ACTA - Was bedeutet es im Speziellen

Begonnen von parapieps, 10 Februar 2012, 23:02:09

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Hobo

Jou, ich seh schon, mein Ansatz ist ein anderer. Nur noch 2 Beispiele zum Abschluss:

1. In Afrika sterben täglich unglaublich viele Menschen an AIDS, die keinen Zugang zu lebensrettenden oder -verlängernden Medikamenten haben. Warum? Weil sie diese nicht bezahlen können. Acta würde die Pharmaunternehmen dabei unterstützen, auf ihrem "Recht" Generika zu verbieten zu bestehen.

2. Es gibt patentgeschützte Pflanzen, die auch in trockenen, ja sogar versalzenen Böden das Verhungern von tausenden von Menschen verhindern könnten. Aber das Patent ist zu teuer. Auch hier würde Acta das Recht auf Profit über das Leben von Menschen stellen.

Pfeiff auf die paar Musiktitel oder Filme. Darum gehts mir ganz sicher nicht. Es bleibt für mich die Frage, ob das Recht auf Profit, das es zweifellos gibt, über dem Recht sehr vieler Menschen auf Leben überwiegt. Das ist für mich ACTA...

lg
Hobo

Gypsy

Das meinte ich Hobo, dass ich unterstelle, dass viele (keineswegs alle!) ACTA-Gegner diese Argumente vorschieben, auch wenn sie sich letztendlich doch mehr für ihre Raubkopien interessieren. Was wäre wohl, wenn so eine offizielle Unterschriftensammlung gegen ACTA an die Bedingung geknüpft ist, dass jeder Unterschreibende 5 € für Medikamentenlieferungen in Entwicklungsländer spenden soll... Ob dann wohl immer noch so viele dagegen wären...?


Davon ab liegt genau da eben der Denkfehler. Was Generika und Patente betrifft, gibt es längst Gesetze, die das Inverkehrbringen von "Kopien" verbieten, solange der Patentschutz noch nicht abgelaufen ist. Das, was durch ACTA "verboten" werden soll, ist also längst verboten. Nur das Risiko, erwischt zu werden, wird durch ACTA größer, das ist alles.

Mit Saatgut kenne ich mich nicht aus.. aber zu Generika kann ich Dir folgendes sagen, ist immerhin mein Job:

Angenommen, ein Hersteller entwickelt ein neues Arzneimittel, das für Menschen in Entwicklungsländern lebensrettend sein könnte, aber zu teuer ist. Ob mit oder ohne ACTA - dieser Hersteller hat (nach EU-Recht) 10 Jahre lang das Recht auf Marktexklusivität. Er darf, muss aber nicht, natürlich seine Informationen schon früher an andere Hersteller verkaufen, die dann das entsprechende Generikum auf den Markt bringen können. Nach Ablauf dieser 10 Jahre ist er aber dazu verpflichtet (!), sein Wissen offenzulegen.

Dass es teilweise auf dem Markt schon vor Ablauf dieser Frist Generika gibt, ohne dass der Zulassungsinhaber dem zugestimmt hätte, ist illegal. Und - da steige ich beruflich sozusagen ein - solche illegalen Arzneimittel enthalten in den allerseltensten Fällen tatsächlich das, was drauf steht. Bestenfalls sind es einfach nur gepresste Traubenzuckerle, schlimmstenfalls sind nicht zugelassene bis hin zu lebensgefährliche Wirkstoffe enthalten. Auf die Qualität solcher Medikamente ist absolut kein Verlass, weil sie eben nicht von einer qualifizierten Firma, sondern in irgendeiner illegalen Laborklitsche produziert werden.

Ist es denn wünschenswert, dass Entwicklungsländer ihr ohnehin schon knappes Geld für Medikamente ausgeben, die gar nicht wirksam oder sogar schädlich sind?

Die Verantwortlichkeit, preiswerte Arzneimittel den Menschen in Entwicklungsländern vor Ablauf dieser Fristen zugänglich zu machen, liegt nicht bei ACTA sondern bei den Pharmakonzernen. Hier gehört der Ansatz hin, und wenn es nicht der Verkauf der Zulassung an Generikahersteller ist, dann wenigstens die Unterstützung Bedürftiger mit Spenden oder Preisnachlassen....

samatha

Hi

und eine letzte Antwort noch.
- ist es noch freie Meinungsäußerung, etwas zu behaupten, das nachweislich eine pauschale und damit auch böswillige Unterstellung ist? Nubis hatte ausreichend Möglichkeiten, sich mit ernsthaften Kritiken an ACTA zu beschäftigen, denn ich habe mich deutlich bemüht, nur zu möglichst seriösen Quellen zu verlinken. Was in irgendwelchen Foren im Internet zu ACTA gesagt wird, das interessiert mich eigentlich wenig. Meine Quellen suche ich mir ganz bewußt in einem anderen Umfeld. Wer das nicht berücksichtigt, sondern pauschal über ACTA-Gegner urteilt, als würden
sie alle nur auf Raubkopien aus sein, ist für mich kein adäquater Gesprächspartner. Das pflege ich dann auch unmißverständlich klarzustellen.

- ob deine Behauptung wirklich zutrifft, Otto Normalverbraucher sei von ACTA kaum oder nicht betroffen, das ist noch lange nicht klar. Ich verweise noch einmal darauf, daß gerade die schwammige ACTA-Regelung durchaus so interpretiert werden kann, daß sie die Schaffung einer umfassenden Infrastruktur zur Ausspähung und Zensur des Datenverkehrs zwingend vorschreibt. Auch auf das in diesem Zusammenhang wichtige Stichwort "deep packet inspection" muß ich noch einmal verweisen. Das alles ist noch lange nicht vom Tisch.

- die Behauptung, ACTA müsse wegen der individuellen Gesetzgebung der beteiligten Länder so schwammig formuliert sein, halte ich bestenfalls für einen mißglückten Scherz. Wenn die Interpretaionsmöglichkeiten so weit auseinander gehen, von "ändert so gut wie nichts" bis "schafft die Infrastruktur für unfassende Kontrolle und Zensur", dann ist das schlichtweg Müll. Daß die pessimistische zweite Interpretation keineswegs von Verschwörungstheoretikern erfunden wurde, das magst Du den verschiedenen links entnehmen, zum Beispiel dem Beitrag des Internetproviders. Den wirst Du sicherlich nicht zu den Raubkopierern zählen wollen, oder?

- wenn Du es gewohnt bist, daß "Leute" deine Argumentation nicht verstehen, könnte es dann auch an der Art deiner Argumentation liegen? Immerhin hört sich "Leute" nach einem Plural an. Ich mache mir jedenfalls nix draus, bestenfalls finde ich es langweilig, das alles noch einmal von vorn durchkauen zu müssen.

So, jetzt wird es mir wirklich zu langweilig. Alles Entscheidende zu ACTA wurde mehrfach gesagt. Man mag es lesen oder bleiben lassen.

nubis

#63
@samatha

warum du mich jetzt immer wieder ins Spiel bringst, ist mir ein Rätsel - auch ich hatte abschließend festgestellt, dass es mir nichts mehr bringt das noch x-mal durchzukauen, und dass ich gesagt habe, was ich dazu zu sagen habe ... übrigens würde ich das durchaus zur 'freien Meinungsäußerung' zählen - pauschale und böswillige Unterstellungen sehe ich nur da, wo die Leute ihr 'hauptsache-dagegen-Fähnchen' hissen nur weil ein paar Schlagworte gefallen sind - und auch wenn ich durchaus sehe, dass du persönlich dich gut informiert hast, beurteile ich die Masse der Protestierenden eben anders, was eben mein gutes Recht auf MEINE Meinung ist.

Nett, dass da immer nach geschrieen wird, solange es das eigene Weltbild bedient, einen anderen aber zum 'nicht adäquaten Gesprächspartner' degradiert, sofern er nicht willig ist sich auf die vorgesetzen Argumente einzulassen...

Aber egal^^ - inzwischen wissen wohl alle, was du von mir und meiner Meinung hältst - glaube, du brauchst das jetzt nicht ständig und in jedem Posting zu wiederholen.

danke





@Gypsy

Dir auch ein ehrlich 'Danke' :-)

Ich habe es nicht halb so umfassend und verständlich ausgedrückt formuliert - gemeint habe ich es aber eben so.


LG
nubis
Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

Gypsy

@nubis - ebenfalls Danke ;) Jetzt hast Du grade etwas sehr schön auf den Punkt gebracht, was ich so sachlich nicht mehr gesagt hätte...

@samatha - Dir muss ich auch danken... von ganzem Herzen... denn jetzt hab ich es endlich kapiert...



... warum ich in diesem Forum nicht mehr diskutieren wollte^^ :P

Im Gegensatz zu Dir langweilt es mich eher, wenn mir jeder meine persönliche Meinung bestätigt. Aber gut, da ist eben jeder anders. Und mancher Narzisst mag sich mit einem "Depressiven" verwechseln. Ist ja alles auch eine Image-Frage...

Hobo

@Gypsi, wohin soll ich die 5 Euro überweisen?

lg
Hobo


Gypsy

@Hobo.. hatte niemals Zweifel daran, dass DU so denkst. Das hat das Kücken schon verstanden... ;) Und ich würde es sofort genauso machen. Es geht mir um ganz was anderes...

Epines

Meine Lieben

Man kann in jeder Sache geteilter Meinung sein, aus verschiedener Sichtweise kann sogar jeder Recht haben.

Wer nun wirklich Recht hat ist doch  im Grunde völlig nebensächlich, wir stehen hier weder vor Gericht, noch sind wir ein Parlament, dass sich Beleidigungen an den Kopf pfeffert. Was mir viel wichtiger erscheint ist, dass man sich gegenüber den Teilnehmenden respektvoll verhält, denn sonst werden aus Gesprächspartner blitzschnell Gegner wie nun hier. Dabei ist unser Ziel doch das Gleiche, wir wollen uns intensiv mit einem Thema auseinander setzen, es von allen Seiten beleuchten, dazu darf meiner Meinung nach auch philosophiert werden. Es gibt doch einen Grund warum wir hier schreiben, verlieren wir den doch nicht immer wieder aus den Augen, wir wollen kommunizieren!

Eine kriegerische Auseinandersetzung lähmt jedoch den Geist und Trotzreaktionen sind selten fruchtbar, machen jede Diskussion zur Farce.

Ich möchte mich da nicht ausnehmen, auch ich trete öfters dem Einen, oder der Anderen auf die Füße und prüfe daher  regelmässig, ob ich mein Gegenüber für meinen Ärger und Frust verantwortlich mache um dann fest zu stellen, dass es ausschließlich an mir selbst liegt.

Nur weil jemand eine andere Meinung als die Meine vertritt heißt dies noch lange nicht, dass ich jemanden als dumm oder begriffsstutzig ansehe, oder ich ihn deshalb weniger schätze, oder abwerte, aber wenn man mich öfters verbal tritt, bin ich natürlich auch verletzt, dann jedoch ziehe ich mich zurück. Ich kann Gipsy deshalb gut verstehen, wenn sie sagt, dass dies einer der Gründe ist warum sie nicht mehr schreibt. Manchmal frage ich mich auch, warum ich mir dies antue. Dann aber denke ich, dass wir alle aus unseren Fehlern lernen können. Nur durch sie haben wir überhaupt die Chance uns weiter zu entwickeln. Oft ist es doch so , dass uns nachher unglaublich leid tut wie sich die Sache entwickelte  und jeder schmollt frustriert alleine vor sich hin und deshalb gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass wir hier eines Tages gewaltfrei kommunizieren werden. Aber dies schaffen wir nicht indem wir uns zurückziehen.

Meist ist es auch gar nicht mal so schlecht, wenn man eine gänzlich andere Sichtweise präsentiert bekommt, denn oftmals bewegt man sich ja in einem Kreis, wo man sozusagen auf der gleichen Insel schwimmt und ist erstaunt welche Sichtweise sich durch Andersdenkende eröffnet.
Ich schätze kontroverse Diskussionen, die sich in verschiedenste Richtungen weiter entwickeln dürfen, so lange sie gewaltfrei bleiben.

Ich mag dieses Forum und nicht zuletzt hängt das auch mit den Leuten hier zusammen!

Alles Liebe
Epines

Epines

Hallo liebe Leute

Hier einige interessante Informationen über Zukunftsszenarien "Geistiges Eigentum". Mal ein ganz anderer Aspekt zu ACTA. https://www.ige.ch/juristische-infos/rechtsgebiete/geistiges-eigentum-und-nachhaltige-entwicklung/zukunftsszenarien-geistiges-eigentum.html

Mit patentierten Pflanzen und Tiere (z.B. transgene Mäuse, deren Gene in verschiedenen Farben leuchten), oder die in Deutschland bereits zugelassene Gentechnik-Kartoffel Amflora, geben wir die Saatgutproduktion noch stärker in die Hände einzelner mächtiger Firmen wie Monsanto (Melonen, Mais, Getreide, Tomaten, Kartoffeln u.s.w.) oder BASF (Getreide, Raps, Mais, Kartoffeln), denn der Schutz an zukünftigem geistigem Eigentum, ist natürlich ein Ansporn da weiter zu machen.  Der Bauer kann somit nicht mehr unabhängig und frei entscheiden, ob er Saatgut möchte das gentechnikfrei ist, da das Angebot von gentechnikfreiem Saatgut, künstlich verknappt und verteuert wird, um ihn zum Kauf zu zwingen.

Ärmere Gegenden weltweit, sind jedoch auf die Verwendung des selbst produzierten Saatgutes angewiesen, Hobo hat es schon angesprochen, durch den Schutz geistigen Eigentums werden sie  kriminalisiert. Sie können es sich schlicht nicht leisten jedes Jahr neues Saatgut zu kaufen. Wer es noch nicht gemerkt hat, soll sich einmal umsehen wie teuer Saatgut geworden ist, seit man Pflanzen patentieren kann, dies wird künftig noch teurer, da man gesetzlich geschützt ist und die Preise durch freie Marktwirtschaft bestimmt werden.
Man versucht z.B. seit Jahren die Bauern in armen Gegenden vom Mohn-, und Kokaanbau abzubringen und sie zu bewegen auf Bohnen und Getreide umzusteigen und nun wird dies durch den Schutz geistigen Eigentums zusätzlich erschwert?

Zuerst wird ihnen das Saatgut geschenkt mit Hilfe staatlicher Subventionen (heute schon Praxis) und danach müssen sie dafür teuer bezahlen, da ist doch der  Anbau von Papaver somniferum, wenn man sich ohnehin strafbar macht, wesentlich lohnender.

Aber auch die Familie in Deutschland, die in ihrem Garten patentierte Erdbeeren pflanzt wird kriminalisiert, wenn sie die Ausläufer vermehrt, oder sogar an Freunde weiter gibt. Man müsste künftig lebende Pflanzen weg werfen, weil die Verbreitung verboten ist.  Heute besteht jedoch keine Gesetzesgrundlage zu klagen, mit ACTA ändert sich dies radikal.

Edelreißer dürfen nicht verwendet werden, da neue Obstsorten unter geistiges Eigentum fallen... Jahrhunderte lang hat man Bäume gezüchtet und  vermehrt, mit ACTA macht man sich damit strafbar. Notabene wurden die "Neuzüchtungen" aufgrund des vorhandenen Materials kreiert.

Wer kontrolliert dies alles? Wer finanziert die Kontrolle?

Wem gehören unsere Pflanzen in Zukunft? Nicht mehr uns allen? Sondern nur noch einer ausgewählten Gruppe? Plutokratie ohne Ende...

Was nützen Gesetze von denen man von Anfang an weiss, dass sie aufgrund finanzieller Probleme, Unwissenheit und Armut nicht überall eingehalten werden können?  Es sind Gesetze die Angst machen. 
Gesetze sollen dem Schutz der Allgemeinheit  dienen und nicht dem Schutz einer ausbeutenden Kaste. 

Wann kommt der patentierte Mensch, der aufgrund geistigen Eigentums nur noch mit Bewilligung kostenpflichtig vermehrt werden darf und dessen Eltern in der Folge wegen Urheberrechtsverletzung, die ersten Jahre seiner Kinderzeit im Strafvollzug absitzen müssen? (Sarkasmus!)


"Erst kommt das Fressen, dann die Moral." Zitat Bertolt Brecht, erkannt im Alter von 25 Jahren.

Einen schönen Frühlingstag wünsche ich euch
Epines

Epines

EU-Parlament stoppt Acta

:-)))

http://www.nzz.ch/aktuell/digital/eu-parlament-stoppt-acta-abkommen-1.17318350

Siny

Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.

(Jean-Jacques Rousseau)