Alleine.. warum hilft mir keiner?

Begonnen von Andrea82, 13 Dezember 2011, 11:38:30

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Andrea82

Hallo zusammen,

mein Name ist Andrea, ich bin 29 Jahre alt und bin mit meinem Leben überfordert. Damit, dass mein Papa bald sterben wird, dass mein Chef mich im Büro nicht mehr braucht, da ich nicht mehr so belastbar wie früher bin; damit, dass mein Partner sich immer mehr von mir distanziert und und unsere junge Beziehung bald scheitern wird; damit das ich 2007 geschlagen wurde, danach betrogen wurde... manchmal spüre ich gar nichts mehr, manchmal ist es ein riesiger Schmerz, so stark, dass ich nur noch Schreien will...

Ich bin es nicht wert geliebt zu werden, ich habe so viele Fehler, so oft habe ich Menschen verletzt bis sie gegangen sind. Immer wieder habe ich eine Therapie versucht, Gespräche mit dem Arzt. Niemand konnte mir helfen. Vielleicht ist mir nicht mehr zu helfen.

Am Donnerstag soll ich zu einem Psychater, wir wollen über Medikamente sprechen. Ist es zu spät? ich halte es nicht mehr aus. Alles um mich herum bricht zusammen. Ich fühle mich hilflos und alleine.

Ich kann nicht mehr. Warum glaubt mir bloß keiner....

Wenn irgendjemand sich ähnlich fühlt wie ich, bitte melde dich. Ich fühle mich so unendlich unverstanden und alleine :(


Epines

Hallo Andrea

Oh... da kommt gerade wirklich eine Menge bei dir zusammen, kein Wunder, dass es dir nicht besonders gut geht. Oftmals ist es im Leben so, dass immer alles zusammen kommt, es summiert sich und irgendwann hat man einfach keine Kraft mehr, ist müde und mag nicht mehr. Scheinbar bist du genau an diesem Punkt.

Hier bist du genau richtig, denn viele haben ähnliche Probleme und Ängste. Das Gefühl verstanden zu werden, sich nicht verstecken zu müssen, tut oft so richtig gut.

Redest du mit deinem Partner offen? Ich meine weiss er, wie es dir wirklich geht und was dich belastet? Falls nein, solltest du dies als allererstes tun, denn wenn er nicht weiss, warum du dich "komisch" verhältst, bezieht er es auf sich und denkt dass du ihn ablehnst.

**Ich bin es nicht wert geliebt zu werden, ich habe so viele Fehler, so oft habe ich Menschen verletzt bis sie gegangen sind. Immer wieder habe ich eine Therapie versucht, Gespräche mit dem Arzt. Niemand konnte mir helfen. Vielleicht ist mir nicht mehr zu helfen.**

Menschen die andere verletzen sind meist selber schwer verletzt worden, vielleicht ist es an der Zeit zu ergründen, warum du deinen Schmerz an jene die du liebst weiter gibst. Manchmal ist dies gar nicht so einfach heraus zu finden und es braucht auch etwas Mut sich dem eigenen Schmerz zu stellen.
Du bist ganz bestimmt genau so liebenswert wie alle anderen! Und Fehler haben wir doch alle, wichtig ist sie zu erkennen, daran kann man aufbauen. Sei nicht so hoffnungslos, es gibt bestimmt noch einen neuen Weg wie du dir helfen kannst.

Jetzt warte einmal den Donnerstag ab und halte nicht zurück damit wie es wirklich in dir aussieht, denn man kann oft nur helfen, wenn man auch weiss, wie es dem Patienten geht.

Viel Kraft wünsche ich dir die nächste Zeit!
Epines

Andrea82

Liebe Epines,

vielen Dank für deine Zeilen. Du hast Recht, einfach nur erhört zu werden und das Gefühl, dass man nicht alleine ist, tun wirklich sehr gut. Ich habe nun einiges gelesen und sehe mich in vielen Beiträgen wieder.

Es stimmt schon, dass sehr viel zusammen kommt; leider rechtfertigt es mein Verhalten nicht :( Seit Mitte August geht das nun so. Ich bin aggressiv, ich weine, bin gereizt, habe Stimmungsschwankungen, will nicht mehr vor die Tür, mir ist alles zu viel, ich habe Alpträume, bin unruhig, will nichts mehr unternehmen, mich nicht mehr hübsch machen, habe keine Freude, will alleine sein und dann wieder nicht.

Papa hat erst 3 Wochen später die Diagnose von Lungenkrebs im Endstadium bekommen. Schon davor dachte ich, ich habe Anzeichen eines Burn-outs. Als das mit Papa dann anfing, ging es nicht mehr um mich und ich war nur noch für ihn da.

Ich werde von Tag zu Tag ekliger zu meinem Freund. Mache ihn nur runter. Wir sind im Mai zusammen gekommen, hatten bis Mitte August eine wundervolle Zeit und ab da geht es bergab. Dabei tut er alles für mich. Er stellt sich komplett zurück, ist immer für mich da, liebevoll. Egal wie schlimm ich bin. Ab und an kann er selbst nicht mehr, dann flippt er aus. Will gehen. Ich terrorisiere ihn, weine, schreie. Irgendwann sieht er, dass ich nicht mehr kann und reicht mir seine Hand.

Gestern Abend habe ich ihn geschlagen. Nicht nur das, ich habe auf ihn eingetreten, geschlagen, Dinge nach ihm geworfen. Seit September ist mir das schon öfter passiert, aber nie so schlimm. Grund: ich wollte Aufmerksamkeit. Es ist so schlimm.

Ja, wir reden offen drüber. Er sucht nach Erklärungen für mein Verhalten. Er hat sich das Buch gekauft: Wenn der Mensch den du liebst depressiv ist. Aber er kann auch nicht mehr.

ich habe schon mal eine Therapie gemacht. Die ist genau vor 1 Jahr vorbei gewesen. Sie hat mir nichts gebracht.

ich fühle mich, als brauche ich dringend Hilfe. Tabletten. Irgendwas das meine Schmerzen lindert und mich aus dem Körper des Monsters der Zerstörung holt. Ich bin zu allem bereit, aber ich brauche Hilfe. ich mache alles. Nehme jedes Medikament, jede Therapie. Ich bin alleine nicht mehr lebensfähig.

Ich danke Dir.
Andrea

Ina

Hallo und herzlich willkommen, Andrea!

Gut, dass Du hier den Austausch suchst - ich denke, Du hast hier einen guten Ort dafür gefunden:
Bei uns gibt es viele Menschen, die unter ähnlichen Problemen leiden, Deine Verzweiflung nach-
vollziehen und Dich verstehen können.

Auch ich habe zur Zeit eine Phase, in der ich glaube, dass mir nichts und niemand mehr helfen
kann. Ich habe so viel ausprobiert und habe dennoch das Gefühl einfach nicht weiterzukommen.
Wenn ich allerdings auf die letzten Jahre zurückblicke, sehe ich ganz deutlich, dass sich schon
viel verändert hat und ich mich weiterentwickelt habe. Von daher kann ich Dir vielleicht ein klei-
nes bisschen Mut machen und sagen: In den ganz schlimmen Phasen - so wie Deine aktuelle -
sieht man meistens nicht, dass es auch wieder besser werden kann; hat man allerdings ein wenig
Abstand zu der Situation gefunden, kann man rationaler und objektiver auf das Ganze schauen
und wird schnell merken, dass es alles gar nicht so ausweglos ist wie es scheint.

In meinen Augen ist es wichtig, dass Du Dich nicht selbst so schlecht machst und abwertest. Du
schreibst, Du hättest viele Fehler und seist es nicht wert geliebt zu werden. Würdest Du einem
andere Menschen, der in einer ähnlichen Situation steckt oder ähnliche Verhaltensweisen wie Du
aufweist, auch so etwas sagen? Das glaube ich nicht! Sieh Deine "Fehler" vielleicht lieber als eine
Art Schwäche an, denn niemand ist perfekt! Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen, wir sind
schließlich keine perfekt programmierten Maschinen, die alles können und immer alles richtig
machen! Aus Fehlern kann man lernen, indem man beim nächsten Mal versucht es besser zu ma-
chen. Und auch wenn man z.B. in zwischenmenschlichen Beziehungen Dinge falsch gemacht hat,
ist das noch lange keine Grund nicht liebenswert oder nicht wertvoll zu sein. Ich vermute, dass
Du Dich zu sehr auf die negativen Charakterzüge fixierst und gar nicht siehst, dass Du auch gute
Eigenschaften, Fähigkeiten und Talente hast. Vielleicht nimmst Du Dir - wenn Du einen klaren Kopf
hast - ein Blatt Papier und listest auf, was Du an Dir gut findest, was Du gut kannst oder was an-
dere Menschen an Dir schätzen. Und wenn es Dir dann wieder sehr schlecht geht, liest Du Dir Deine
Liste durch und wirst sehen, dass nicht alles schlecht ist!

In Situationen, die Dir ausweglos erscheinen oder für die Du keine Lösung oder Entscheidung fin-
dest, könntest Du Dir eine Pro- / Kontra-Liste machen. Da kannst Du alles aufschreiben, was gut
und vorteilhaft oder eben negativ ist - das kann einem Entscheidungen leichter machen.

Darüber hinaus darfst Du auch nicht versuchen alle Probleme und Konflikte gleichzeitig zu lösen.
Gehe die Dinge nach und nach an, arbeite es der Reihe nach ab - nach Wichtigkeit "geordnet".


Viel Erfolg, Mut und alles Gute!
Ina
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Andrea82

Ich danke euch für eure Hilfe und Ratschläge. Ich werde heute Abend nochmal mit meinem Freund sprechen, vielleicht schlage ich ihm vor hier drin ein bisschen zu lesen, damit er sieht, dass ich ihm nichts Böses will, ich manchmal einfach nicht anders kann und das nicht tue um ihm zu verletzen. Er bezieht mein Weinen so oft auf sich.

Am Donnerstag bespreche ich die Medikamente. Meine Firma bietet so ein Programm an. EAP (Employee Assistance Programm); darüber bin ich bei einem Psychater, der mit mir Medikamente bespricht. Dann brauche ich noch einen Psychotherapeuten (Medikamente und Gespräche) richtig?

Ich bin nun auch krank geschrieben. Ich kann meinen Alltag im Büro nicht mehr Aufrecht halten. Heute lag ich den ganzen Tag auf dem Sofa, habe im Forum gelesen. Hunger habe ich keinen. Morgen besuche ich meinen kranken Dad wieder. Ich habe Angst vor dem was noch kommen mag, wenn er wirklich von mir geht.

Ich habe meinen Freund verprügelt. Wie konnte ich das bloß tun? Er sagt, er muss sich vor mir schützen.. vorhin hat er aber angerufen, er war ganz ruhig. Er sagte wir schaffen das. Ich glaube es nicht mehr so wirklich.

Ich glaube, wenn man mich und mein Leben von außen sieht kann man nicht glauben, was in mir vorgeht.
Warum kann ich nicht einfach glücklich sein? Es könnte doch noch viel schlimmer sein.

Habe ich wirklich Depressionen? Oder leide ich an ADS? Ich brauche mehr Zuspruch als andere. Das war schon immer so.

Meine Vergangenheit beschäftigt mich so sehr. Ich kann nicht abschließen.

Bitte, bitte. ich wünsche mir so sehr einen Arzt an meiner Seite, der mir helfen kann.

Epines

Hallo liebe Andrea

**Es stimmt schon, dass sehr viel zusammen kommt; leider rechtfertigt es mein Verhalten nicht :( Seit Mitte August geht das nun so. Ich bin aggressiv, ich weine, bin gereizt, habe Stimmungsschwankungen, will nicht mehr vor die Tür, mir ist alles zu viel, ich habe Alpträume, bin unruhig, will nichts mehr unternehmen, mich nicht mehr hübsch machen, habe keine Freude, will alleine sein und dann wieder nicht.**

Wenn Menschen an die Belastungsgrenze kommen, reagieren sie meist so wie du es beschreibst. Ich kenne diesen Zustand von mir selbst nur allzu gut, ich hatte schon 2 Mal ein Burnout und erst beim letzten Mal, habe ich dies als Zeichen meines Körpers erkannt, der mir sagen will:" So machst du nicht weiter!". Der Wunsch nach Ruhe wurde immer stärker, man ist kraftlos, erschöpft und jede Kleinigkeit lässt explodieren. Danach fühlt man sich schlecht und schuldig, weil man ausgerastet ist. Es trifft ja dann auch meistens die Falschen, nämlich jene die nichts dafür können, dass es einem schlecht geht, die aber gerade mal zur Stelle sind.
Wenn man verbal einfach immer hilfloser wird, dann kann ich mir gut vorstellen, dass man mal zuschlägt, dies ist dann aber echt ein Alarmsignal. In so einer Situation hilft manchmal der Boxsack, oder schlicht ein Kissen auf das man eindreschen kann, um diese Wut los zu werden, denn das ist es was man oft in solchen Situationen fühlt, Wut und die muss irgendwie raus, sonst reisst sie uns mit in die Tiefe. Ich bin früher einfach los gerannt wenn ich merkte, dass ich kurz vor dem explodieren bin, dass hat mir oft geholfen.

Mit der Zeit stößt man auf diese Weise alle von sich, die man eigentlich gerade am Meisten liebt und brauchen könnte, sogar ihre Fürsorge kann dann nerven und ihr Mitleid sowieso...

Ich kenne viele, die mehrere Therapien erfolglos hinter sich brachten und  irgendwann einen wunderbaren Therapeuten gefunden haben, dem sie vertrauten und dem sie sich öffnen konnten, denn viel wichtiger als die Form der Therapie ist ein Therapeut mit dem man sich gut versteht und der empathisch ist.

Wenn eine Therapie zwischen dem Patienten und dem Therapeuten ausartet (beim Patienten oft Trotz, beim Therapeuten Enttäuschung über mangelnden Erfolg), wird sie auch nichts bringen. Es gilt also jemanden zu finden dem man vertraut, mit dem man sich gut versteht und wo man auch bereit ist, alles auszuprobieren was einen weiter bringt.

Deinem Freund vorzuschlagen, dass er hier ein wenig liest halte ich für eine prima Idee.

Ob du nun Burnout, Depressionen, ADHS, Borderline, oder sonst etwas hast, ist im Grunde nicht das Wichtigste, wichtig ist einzig, dass du bereit bist etwas zu unternehmen damit es dir besser geht und ich finde bei deiner Selbsterkenntnis bist du bereits  auf dem richtigen Weg.

Alles Liebe Dir
Epines