Alles sinnlos

Begonnen von verstellungpur, 03 Januar 2012, 21:11:07

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verstellungpur

Soll mein Leben so weitergehen? Nach aussen hin geht es mir "ja wieder gut!", aber innerlich......
Es hat doch alles keinen Sinn, wenn man keinerlei Gefühle mehr empfinden kann, innen drin wie abgestorben ist und alles, was zu einem gesagt wird, als Last und Druck empfindet. Die kleinste Kleinigkeit ist wie ein grosser Felsbrocken, der sich noch zusätzlich auf mich drauflegt. Ich fühle mich selbst mit ganz "normalen" Dingen total überfordert.
Alltägliche Dinge, die "normalerweise" wie selbstverständlich erledigt werden, sind für mich der schlimmste Horror und unüberwindbar.
Die Menschen in meinem Umfeld verstehen das aber nicht!
Für mich sind Wege raus aus der Wohnung schon die schlimmste Vorstellung, wenn dann aber ein Gang beispielsweise zu einem Amt oder ähnlichem ansteht, ist das für mich fast eine Hürde, die ich nicht überwinden kann.
Mein Umfeld hat dafür kein Verständnis!
Was macht so ein Leben überhaupt noch für einen Sinn, wenn man keine Gefühle mehr hat!

verstellungpur

Hallo, Depressionen wurden schon diagnostiziert und werden auch behandelt - zumindest mit Medis. In Reha war ich auch schon - aber da meine familiäre Situation recht schwierig ist, nehmen die Belastungen einfach nicht ab - ich empfinde das zumindest so. Dass Depressionen nicht "greifbar" sind wie körperliche Krankheiten, macht es ja gerade so schwierig. Man sieht es einem nicht an und daher wird so ein Schub sehr oft als schlechte Laune abgetan. Verzweifelter als man selbst können die anderen aber nicht sein.
Verlaufen habe ich mich nicht hierher, sondern ich habe einen Platz gesucht, an dem ich meine Gefühle und Ängste auch mal loswerden kann an Leute, die dafür auch Verständnis haben!

verstellungpur

Das ist genau der Grund, warum ich mir so ein  Forum gesucht habe - daß ich mich mit jemandem wie dir austauschen kann! Und das mit dem Verlaufen hab ich auch nicht als bös aufgefasst! Ich suche ja hängeringend nach einem neuen Therapeuten - der alte war ein A.... Ist immer bei den Sitzungen eingeschlafen und als ich am absoluten schlimmsten Tiefpunkt war, hat er mir überhaupt nicht geholfen. Habe ihn um Hilfe angefleht  - da hätte ich an eine Wand reden können mit mehr Erfolg

verstellungpur

Ja ich weiß, dass man da Geduld braucht.
Ich werde mich in den nächsten Tagen wieder mal melden. Danke für die raschen Zusprache!

Emilie

Hallo Vorstellungpur,

das mit den Hürden kenne ich auch... ich konnte es dadurch einigermassen in den Griff bekommen, dass ich diesen Leitspruch der Anonymen, "immer nur für einen Tag" noch weiter runtergebrochen habe. Nur für diesen Moment. Also wenn ich was machen musste was mir so unbewältigbar erschien habe ich mir vorgenommen, ich mach das jetzt in diesem Moment und ohne den Zwang es zu Ende zu machen. Also ich fange jetzt an zu spülen und ich muss nicht alles spülen (ich hatte damals oft mein gesammtes Geschirr aufgebraucht ehe ich anfing zu spülen) sondern ich hör auf sobald es mir zu viel wird.  Wichtig dabei war für mich, dass ich wusste, ich kann jederzeit wieder aufhören, es besteht kein Druck. Und plötzlich ging es einfacherer von der Hand.
Mit dem Raus gehen, ist das sofort abbrechen natürlich erschwert... aber Du kannst vielleicht schaun, dass Du den Radius klein hälst... vielleicht wirklich nur in der Nähe der Wohnung draussen sein, sodass du umgehend wieder rein kannst, wenn es zuviel wird. Ohne draussen sein zu müssen.

Und vielleicht kannst Du zu den Ämtergängen jemanden mitnehmen. Du könntest auch sagen: "Du ich verlange gar nicht von Dir, dass Du verstehst, warum es mir wichtig ist, dass Du mit mir dahin gehst. Aber ich würde mich freuen, wenn Du es machst, weil ich Dich darum bitte." (Manchmal muss man sich über den eigenen Stolz hinwegsetzen, der ist nämlich manchmal nur ein Arsch) Ich fand es überraschend zu sehen, wie bereitwillig manche helfen, wenn man von Ihnen nicht verlangt sich mit dem Problem an sich auseinanderzusetzen. (also nicht verstehen wieso sondern einfach mitgehen) Es nimmt ihnen die Angst sich mit der Depression auseinandersetzen zu müssen aber sie freuen sich, praktische Hilfe geben zu können. Die meisten sind nämlich keine Arschlöcher sondern nur ängstlich.
Vielleicht hilft Dir das ja auch schon weiter?

Sintram

Hallo Verstellungpur,

ich kann Dir jetzt garnicht mehr so genau sagen, wie viele Jahre ich schon in dem Zustand verbringe, den Du eingangs beschreibst, mit Auf und Abs, aber kontinuierlich trotz Medikamentation.

Schick mich auf ein Amt und ich fühle eine Pistole auf der Brust, ich schiebe vor mir her und von mir weg bis zum letzten Drücker und darüber hinaus, alltägliche Dinge kosten mich enorme Kraft und Überwindung, die "andern" garnicht bewusst werden, jedes Hügelchen wird zum unüberwindlichen Berg.

Das sind allerdings durchaus Gefühle, meine nämlich, es ist keine Schande, anders zu fühlen als der Rest der Welt, auch wenn eine psychische Erkrankung dahintersteckt und ich das sehr wohl weiß, davon und deshalb gehen sie auch nicht weg, auch nach Jahren der Therapie nicht.

Dennoch lebe ich, schreibe hier, erlebe dies und erfahre das, sicher auf einem Minimum im Vergleich zu "andern", aber mir ist es allemal genug und ich kann gut damit leben, meistens zumindest.
Depression ändert alles, vor allem einen selbst, was vorher war, kannst du vergessen, es gilt radikal umzudenken und umzuschalten.

Erwarte kein Verständnis seitens der Umwelt, aber ehrlich gesagt ist das auch nicht das entscheidende Problem, erwarte nichts von Dir, meide Dinge, die Du nicht schaffst, nicht schaffen kannst, setz Dich nicht unter Druck und gestehe Dir Deine neue Wirklichkeit schonungslos ein.
Mach behutsame und vorsichtige kleinste Schritte in ein verändertes aber durchaus lebenswertes Leben.

Gut dass Du hier gelandet bist!
Es geht Dir eben nicht wieder gut, aber das muss man freilich erst akzeptieren, ich weiß nur zu gut, dass das nicht so einfach ist.

LG
Sintram

verstellungpur

Hallo Sintram, hallo Emilie,
danke für eure sehr zusprechenden Worte. Sicher, man sagt, lass dich nicht unter Druck setzen - aber manche Menschen in meinem Umfeld verstehen nach wie vor nicht, dass man manche Dinge einfach nicht mehr hinkriegt. Und dann ist das Gemotze gross. Das wiederum stellt mich permanent unter derartige Spannung! Ewig diese Erwartungshaltung - ewig immer alles Recht machen müssen! Ich lüge die Leute teilweise schon an und sage, daß dies und jenes erledigt ist, nur um Ruhe zu haben - und schon stehe ich wieder vor einem Riesenberg, der unüberwindbar wird. Oder dieser Satz: " Man kann sich überhaupt nicht mehr wie früher auf dich verlassen!". Sobald man nicht mehr voll einsatzfähig ist - 24h lang, geht das grosse Kopfschütteln los. Ich trage nicht mal mehr den Müll runter, wenn es nicht unbedingt sein muss. Ich gehe wirklich nur vor die Tür, wenn es sich absolut nicht mehr vermeiden lässt. Selbst kleine Schritte sind für mich manchmal einfach nicht durchzuführen.
Wenn ich nur eine gescheite Therapeutin finden würde - denn ich will nicht alle ausprobieren - immer wieder jedem den gleichen Text wiederholen müssen.
Wie soll ich denn die nächsten Monate oder Jahre nur weiterleben?

verstellungpur

Das mag ja sein, aber wann? Sogar heute an meinem Geburtstag hocke ich hier und höre stundenlang Herz-Schmerz-Musik. Es kann doch nicht sein, daß einem nichts - einfach gar nichts - mehr Freude bereitet

Paula

*ganz doll durchknuddel* Ich wünsch dir alles Liebe zum Geburtstag und ganz viel Kraft und Geduld für das neue Lebensjahr. Lass dich von den anderen nicht niedermachen! Wenn du magst, komm doch zur Ablenkung im Chat vorbei - dort drängt dich keiner, irgendwas zu tun, was du nicht willst! Vielleicht tut es dir gut, dort einfach nur du sein zu können.

Viele liebe Grüße von Paula

verstellungpur

Hallo, gaaaaanz lieben Dank für deine Glückwünsche! Habe sowieso gerade ne Depri, da mich Leute, die ich sonst immer anrufe und mich kümmere, gerade heute nicht angerufen haben. Da freut es mich um so mehr, von jemand virtuell umarmt zu werden!In den Chat komme ich ab nächste Woche, da habe ich mehr Ruhe!

Emilie

alles alles Liebe auch von mir.

Paula

Ich schenk dir eine Geschichte: http://www.youtube.com/watch?v=yZ8HIFPo5Jw&feature=related

Paula

Adrenalinpur

@verstellungpur

ich denke - aber ich bin auch nur Laie - deine Situation hängt mit den Familienproblemen zusammen und ich würde mich freuen wenn du mit uns darüber diskutieren magst

LG Adre

verstellungpur

Ja ein grosser Teil hängt mit meiner schwierigen Familiensituation zusammen. Die war und ist - für mich - sehr schwer durchzustehen und zu ertragen. Diskutieren können wir ab nächste Woche im Chat. Da bin ich etwas "freier" und habe mehr Zeit.

verstellungpur

Heute ist so ein Tag, an dem ich besser nicht mehr hier wäre. Mein Mann hat mir gerade - mehr oder weniger direkt - meine Krankheit vorgehalten mit den Worten: "Die hockt ja den ganzen Tag zuhause und trotzdem läuft hier nichts". Es wäre alles zum kotzen. Er sagt sonst immer, daß ich ja nichts für die Krankheit kann, aber ich denke, er kommt damit nicht zurecht. Besonders weil nichts - oder vielmehr ich - mehr so "funktioniert" wie früher. Entweder ramme ich ihm heute noch ein Messer in den Brustkorb oder  - was wahrscheinlich besser wäre - mir selbst. Dann hätte mein trostloses Leben ein Ende!