der kopf sagt irgendwie was anderes als der bauch....

Begonnen von parapieps, 18 Januar 2012, 19:43:21

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parapieps

liebe leute, ich weiß nicht wie ich es nennen soll, was da für ein gefühl in mir tobt und geschweige, wie ich damit umgehen soll.
in meiner theragruppe ist seit drei oder vier wochen eine mitpatientin neu dazugekommen. wir sind sieben leute bunt durcheinandergewürfelt und sitzen rund um einem riesigen tisch. jeder hat genügend platz, um nicht dem anderen auf die pelle zu rücken. diese neue patientin sitzt unmittelbar neben mir und man sieht ihr an, wie sehr sie sich zusammenreißen muss, um uns alle zu ertragen. sie spricht noch nicht laut über diese sache die ihr passiert ist, aber weil ich neben ihr sitze, habe ich mitbekommen, was ihr leben aus der bahn geworfen hat. es ist als wenn ich in einen spiegel schaue und mich dann sehe. all das was ihr körper ausdrückt, kann ich gut nachempfinden. ich fühle ebenso und wäre sicher die erste, die für sie verständnis aufbringen könnte. aber da ist etwas was mich blockiert. ich gehe ungewollt auf distanz, obwohl ich sie am liebsten in die arme nehmen würde. es ist mir noch nicht ganz klar warum mein kopf da einen eigenen weg gehen will. ist es weil ich angst davor habe, dass sie sich mitteilt und ich es nicht aushalten könnte? oder ist es die angst, ihr die hoffnung zu nehmen, dass es auch mit der zeit nicht erträglicher wird?
mit hoher wahrscheinlichkeit verbindet uns mehr miteinander, als mir lieb ist. es besteht immernoch die gefahr, dass auch ich befragt werden könnte, wenn sie die typen schnappen. noch sind sie nicht gefasst. ich überlege ernsthaft die theragruppe zu wechseln, denn inzwischen habe ich regelrecht bauchschmerzen wenn sich die gruppe trifft. ich will am liebsten nie wieder mit irgendwas in der beziehung was mir damals passiert ist in berührung kommen. aber kann man immer nur weglaufen? immerzu nur stark sein schwächt mit der zeit aber auch.

Nicki

Ein schwieriges Thema, was mich gerade auch wieder sehr tief in mich hinein schauen läßt...
Ich würde dir gerne bei deiner Frage weiter helfen, muß mein Innenleben jetzt aber erst mal selber wieder sortieren.
Vielleicht finde ich in den nächsten Tagen noch passende Worte...

Epines

Hallo liebes Pips

Je näher man dem Trauma in einer Gruppe kommt, um so mehr steigt das Unwohlsein und die begleitenden körperlichen Beschwerden. Ich erlebte dies oft an mir selbst, sowie auch an den anderen Mitgliedern in der Gruppe. Egal ob ich mich selbst traue darüber zu reden, oder ob ein anderer es tut. Man leidet mit, auch weil man ganz genau weiss wie der andere damals gelitten hat, man war ja in einer ähnlichen Situation und kennt die Angst, die Ohnmacht und die Schamgefühle die da sind nur allzu gut.

Wir haben diese Gefühle  in der Gruppe öfters thematisiert und festgestellt, dass es allen anderen ähnlich geht.

Ob du aufhören, oder in eine andere Gruppe wechseln sollst, musst du selbst entscheiden, persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass ausgerechnet die schmerzhaften  Erlebnisse der Anderen mich dazu bewogen haben auch offener zu sein und mich  mitzuteilen, was mir dann schlussendlich gut getan und mich erleichtert hat.

Aber es sind ja nicht alle gleich, vielleicht ist man noch nicht soweit, dass man es schafft. Manchmal hilft auch eine Sitzung ausfallen zu lassen, damit es nicht zu heftig wird. Wir haben uns jahrelang alle zwei  Wochen für 2 Stunden getroffen und oft haben sich einige eine kleine Auszeit gegönnt. Wer allerdings mehr als einen Monat fern blieb, ist meist gar nicht mehr gekommen.
Da ich mit den meisten noch Kontakt halte, weiss ich, dass sich ihr Leben dadurch nicht wesentlich verbessert hat, während die meisten die da geblieben sind, doch einiges mehr verändern und bewältigen konnten.

Trigger vermeiden hat meine Lebensqualität anfangs stark eingeschränkt, denn wo begegnet man keiner Gewalt? Sie ist einfach allgegenwärtig.
Heute begrüße ich meine Bauchgefühle und die Trigger, denn sie sind nicht etwa mein Feind, sondern eher das Gegenteil, sie zeigen mir genau wo noch etwas verborgenes und verdrängtes lauert das darauf wartet verarbeitet zu werden.

Wir haben auch irgendwann erkannt, dass eine sture Sitzordnung nicht sein muss. Der Mensch ist ja so ein Gewohnheitstier. Ich würde mich einfach das nächste Mal an einen anderen Ort setzen der vielleicht noch frei ist und alle die rein kommen und sich wundern liebenswürdig anlächeln.

Einige von uns haben dann angefangen nach den Sitzungen noch zusammen in die Kneipe zu gehen und da locker über Gott und die Welt zu diskutieren. Dies hat viel dazu beigetragen uns nicht immer nur als Opfer zu sehen, sondern vor allem auch als Menschen die  zusammen lachen und Spaß haben können.

Alles Liebe
Epines

Hobo

Hallo Pieps,

ich denke ich verstehe sehr gut, was Du meinst. Zudem kann ich Gruppenthera nicht, wg. sozialer Phobie. Und trotzdem, ist es nicht gerade der Sinn einer solchen Therapie, auch mit anderen Menschen und deren Schicksal konfrontiert zu werden?

Anscheinend ist das ja mit dem Spiegel, den Du beschreibst ganz bewusst gewollt. Ich verstehe dieser Art der Therapie vielleicht falsch, aber was ich so gelesen habe darüber spricht eigentlich dafür. Den Patienten soll vor Augen geführt werden, dass sie nicht alleine auf der Welt ihr Problem haben, dass es noch recht viele andere gibt, denen es genauso oder zumindest ähnlich geht. Und das deshalb, weil es wohl ein typisches Symptom der Depression ist, sich alleine mit seinen Problemen zu fühlen. Vielleicht sogar mutterseelen allein auf dieser ganzen Welt.

Aber das ist nur so ein Gefühl. Genau weiß ich es nicht...

Du machst das schon richtig...

lg
Hobo