Kleine Geschichten...

Begonnen von Hobo, 29 November 2011, 10:17:26

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Hobo

Ja, Sintram. Für mich ist das ein zentraler Punkt im Leben. Wer sich selbst nicht mehr mag und sich selbst kein Verständnis entgegen bringen kann, der hat verloren. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen. Wer sich selbst nicht verzeihen kann, der hat ein großes Problem. Und zu verzeihen hat jeder irgendetwas. Weil der Mensch nicht perfekt ist und natürlich nicht fehlerfrei. Manche Fehler sind gewichtiger und extrem schwer zu verzeihen. Andere weniger gravierend und trotzdem belastend.

Deshalb schreibe ich hier über Vergangenes. Dinge, auf die ich keinen Einfluss mehr habe, die abgeschlossen sind und die ich hier für mich dokumentiere. Ich habe gemerkt, dass sehr vieles wieder aus den hinteren Winkeln des Gedächtisses auftaucht, wenn man darüber schreibt und es schwarz auf weiß vor sich sieht.

Und was ich eigentlich ausdrücken wollte ist, dass es immer problematisch ist, wenn man sehr einseitig etwas in exzessiven Ausmaßen in seinem Leben macht. Oder es zulässt. Meine Situation damals hat mich einiges verstehen lassen. Sehr großes Talent führt zu sehr viel Aufwand. Das Talent wird ausgebaut und der Mensch erreicht unglaubliche Fähigkeiten. Egal, ob im Sport, Kultur oder Naturwissenschaften.

Gleichzeitig wird diese Ausgeglichenheit, die so wichtig für Menschen ist, gekippt. Man ist fokussiert auf eine Sache und andere, gleichwohl sehr wichtige Dinge bleiben zurück. Werden verdrängt...

Aber das ist wohl der Preis den man zahlen muss für einen Höhenflug. Noch härter wird es jedoch, wenn der Höhenflug endet. Wie im Sport eben jede Karriere zu ende geht. Aber das ist eine andere kleine Geschichte.

lg
Hobo

nubis

#46
Ich sehe es wie @Sintram: klar war es etwas anderes als der Durchschnitt hatte, aber auch da: was ist schon 'normal'?

Wer weiß, wie man sich entwickelt hätte ohne Mannschaftssport, Zusammenhalt und Ambitionen... - andere hatten in dem Alter erste Mädels, Disco und Kumpels – ja - ...und mancher hing alleine zuhause rum und wusste nichts mit sich anzufangen und hatte all das auch nicht - und eben auch keine Mannschaftskameraden und keine Ziele...


Auch bei mir war dieses Alter eine Zeit des Wandels: ich war bis dahin Stubenhockerin und hatte nur eine Freundin ...hätte man mich mit verbundenen Augen um den Häuserblock geführt, hätte ich den Weg nicht mehr nach Hause gefunden, weil ich außer zur Schule nie irgendwo war^^

Und dann durfte ich mir einen Hund holen... - musste eigenes Gespartes dafür hinlegen und es war immer klar: kümmere ich mich nicht – kommt er weg.
Und wer meinen Vater kannte, wusste, dass das keine leere Drohung war.

Ich hab mir einen Schäferhund ausgesucht – und bin mit ihm raus – hab die Gegend erkundet und andere Hundebesitzer getroffen ...und bin an jemanden geraten, der in einem Hundesportverein war und unser Potenzial erkannt hat.
Der Verein war das Beste, was uns passieren konnte: mir, weil ich zum ersten Mal Teil einer Gemeinschaft wurde, Ergeiz entwickelte und ein ganz neues Selbstbewusstsein bekam – und dem Hund, weil er seine natürlichen Triebe sinnvoll einsetzen konnte und gefordert wurde.

Im Laufe der Zeit zeigte sich sein außerordentliches Fährtentalent ...er war eine geborene Spürnase und wir haben spezielle Fährtenhundprüfungen absolviert – hatten uns für die Kreismeisterschaft qualifiziert ...und dann wurde er krank...

Zu der Zeit war ich mit meinem späteren Mann schon zusammen – wir hatten uns im Verein kennen gelernt – und ich musste den Verlust nicht alleine tragen: aber die Entscheidungen, die meinen Hund betrafen, musste ich selber fällen ...und auch das hat mich geprägt.

Klar – da war ich inzwischen 22 und kein Teenager mehr – aber es gehört dazu... - zu dem, was ich erlebt habe, was mich geformt hat...

Ok – ja – ich hatte ja meinen Freund dort kennen gelernt und war in einer Gruppe integriert ...aber ich war damals die Jüngste dort - und bis heute war ich nicht in einer Disco –  nie auf irgendwelchen ,Feten' und hatte keinen Pulk an gleichaltrigen Freunden... - aber ich habe das auch nie vermisst.

Ich hatte 5-mal die Woche Hundeverein – wer braucht da schon was anderes? – wenn ich die Zeit zurück drehen könnte: ich würde es wieder genau so machen :-)
Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

Hobo

Ja, @Nubis, das mag stimmen. Niemand kann die Zeit zurück drehen. Und auch ich schreibe nur alte, sehr alte kleine Geschichten. Und ich habe mit viel Interesse und Freude Deine kleine Geschichte gelesen.

Gut, in meinem Sport, da gab es eben nur diesen und vollkommen verrückte Typen, die sich das angetan haben, die wirklich ihre komplette Zeit dort eingebracht haben. Andererseits waren wir "Brothers in Arms". Wir haben zusammen gehalten wie Pech und Schwefel. Und wir haben uns in Discos auch immer deplaziert gefühlt. Wir wurden im Rahmen der Sportlerbetreuung auch immer mal in Discos oder Zoos oder Theater oder Kinos geführt. Ja, sie sagten, sie hätten ja auch einen Bildungsauftrag. Das ist wohl deckungsgleich. Hat man uns ins Wasser geworfen, in unser Element, dann waren wir die Besten. An Land eher nicht wirklich.

Aber das meinte ich, es ist dann eine Fokussierung. Klar, geht auch gar nicht anders. Wenn man jede Minute in eine Sache investiert, dann bleibt eben für andere Dinge nichts mehr über. So stelle ich mir Dein Engagement für Deinen Hund auch vor. Na ja, nicht genauso, aber vielleicht ähnlich. Leider gab es bei uns keine Frauen. Sonst, wer weiß?

Und Hunde kann man ja sein ganzes Leben lang haben. Und trainieren. Wenn man aber zu alt wird oder durch die unausbleiblichen Verletzungen irgendwann seinen Sport nicht mehr betreiben kann, dann fällt man in ein ganz tiefes Loch. Hunde kann man immer, sein ganzes Leben lang haben.
Das ist schon ein Unterschied.

Ich hatte mit 27 einen Leistenbruch und beide Bänder im Knie irreparabel zerstört. Insgesamt habe ich meine Nase in diesen Jahren 8 mal gebrochen. Jeden Finger meiner Hände wohl 2 mal. Rippenbrüche und ein Trommelfell nicht mal zu erwähnen. Ist man noch aktiv dabei, dann denkt man nicht darüber nach. Aber was wäre gewesen, wenn Dich Deine Hunde so oft gebissen und dabei auch schwer verletzt hätten?

Schwer zu sagen, oder?

Aber das war ja alles später. In meiner kleinen Geschichte bin ich ja noch 16 und mit großem Eifer bei der Sache. Und eine kleine Geschichte, die werde ich noch aufschreiben. Die Geschichte der Hapoel-Spiele in Israel. Eine seltsame Erfahrung im Jahr 1970. Deutsche waren damals noch nicht wirklich sehr beliebt dort.

Aber das ist eine andere kleine Geschichte.

lg
Hobo

Hobo

Es war die Jugendnationalmannschaft. Wir wurden nach Berlin gerufen, wie immer, und mussten für 2 Wochen aus allem raus. Ok, meine Schule war das schon gewohnt und damals hat man Sport noch unterstützt. Wir waren Jugendliche, das ist wichtig für das folgende.

Sie sagten uns, nur lockeres Trainung und am Montag ab nach Tel Aviv. Und von dort dann nach Haifa. Ich war zum ersten Mal in Israel. Und ich war vollkommen locker. So, wie Spanien, Schweden, Australien oder Neuseeland, halt ein neues Land. Mit 16 war ich nicht politisch interessiert und leider historisch auch ungebildet. Wir hatten gerade ein schweres Spiel gegen die Jugos hinter uns und hatten Pause. Das hieß für uns irgendwo im Schatten Wasser trinken und ausruhen. Da kam ein Mann und hat uns angeschrieen. Ich habe nicht verstanden was er sagte, es war wohl hebräisch. Aber die Botschaft war recht eindeutig. Er hat uns auch noch angespuckt bevor er tobend weg ging. Wir hätten es dabei belassen, aber schon kamen mehrere "Offizielle", deutsche und israelische und schon hatten wir einen Skandal. Wegen mir wäre das nicht nötig gewesen. Der Mann hatte bestimmt Verwandte im Holokaust in Deutschland verloren und hat dann eben deutsche Menschen nicht in seinem Israel sehen wollen. Ich hätte das sofort akzeptiert. Ob richtig oder falsch, scheiß drauf.

Aber sie haben ihn weggebracht. Hm, wir waren ziemlich bedröbbelt. Die "Offiziellen" haben erwogen uns aus den Spielen zu nehmen und zurück zu fliegen. Aber wir hatten viel Spass mit den Jungs der israelischen Mannschaft. Der Botschafter kam, das Außenministerium hatte sich eingeschaltet, was ich erst viel später erfahren habe und wir sind geblieben. Mein Eindruck war gut und ich kann das auch für die anderen Jungs von damals sagen. Wir wurden aufgenommen wie Freunde, nicht wie Nazis. Klar, wir waren ja auch zu jung.

Aber es gab in den 2 Wochen meines ersten Aufenthalts in Israel noch ein paar Ausfälle dieser Art. Sie sagten uns, es sind Überlebende aus den Todeslagern und sie hassen Deutsche. Ich kann das Gefühl, das ich damals hatte nicht beschreiben. Ich habe einen alten Mann, der uns nicht in Israel haben wollte in den Arm genommen. Er kam laut schreiend auf uns zu und ich habe ja nichts verstanden. Hab ihm gesagt, dass er das recht dazu hat aber wir halt viel zu jung seinen und halt nur dort geboren sind, auf deutsch und er hat jedes Wort verstanden. Er hat mich angeschaut und genickt. Dann ging er weg...

Ich werde ihn nie mehr in meinem Leben vergessen, er hatte das Tattoo von Dachau, links auf der Innenseite seines Unterarms. Und ich habe mich schuldig gefühlt, sehr schuldig.

Und ich habe mir geschworen, damals schon, dies niemals zu vergessen. Und ich werde es niemals vergessen. Und jeder, jeder der hier geboren ist und lebt, der sollte nach Jerusalem und auch an die Gedenkstätte für die Toten der Konzentrationslager.

Ich war später noch 3 mal in Israel und hatte jahrelang gute Kontakte. Und doch ist es anders als Canada, Schweden oder Südafrika. Man wird als deutscher Mensch hier geboren. In Israel ist das anders als in Timbuktu...

lg
Hobo, weia, tief in Erinnerungen und gerade diese...

Hobo

Ich habe den Sport über sehr viele Jahre betrieben. Und es gab immer wieder sehr seltsame Situationen. Ich bin nicht mehr ganz sicher, ob es damals Kiew oder Belgrad war. Könnte auch Zagreb gewesen sein, habs vergessen. Wir sind als Juniorennationalmannschaft zu den Europameisterschaften geflogen. Eigentlich keine große Sache. Damals waren wir alle schon sehr vertraut mit den ganzen Dingen, die man da wissen sollte. Damals hieß das ganze allerdings noch Ostblock und man brauchte einen gültigen Reisepass. Das war noch der alte grüne.

Die Zeiten waren halt anders. Wir sind mit der offiziellen Kleidung, also wirklich graue Hose und Jacket mit einheitlichen Hemden und ok, manche mit, manche ohne Krawatte da gelandet. Und man muss wissen, dass so eine Delegation nicht nur aus den 14 Spielern besteht. Da gabs noch Trainer, Masseure, Offizielle, Delegationschefs, Verbandsvertreter und was weiß ich noch.

Auf jeden Fall sind wir dort gelandet und unser Tross schob sich Richtung Passkontrolle. Leider, oder lustigerweise hatte sich einer der Spieler einen Vollbart wachsen lassen. Der Zollbeamte sagte, er müsse sich den Bart abnehmen, er wäre auf dem Foto im Pass nicht zu indentifizieren. Ich stand dahinter und habe laut gelacht. Aber der meinte das tatsächlich ernst. Die Offiziellen haben mit dem geredet, aber der war stur. Und genauso stur war mein Mitspieler. Der hat die nur angeschaut und gesagt, nö, unter diesen Umständen wäre es ohnehin besser wenn er direkt zurück fliegt. Großer Ärger.

Aber es kam nicht zum Eklat. Plötzlich waren da ein paar Männer in zivil, haben den weggeschickt und wir sind durchgewinkt worden. Natürlich war das Staatspolizei, ich weiß nur nicht mehr, wie die in den jeweiligen Ländern genannt wurden. Aber sie hatten eben jede Vollmacht und jede Macht, im wahrsten Sinne des Wortes. Uns hat dann unser Delegationsleiter gebeten, bloss kein Wort über den Vorfall zu verlieren. Trotzdem erinnere ich noch gut, dass ich mich köstlich amüsiert habe. Ein System, das im System gegen das System arbeitet. Soviel habe ich damals schon verstanden.

Man stelle sich vor die Presse hätte geschrieben, deutscher Nationalmannschaft Einreise zur Europameisterschaft verweigert. Ehrlich gesagt, ich hätte mich gefreut. Was ein Hammer, aber sie haben es noch mal hingedreht. Das kommt davon, wenn man Menschen an Schalter setzt, die nichts verstehen und es gewohnt sind ihre Macht zu zeigen.

Es waren gute Meisterschaften, wir wurden dritter hinter den Sowjets und Ungarn (oder war es Italien?, weiß nicht mehr). Aber für unsere Verhältnisse ein sehr gutes Ergebnis. Und mein Kumpel durfte sogar seinen Vollbart behalten...

lg
Hobo

Hobo

Dann war da noch das Jahr 1972. Eigentlich ist da in der Welt nicht gar zu viel passiert. Für mich jedoch sehr viel. Ich wurde 18. Es waren Wahlen und ich konnte zum ersten Mal Wählen. Damals war das noch anders als heute. Man konnte echte Alternativen wählen. Heute ist es mehr oder weniger egal, ob man schwarz, rot oder grün wählt. Alles der gleiche Sumpf und gleich traurig. Selbst die Liberalen waren damals liberal. Also nicht im Sinne von bestochen oder gekauft. Oder Postenschieber. Politikverdrossenheit gab es damals auch noch nicht, die Wahlbeteiligung war immer hoch. Heute gehe ich ja auch nicht mehr. Weil alle auf den Wahllisten meine Magenprobleme schlimmer machen, bis hin zum erbrechen.

Aber früher war das anders. Und mit 18 habe ich meinen Führerschein gemacht. War ein Geschenk meiner Eltern, musste nix bezahlen. Und meine Prüfung war genau an meinem Geburtstag. Das war klasse. Ich kam mit dem Lappen nach Hause und mein Vater hat mich lachend ans Fenster gezerrt und gesagt, siehst Du das Auto da unten, den blauen? Klar hab ich den gesehen, es war meiner. Ein Käfer, Baujahr 1963, das schönste Auto das ich je gesehen hatte. Er hat mir den Schlüssel gegeben und wir haben gleich mal eine Runde durch die Stadt gedreht. Ich glaube heute noch, dass der Himmel, wenn es ihn denn gibt, nicht schöner sein kann. Ok, die Kiste war nicht schneller als 120 km/h, bei günstigem Wind und Sicherheitsgurte oder Airbag gab es auch nicht. Aber es war meiner. Und ich war unglaublich stolz. Ich habe mir so einen Fellbezug für das Lenkrad gekauft, das war ja Plastik pur und hab auf den Schaltknüppel einen Ball angebracht. Und Felle auf die Sitze vorne. Ja, so verrückt war ich.

Den hatte ich 3 Jahre. Und nie hab ich einen Kratzer rein gefahren.

Wieder mal muss ich grinsen. Zum einen, weil ich es fast vergessen hatte und zum anderen, weil die Generation Golf nichts verstehen kann. Ich weiß noch genau, dass im Winter die Spikes aufgezogen wurden. Sind ja schon lange verboten. Damals waren sie notwendig. Die Winter waren anders als heute. Immer viel Schnee und jeden morgen glatteis. Aber die Spikes haben das locker weggesteckt. Die Fahreigenschaften des Käfers waren sehr bescheiden, aber man gewöhnte sich schnell daran. Bei Seitenwind ist man schon mal 2 Meter weggeblasen worden, aber da ich es wusste konnte ich vorher schon reagieren.

Es war toll. Im Sommer, mit offenem Fenster und Radio auf voller Lautstärke durch die Stadt. Ja, das war das Größte. Und natürlich lässig den linken Arm aus dem Fenster baumeln lassen. Gute Güte, heute muss ich tatsächlich laut lachen, wenn ich nur daran denke. Damals war es einfach nur toll.

Das Auto hatte 500 Mark gekostet. Gut, der Verbrauch war über 10 Liter auf 100 km. Aber Benzin hat ja auch nur 30 Pfennig gekostet und Umweltschutz oder sowas gab es noch nicht. Mein Käfer hatte 32 PS. Und der Tank fasste 30 Liter. Die Batterie war unter der Rückbank, und der Motor konnte mit 5 Schrauben ausgetauscht werden. Einfach gegen einen anderen vom Schrottplatz. Die Welt war damals anders. Ganz anders.

Mit dieser aufgestylten Limousine bin ich zu meinem ersten Rendezvous gefahren. Blödes Wort, einer meiner Wasserballer kannte da jemand und hat uns da mal "verkuppelt". Aber das ist eine andere kleine Geschichte...^^

lg
Hobo, hach war das schön...

Paula

Ach ja, der gute alte Käfer. Ich hatte auch einen, es war aber nicht das erste Auto. Das erste war ein gelber Fiat 126, 23 PS. Den hatte ich für 400 Mark von meinem Bruder gekauft. War ein tolles Auto, klein, passte in jede Parklücke, fuhr mich überall hin, war im Unterhalt billig und hat nicht viel Sprit gebraucht. Die einzige Macke, die er hatte: die  Zündkerzen haben sich immer losgerappelt. Aber ich hatte immer Werkzeug dabei und das Problem konnte ich im Laufe der Zeit bei Feuerzeugbeleuchtung innerhalb weniger Minuten lösen. Weniger schön war sein abruptes Ende: hab ihm wegen eines Kreislaufkollaps auf die Fahrerseite gelegt. Mir ist zum Glück nichts passiert, aber der Wagen hatte einen Achsbruch - da war nichts mehr zu machen.

Einige Jahre hatte ich dann kein Auto, bis ich jeden Tag von Bochum nach Dortmund zum Abendgymnasium fahren musste, oder besser gesagt: wollte. Erst habe ich es mit öffentlichen Verkehrsmitteln versucht, aber das war zu zeitaufwendig. Ich habe zu der Zeit auch noch Vollzeit gearbeitet und Überstunden gemacht, auch samstags. So habe ich mich nach einem fahrbaren Untersatz umgesehen und über einen Bekannten einen Käfer mit 2 Jahren TÜV für 600 Mark erstanden. Der Typ, der ihn verkauft hat, wollte nach Ausstralien auswandern und die Karre loswerden. Er war weiß und hatte 34 PS. Da ich nicht so besonders groß bin, war das Ding etwas unübersichtlich, aber der Gute hat mich brav jeden Abend zum Abendgymnasium und zurück gebracht - fast drei Jahre lang. Ich weiß nicht, wieviele Stunden ich an dem Auto rumgeschmirgelt und gespachtelt habe - Blech gab es da vermutlich nicht mehr viel. Irgendwann in dieser Zeit wurde er mal rot lackiert. Ich war mit einem Autohändler befreundet, der hat das für mich gemacht. Und so schick, wie er dann aussah, wurde er für 1200 Mark wieder verkauft.

War schon toll ...

Liebe Grüße von Paula

Epines

Hallo lieber Hobo
Ein ehemaliger Nachbar hatte auch einen Käfer, aber einen wirklich ganz alten den er seit Urzeiten gefahren ist. Dieser hatte noch einen Blinker, der auf der Seite heraus sprang um die Richtung anzuzeigen.

Allerdings konnte er kaum mehr gehen und Rad fahren auch nicht, aber Auto fahren hoppla, das konnte er noch gut, nur mit dem Parkieren happerte es meist. Wer je einen Käfer fuhr, weiss , dass die Sicht nach hinten  beim Parkieren wirklich nicht optimal ist. Mit der Zeit hatte mein Nachbar deshalb  eine eigene Technik entwickelt.

Er fuhr wie man es üblicherweise macht neben das Auto vor der Parklücke, dann stieg er humpelnd aus und schob den Käfer so lange hin und her, bis dieser perfekt in der Lücke stand. Den ungeduldig wartenden Automobilisten schenkte er keinerlei Aufmerksamkeit, er ließ sich einfach nie aus der Ruhe bringen, egal wie lange die Schlange war. Unglaublich oft hatte ich dieses einmalige Schauspiel beobachtet und mich köstlich amüsiert.

Zum Thema passend ein Kurzfilm, der mich ein wenig daran erinnert : http://www.youtube.com/watch?v=e7DcrVIdaSk&feature=relmfu

LG
Epines

Sintram

Opel Kadett, Fiat Bambino, Bayerischer Mist Wagen Flitzer, Merzedes Brummi mit lachendem Gesicht, Benz mit Heckflügeln, und natürlich der Volkswagen, der unkaputtbare Käfer.

Im Winter eine Katastrophe, Heizungsleistung eher symbolisch, Fenster freikratzen die ganze Fahrt über, Motor im Kofferraum hatte andrerseits was beim Slalom den Berg hoch. Zwei Kugelporsche habe ich als Beifahrer zu Schrott mitgefahren, einen sommers aus der Kurve in die Böschung, mit Überschlag und allem, einen winters bei gefrierender Nässe gegen eine massive Garten-Steinmauer, jeweils Totalschaden, Personenschäden im grünen Bereich, weil sich zum Glück kein Motor unter unsere Beine schob.

Erinnere mich recht gut an einen abendlichen Kneipenbesuch mit Freunden, unser graues Eselchen wird innnerhalb von zwei Stunden tief eingeschneit, das vereiste Schloss erweist sich immun gegen langanhaltende Feuerzeugbehandlung, bis wir uns die Finger verbrennen, der Schlüssel will und will nicht rein, endlich drin, lässt er sich nicht drehen, die nüchterne Chafeurin sitzt uns nörgelnd und stampfend im schwitzenden Nacken und treibt uns zur Eile an, nach einer halben Stunde vergeblicher Mühe haben wir unser Käferlein noch immer nicht geknackt, es schneit und schneit in immer dichteren Flocken.
Irgendwann stapfe ich ziemlich ratlos durch den Neuschnee die Parkschlange entlang, fünf Autos weiter hinten schimpft mir unser Eselchen entgegen: ,,Brrr, soo kalt, ich will nach Hause, wo bleibt ihr denn nur so lange?" 

Die grauen Käfer schauten sich aber auch wirklich zum Verwechseln ähnlich, noch dazu im feschen Winterkleid.


Paula

Gänseblümchengeschichten
In meinem Leben haben Gänseblümchen immer wieder eine Rolle gespielt. Schon als kleines Mädchen habe ich immer gerne und viel gelesen. Ich konnte schon lesen, bevor ich zur Schule kam. Eine meiner Lieblingsgeschichten stand in einem wundervollen Märchenbuch, in dem keine Märchen im eigentlichen Sinne standen, sondern eher kleine Geschichten, in denen Dinge aus dem Alltag eine Rolle spielten. Leider wurde das Buch, wie alle unsere Kinderbücher, irgendwann weggegeben. Als ich erwachsen war habe ich oft versucht, das Buch irgendwo wiederzubekommen, aber es ist mir leider nie gelungen. Aber nun zu meiner Lieblingsgeschichte, die mich bis heute immer wieder begleitet hat:

Die Geschichte vom Gänseblümchen
An einem wunderschönen Tag im Mai trug der Wind den Samen eines Gänseblümchens überall hinaus in die Welt. Einen Samen brachte er auf eine prächtige grüne Wiese. Dort lag der Samen ganz allein ohne seine vielen anderen Samengeschwister. Er hatte Angst und schmiegte sich ganz eng an die Mutter Erde. Die nahm ihn bei sich auf, pflegte ihn liebevoll und brachte ihn zum Keimen und zum Wachsen. Das winzig kleine Pflänzchen reckte sich jeden Tag der lieben wärmenden Maisonne zu, kuschelte sich jeden Abend an seine Mutter Erde und wuchs langsam heran. Als die Grashalme den Fremdling bemerkten, fragten sie das Pflänzchen, was es denn für ein komischer Grashalm sei. Das Gänseblümchen antwortet: ,,Ich bin kein Grashalm, ich bin eine Gänseblume." Als die Grashalme fragten, warum es dann in ihrer Mitte sei, antwortete es: ,,Ich bin vom Wind hierher getragen worden." Das Gras beäugte die Neue misstrauisch, aber das Blümchen war ja noch ganz klein und brauchte nicht viel Platz. Als das Blümchen nun wuchs und gedieh, weil es sich immer tüchtig nach der Sonne ausstreckte, und immer größer wurde, wurden die Grashalme sehr böse. ,,Was ist das denn für ein häßliches Geschöpf? Was will das denn hier bei uns?" fragten sie untereinander. Man muss nämlich wissen, dass die Grashalme auf einer sehr ordentlichen und gepflegten Wiese standen. Alle Grashalme hatten genau die gleiche Länge und achteten sehr darauf, dass ihr Kleid nicht verknittert oder schmutzig war. Sie standen immer schön auf ihren Plätzen, damit der Rasen auch schön gleichmäßig aussah. Deshalb waren die Grashalme sehr ungehalten über den Eindringling. So sagten sie zu dem Gänseblümchen: ,,Du passt nicht hierher. Deine Blätter sind breiter als wir schmalen Halme und schau wie unordentlich dein Kleid ist, nicht so glatt wie unseres. Scher dich fort!" Das Gänseblümchen wurde traurig und antwortete:"Ich kann hier nicht weggehen. Ich muss dort bleiben, wo der Wind mich hingetragen hat. Bitte lasst mich bleiben." Das wollten die Grashalme auf gar keinen Fall. Das wäre ja noch schöner, ein solcher Schandfleck auf ihrer schönen Wiese. Sie hielten eine Beratung ab, was sie denn nun tun sollten und fanden schnell eine Lösung. Die Grashalme, die direkt um das noch so kleine Gänseblümchen standen, richteten sich zu ihrer vollen Größe auf und umschlossen das Blümchen ganz fest von allen Seiten. Nun konnte die arme Kleine sich nicht mehr der Sonne entgegen recken und sie bekam auch fast gar keine Luft mehr. Und sie bat in ihrer Not die Grashalme:"Bitte geht doch zur Seite. Ich bekomme keine Luft mehr und ich kann die liebe Sonne gar nicht mehr sehen." Aber das Gras lachte nur höhnisch und drängte sich noch näher an das Gänseblümchen heran. Das Blümchen war traurig, das Atmen fiel ihm schwer und die Sonne fehlte ihm so sehr. Da vermochte auch Mutter Erde das arme Ding nicht trösten und das Gänseblümchen begann bitterlich zu Weinen. Plötzlich drang durch die dichten Grashalme ein rot-schwarzes Lebewesen, wie das Gänseblümchen es noch nie gesehen hat. ,,Wer weint denn hier so bitterlich?" fragte das komische Wesen. Das Gänseblümchen fragte ,,Wer bist du denn?" und vergaß vor lauter Staunen fast das Weinen. ,,Ich bin ein Marienkäfer" sagte ihr Besuch, ,,aber sag, warum hast du so großen Kummer, dass du Weinen musst?" Da klagte das Gänseblümchen dem Marienkäfer sein Leid. Der Marienkäfer versuchte mit dem Gras zu reden und bat, es möge doch zurückweichen und dem Gänseblümchen Platz zum Atmen und Leben zu lassen, aber das Gras wollte keine Eindringlinge auf seiner Wiese. Da hatte der Marienkäfer eine Idee. Er sprach zu dem Gänseblümchen: ,,Ich kenne eine Wiese, auf der sind ganz viele Gänseblümchen. Ich werde dort hin fliegen und deine Geschwister fragen, ob sie einen Rat wissen." Und so flog er davon. Nach einer Weile kam er wieder zurück und berichtete dem Gänseblümchen, was er von den andern Gänseblümchen gehört hatte: ,,Deine Wurzel sind so tief in der Erde. Halte dich damit ganz fest, damit dich niemand ausreißen kann. Und deine Blätter leg nicht so schüchtern an, wie du es jetzt tust. Halte dich tief in der Erde fest und breite deine Blätter um dich aus. Und dann erklärst du dem Gras ,Hier bleibe ich!' Die Wurzeln in der Erde werden dich nähren und die Sonne wird dich wärmen" Das Gänseblümchen ließ erst ganz schüchtern den Kopf hängen und sagte:"Das kann ich nicht!" Aber der Marienkäfer redete ihm gut zu und so versuchte es sich so fest wie möglich zu halten und erst mal ganz vorsichtig seine Blätter auszubreiten. Das gelang nicht sofort. Die Grashalme wehrten sich und erhoben ein großes Geschrei. Aber der Marienkäfer sagte:"Komm, du schaffst das. Versuch es gleich noch mal." Und so versuchte das Gänseblümchen es noch mal. Es ging schon etwas besser als beim ersten Mal. Und als es denn noch einige Male geübt hatte, stand das kleine Gänseblümchen aufrecht, mit ausgebreiteten Blättern auf der Wiese und hielt sich tief in der Erde fest. Die Grashalme mussten ihm weichen und das Gänseblümchen sagte:"Hier bleibe ich!" und vor lauter Stolz öffnete es sein Blütenköpfchen, dass es bisher immer hängen gelassen hatte. Plötzlich hörte es unbekannte Geräusche. Es kamen zweibeinige Wesen auf die Wiese gelaufen, die riefen:"Oh, seht mal hier wie schön, ein Gänseblümchen!" Der Marienkäfer erklärte ihm:"Das sind Kinder und die haben dich gern." Da wurde das Gänseblümchen ganz rot vor Freude. Das Gänseblümchen blühte den ganzen langen Sommer und den ganzen Herbst und brachte immer neue Blüten hervor. Es bekam oft Besuch von Bienen und Käfern und hatte viele Freunde. Inzwischen lebten auf der Wiese auch schon viele Kinder von dem Gänseblümchen und es war nicht mehr alleine. Aber sein allerbester Freund war und blieb der Marienkäfer.
Und wenn ihr beim nächsten Spaziergang ein Gänseblümchen seht, schaut es euch mal ganz genau an. Ihr werdet sehen, wie es seine Blätter um sich ausgebreitet hat, und wenn ihr ganz gut hinhört, hört ihr vielleicht das eine oder andere sagen:"Hier bleibe ich!" Einige Blümchen sind vielleicht gerade errötet, schaut genau hin, sie haben dann an den Spitzen ihrer weißen Blätter einen roten Rand.

Und noch eine andere Geschichte aus meinem Leben. Zum 16. Geburtstag habe ich von einem lieben Freund ein Gänseblümchen in einem Yoghurttopf geschenkt bekommen. Er erklärte mir sehr verlegen, er hätte mir gerne was ,,Richtiges" geschenkt, aber er habe leider gerade kein Geld. Ich fand sein Geschenk aber genau richtig und es war das schönste Geschenk, das ich jemals in meinem Leben bekommen habe. Noch heute grabe ich manchmal ein Gänseblümchen aus, ganz tief mit Wurzel, pflanze es in meinen Blumenkasten und erfreue mich jeden Tag daran. Wenn der Winter nicht zu kalt ist, überlebt so ein Gänseblümchen selbst den.

Vielleicht hat so ein Gänseblümchen mich in die Unterblätterhaufenhöhle gebracht. Da mögen alle Gänseblümchen!

Liebe Grüße von Paula

Hobo

Ja, die Gänseblümchengeschichte ist schön. Hat mich gerade umgehauen.

Aber zurück nach 1972. Ich war im Olympiateam. Das ist der höchste was ein normaler Sportler je erreichen kann. Ich war in Frankfurt, hab die Einkleidung gemacht, da brauchte man 3 Koffer, aber die waren auch dabei. Von den Socken über die Unterwäsche bis hin zu Abendgardarobe. Das war sechs Wochen vor Olymipia in München.

Und dann ist meine Leiste eingeknickt. Eine Zerrung. Es ging nichts mehr. Ich musste schweren Herzens absagen. Im Nachhinein möchte man fast sagen ok, der Anschlag im olympischen Dorf, die Toten und all das Leid, muss man nicht haben. Auch heute bin ich nicht  so sicher, ob es gut war weiter zu machen. Ich hätte ein Zeichen gesetzt und abgebrochen. Aber das ist eine andere Geschichte. Ich hab mit den Spielern telefoniert und die waren auch recht verunsichert. Klar waren wir alle.

Ja, da war dann noch eine Sache 1972. Gute Güte 40 Jahre ist das her. Ich war verliebt und es war die Frau meines Lebens. Aber ich habs vermasselt. Heute Barcelona, morgen Budapest übermorgen Pescara. Ich hatte die falschen Prioritäten. Hab sie verloren. Oft denke ich noch an sie. Aber es ist Vergangenheit, lange her.

Hm, ansonsten war ich 1972 zum ersten Mal vor Gericht im Leben. Irgendein Idiot hat eine Frau gewürgt. Hab ihn dann umgehauen. Gut, könnte sein, dass ich zwei Mal zugeschlagen habe. Aber kam nix bei raus. Der Richter hat gesagt ich hätte vorbildlich gehandelt. Sonst war nichts in diesem Jahr.

lg
Hobo
                 

Sintram

Wann geht's denn hier endlich weiter?

1972 ist ja doch schon wieder ein Weilchen her, da kam doch sicher noch so einiges nach, was wert ist erzählt zu werden.

Stur durchziehen und unbeirrt weitermachen, nur so geht's. ;-)

LG
Sintram

Paula

Tja, Sintram, mein Süßer, dann schreib doch einfach mal was. Es geht ja hier um "kleine Geschichten", da steht nirgendwo, dass Hobo das alles schreiben wollte! Lass dich ruhig aus.

Viele liebe Grüße von Paula

Sintram

Ooch, Paulinchen,

süß bin ich nun wirklich nicht :-), aber hier stehen vor allem Lebenserinnerungen von Hobo drin, und da dachte ich, bevor die Seite endgültig in der Versenkung verschwindet, ruf ich sie mal besser auf...
außerdem interessiert's mich echt, wie's denn weitergeht.

Als Hammondmeister Jon Lord (nach vorläufiger Auflösung von Deep Purple) 1976 seinen ersten Gig mit seinem Kumpel Tony Ashton auf's Parkett legte, ist der Pianoman und Sänger Ashton, dem die Rolle als Frontman überhaupt nicht behagte, gleich beim ersten Song sicherheitshalber mal in den -tiefen!- Orchestergraben gefallen.

Wie das so ist mit Limonadentrinkern, blieb der Glückliche völlig unverletzt, Mr. Lord meinte noch, sein Freund hätte so gut wie garnix getrunken... nun ja.

(Ich hab Tony vor ? Jahren noch on stage gesehen, ergraut mit hoher Stirn und einem ziemlichen Zahnverhau im Mund, war noch immer gut, ist wenig später gestorben.)

Sonst fällt mir grade keine -blödere- Geschichte ein, aber ist ja Sonntag. :-))

Lieben Gruß zurück
Sintram


Hobo

Schöne Geschichte. Vielleicht werde ich meinen Teil der Geschichten auch weiter führen. Leider habe ich derzeit keine Gehirnzelle für diese Art von Rückblenden übrig. Ich muss wegen Überlastung hier mal eine Pause machen.

lg
Hobo, keine Zeit für die Vergangenheit...