, du wirst viele Dinge nun ganz anders sehen als zuvor.
Nimm die Herausforderungen die das Leben an dich stellt an, in der Gewissheit das alles vergänglich ist.

Alles Liebe
Epines

parapieps

hallo andy,
schicksale wie die von deinem 21 jährigen kollegen gehen menschen immer unter die haut, sobald man sich mit den näheren umständen befasst. dazu gehört auch das aufsuchen der unglücksstelle oder sogar der letzte ruheort. dass man sich selbst mit den fragen auseinandersetzt, "was wird danach" oder "es geht weiter auch ohne mich" ist meines erachtens eine art zwischenbilanz die man selbst zieht. jemand hat es vorgelebt, dass er freiwillig aus dem leben geht. man kann es als letzten ausweg sehen oder selbstaufgabe. ich selbst habe mich schon einmal dabei erwischt, wie ich in gedanken zu einer kollegin sagte "nun hast du es geschafft und hast jetzt ruhe". doch gleich darauf versuchte ich mir vorzustellen, wieviel kraft dieser letzte schritt doch gekostet hat. sie hinterlies 2 kinder und einen mann. wer so stark ist, diesen schritt zu gehen, ist mindestens stark genug, auch aus der situation wieder herauszukommen. es hat in diesem augenblick nur am fehlen des richtigen menschen, freund oder therapeuten oder dem berüchtigten schalterklick gelegen.
aber wer kann erahnen wie es in einem aussieht, wenn man sich nicht offenbart, sondern immer weiter verschließt. gerade habe ich einen teilstationären aufenthalt hinter mir und habe es nach 6 jahren endlich geschafft, mir alles von der seele zu reden. früher undenkbar! doch heute bin ich froh darüber, weil ich jetzt gezielte impulse bekomme und das trauma verarbeiten kann. ich fühle mich wie von einem eisenring befreit.
wenn ich dir einen rat geben darf, dann bemühe dich darum, sozialen kontakt zu halten. auch über eine einrichtung oder gar einem gesprächskreis für betroffene. lass dich nicht noch tiefer fallen. es wird immer schwieriger da wieder herauszukommen.
ich wünsche dir alle gute
lg vom pieps

Andy

Danke für die Antworten,

vieles, was ihr geschrieben habt ergibt einen Sinn.
Ich hab mich jetzt mit Freunden umgeben und es geht schön langsam wieder besser...

Und desto öfter man das Gefühl bekommt, dass man gebraucht wird, umso schneller vergehen die undausprechlichen Gedanken.
Das ist dann wirklich wie ein Teufelskreis, denn wenn man sich isoliert, wird alles nur noch schlimmer.

Danke euch!

Lg

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