Gewaltfreie Kommunikation kennenlernen

Begonnen von Epines, 24 Oktober 2011, 15:39:52

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Epines

Hallo liebe Leute

Vor einigen Jahren habe ich erkannt, dass ich meinen Gefühlen immer mehr hilflos ausgeliefert war und meine Wünsche und Erwartungen und deren Befriedigung auf andere abgeschoben habe.
Kommunikative Konflikte waren deshalb an der Tagesordnung und so wollte ich auf keinen Fall weiterleben. Ich sah mich folglich nach Hilfe um und besuchte zuerst einen Transaktionsanalyse-kurs um zu lernen, wie ich besser auf Menschen zugehen kann und was ich im Umgang mit ihnen falsch mache, dass ich nach jeder Auseinandersetzungen immer so unglaublich schlechte Gefühle hatte, die mich dann tagelang hinunter zogen.

In diesem Kurs erkannte ich zum ersten Mal, dass es nicht an den Anderen lag, sondern ausschliesslich  an mir selbst und meinen Erwartungshaltungen und dem Unvermögen meine Bedürfnisse offen und nicht versteckt zu artikulieren.

Ich beobachtete mein Verhalten genauer und stellte fest, in welchen Situationen meine verschiedenen Ichs vorherrschten.
Manchmal war es das trotzige KindheitsICH, ein anderes Mal das bewertende LehrerICH, dann wieder das bestrafende ElternICH, aber nie war es einfach ein neurales ICH , das unbefangen auf Menschen zugehen kann, ohne in irgendeiner Form zu bewerten was sie tun. Intoleranz war vorherrschend und beeinflusste mein ganzes Denken und Sein in einem unerträglichen Ausmass, denn es gab täglich mehrere Dinge die mich wahnsinnig aufregten und es schien, als ob die ganze Welt schlecht und ungerecht und vor allem aber gegen mich war.

Dem entsprechend unterlag ich den Memen (Viren des Geistes), wenn mir jemand gegenüber trat, schon alleine aufgrund wie dieser Mensch gekleidet war, oder welche Körperhaltung er einnahm, oder welchen Bildungsstand er hatte.

Davon wollte ich mich unbedingt befreien, ich wollte nicht die erlernten Muster meiner Eltern übernehmen, die ihr ganzes Leben lang nur unzufrieden und bewertend waren, obwohl es ihnen materiell an nichts mangelte. Ich wollte nicht kritisieren welche anderen Lebensformen gut oder schlecht sind, sondern versuchen empathisch auf Menschen zuzugehen, ihre Meinungen und Lebensstile so zu akzeptieren wie sie für sie stimmen.

Aber ich merkte schnell wie schwierig dies alles sein sollte, denn die Viren des Geistes (Memen, Vorurteile) hatten mich schon längst total verseucht und es war und ist auch heute noch immer wieder eine Herausforderung diesen zu widerstehen.

Auf der Suche nach den Brücken zwischen Inseln, um mit anderen Insulanern besser zu Recht zu kommen, stiess ich auf Marshall Rosenberg, dessen gewaltfreie Kommunikations-methoden und die vier Schritte dazu mich sofort fesselten.

Durch ihn hatte ich auch erkannt, dass mir gewalttätige Kommunikation teilweise Spass machte, und das ich nie dabei bedacht hatte, was sie in anderen Menschen bewirkt und wie unehrlich und verletzend sie im Grunde ist.

Mit so geschärftem Blick erkennt man relativ schnell, wo versteckte und auch offene Gewalt im verbalen Bereich anfängt und was sie bewirkt. Ich selbst arbeite immer noch daran und oft passiert es mir selbst noch, dass ich in alte ungewollte Muster abrutsche, aber ich arbeite stets daran.

Versteckte Aggression und Manipulation im täglichen Umgang miteinander sind nicht leicht zu erkennen, aber mit etwas Übung und vor allem guten Willen und die Bereitschaft etwas an sich verändern zu wollen, gelingt es sie fast gänzlich aus der Kommunikation entfernen. Vobei es real wesentlich einfacher ist als schriftlich, denn hier  nimmt man die Verletzungen weniger wahr und, oder es kümmert einen nicht, weil man die Personen ja oft nur virtuell kennt und sich deshalb auch nicht die Mühe macht sich zu fragen wie verletzende Worte wohl wirken können.
Ich weiss nicht mehr wer es  schon einmal so treffend erwähnte, aber oftmals bedenkt man wirklich nicht, dass diese Buchstaben hier und im Chat , die sich zu Wörtern formen von einem realen Menschen getippt werden, der gerade an seinem PC sitzt und denkt und fühlt und oft auch leidet.

Wie gesagt ich übe auch immer noch täglich seit Jahren :-) und es gelingt mir immer besser.

Dieser Thread soll euch gewalttätige Kommunikation näher bringen und etwas bewusster machen und vielleicht schaffen wir es, uns hier in Zukunft liebevoller und freundlicher zu begegnen und die Meinungen und Lebensstile des Gegenübers, ohne Wenn und Aber zu akzeptieren, auch wenn man selber ganz anders denkt und fühlt.

Gewaltlose Kommunikation bedingt empathische Einfühlung und die Auseinandersetzung mit dem eigenen ICH und seinen Bedürfnissen, wer dazu nicht bereit ist, muss sich  damit nicht auseinander setzen, denn es würde kaum etwas bringen.

Hier einige Beispiele, die als Denkanstöss dienen sollen und zeigen, was nun genau gewaltfreie Kommunikation überhaupt ist und wie man sie erlernen kann und wie sie unser Leben, Fühlen und Denken positiv beeinflussen wird:

http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/gewaltfreie-kommunikation-rosenberg.shtml

Und noch diese interessante Radiosendung mit anschaulichen Beispielen:

***Aus der Reihe "Kommunikation" (8). Von Kati Engelmann. SWR2 Leben vom 20.05.2009 "Wow, siehst du toll aus!" oder auch "Entschuldige bitte, es tut mir schrecklich leid!" klingt doch richtig nett und friedlich, oder? Ist es aber nicht, meint der Konfliktforscher und Friedensvermittler Marshall Rosenberg. Er erkennt in diesen Sätzen sogar versteckte Gewalt und provoziert damit zunächst heftiges Kopfschütteln. Bei näherem Hinsehen jedoch vermag Rosenberg selbst Skeptiker zu überzeugen. Rosenberg, der seit vielen Jahren erfolgreich als Mediator in den Krisengebieten der Erde unterwegs ist, lehrt ein völlig neues Verständnis von Kommunikation.***

http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/leben/-/id=660174/did=4869298/pv=mplayer/vv=popup/nid=660174/phwnyc/index.html

Alles Liebe Euch
Epines

Nicki

Liebe Epines,

ich danke dir für deinen Tip!
Ich habe oft das Problem, mich in Gesprächen angegriffen oder in die Ecke gedrängt zu fühlen. Meist versuche ich, aus der Situation zu entkommen, aber wenn es nicht geht reagiere ich häufig mit einem überschießendem Gegenangriff und fühle mich später schlecht.
Die Strategien für gewaltfreie Kommunikation gefallen mir gut. Ich werde auch versuchen, das in meinen Alltag einzubauen!

Liebe Grüße,
Nicki

Sintram

#2
Hallo Epines,

auch ich habe diesbezüglich einen sehr weiten Weg hinter mich gebracht, musste auch die Kehrseite der Medaille schmecken, wie schamlos das stete Bemühen um gewaltfreie Kommunikation ausgenutzt und missbraucht werden kann von ,,einer ungerechten und schlechten Welt, in der alle gegen mich sind", ich glaube, das Thema an sich ist unerschöpflich.

Die ,,Tyrannenkinder" haben ab einem gewissen Stadium mit den Beteiligten gemacht, was sie wollten, sprich sie tyrannisiert mit aufgewühlten Emotionen und Wutausbrüchen, derlei kommt vor, sowohl in der virtuellen als auch in der realen Welt. Welcher Teufel mich geritten hat, mich nicht rechtzeitig rauszunehmen, sei dahingestellt, vermutlich der mit dem Namen ,,Rechthaberei", aber für mich ist das ehrlich gesagt Schnee von Gestern.

Ich habe ein Alter erreicht –weniger in Lebensjahren ausgedrückt als in Erfahrung- in dem ich den vorläufig letzten Schritt in eine neue Phase vollziehen konnte, in der sich all die Überichs und Ansprüche an mein unvollkommenes Selbst relativiert, wenn nicht sogar aufgelöst haben.
Mein Streben, mich selbst anders oder besser darzustellen, als ich wahrgenommen werde, mich sozusagen ins rechte Licht zu rücken, ist dem Gleichmut gewichen, mich selbst dann, wenn andere mit ihrer schlechten Einschätzung von mir und ihrem Urteil über mich recht haben sollten, nicht niedergemacht zu fühlen bzw. gedrängt, mich meiner geschassten Haut zu erwehren.

Ich bin das Ergebnis meines Lebens, und wer meine virtuell ausgedrückte Persönlichkeit nicht akzeptieren oder ertragen kann, mag seine Gründe haben, die nichts zu tun haben mit mir, vielleicht aber liegt es wirklich nur an mir, weil ich bin wie ich bin-
aber selbst dann muss es mich nicht erschüttern oder verunsichern, weil ich eben bin wie ich bin, kein anderer sein kann und offengestanden auch nicht sein will, auch wenn sich mein ,,Sosein" in diesem oder jenem Punkt von der herkömmlich allgemeingültig akzeptablen Auffassung meiner Umwelt entfernt hat, wie denn nun ein Mensch zu sein hat oder sich wenigstens bemühen sollte zu sein, oder was er über dies oder jenes zu denken hat oder nicht.

Ich habe meine Gründe, ich allein kenne sie, und wer damit nicht klarkommt, dem bin ich nicht einmal gram, weil er aus seiner Sicht durchaus im Recht sein könnte oder kann, ohne dass ich mich deshalb ausdrücklich im Unrecht befinden muss.
Und selbst wenn ich es täte, auch meine Meinungsbildung ist empirischen Ursprungs und nie vor Irrtum geschützt. Demnach geht von meiner persönlich bedingten irrigen Einschätzung nicht gleich die Welt unter, selbst dann nicht, wenn ich mich weigere, mich eines ,,Besseren" belehren zu lassen, weil ich den Sinn des Besseren nicht erkennen kann oder will.

Es ist nicht so dramatisch, mit seiner Meinung alleine da zu stehen, wie es erscheinen mag.
In dem Augenblick, in dem ich es als gegeben akzeptiere und kein Verständnis mehr erwarte geschweige denn verlange, weil ich das vermutlich gar nicht kann, ja womöglich nicht einmal ,,darf", verliert meine Position jeden Rechtfertigungsdruck und drängt mich in keine Defensive.

Der beste Weg in eine gewaltfreie Form der Kommunikation ist die Akzeptanz des eigenen Selbst wie es ist, unabhängig davon wie es sein könnte, sollte oder müsste- und letztlich unabhängig davon, wie verschiedenste Mitmenschen sich ein liebenswertes und angenehmes Gegenüber vorstellen, wünschen oder erhoffen.

Alles was ich für diese Verselbstständigung brauche ist das Gesetz der goldenen Regel und ein einigermaßen gut entwickeltes Gewissen, das ohne Zweifel ebenso der Fehlbarkeit unterworfen ist wie alles und jedes andere Menschliche auch, damit habe ich mich längst arrangiert.

Ich hasse Streit und verbale Gewalt, ohne jeden Zweifel, gerate dennoch immer wieder mal dazwischen, habe sogar eine Weile gehörigen Spass daran ohne jeden Zweifel, bereue es hinterher aufrichtig, nicht zuletzt weil es mir selber besch... geht, aber bringe mich deshalb nicht gleich um.

Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich machen konnte.

Ich wünsch Dir einen schönen Tag, Du tust dem Forum nur gut!
Alles Liebe
Sintram





Namdna

#3
Hallo Epines,

danke für diesen Beitrag. Das erwähnte Verhalten erinnert mich zum Teil an mich selbst. Ich probiere nun auch schon eine Zeit lang dies zu ändern. Mir ist schon lange klar, dass ich in diesen Momenten das Problem bei mir suchen muss. Nur diese Art Wut auf mich selbst dann bekomme ich noch nicht so unter Kontrolle, so dass diese leider auch an meinen Mitmenschen ausgelassen wird.
Ich hoffe, dass mir dein Beitrag und die Beispiele noch weiter helfen kann, dies in den Griff zu bekommen.

Lieben Gruß Namdna

Epines

Meine Lieblingsdozentin Vera F. Birkenbihl erklärt in einem kurzen anschaulichen Video, wie  Kommunikations Probleme überhaupt erst entstehen.

http://www.youtube.com/watch?v=lrh32N7G3ag

LG
Epines

Epines

#5
Hallo liebe Mitlesende

Ich fasse die 4 Schritte stark vereinfacht noch einmal zusammen um sie besser zu verdeutlichen.

Schritt 1: Die Beobachtung
Wir machen uns bewusst, dass wir meistens unsere eigenen Bewertungen, Erfahrungen und Interpretationen mit den Tatsachen vermischen. Wenn wir diese erkennen und weglassen, bleibt eine reine Beobachtung zurück, die unbestreitbar auch für andere ersichtlich ist.

Schritt 2: Gefühle
Wir benennen unsere wahren Gefühle. Oftmals werden "Pseudo-Gefühle" in diese Aussage hineingemischt. Was dabei herauskommt sind wiederum Bewertungen des anderen. Meist merken wir zwar, dass der andere entweder dicht macht, oder zurückschießt, also relativ schnell eine emotional abwehrende Reaktion zeigt. Doch durch unsere Sprachkonditionierung, die wir als ganz normal und selbstverständlich empfinden, fällt uns selten auf, was den anderen veranlasst hat, in dieser Situation auszusteigen.
Hinzu kommt, dass sowohl in unserer Sprache als auch in unserer inneren Haltung zumeist die Überzeugung lebt, der andere sei für unsere Gefühle verantwortlich.  

Schritt 3: Unsere Bedürfnisse
Wir fragen nicht mehr: "Wer ist schuld und wer hat Recht?" sondern "Wie geht´s dir, wie geht´s mir und was bringt uns weiter?"

*In dem Moment, wo man Menschen dazu bringen kann, darüber zu reden was sie möchten, anstatt darüber, was mit der anderen Person nicht stimmt, sieht man sofort eine Möglichkeit für den Beginn einer Lösung.* M.B.Rosenberg
 
Schritt 4: Die Bitte
Mit der Bitte bringen wir unsere Anliegen und Bedürfnisse ein, indem wir mit dem anderen gemeinsam eine gute Lösung finden.
Eine Lösung, die von allen getragen wird, ist erst möglich, wenn eine gute Beziehung und Verbindung zum anderen besteht.
Aus diesem Grund ist die GFK in erster Linie beziehungsorientiert, nicht lösungsorientiert.

Der Versuch, eine Lösung auf der sachlichen Ebene zu finden, ohne wieder hergestellten guten Draht zueinander, ist vermutlich unmöglich und demotivierend, denn es bezahlen alle den Preis für einen Kompromiß, bei dem die Bedürfnisse mehrerer Beteiligter unberücksichtigt geblieben sind.

Woran erkenne ich, ob ich tatsächlich eine Bitte formuliert habe?
Wenn jemand NEIN sagt zu meiner Bitte und meine Wertschätzung für ihn sofort  in den Keller geht, war´s keine Bitte, sondern eher eine Forderung.
Eine echte Bitte läßt immer Wahlfreiheit.

Es gibt keine "falsche Sprache" oder "richtige Sprache". Es gibt nur unsere Wahlfreiheit.
Wenn wir erst einmal wach und bewußt damit sind, was wir tun, haben wir die Wahl.
Wir entscheiden selbst, welche Strategie, welches Verhalten, oder welche sprachliche Ausdrucksform wir wählen wollen.
Wenn wir somit wählen, entscheiden wir uns für ein bestimmtes Resultat. Ein Resultat ist erst einmal nur eine geschaffene Tatsache.
Es liegt an uns selbst, herauszufinden, ob das gewählte Resultat mit unseren eigenen Werten und Bedürfnissen übereinstimmt.

@Nicki
**Ich habe oft das Problem, mich in Gesprächen angegriffen oder in die Ecke gedrängt zu fühlen. Meist versuche ich, aus der Situation zu entkommen, aber wenn es nicht geht reagiere ich häufig mit einem überschießendem Gegenangriff und fühle mich später schlecht.**

Es kann durchaus sein, dass du mit deinen Gefühlen auch richtig liegst, vor allem wenn dein Gegenüber dir nicht wertfrei und unvoreingenommen gegenüber tritt, wie dies in Schritt 2 beschrieben ist.

So was passiert mir auch oft, mir werden vielmals Dinge unterstellt die jeglicher Grundlage entbehren und früher hat mich dies auch explodieren lassen, heute aber weiss ich, dass diese Bewertungen  aufgrund der eigenen Erfahrungen und Gefühlen des Gegenübers entstehen und ich nicht für seine Gefühle und Meme verantwortlich bin, deshalb verletzen sie mich auch nicht mehr. Ich spreche meist die Personen darauf an, auch um mir Klarheit zu verschaffen und oftmals entsteht dadurch eine positive Grundlage zu weiteren fruchtbaren und bewertungsfreien Gesprächen.

Ein gutes Beispiel um zu erkennen wie wir den Viren des Geistes unterliegen ist mit dem Namen einer Person, die uns irgendwann im Leben einmal etwas böses angetan, oder geschadet hat.  Nennen wir sie Johannes, oder Marianne. Ich beobachte an mir selbst immer wieder, dass wenn ich auf neuen Menschen mit diesen negativ behafteten Namen treffe, ich ihnen automatisch voreingenommen begegne.  

In die Waldhütte kam kürzlich ein User mit dem Namen meines Vaters. Das war echt ganz schwer für mich ihm unvoreingenommen und nicht unfreundlich zu begegnen. Er war mir von Anfang an unsympathisch und ich war entgegen zu meinen Gepflogenheiten ziemlich abweisend und kühl zu ihm. Ich habe ihm dann, als ich es bemerkte auch sofort erklärt warum ich mit diesem Nick Probleme habe. Als es mir dann bewusst war, hat sich meine anfängliche Abneigung gelegt, aber ich zucke jedes mal zusammen, wenn er den Raum betritt. Na ja gute Konfrontationstherapie :-).

Auch an Sternzeichen haften solche Meme, "alle Zwillinge haben zwei Gesichter", ein gängiges Vorurteil. Als Zwilling weiss man dies natürlich auch und bemüht sich immerzu, diesem Vorurteil nicht zu entsprechen, dadurch kommt man irgendwie künstlich hinüber und schon denkt der andere, der dies natürlich merkt; aha...typisch Zwilling.

Also Nicki, wenn man weiss, dass man in eine Ecke gedrängt wird, weil der andere seine eignen Gefühle und Bewertungen  in die Unterhaltung mit einfließen lässt, kann man auch lockerer reagieren, denn es hat nichts mit dir zu tun, sondern mit ihm selbst. Beobachte ihn und du wirst staunen was da alles zum Vorschein kommt.
Wenn es jemand immer wieder macht, hilft wie gesagt ansprechen und darauf aufmerksam machen am Besten.

@Sintram
**auch ich habe diesbezüglich einen sehr weiten Weg hinter mich gebracht, musste auch die Kehrseite der Medaille schmecken, wie schamlos das stete Bemühen um gewaltfreie Kommunikation ausgenutzt und missbraucht werden kann von ,,einer ungerechten und schlechten Welt, in der alle gegen mich sind", **

Es gibt tatsächlich Menschen die nicht verstehen, worum es in der gewaltfreien Kommunikation geht, die denken, dass ihre Meinung; offen und frei zu sagen was man denkt, das Richtige ist. Ob du es glaubst oder nicht, so war ich auch einmal.
Ich dachte immer, so lange man schön brav bei der Wahrheit bleibt, darf man anderen die unverblümte Wahrheit ins Gesicht knallen und wer es nicht verträgt ist selber schuld.
Ich war durch meine Vergangenheit geprägt schonungslos offen und habe erst bemerkt, dass diese Offenheit gleichzusetzen mit Peitschenhieben und Prügeln ist, auch wenn sie der Wahrheit entsprach, als ich überall abgelehnt wurde.

Ja ich wollte verletzen, wollte anderen weh tun und dachte, dass wenn ich es mit ihren eigenen Fehlern und Schwächen mache, es legitim wäre, war es aber nicht, wie ich heute weiss.

Mein Bemühen um gewaltlose Kommunikation wurde noch nie ausgenutzt, aber ich musste auch akzeptieren, dass es Menschen gibt die  unbelehrbar sind und schlicht nicht verstehen, um was es eigentlich geht, nämlich um einen achtsamen  Umgang miteinander der geprägt von gegenseitigem Respekt, die Lebensweise und Meinung des Gegenübers toleriert.

**Mein Streben, mich selbst anders oder besser darzustellen, als ich wahrgenommen werde, mich sozusagen ins rechte Licht zu rücken, ist dem Gleichmut gewichen, mich selbst dann, wenn andere mit ihrer schlechten Einschätzung von mir und ihrem Urteil über mich recht haben sollten, nicht niedergemacht zu fühlen bzw. gedrängt, mich meiner geschassten Haut zu erwehren**

Dies ist scheinbar eine Sache der Jugend, oder besser der noch nicht Akzeptanz seiner selbst. Ich denke einmal, es ist wie bei der Sache mit dem Zwilling, die ich oben erwähnte. Man verstellt sich, nimmt zusätzlich noch eine ungewöhnliche Körperhaltung ein und erreicht damit genau das Gegenteil von dem was man eigentlich wollte. Sensible Gesprächspartner erkennen sofort, dass mit der Person etwas nicht stimmt, sie wissen zwar nicht genau was, aber schätzen uns dann total anders ein, als wir eigentlich sind. Und danach wundern wir uns noch, warum uns keiner so nimmt wie wir nun mal sind.

**Ich habe meine Gründe, ich allein kenne sie, und wer damit nicht klarkommt, dem bin ich nicht einmal gram, weil er aus seiner Sicht durchaus im Recht sein könnte oder kann, ohne dass ich mich deshalb ausdrücklich im Unrecht befinden muss.
Und selbst wenn ich es täte, auch meine Meinungsbildung ist empirischen Ursprungs und nie vor Irrtum geschützt. Demnach geht von meiner persönlich bedingten irrigen Einschätzung nicht gleich die Welt unter, selbst dann nicht, wenn ich mich weigere, mich eines ,,Besseren" belehren zu lassen, weil ich den Sinn des Besseren nicht erkennen kann oder will.**

Ich denke du hast es genau erfasst :-)). Rückfälle haben wir immer mal wieder und wenn Provokationen nicht aufhören, egal wie friedlich man sich verhält, muss man sich manchmal auf den Jargon und das Niveau des Gegenübers begeben, weil dieser vermutlich unbelehrbar, nur diese Sprache versteht. Mit Jargon meine ich nun keine Fäkalausdrücke, sondern einfach eine weniger kultivierte Sprache mit stark vereinfachter Ausdrucksweise.

**Ich hasse Streit und verbale Gewalt, ohne jeden Zweifel, gerate dennoch immer wieder mal dazwischen, habe sogar eine Weile gehörigen Spass daran ohne jeden Zweifel, bereue es hinterher aufrichtig, nicht zuletzt weil es mir selber besch... geht, aber bringe mich deshalb nicht gleich um.**

Ja so ging es mir auch nach jeder Auseinandersetzung, allerdings hatte ich dann wirklich manchmal  Todessehnsucht, weil ich mich so schämte, oftmals wollte ich dann alles weg schmeißen, um die Leute nie mehr sehen zu müssen, es ging lange bis ich erkannte, dass ich es war, und meine Gefühle, die aus Gesprächen eine Demütigung für mich machten, die mich danach tagelang lahmlegten.

Ich schreibe wieder viel zu viel, ... aber ein Vorteil hat es, S. wird zu faul sein so viel Text zu lesen :-)

@Namdna
**Nur diese Art Wut auf mich selbst dann bekomme ich noch nicht so unter Kontrolle, so dass diese leider auch an meinen Mitmenschen ausgelassen wird.

Ja die kenne ich auch ganz genau! Man will seinen Schmerz weiter geben, obwohl man weiss, dass es nur kurzfristig gut tut und den zwischenmenschlichen Begegnungen enorm schadet.
Aber es zu erkennen und das ist es was du bereits getan hast, ist ein erster ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Nachträglich leidet man selbst am Allermeisten, denn nach verbalen Attacken ergibt sich nur selten eine weitere gute Gesprächsbasis, das Gegenüber wird misstrauisch bleiben und auf weitere Attacken gefasst sein. Es sei denn man kann offen zu seinem Schmerz stehen und sich dafür entschuldigen. Was ich übrigens lange Zeit, aufgrund Belastungen meiner Kindheit, nicht konnte und deshalb auch oft als arrogant eingestuft wurde.

Hier eine erneute deutliche Einleitung mit vielen weiteren Lernbeispielen.

http://www.youtube.com/watch?v=TeGC7PDAxuM

Alles Liebe Euch
Epnes

nubis


Hallo @Epines :-)

Ich finde das Thema zwar grundsätzlich interessant, jedoch ein bisschen weltfremd für den 'Hausgebrauch'.


Man muss doch zugeben: kein Gespräch wird ohne Gefühle geführt, und wie etwas beim Gegenüber ankommt kann man nie wirklich voraussagen - nicht selten resultieren Streitigkeiten ja grade aus Missverständnissen oder unterschiedlicher Wortinterpretation.
Nach wie vor interpretiere ich auch nicht jede Diskussion als Streit.
Wenn Menschen verschiedene Ansichten haben und sich darüber austauschen, finde ich es auch legitim, wenn die Debatte ein bisschen hitziger wird, je mehr einen das Thema anspricht/betrifft.

Und nicht zuletzt kann man auch mit besonders freundlichen und wohlwollenden Worten provozieren - seinen Gesprächspartner mit herablassenden Worten zu heftigen Reaktionen reizen und anschließend seine Hände in Unschuld waschen.

Wenn man in jedem Gespräch erst mal alles beobachten, bewerten, interpretieren und relativieren sollte, gäbe es gar keine Gespräche mehr^^

Natürlich bin ich auch der Meinung, dass man zB grade hier im Forum oftmals bedachter kommunizieren könnte - könnte aber auch hier dazu führen, dass vor lauter Bedenken und Hinterfragen gar nichts mehr geschrieben wird.


Für mich reicht es, wenn die Leute ihren Wortschatz auf einem gewissen Niveau halten, um zu sagen, die Kommunikation ist Gewaltfrei.

Es gab auch mal einen Thread zum Thema 'Streitkultur' - und diese finde ich in dem Zusammenhang viel wichtiger.


Außerdem musste ich ein bisschen grinsen: ich war nämlich nicht zu faul so viel Text zu lesen und finde es im Zusammenhang mit dem Thema witzig, dass du dich nicht beherrschen konntest, diesen Seitenhieb anzubringen ;-)

So ganz 'Gewaltfrei' war das dann damit auch nicht^^




LG
nubis



Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

Sintram

#7
Danke @Epines,

für Deine ausführliche Antwort.
Es ist schon erstaunlich, was Du meiner frühdebilen Trotzphase alles an Positivem abgewinnen kannst... ;-)))
Nein, im Ernst, ich denke, Du hast mich schon ganz richtig verstanden.

@nubis

Streitkultur? Long ago.
Aber jemanden mit besonders freundlichen und wohlwollenden Worten zu provozieren... das wär ja mal ganz was Neues! ;-)))

Zugegeben, manchmal geht es hoch her, aber ich bin grundsätzlich guter Dinge, "wir" bekommen das schon irgendwie hin.

Lieben Gruß
Sintram

Epines

Hallo liebe Mitlesende

@nubis
*Man muss doch zugeben: kein Gespräch wird ohne Gefühle geführt, und wie etwas beim Gegenüber ankommt kann man nie wirklich voraussagen *

Ja du hast es genau auf den Punkt  gebracht, es gibt keine Gespräche ohne Gefühle.
Wird jedoch verbale Gewalt angewandt merken die allermeisten sofort nach dem Gesagten, dass der andere entweder dicht macht, oder zurückschießt, also relativ schnell eine emotional abwehrende Reaktion zeigt, meist verbal, aber auch körpersprachlich. Durch unsere Sprachkonditionierung, die wir als ganz normal und selbstverständlich empfinden, fällt uns jedoch selten auf, was den anderen veranlasst hat, in dieser Situation auszusteigen. Nachgefragt wird kaum.
Hinzu kommt, dass sowohl in unserer Sprache als auch in unserer inneren Haltung zumeist die Überzeugung lebt, der andere sei für unsere Gefühle wie Wut, oder Ärger verantwortlich. 

**Und nicht zuletzt kann man auch mit besonders freundlichen und wohlwollenden Worten provozieren - seinen Gesprächspartner mit herablassenden Worten zu heftigen Reaktionen reizen und anschließend seine Hände in Unschuld waschen.**

Toll super, du hast genau verstanden um was es geht!

Dieser Satz soeben entspricht dem was du oben schriebst, er ist vordergründig gewaltlos, scheint freundlich, denn du wirst ja gelobt,  mit diesem "toll super" wird dir jedoch mit freundlichen Worten mitgeteilt, dass sogar die Dümmste es begriffen hat.
Herablassende Arroganz ist niemals gewaltfrei, denn es macht dein Gegenüber bewusst klein und zieht seine Aussagen ins lächerliche.

Hätte ich geschrieben "du hast genau verstanden um was es geht" , wäre dies sachlich und wertfrei und als Bestätigung anzusehen, dich als gleichwertige Gesprächspartnerin auf Augenhöhe zu akzeptieren.

***Wenn man in jedem Gespräch erst mal alles beobachten, bewerten, interpretieren und relativieren sollte, gäbe es gar keine Gespräche mehr^^**

Bestimmt ist es anfangs nicht leicht und ein Teil der Spontanität geht verloren, dies gibt sich allerdings schnell wieder, wenn man seine Beobachtungsgabe geschärft hat.
Schriftlich sieht es jedoch von Anfang an anders aus, da kann man seine Schreibweise sofort überprüfen und gegebenenfalls korrigieren.

1. Beobachten statt Bewerten oder Interpretieren.
2. Gefühle wahrnehmen und benennen.
3. Bedürfnisse wahr- und ernst nehmen.
4. Auf der Grundlage der Bedürfnisse klare und erfüllbare Bitten äußern.

***Natürlich bin ich auch der Meinung, dass man zB grade hier im Forum oftmals bedachter kommunizieren könnte - könnte aber auch hier dazu führen, dass vor lauter Bedenken und Hinterfragen gar nichts mehr geschrieben wird.***

Dieser zweite Teil des Satzes ist eine typische Meme (Viren des Geistes, Vorurteile). Gewaltfreie Kommunikation bedingt eine Befreiung von Viren des Geistes, mit denen wir von Kind an verseucht werden und die uns oftmals daran hindern etwas Neues anzupacken.
"Viren des Geistes, also Memen" werden sie genannt, weil sie sich genau so produktiv und schnell vermehren wie Viren , nur eben durch Kommunikation.

**Für mich reicht es, wenn die Leute ihren Wortschatz auf einem gewissen Niveau halten, um zu sagen, die Kommunikation ist Gewaltfrei.**

Wir haben wie immer die Wahl etwas zu tun, oder es zu lassen. Gewaltlose Kommunikation bedingt empathische Einfühlung und die Auseinandersetzung mit dem eigenen ICH und seinen Bedürfnissen, wer dazu nicht bereit ist, muss sich  damit nicht auseinander setzen, denn es würde kaum etwas bringen.

Niveau ist wie vieles im Leben Ansichtssache. Der eine bedient sich eines zeitgenössischen Wortschatzes, zum dem nun einmal amerikanisierte Fäkalausdrücke gehören, der andere möchte sich lieber kultivierter unterhalten, der dritte eben kultiviert und gewaltfrei kommunizieren. Wie schon erwähnt, man muss sich  damit nicht auseinander setzen.

**Es gab auch mal einen Thread zum Thema 'Streitkultur' - und diese finde ich in dem Zusammenhang viel wichtiger.**
Hoppla... Dieser Satz ist bei weitem nicht gewaltfrei, denn er enthält eine Bewertung, nämlich, dass es diesem Anliegen hier an Wichtigkeit mangelt.

In einem direkten Gespräch würde dieser Satz, die schon beschriebene und dir bestimmt auch bekannten Reaktionen herbei führen. (Schritt 2. Gefühle
Oftmals werden "Pseudo-Gefühle" in eine Aussage hineingemischt (in diesem Fall könnte es Ärger oder Wut sein). Was dabei herauskommt sind wiederum Bewertungen des anderen. Meist merken wir zwar, dass der andere entweder dicht macht, oder zurückschießt, also relativ schnell eine emotional abwehrende Reaktion zeigt. Doch durch unsere Sprachkonditionierung, die wir als ganz normal und selbstverständlich empfinden, fällt uns selten auf, was den anderen veranlasst hat, in dieser Situation auszusteigen.
Hinzu kommt, dass sowohl in unserer Sprache als auch in unserer inneren Haltung zumeist die Überzeugung lebt, der andere sei für unsere Gefühle verantwortlich. 

Keine Angst ich werde nicht zurück schießen :-), aber in einem direkten Gespräch wäre dieser  Satz der Schlusssatz , denn viele wüssten nicht was es weiterhin zu diesem Thema mit dir zu bereden gäbe, denn mit der Bewertung wurde das Thema als unwichtig deklariert und wer etwas empathisch ist, kann sich gut vorstellen, wie in diesem Moment die Gefühle des Gegenübers aussehen.

**außerdem musste ich ein bisschen grinsen: ich war nämlich nicht zu faul so viel Text zu lesen und finde es im Zusammenhang mit dem Thema witzig, dass du dich nicht beherrschen konntest, diesen Seitenhieb anzubringen ;-)
So ganz 'Gewaltfrei' war das dann damit auch nicht^^**

Ironie, Sarkasmus und Humor ist manchmal  einfach zur Auflockerung gedacht, aber Seitenhieb? Ich bezog mich damit auf jemanden der ständig seine diesbezügliche Trägheit selber erwähnt :-) und hätte mich gefreut, wenn er tatsächlich bis zu diesem Satz gelesen hätte, dies hätte nämlich gezeigt, dass er eben doch nicht so faul und desinteressiert ist wie er sich gerne gibt. Zudem bin ich wie schon oft erwähnt ebenfalls immer noch am Üben ;-).

Auf jeden Fall ein spannendes Thema, nebenbei erwähnt; "weltfremd" ist übrigens eine erneute Meme ;-).

Alles Liebe
Epines




Epines

Hallo liebe Leute

Bevor ich mich seinerzeit mit gewaltfreier Kommunikation befasste, besuchte ich einen Kurs zur Transaktionsanalyse, denn ich hatte extreme Schwierigkeiten mich selbst und manchmal auch mein Gegenüber als O.K. zu bewerten. Diese Analyse schult die Aufmerksamkeit auf das vorherrschende ICH während der Kommunikation und war ein weiterer und wichtiger Schritt in meinem Leben, mich und andere zu akzeptieren.

Allgemeines

Die Transaktionsanalyse soll mit dem Mittel der Kommunikation Möglichkeiten zur Interpretation und Gestaltung von Realitätswahrnehmung, Interaktionen und des eigenen Lebensweges eröffnen. Sie stellt dazu eine Theorie der Persönlichkeit und eine Beschreibung kommunikativer Abläufe in unterschiedlichen Kontexten zur Verfügung und bietet Modelle zum Beobachten, Beschreiben, Verstehen und Verändern bzw. Entwickeln der Persönlichkeit und der Beziehungen zwischen Individuen und sozialen Systemen. Sie umfasst damit Konzepte zur Persönlichkeitsanalyse, zur Beziehungsanalyse, zur Gruppendynamik und Gruppenanalyse und zur Analyse und Steuerung von sozialen Systemen sowie Methoden der Einflussnahme auf die Gestaltung als sinnvoll erachteter Veränderungen im interaktiven Bereich. Zielvorstellung der Transaktionsanalyse ist eine integrierte, autonome Persönlichkeit mit der Fähigkeit, sich in einem sozialen Gefüge selbstbewusst, respektvoll, achtsam, rücksichtsvoll und beitragend zu bewegen. Transaktionsanalytiker/innen sollen mit ihren Klienten im Bewusstsein der Gleichwürdigkeit und Gleichwertigkeit kooperieren, um gemeinsam Leben freudevoll zu gestalten.

Grundgedanken der Transaktionsanalyse

Wenn Menschen mit Hilfe der Grundannahmen der Transaktionsanalyse auf soziale Interaktionen oder einzelne Persönlichkeiten schauen, dann bedeutet das, dass sie davon ausgehen, dass

jeder Mensch die Fähigkeit hat, zu denken und Probleme zu lösen,

jeder Mensch in all seinen Schattierungen und in seiner Ganzheit in Ordnung ist,

jeder Mensch in der Lage ist, die Verantwortung für sein Leben und dessen Gestaltung zu übernehmen.

Er verfügt dazu über die Fähigkeit der bewussten Wahrnehmung und Steuerung seiner mentalen, emotionalen und sensorischen Vorgänge und der sich daraus ergebenden Handlungen bzw. sozialen Interaktionen.

jeder Mensch als fähig angesehen wird, sein Lebenskonzept (oder Lebensgestaltungsmuster) schöpferisch, zuträglich und konstruktiv zu gestalten.

Zudem ist es jedem Menschen möglich, durch Nutzen seiner ihm innewohnenden Ressourcen autonome Entscheidungen für sich und andere zu fällen. Dazu benutzt er seine Fähigkeit zur Bewusstmachung der momentanen Gegebenheiten, seine Fähigkeit, aus einer Bandbreite verschiedener energetischer Zustände auszuwählen und die Fähigkeit zu echtem emotionalen Kontakt mit anderen Menschen.

Für Transaktionsanalytiker hat Autonomie im Sinne von Selbstbestimmung, Spontanität und Bezogenheitsfähigkeit auf die Welt höchsten Stellenwert. Quelle Wikipedia

Hier zwei anschauliche Beispiele:

Kommunikation und Transaktionsanalyse
http://www.youtube.com/watch?v=Ea3CE_wmk6o&feature=related

Transaktionsanalyse Ich bin ok Du bist ok
http://www.youtube.com/watch?v=UjCsYSOW1-E&feature=related

Alles Liebe
Epines

Epines

Hallo liebe Leute

Heute Nacht habe ich anstatt zu schlafen über einen scheinbar grundlosen gewalttätigen Angriff aus heiterem Himmel nachgedacht.
Deshalb versuche ich heute  zu ergründen weshalb man wohl jemanden ohne ersichtlichen Grund verbal peitscht, zum Beispiel in einem Forum oder Chat.
Zuerst sammle ich meine spontanen Gedanken, die aus meinem eigenen Verhalten resultieren, bevor ich mich mit Transaktions-Analysen und gewaltfreier Kommunikation befasste.

- Ein persönliches Erlebnis, dass den sofortigen Abbau des eigenen Schmerzes erfordert.

- Eigene negative Gefühle gegen eine Person die einem überlegen scheint.

- Im eigenen Tiefkühler lange aufbewahrter Frust gegen eine Person, die scheinbar ein ,,Feind" ist, weil sie Dinge   angesprochen hat die man sich nicht eingestehen möchte.

- Neid, weil jemand besser aussieht, klüger ist und scheinbar alles hat, was man selber auch gerne hätte.

- Eifersucht, weil der Partner eine Bemerkung gemacht hat, dass er diese Person nett findet.

- Weil sich jemand freundlich genähert hat und man diese Nähe nicht erträgt.

- Weil man das Image als ,,persona non grata" mit allen Mitteln aufrechterhalten will.

- Eine Person verfügbar ist, die man schon öfter als Prügelknabe benutzte, die sich darum erneut anbietet und wo man weiss, dass verbale Attacken auch den erhofften Erfolg versprechen.

- Um beliebte Persönlichkeiten mundtot zu machen.

- Um Aufmerksamkeit zu erregen, die man mit verbaler Gewalt am schnellsten bekommt.

- Um Macht zu demonstrieren

Diese Auswahl könnte man noch beliebig erweitern, aber im Grunde wird jetzt schon ersichtlich, dass allesamt nichts mit anderen Menschen zu tun hat, sondern ausschließlich mit uns selber. Wir haben damit Probleme, wir ärgern uns über unser Unvermögen gleiches leisten zu können, ähnlich beliebt zu sein und wir merken, dass Frustabbau, indem man andere Personen verbal verletzt wesentlich besser den eigenen Schmerz abbaut als ein Sandsack, der ja zusätzliche Schmerzen in den Händen verursacht.

Im Grunde ist es massives selbstverletzendes Verhalten, denn man erhofft sich, dass die Person zurück schlägt und man dadurch verletzt wird. Man lässt andere sich verletzen und kann somit das direkte selbstverletzende Verhalten minimieren.
So war es auf jeden Fall bei mir lange Zeit.

Ich habe meine Überlegenheit zur Show getragen, mit meinem Aussehen gespielt um meine Ziele zu erreichen und meine Gewandtheit im sprachlichen Bereich benutzt um andere zu verletzen und es hat mir in den Momenten wo ich es anwandte, ein unglaubliches Befriedigungsgefühl gegeben, was leider immer nur kurzfristig angehalten hat, denn danach hat es umso mehr geschmerzt und ich habe mich abgrundtief dafür gehasst und geschämt! Das  Ziel des SVV wurde damit vollumfänglich erreicht!

Mein Image; sachlich kompetent, menschlich und sozial daneben, hat mich oft bewogen mich zurück zu ziehen und alles hinter mir zu lassen. Ja..., ich gebe es zu,  ich war zu allem anderen auch noch feige, ich konnte zwar super gut austeilen, aber kaum etwas einstecken. Obwohl ich mir dies natürlich nie anmerken ließ. Vordergründig habe ich immer so getan als pralle alles ab.

Oftmals ist man sich jedoch nicht unbedingt bewusst,  dass innerhalb eines Gespräches, oder auch hier im geschriebenen Austausch, meistens unsere eigenen Bewertungen, Erfahrungen und Interpretationen mit den Tatsachen vermischt werden. Wenn wir dies erkennen und weglassen, bleibt eine reine Beobachtung zurück und schon ist der erste und wichtigste Schritt in Richtung gewaltfreie Kommunikation erreicht.

Wenn wir nun ein Verhalten analysieren z.B. eine scheinbar grundlose Attacke in einem Forum, wo jemand einer Person vorwirft keine eigene Meinung entwickeln zu können, sondern sich ständig mit den Worten eines bekannten Autors zu schmücken, dann werden wir schnell feststellen, dass ,,Pseudo-Gefühle in diese Aussage gemischt wurden, um den anderen damit negativ zu bewerten und zu versuchen seine Aussagen ins Lächerliche zu ziehen.

Auch die Medien sind davor nicht gefeilt, kürzlich hielt ein Bekannter einen Vortrag  und in der Zeitung wurde kurz darüber berichtet und irgendwo war dann die spitze Aussage zu lesen:

,, Der Referent bemühte sich seine restliche Redezeit mit Zitaten zu füllen".

Dieser eine Satz hat ihn lächerlich und unglaubwürdig bei jenen Lesern gemacht, die am Vortrag nicht anwesend waren. Man merkt dabei deutlich, die negativen Gefühle des Journalisten durch diese gewalttätige und unsachliche Bewertung, obwohl es natürlich stimmte, der Referent hat tatsächlich einige Zitate angeführt die seine Thesen untermauerten.

Im direkten Gespräch, aber auch in Foren merken wir zwar, dass der andere entweder dicht macht, oder zurückschießt, also relativ schnell eine emotional abwehrende Reaktion zeigt. Doch durch unsere Sprachkonditionierung, die wir als ganz normal und selbstverständlich empfinden, fällt uns selten auf, was den anderen veranlasst hat, in dieser Situation auszusteigen.
Im Gegenteil wundern wir uns später warum man uns ablehnt oder ignoriert.
Hinzu kommt, dass sowohl in unserer Sprache als auch in unserer inneren Haltung zumeist die Überzeugung lebt, der andere sei für unsere Gefühle verantwortlich.  Haben wir dies erst einmal erkannt, sind wir schon bei Schritt zwei in Richtung gewaltfreie Kommunikationen angelangt. :-)

Warum ist in unserem Leben Recht zu haben so wichtig? Und warum suchen wir immer einen Schuldigen für alles?

Wäre es nicht gescheiter sich zu fragen wie geht es dir innerhalb eines Gespräches, wie geht es mir dabei, fühlst du dich wohl, fühle ich mich wohl und was bringt uns beide weiter?

**In dem Moment, wo man Menschen dazu bringen kann, darüber zu reden was sie möchten, anstatt darüber, was mit der anderen Person nicht stimmt, sieht man sofort eine Möglichkeit für den Beginn einer Lösung. (M.B.Rosenberg) **

Eine Lösung, die von allen getragen wird, ist erst möglich, wenn eine gute Beziehung und Verbindung zum anderen besteht.
Aus diesem Grund ist die gewaltfreie Kommunikation in erster Linie beziehungsorientiert, nicht lösungsorientiert.

Es gibt keine "falsche Sprache" oder "richtige Sprache". Es gibt nur unsere Wahlfreiheit.

Wenn wir erst einmal wach und bewußt damit sind, was wir tun, haben wir die Wahl.
Wir entscheiden selbst, welche Strategie, welches Verhalten, oder welche sprachliche Ausdrucksform wir wählen wollen.
Es liegt an uns selbst, herauszufinden, ob das gewählte Resultat mit unseren eigenen Werten und Bedürfnissen übereinstimmt.

Es gibt tatsächlich Menschen die nicht verstehen, worum es in der gewaltfreien Kommunikation geht, die denken, dass ihre Meinung - offen und frei zu sagen was man denkt -  das Richtige ist.  Genau so war ich auch einmal.
Ich dachte immer, so lange man schön brav bei der Wahrheit bleibt, darf man sie anderen unverblümte  ins Gesicht knallen und wer es nicht erträgt ist selber schuld.
Ich war durch meine Vergangenheit geprägt schonungslos offen und habe erst bemerkt, dass diese Offenheit gleichzusetzen mit Peitschenhieben und Prügeln ist als ich überall abgelehnt wurde.

Ja ich wollte verletzen, wollte anderen weh tun und dachte, dass wenn ich es mit ihren eigenen Fehlern und Schwächen mache, es legitim wäre, war es aber nicht, wie ich heute weiss.
Gewalttätige Kommunikation hat mir Spaß gemacht, gab mir auch ein Gefühl der Macht, heute schäme ich mich dafür und würde gerne vieles ungeschehen machen!

Wir alle befinden uns in einem immerwährenden Entwicklungsprozess, aber man muss manchmal ganz schön heftig in sich gucken um seine Schwächen zu erkennen und vor allem ehrlich zu sich selbst sein und bereit etwas verändern zu wollen, denn sonst bleibt man sehr einsam.

Alles Liebe Euch!
Epines

Mehrheitlich gestohlene Aussagen von Marshal Rosenbergs Buch  ,,gewaltfreie Kommunikation"

Deja

Hallo Epines

schlimm, daß du derart bewegt warst, daß du sogar darüber eine schlaflose Nacht verbringen mußtest.

Inwieweit bist du betroffen, welche Äußerungen etc haben dich hier oder auf einer anderen Plattform verletzt?

Mir ist aufgefallen, daß du deine Beiträge sehr gut recherchierst bzw sehr ausführlich die Themen darstellst. Das spricht für die Fähigkeit, gut reflektieren und differenzieren zu können. Das können nur sehr wenige, insbesondere in einem so speziellen Forum gibt es oft Mißverständnisse, die dann schnell eskalieren.

Manchmal mischen sich plötzlich Personen ein, die eigentlich gar nicht wissen, worum es geht und geben ständig ihren Senf dazu. Reden für den, der gemeint ist, ergreifen Partei ohne Kenntnis der Sachlage etc. Das ist richtig anstrengend und verleitet schnell zur Rechthaberei und Besserwisserei.

Du bist scheinbar ein belesener Mensch, und bist stets bemüht, deine Erfahrungen und Erkenntnisse hier mitzuteilen.

Ich hoffe, daß sich für dich alles klären läßt und du weiterhin thematisch am Ball bleibst. Ich persönlich empfinde deine Beiträge als sehr gehaltvoll und man kann förmlich spüren, wie du um Verständnis wirbst.

Laß dich nicht unterkriegen und bleib dabei!

lg yogu

Freudestrahlend

In meinen Augen geht es bei der gewaltfreien Kommunikation erst in letzter Linie um die tatsächliche Kommunikation (also die Wortwahl, den Tonfall etc). Davor kommen die Schritte (Beobachtung, Klärung von Gefühlen und dahinterliegenden Bedürfnissen inklusive Hineinversetzen in das Gegenüber), die Epines hier ja schon aufgeschrieben hat. Und vor Allem: eine absolute Bereitschaft, keine Gewalt auszuüben.

Wer von Anfang an Recht haben möchte, wird in der Regel nicht gewaltfrei kommunizieren können.

Die erwähnten Schritte halten mich übrigens nicht von Gesprächen ab! ;o) Ich nehme jetzt seit zwei Jahren an einer monatlichen Übungsgruppe teil und stelle fest, dass ich mehr und mehr unwillkürlich die Schritte berücksichtige - aber ohne bewusst daran zu denken! Meine innere Haltung ist viel friedlicher und zudem ist meine Wahrnehmung viel besser geworden und dann kommen die richtigen Worte ganz von allein.

Vielleicht findet ihr auch Gleichgesinnte, mit denen ihr regelmäßig üben und euch austauschen könnt. In unserer Gruppe war am Anfang häufig noch Frust zu hören ("...und dann wollte ich ganz empathisch reagieren und das ist voll in die Hose gegangen..."), aber die Erfolgserlebnisse mehren sich!

Viele Giraffengrüße voller
Freude
Most people do not listen with the intent to understand, they listen with the intent to reply.

Epines

Hallo liebe Freudestrahlend und liebe Mitlesende

Du sagtest:"Die erwähnten Schritte halten mich übrigens nicht von Gesprächen ab! ;o) Ich nehme jetzt seit zwei Jahren an einer monatlichen Übungsgruppe teil und stelle fest, dass ich mehr und mehr unwillkürlich die Schritte berücksichtige - aber ohne bewusst daran zu denken! Meine innere Haltung ist viel friedlicher und zudem ist meine Wahrnehmung viel besser geworden und dann kommen die richtigen Worte ganz von allein."

Genau so geht es mir inzwischen auch, am Anfang der Veränderung steht die Bewusstmachung.
Einfache verbale Gewalt ist relativ leicht an der Reaktion des Gegenübers zu erkennen und beginnt oft auch mit dem Wörtchen "DU". Subtile gewalttätige Spitzen jedoch nicht. Und genau diese sind es die uns manchmal "danach" tagelang brüten lassen wie etwas denn gemeint war, war es feindlich, oder bilde ich es mir nur ein.

Der wichtigste Schritt ist meiner Meinung nach den  Gegenüber als gleichwertigen Menschen zu akzeptieren, unabhängig seines Aussehens, seines Bildungsstandes, seines Geschlechts, seiner Hautfarbe und seines Sozialstatus. Jeder Mensch hat wichtiges zu sagen, man muss ihm nur zuhören um es zu erkennen.

**Wer von Anfang an Recht haben möchte, wird in der Regel nicht gewaltfrei kommunizieren können.**

Dem kann ich zu 100% zustimmen.

Wir alle bilden uns eine Meinung über dieses und jenes und vertreten sie dann oftmals vehement, denken dass unsere Einstellung richtig ist. Das ist sie vermutlich zweifellos, aber manchmal eben nur für uns selbst. Dann trifft man jemanden der genau das Gegenteil  vertritt und schon versucht man dem anderen seine eigene Weltanschauung aufzudrängen, gelingt dies nicht, wird er abgelehnt.
Wir umgeben uns also mehrheitlich mit Menschen die unsere Meinung teilen, die sozusagen um Vera Birkenbihl zu zitieren, auf unserer Insel schwimmen.

Wenn man sich nun Inseln vorstellt wird man schnell feststellen, dass man um sie zu überqueren Brücken braucht, ohne diese geht es nicht, es sei den man kann gut schwimmen :-). Diese Brücken nenne ich Toleranz.

Wer immer Recht haben möchte ist davon weit entfernt, denn er wird immer etwas am Gegenüber finden, dass ihn stört und ihn deshalb ablehnen.

Ich frage mich immer wieder warum verbal gewaltausübende Personen, mit jemandem den sie im Grunde ablehnen das Gespräch suchen. Wohl um diesen erneut für die eigenen schlechten Gefühle verantwortlich zu machen und um seinen Frust an ihnen abzulassen. So jemandem kann es danach kaum wirklich gut gehen, eine Veränderung wäre genau in solchen Fällen dringend nötig.

Von Kind an sind wir gewohnt die Viren des Geistes (Memen Vorurteile) als Wahrheit zu sehen oftmals  ohne sie in Frage zu stellen, manche verbreiten wir sogar selbst.
*Blonde Frauen sind schwach im Geiste, Serben gewalttätiger, Juden geldgierig, Schwarze dümmer, Depressive  nur faul, Kleine giftiger, Dicke phlegmatisch, Amerikaner oberflächlicher, Polen Banditen, Chinesen heimtückisch, Männer klüger, Frauen schwach, sozial schwache haben eher Läuse*u.s.w.

Mein Ziel ist immer  auf jemanden zugehen mit dem festen Gedanken im Kopf, dass dieser sowohl wie ich selber  o.k ist. Dies kann jeder mit Hilfe der Transaktionsanalyse und gewaltfreier Kommunikation lernen, aber man muss sich verändern wollen.

Etwas schwieriger gestaltet sich dies, wenn man sich selber noch nicht o.k. findet und dann mit dem Gedanken: "Ich bin zwar gering, aber du bist noch geringer",  auf den anderen zugeht. In einem Forum muss dies natürlich verbalisiert werden, denn was sonst die Körpersprache und Mimik  deutlich macht, entfällt hier gänzlich, darum kommt es auch immer wieder zu besagten subtilen Spitzen und oftmals sogar zu offener Gewalt.

Wird diese mehrmals angewandt gibt es kein Zurück. Nur den Nick wechseln reicht deshalb bei weitem nicht. Sehr schnell wird man aufgrund der Sprachkonditionierung erkannt und misstrauisch beäugt.
Ein Hund der immer wieder geprügelt wurde, wird im Umgang mit dieser Person immer den Schwanz einziehen und misstrauisch bleiben und erneute Schläge erwarten...

Es zeugt darum echt von Größe, wenn jemand solchen Personen die Hand reicht!
Wird diese dann erneut abgebissen ist vollumfänglich Schluss. Die Person wird für immer gemieden, denn man hat nun Mal nur zwei Hände  die man reichen kann.

Ein Neuanfang ist deshalb nur außerhalb des Kreises möglich, wo die Person unbekannt ist.

Gewaltlose Kommunikation bedingt empathische Einfühlung und die Auseinandersetzung mit dem eigenen ICH und seinen Bedürfnissen, wer dazu nicht bereit ist, muss sich  damit nicht auseinander setzen, denn es würde kaum etwas bringen.

Alles Liebe
Epines


Epines

Hallo liebe Leute

Erneute Vorkommnisse in meinem Leben lassen mich über das Wort "Gesprächskultur" und Kommunikation immer wieder nachdenken. Heute ist nicht grundsätzlich die Gewalt in der Sprache mein Anliegen, obwohl sie natürlich mit der Frage, ob mangelnde Reflexion bereits gewalttätig ist,  mit einfließen wird, sondern in erster Linie geht es mir um Reflexion.
Hiermit möchte ich auch auf eine Frage diesbezüglich antworten, denn im Chat ist diese Länge schier unzumutbar für die anderen Anwesenden und im Flüstermodus zu mühsam.

"Mangelnde Reflexion ist das Ende jeder Kommunikation!"

Diesen Satz möchte ich einfach in den Raum stellen, weil er aufgrund meiner eigenen Erfahrungen resultiert. Weiter unten werde ich dafür einige Beispiele aufzeigen die mich besonders belasten.
Dazu habe ich viele Fragen, die ich oftmals mit Menschen die nicht reflektieren diskutiere, denn vielen ist es unbewusst.

Was genau  ist Reflexion?

Die ,,Reflexion" kommt vom lateinischen ,,reflexio" und meint das ,,Zurückbeugen", das ,,Widerspiegeln" und ,,Zurückwerfen" (Duden)

Innerhalb eines Gesprächs bedeutet es das Gesagte zu reflektieren, also darauf einzugehen und eine Antwort zu besagtem Gesprächsstoff hinzu zu fügen und zu kommentieren.

Ohne Reflexion, weiss der Sprechende nicht, ob die Botschaft die er zu vermitteln suchte überhaupt angekommen ist.
Reflexionslose Kommunikation verläuft nicht so wie bei Hobo's Wand, die sprechen kann, sondern prallt an der Mauer ab, fällt runter und verliert sich in der Weite des Raumes.
Das kommt in jeglicher  Art Kommunikation vor. Ich erlebe es im direkten Gespräch, im Forum, im Chat, sowie am Telefon immer wieder.

Warum reflektieren Menschen nicht?
Was könnten die Gründe sein?

Warum sucht jemand das Gespräch, ist dann jedoch nicht fähig, oder interessiert auf die Inhalte einzugehen?

Warum sucht jemand ein Gespräch und fühlt sich durch das Gesagte angegriffen?

- Was für Gefühle werden ausgelöst bei unreflektierter Kommunikation?

Konkrete Beispiele:
*A stellt eine Frage, die B beantwortet. A kommentiert diese Antwort  mit ,,O.K".
A stellt eine zweite Frage und wieder antwortet B und erneut antwortet A nur mit  ,,O.K.".

Mit der Frage wird B anfangs vermittelt, dass an seiner Person Interesse besteht, doch spätestens beim zweiten O.K. kommen B hinsichtlich dieses Interesses Zweifel und er fragt sich warum A überhaupt diese Fragen stellt, wo er doch offensichtlich nicht wirklich an der Beantwortung interessiert ist.
Fragt A nur aus Langeweile? Oder aus Anstand? Fragt er um seine Neugier zu befriedigen, oder um ein Gespräch in Gang zu bringen? Warum kommentiert er das Gesagte nicht? Interessiert ihn wirklich was B sagte?

Vielleicht ist es weil ich aufgrund meiner früheren Erfahrungen, die ja immer in einem Gespräch mit einfliessen, anders bin, aber bei mir stellt sich dann sogleich dieses Unwichtigkeitsgefühl ein und ich möchte mich nicht weiterhin mit dieser Person unterhalten. Seine Fragen kommen mir vor wie wenn ich vor Gericht stehen würde. Der Richter fragt, ich werde kommentarlos vernommen.

A wiederum denkt nun, dass ich nicht an einem weiteren Gespräch mit ihm interessiert bin (seine Wahrnehmung ist richtig), auch er fühlt sich dadurch zurückgesetzt und unwichtig und zieht sich ebenso beleidigt zurück. Er hatte zweifellos Interesse an B, und versteht nicht warum dieser die Unterhaltung beendet, denn er denkt, dass er durch seine vielen Fragen Interesse gezeigt hat.*

- Reflexion ohne direkten Bezug verhindert fruchtbare Kommunikation

**A redet ohne Unterbruch, stellt Fragen, reagiert jedoch nicht auf die Antworten, sondern erzählt weiter, oder wechselt abrupt das Thema.

A: wie ist denn das Wetter bei euch?
B: Heute regnet es bei uns und bei dir?
A: Ich habe mir heute einen neuen Laptop gekauft.
In diesem Stile geht es weiter und irgendwann kommt bei B (mir) dasselbe Unwichtigkeitsgefühl hoch wie im ersten Beispiel schon erwähnt. Man verliert durch diese Art der Kommunikation schnell das Interesse an der anderen Person und fragt sich, was denn der Sinn dieser Unterhaltung ist und versucht sie so schnell wie möglich zu beenden.
Danach fühlt sich A nicht ernst genommen, denn seiner Meinung nach war es ein gutes Gespräch, er hat nicht bemerkt, dass er B mit seinem unreflektierten Verhalten vor den Kopf stösst und B sich gering fühlte.**

- Erwartungshaltungen und gewalttätige Reflexion

*** A schreibt an einem Buch und bittet B um ehrliche Kritik. B zögert, worauf A ihn drängt wirklich gnadenlos zu sein. B traut sich nun und macht sich viel  Mühe alle Dinge zu erläutern die ihm aufgefallen sind. Es handelt sich dabei um wohlwollende und freundliche Kritik.
A fühlt sich durch die Kritik verletzt und wirft nun B Inkompetenz vor. B zieht sich entweder zurück, oder er wird sich künftig hüten ehrlich seine Meinung kund zu tun.***

****Innerhalb einer Partnerschaft fragt A,  ob B die Blondine an der Bushaltestelle gefällt.  B antwortet ehrlich mit Ja, worauf A wütend wird und sich sofort weniger wert fühlt. B wird sich künftig hüten ehrlich zu sein und auf die ,,ich weiss nicht" Taktik ausweichen, oder schlicht lügen.

Auch Kinder erzieht man zum Lügen indem man sie z.B. fragt, ob es Papa oder Mama lieber hat, ist das Kind ehrlich, erkennt es an der Reaktion des Fragestellers, dass die Antwort nicht seinen Erwartungen entspricht und wird künftig die Unwahrheit sagen, oder ebenfalls auf die "ich-weiss-nicht" Taktik ausweichen.

Erwartungshaltungen in Gesprächen, die oftmals gewalttätige Reflexion zur Folge hat, ist ein weiterer Tod gesunder Kommunikation.

- Das Alte-Fasnacht-Syndrom

Meine eigene Wortkreation die ich damit verbinde, dass jemand die Entwicklungsprozesse die in jedem Menschen stattfinden nicht nachvollziehen kann. Es handelt sich um Personen die eben verspätet, wie die alte Fasnacht immer wieder mit Dingen kommen, die schon lange her sind und im Grunde nichts mit der momentanen Kommunikation zu tun haben, sondern hauptsächlich aus der Überzeugung, dass der Andere für unsere Gefühle (Wut, Ärger usw.) verantwortlich ist. Dies ist zweifellos eine gewalttätige Reflexion!

Eine schlechte Handlungsweise kann man sein lassen, man kann sie bereuen, aber böse Gedanken gebären fortgesetzt böse Taten. L.Tolstoi


- Ungewollte Reflektion in Foren und Chat

Indem man publiziert stellt man sich der Kritik der Öffentlichkeit und muss mit Reflexionen rechnen die einem nicht unbedingt gefallen.

A: Ich mag deine Beiträge sehr, aber sie sind mir meist zu lang.
B: Warum liest du sie dann?
A: Ich weiss nicht
B: Wie, du weißt nicht?
A: Ich kann dazu nichts sagen

Dazu bediene ich mich nun auch der Antwort aus dem ersten Beispiel: O.K. ! 
Die Kommunikation ist beendet.

Mein kommunikativer Frust ist deponiert, die Mittagspause vorbei und nun raus in die Sonne.

Alles Liebe Euch
Epines