Kleiner Diskussionsvorschlag

Begonnen von Sintram, 23 Oktober 2011, 13:43:19

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Sintram

Kleiner Diskussionsvorschlag

Katechismus der Katholischen Kirche
470. Was verbietet das fünfte Gebot?
Das fünfte Gebot verbietet als schwerwiegende Verstöße gegen das Sittengesetz:
...
den Selbstmord und die freiwillige Beihilfe dazu, weil er ein schwerer Verstoß gegen die rechte Liebe zu Gott, zu sich selbst und zum Nächsten ist. Die Verantwortung dafür kann aufgrund eines Ärgernisses verstärkt oder wegen psychischer Störungen oder schwerer Furcht vermindert werden.

Aus dem Katholischen Erwachsenenkatechismus:

Die philosophische Diskussion über die Freiheit und über die sittliche Berechtigung, sich in freier Entscheidung das Leben zu nehmen, setzt voraus, dass die Freiheitsentscheidung auch konkret möglich ist.
Das theologische Bemühen um die Erhellung dieses Phänomens hat eine solche Möglichkeit nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
In der pastoralen Praxis wurde deshalb in früherer Zeit Menschen, die sich das Leben genommen hatten, die kirchliche Beisetzung verweigert.

In das neue Rechtsbuch der Katholischen Kirche (CIC) ist diese Anordnung nicht mehr aufgenommen worden, weil sich nicht nachweisen lässt, ob jemand in der Selbsttötung wirklich ein letztes Nein zu Gott und sich selbst gesprochen hat und weil die Kirche zwar die Sünde des Selbstmordes verurteilt, nicht aber den Menschen, von dem sie nicht sicher ist, ob er wirklich ein Selbstmörder ist.

In dieser Einstellung nimmt die Kirche die Ergebnisse der neueren Suizidforschung auf.
Diese hat empirisch nachgewiesen, dass der Suizid oft am Ende einer Entwicklung steht, die mit einer starken Einengung der seelischen Selbststeuerung verbunden ist und Ausdruck einer unbewältigten Lebenskrise bzw. eines geminderten Selbstwertgefühls ist.

Die meisten Menschen, die einen Suizid begehen, vollziehen darin nicht einen Akt der Freiheit, sondern sie befinden sich in einem außergewöhnlichen Zustand, in dem alles auf den Suizid hindrängt.
Deshalb darf jemandem, der sich das Leben genommen oder den Versuch dazu unternommen hat, nicht von vornherein die volle Verantwortung für sein Tun zugeschrieben werden.

Vielfach ist der Versuch der Selbsttötung ein Appell an die Mitwelt und ein verzweifelter Ruf nach Zuwendung durch die Mitmenschen.
Menschen, die selber keinen Ausweg mehr sehen, bedürfen unserer Hilfe und unseres Mitgehens, damit sie aus der Verzweiflung zu einer Neuorientierung ihres Lebens finden können.


Evangelische Position:

Die Selbsttötung oder ihr Versuch ist eine unter extremen äußerem oder innerem Zwang begangene Handlung, die man nicht unter dem Gesichtspunkt der Schuld betrachten darf, auch wenn dies die christliche Tradition lange Zeit so gesehen hat.
Auch die innere Not und Schuldgefühle der Angehörigen und deren seelsorgerliche Begleitung waren bisher zu wenig im Blick.
Darum vertrauen Christinnen und Christen die Verstorbene bzw. den Verstorbenen und die Menschen, die von der Selbsttötung betroffen sind, der Güte Gottes an.
Dies schließt nicht aus, vorher alles zu versuchen, den gefährdeten Lebenswillen zu erhalten.
...

Soweit, und fragt mich bitte nicht, wo ich das her habe.
Wäre aber einen –fruchtbaren- Austausch wert, finde ich.

LG
Sintram




Sternenkrieger

Der Tod ist ein Neuanfang. Man kann auf verschiedene Arten sterben. Wenn man den physischen Körper tötet, ist das natürlich nicht sehr klug. Wenn man es nicht tut, geschieht oft ein Neuanfang, weil nur das alte Muster stirbt und nicht der Körper. Jeder kann frei entscheiden was er tut, nur "Beihilfe" finde ich nicht in Ordnung... wenn jemand zb. einen Kranken "nicht leiden sehen kann" und ihn desshalb "erlöst"... sowas ist egoistischer Mord. Nur der Kranke selbst und nur der sollte entscheiden dürfen was er will, kein anderer der für ihn "deutet" was er meint etc.

Selbstmörder sind da auch an einem Punkt wo man ihnen nicht wirklich helfen kann. Entweder sie tuns oder sie lassens und entwickeln sich weiter. Ich bin nur der Meinung wenn sich einer killt, soll er keine anderen mit in den Tod reissen, die können ja nichts dafür dass sie so drauf sind.

Sintram

#2
Hallo Sternenkrieger,

Danke, dass Du den Anfang machst.
Du hast Dich nicht abschrecken lassen von dem kirchlichen Hintergrund,
Deinen Standpunkt klar verständlich rübergebracht.

Das ,,Recht auf Freitod" ist ein vieldiskutiertes aktuelles Thema, das die Unterscheidung zwischen unfreiwilligem und freiwilligem Suizid überflüssig macht und grundsätzlich keine Schuldfrage stellt, solange niemand mit hinein gezogen wird.
Nur... ist das überhaupt möglich?


Morituri

Selbstmörder gehen, wenn sie sterben wollen,
nicht weit von Straßen ab und vollen Wegen,
dass nicht zu fern des Lebens Wogen rollen,
wenn sie zum Tod bereit sich niederlegen.

Sie springen wohl von Brücken in die Flüsse,
aus Menschenschwarme in das Land der Toten,
im Stadtlärm hörst du öfter ihre Schüsse,
als wo die Einsamkeit und Stille drohten.

Denn ist im Grame auch der Geist erfroren,
und starr geworden in den Finsternissen,
er wünschet dennoch an des Todes Toren,
dass er zurück ins Leben werd gerissen.

So wissen sie den dunklen Wald zu meiden,
wo ihre Tränen nur auf Steine fallen,
und wo der Seele ungehörte Leiden
im Echo als Gelächter widerhallen.

Georg Heym






Hobo

#3
Im Prinzip ein kurzes Thema. Niemand liest eine theologische Abhandlung, bevor er sich umbringt. Und was irgendwelche Sekten, ob große oder kleine dazu zu sagen haben, ist mir völlig schnurz. Und jeder hat das Recht, selbst zu entscheiden was er tut.

Interessanter wäre der andere Ansatz. Es gibt verschiedene Arten von Suizid. Wohl, wie es verschiedene Arten von Menschen gibt. Aber es gibt da Kategorien. Ich habe nicht gegooglt, aber aus dem Ärmel ist da schon mal die "Verzweiflungstat", zeitnah zu menschlichen Katastrophen, selbst wenn sie nur so empfunden werden. Der geht meist schief und soll wohl auch, siehe Georg Heym...

Dann natürlich der "Bilanzselbstmord". Ein überlegter und meist durchdachter Suizid, der klappt fast immer...

Und der Depressionssuizid, leider meist aus verstellter Sicht auf die Realität, die ja dann verloren ist. Und es gibt noch ein paar weitere, wenn ich mich recht erinnere. Man denke nur an die Selbstmordwelle nach Goethes Werther.

Auch und gerade ist natürlich das jeweilige Alter der Menschen interessant. Aber leider kann ich mich auch dazu nicht konkret äußern, weil ich die entsprechenden Untersuchungen vor langer Zeit mal gelesen habe und nicht mehr viel erinnere.

Ich schreibe das auch nur, um zu verdeutlichen, dass es "den" Suizid nicht gibt. Oder respektive Versuch. Klar, man könnte sagen, was solls, tot ist tot. Stimmt auch. Aber das wäre zu einfach. Manche kündigen sich an, andere kommen aus dem Nichts. Da wiederum wären die, die sich ankündigen von Interesse. Die könnte man vielleicht verhindern. Wenn man denn offene Augen hat. Aber all das betrifft ja nur den Hintergrund und das Alter von potentiellen Selbstmördern.

Die Frage nach dem Recht auf "Freitod" (was ein seltsamer Begriff) ist eine andere. Das ist eine gesellschaftliche Frage. Ich stehe zu meiner oben genannten Einstellung, für mich hat jeder dieses Recht, mit der Einschränkung, dass er genau wissen muss, was er da tut. Und schon haben wir ein Problem. Das ethische Recht ja, aber nur auf der Basis des klaren Verständnisses dieser Ethik zum einen und natürlich der Konsequenzen. Für den Betroffenen sind sie auch nicht so offensichtlich wie sie scheinen. Sowas geht, bei Erfolg, nur EINMAL. Das wars dann. Keine Möglichkeit mehr, ein neues Leben anzufangen, abzuwarten, ob man nicht doch über diese Phase hinweg kommt, hinweg gekommen wäre. Das ist für mich die eigentlich beklemmende Vorstellung. Jemand hat sein Leben weggeworfen, ohne je erfahren zu können, ob es sich nicht doch noch einmal zum Besseren hätte entwickeln können. Banal gesagt, da hat jemand die Geduld verloren. Ja, auch Geduld ist nicht endlos belastbar, das kann hier wohl jeder nachvollziehen. Aber schauen wir doch mal ins Detail.

Da ist die Frau, die sich vor 7 Jahren die Pulsadern aufgeschnitten hat. Sie hatte unwahrscheinliches Glück und hat es überlebt. War lange in der Klinik. Und heute? Heute ist sie verheiratet und hat eine süße Tochter, die sie über alles liebt. Sie versteht heute nicht mehr, wie das damals hat passieren können. Sie sagt, sie war ein anderer Mensch damals. Gibt mir zu denken...

Ich war vor 30 Jahren mit einer Frau zusammen, die hatte Probleme. Ich möchte nicht sagen, diese wären banal oder nichtig gewesen. Sicher nicht. Für sie waren sie alles andere als das und ich kam eines Tages nach Hause und fand sie bewußtlos auf der Couch, schon mit Schaum vor dem Mund. Auch sie wurde gerettet. Heute ist sie erfolgreich im Beruf und hat, nach meinem letzten Wissensstand 5 Kinder. Auch sie konnte nach einer kurzen Weile nach dem Suizidversuch nicht mehr verstehen, wie sie sowas hat machen können...

Am besten jedoch war der junge Mann, der sich vor 40 Jahren aufgehängt hat. An einem Baum. Dummerweise war der Ast alt und mürbe und wohl auch zu schwach. Er ist mit Wucht auf den Boden geknallt und hat sich den Arm gebrochen. Unnötig zu erwähnen, dass auch er ein gutes Leben hatte und nie wieder so etwas versucht hat. Gut, er starb an Krebs, aber erst lange danach.

Für mich sind das klare Aussagen des Lebens. Und natürlich auch eine Aussage "pro" Leben. Leider sind auch zwei Menschen aus meinem Umfeld durch Suizid gestorben. Oft denke ich daran, was sie noch alles hätten machen können, vergleiche sie mit den oben genannten und kann nur hilflos die Schultern zucken. Und natürlich denke ich oft darüber nach, ob ich es nicht doch hätte irgendwie verhindern können.

Gut, das waren Beispiele, die ich selbst kenne und erlebt habe. Es gibt aber auch noch eine andere Seite. Es ist die Seite derjenigen, die zurück gelassen werden, die mit dem Suizid eines ihnen wichtigen Menschen klar kommen und weiter leben müssen. Niemand ist eine Insel. Jeder ist eingebunden, einige mehr, andere weniger, aber ein soziales Netzwerk besteht um jeden von uns. Und dann kommt man zwangsläufig wieder zurück zur Frage der Ethik und Moral. Wer Familie und Freunde hat und sich suizidiert, der ist aus meiner Sicht absolut egoistisch, ja unmoralisch.

Aber das ist nur meine Sicht. Und nochmal, das hat nichts mit Pfaffen oder anderen Kuttenträgern zu tun, die ich allesamt "gefressen" habe, das scheinheilige Pack...

lg
Hobo


Sintram

Danke Hobo,

Mich wunderte beim Lesen des obigen Dokuments, dass die kath. Kirche sich überhaupt je die Mühe gemacht hat, einen Suizid in Erwägung zu ziehen, der nicht als Todsünde geahndet werden könnte, das hätte ich ihr nicht zugetraut...

Du hast die Verantwortung des Einzelnen deutlich gemacht, die jenseits von Konfession oder Religion in genau demselben Maße gilt.

Ein Verzweiflungs- und Depressions-Suizid lässt das Sichbewusstmachen etwaiger Folgen für nahestehende Mitmenschen (für gewöhnlich) nicht mehr zu.
Die Gewissheit, das für alle Beteiligten und sich selbst einzig Richtige und Mögliche zu tun, hat die Wahrnehmung vollständig besetzt und verschoben.
Weshalb Überlebende ihre Beweggründe bei wiedererlangter Zurechnungsfähigkeit tatsächlich nicht mehr nachvollziehen können.

Das wollte ich noch kurz hinzufügen.
Die Traurigkeit und Verwirrung, die eine Selbsttötung hinterlässt, könnte ich nicht besser beschreiben.

LG
Sintram



nubis


Um es aber auch noch einmal auf den religiösen Aspekt zurück zu führen: ich hatte eine Bekannte, mit der ich mich gut verstanden habe - gewisse Themen und Ansichten waren bis dato jedoch ganz einfach noch nicht aufgekommen.

Nach dem Suizid meines Bruders bekam ich von ihr gesagt - 'wie schrecklich - nun siehst du ihn nie wieder'...

Auf meine etwas verdatterte Reaktion kam dann tatsächlich die Argumentation, er sei ja nun im Fegefeuer, von wo aus er als ungetaufter nur in die Hölle könnte...
Meine Antworten darauf wollt ihr jetzt nicht wissen ;-)

Tatsache ist jedoch, dass diese Frau - erzkatholisch - felsenfest davon überzeugt war und aus diesem Grund Suizid auch aufs schärfste verurteilt hat.

Ich finde, wenn das ein Grund ist einen selbst davon abzuhalten - was ja ursprünglich auch der Grund gewesen sein dürfte, warum die Kirche es überhaupt 'eingeführt' hat ...schließlich hat sie nichts davon, wenn ihre Schäfchen vorzeitig dem Paradies entgegenstreben und keiner mehr bleibt die Pfründe zu zahlen... - jedenfalls ist es dann ja ok...
Aber das seelische Leiden eines Menschen mit Teufel und Verdammnis eindämmen zu wollen, kann wohl kaum der rechte Weg sein...


Ich glaube, es erübrigt sich, noch zu erwähnen, dass ich inzwischen keinen Kontakt mehr zu besagter Bekannten habe ;-)
Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

Sintram

Tja @nubis,

wie heißt es ebendort so schön, woran die von Dir geschilderte Person nach eigenem Bekunden eigentlich glauben sollte:

"Richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet.
Mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird euch gemessen werden."

Soll mal aufpassen, die Gute, dass nicht sie in der Hölle rauskommt.
Ist schon bitter sowas, oder einfach Dummheit, was weiß ich.

Lieben Gruß
Sintram





Epines

Lieber Sintram und Mitlesende

Da staune ich ab der Wandlung der katholischen Kirche und ich frage mich, ob diese religiöse Anpassung an die zeitgenössischen Gepflogenheiten,  zu der ein zunehmendes Verständnis gegenüber der Selbsttötung, wie auch der gleichgeschlechtlichen Beziehungen nun mal gehört, nicht in Wirklichkeit einen ganz anderen Grund hat, als Offenheit und Toleranz.

Ich tendiere eher in die Richtung, es nicht noch mit den letzten Gläubigen zu verspielen, denn jeder Katholik zählt, bei den sich immer mehr leerenden  Kirchenbänken...

Das Vertrauen in die Kirche bröckelt und sogar meine tief-religiöse Tante, hat nach den Vorkommnissen im Kloster Einsiedeln  keinen Cent mehr gespendet. Sie wollte diese "Sauereien" nicht mehr mitfinanzieren und es hat sie in ihren alten Tagen noch extrem belastet.

Als ich noch an Gott glaubte, spielte diese Drohung, dass wer sich selbst tötet in die Hölle kommt, tatsächlich in meinem kindlichen Denken eine grosse Rolle. Die Angst vor dem Teufel wurde von meiner katholischen Großmutter tatsächlich in einem Ausmaß geschürt, dass ich sogar oft Alpträume von ihm hatte, denn ich dachte täglich ans Sterben, betete täglich zu Gott sterben zu dürfen, traute mich aber lange nicht mehr, etwas in diese Richtung zu unternehmen.

Der Teufel freue sich an den Seelen der Selbstmörder sagte meine Grossmutter oft und nun wo ich darüber nachdenke, angeregt durch diesen Thread, frage ich mich, ob sie meine Seelenqualen etwa bemerkt hatte und auf diese Weise verhindern wollte, dass ich mir etwas antue. Na ja ist heute unwichtig geworden.

Was noch nicht angesprochen wurde ist die Selbsttötung, um sich von weiteren Folterungen in der Hölle zu befreien die im heute und jetzt durch andere sadistische Menschen geschaffen wird.

Wenn ich davon höre, dass sich wieder ein Kind umgebracht hat, dann frage ich mich oft durch welche Hölle es wohl gegangen ist und wie gross wohl seine seelischen und körperlichen Qualen gewesen sein müssen, damit es diesen endgültigen Schritt gewagt hat. Wenn ich dann mit den Leuten die es mir erzählten rede (ich lese keine Zeitungen und sehe und höre keine Nachrichten), dann versichern mir diese, dass die Eltern und das Umfeld ganz normal gewesen sei und der Teenager eben ein schwieriges Kind gewesen sein soll, das sich ohne Unterbruch mit dem Computer und  Videogames beschäftigt habe. Keiner will sehen, dass es da vielleicht ganz andere Gründe gab, man tötet sich doch immer nur aus Verzweiflung und nicht einfach nur so...

Ich kann mir gut vorstellen, dass mit dem Abwenden von Gott und der  Kirche mit ihren Dogmen, auch die Selbstmordrate der Jugendlichen zunimmt, da eben die Angst in die Hölle zu kommen weg fällt, die mich damals so abgeschreckt hatte.

Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass die Suizidrate ab 60 am Höchsten ist, warum dies so ist weiss ich nicht genau, aber es könnte mit dem Wegfallen der Erwerbstätigkeit, oder wie schon erwähnt auch mit dem Tod des Partners zu tun haben.

Eine Bekannte von mir starb an Brustkrebs und genau einen Monat danach hat sich ihr Mann umgebracht. Sie hatten noch zwei Teenager in Ausbildung. Keiner hat die immensen Seelenqualen erkannt in denen er steckte. Seine Trauer war so gross, dass er im Tod wieder mit ihr vereint sein wollte, so schrieb er es in seinem Abschiedsbrief. Klingt doch unendlich traurig, aber auch wahnsinnig romantisch...

Alles Liebe
Epines


Wiccamoon

Ich halte von der Kirche sowieso nicht viel! Wo fangen wir da an? Bei den unzähligen Missbrauchsopfern, den sadistischen Nonnen in Internaten, oder weiter zurück bei der Inquisition, den Hexenverbrennungen, usw.........! Die Kirche gibt nur Ratschläge über das was man nicht tun soll, ansonsten kommt der Teufel und bereitet einem ewige Qualen. Ich habe eher den Eindruck das diese Welt die Hölle ist und wir hier und jetzt die Höllenqualen durchleiden! Das Christentum hat die eigenartige Vorstellung, das Leben um jeden Preis mit aller Qual und allem Schmerz voll und ganz zu durchleben, weil man danach mit dem absolut tollen Paradies belohnt wird. Solche mittelalterlichen Vorstellungen existieren ansonsten eigentlich nur noch bei Islamisten, es ist extrem gefährlich was im Namen Gottes alles getan wird und wurde. Der Vatikan unterstützt die Mafia, es interessiert ihn absolut nicht das so viele Menschen in Afrika hungern, rufst Du bei der Telefonseelsorge an und hast Pech, hast Du jemandem am Apparat hast der Dir empfiehlt die Bibel durchzulesen während aus Deinen Adern das Blut strömt, bist Du andersgläubig wird gesagt man wäre Gott gegenüber zu hochmütig und wäre es ehe nicht wert weiter zu leben (so schon persönlich geschehen)!
Ich war selber Katholik, aber anstatt Hilfe zu bekommen, wird man gerade von denen die sich jeden Sonntag die Hacken ablaufen um keinen Gottesdienst zu verpassen behandelt wie der letzte Dreck. Man sollte vorsichtig sein, wenn jemand von sich behauptet im Sinne Gottes zu handeln!
LG Klaus

Sintram

Guten Morgen!

@Epines,

die Frage, ob dieses ,,Einlenken" eher etwas mit der Sorge um die Kirchenbankferne der Gläubigen zu tun hat als mit der Frage um die generelle Gottferne bei Selbsttötung, ist mir auch sofort gekommen.
Auch die Angst vor Kontrollverlust über ihre Schäfchen dürfte dabei eine gewichtige Rolle gespielt haben. Nicht zuletzt die kontinuierlich wachsende Suizidrate von Katholiken und die damit einhergehenden Probleme seelsorglicher Betreuung Hinterbliebener machten diesen Passus schlicht notwendig.

Deine Oma hat es vermutlich wirklich nur gut gemeint, weil sie Deine Not spürte und Angst hatte um Dich. Es wäre nicht ohne Risiko gewesen, wenn sie gesagt hätte: Die Selbstmörder kommen in den Himmel, weil sie ihre Hölle schon auf Erden gehabt haben.
Andrerseits war die Verdammnis des ,,Selbstmörders" damals gängige Glaubenslehre und seine Verurteilung allgemeine Ansicht nicht nur der sogenannten Gläubigen. Die Selbsttötung litt unter dem Makel des Verruchten.

Und mit ihr die Gefährdeten, denn die Aussicht auf Verwerfung hat ihre Verzweiflung sicher nicht kleiner gemacht. Ob die Angst um sein Seelenheil einen in der Umnachtung der Suizidwilligkeit Befindlichen jemals vom Umsatz abgehalten hat, vermag ich nicht zu beurteilen, ziehe es jedoch vorsichtig in Zweifel. In der als ewigwährend erlebten Gefangenschaft einer diesseitigen Hölle verliert der Gedanke an eine jenseitige seine abschreckende Wirkung, schlimmer kann´s nicht mehr werden.

Andrerseits wird die Vorstellung eines barmherzigen Gottes, der dem Selbstmörder infolge seiner durchlittenen Ausweglosigkeit nicht nur vergibt, sondern ihn mit bevorzugter Liebeszuwendung behandelt, für die Autorität der Kirche und ihr derzeitiges Dogma von der Unantastbarkeit menschlichen Lebens in anderen Bereichen zu einer korrumpierenden Bedrohung, weshalb dieser naheliegende Gedanke in ihren tehologisch kirchenrechtlichen Kreisen gar nicht erst ausgesprochen werden darf.

Die Kirchenlehre ist Meisterin im Schaffen von Zwickmühlen. :-)


@Wiccamoon,

angesichts der zahllosen und unsäglichen Verbrechen auch der jüngsten Kirchengeschichte wird ihre Einmischung in persönliche Angelegenheiten und ihr moralischer Anspruch in existenziellen Bereichen des Individuums zur ungeheuerlichen Anmaßung ja Frechheit, da gebe ich Dir uneingeschränkt recht.
Bei Deinen üblen Erfahrungen mit der TS handelt es sich -hoffentlich- um eine unverzeihliche Entgleisung und krasse Ausnahme...

LG
Sintram




Epines

Hallo lieber Sintram

**Bei Deinen üblen Erfahrungen mit der TS handelt es sich -hoffentlich- um eine unverzeihliche Entgleisung und krasse Ausnahme...**

Also entweder sind die zwei Fälle die mir von der Telefonseelsorge bekannt sind, von der gleichen Person abgehandelt worden, oder es gibt da noch mehrere empathielose Leute.

Dem einen wurde geraten es doch einfach zu tun und aufzuhören mit dem Jammern, dem anderen wurde vorgeschlagen öfters mal ins Kino zu gehen und Sport zu treiben...ähh...ja gute Vorschäge...

Zurück zum Thema.
Tatsächlich wäre es interessant einmal mit einem gläubigen jungen Katholiken zu diskutieren, wie er sie Sache mit dem Freitod sieht.
Mich würde auch interessieren, ob in religiösen Kreisen weniger Menschen diesen Weg wählen, denn zurück zu Gott zu finden ist für einige die ich kenne ein Weg, der sich scheinbar für sie lohnt zu gehen.

Vor jeder Entscheidung wird Gott befragt, ihr ganzes Denken und Handeln wird durch ihn bestimmt. Er nimmt ihnen viele Sorgen ab und fördert den Weg zurück in die Gemeinschaft. Man wird sofort aufgenommen und mit getragen.

Mir wird oft berichtet, dass der Dialog mit Gott ihnen hilft über die Runden zu kommen, ihnen sogar hilft die Altlast zu verheilen und dies ohne Therapeut.

Auch ich selbst hatte als Kind nur Gott als einzigen Gesprächspartner dem ich alles erzählen konnte, darum kann ich es gut nachvollziehen, wenn jemand sein Leben in Gottes Hand legt.
Die Gewissheit, dass es ihn gab, hat mir damals gut getan. Er hat zwar meinen Wunsch sterben zu dürfen nie erfüllt und auch nicht die guten Schulnoten, die ich ohne zu lernen hätte bekommen sollen, obwohl ich versprach 10 Rosenkränze dafür zu beten :-), aber er war damals immer da für mich.

In ganz schlimmen Zeiten, habe ich ihn um Hilfe gebeten und er hat mir ermöglicht aus meinem Körper zu treten. Heute weiss ich natürlich, dass dies ein dissoziativer Zustand war, der mein Gehirn injiziert hat damit ich den Schmerz nicht mit erlebe, also ein normaler Schutzmechanismus ist, der nichts mit Gott zu tun hatte.

Den Glauben an ihn habe ich verloren, weil ich zu viel Leid gesehen habe, dass ein liebevoller Gott niemals zulassen könnte.

Ich habe mich in dieser Zeit oft gefragt, ob er wohl wie die Märchen für Kinder, einfach die kindliche Vorstellung  einer liebevollen Macht ist die über uns wacht und schützend die Hand hält, die unser Leid zwar nicht eliminiert, aber doch etwas erträglicher macht. Wer weiss wie meine Hölle wohl ohne ihn ausgesehen hätte, wohl um einiges dunkler, denk ich mal, aber wer weiss dies schon ganz genau.
Na ja nur so meine Gedanken dazu...

Alles Liebe
Epines


Sintram

Puh @Epines, aber sehr persönliche Gedanken, ganz schön mutig!

Junge Katholiken, meine Güte, da müsstest du sie einfach mal fragen.
Was ich so mitbekommen habe, besteht in gläubigen Kreisen oft ein gewisser Hang kollektiver Verpflichtung zu Hoffnung, Zuversicht und dergleichen, ein Verweis auf die Kraft des beharrlichen Glaubens, der alles erträgt und überwindet.

Ein Verweis auf die Zufluchtnahme in Gottes Huld behandelt aufkommende und anhaltende Selbstmordgedanken nicht selten als eine Art von Glaubenskrise und Anfechtung, die sich gegen Gottes gerechte Prüfung, seine anstehende Hilfe zur rechten Zeit und seine tröstende Gegenwart richtet, sprich als Form spiritueller und religiöser Schwächung und Schwäche.

Diese ziemlich vereinfachende und tendenziell selbstgefällige Sichtweise gibt dem von Suizidabsicht Geplagten noch zusätzlich das Gefühl persönlichen Versagens, da sein Glaube und sein Vertrauen in Gott offenbar nicht groß genug ist, seine seelische ,,Krise" mit dessen Beistand oder mit Hife hingebungsvollen Gebets zu überwinden.
Er kann nur deshalb nicht geheilt werden, weil er nicht an seine Heilung glauben kann.

Im schlimmsten Fall kann dieser Verweis auf Gott als bestes und angemessenes AD sogar dazu führen, dass sich der in der Depression gefangene Gläubige für unwert und unwürdig erachtet, von Gott spürbare und erlebbare Hilfe zu erhalten,
ja unter Umständen als verworfen und von Gott verlassen fühlt, der ihn mit der Seelennacht ,,geschlagen" hat und offenbar für seine Verfehlungen und Zweifel mit völliger Verzweiflung straft, aureichende Gründe hierfür lassen sich im Zustand der Selbstverachtung problemlos finden.
Bis der Kranke zuletzt davon überzeugt ist, dass Gott selbst seinen Tod beschlossen hat und seine Verdammnis will.

Die Erkenntnis und das Bewusstsein, dass Depression als psychische Krankheit sich vollkommen unabhängig von gläubiger Gesinnung und Haltung entwickelt, bei Nichtbehandlung ungehemmt entfalten, den persönlichen Glauben förmlich verschlingen und in eine gegenteilige Wirkung verschieben kann, hat noch nicht in allen kirchlichen Kreisen den nötigen Eingang gefunden,
eben auch weil dem Akt der Selbsttötung der Ruch des Bösen und Sündigen anhaftet. Sowas geht nicht von heut auf morgen aus den Köpfen, und schon gar nicht aus dem Unterbewussten.

Auch nur so ein paar persönliche Gedanken und (Klapsmühlen)Beobachtungen... :-)

Keine Panik auf der Titanik!
Sintram




Epines

Hallo lieber Sintram und Mitlesende

Mir fällt gerade ein Gespräch ein mit einem Gläubigen der  freien evangelischen Kirche.

Ich fragte ihn was dies für ein Gott sei, der Kinder die Hölle auf Erden zumute, von oben zusehe und nicht eingreife.

Wir hatten eine lange und hitzige Diskussion in der auch Hiob und seine Prüfungen die Gott ihm auferlegte erwähnt wurden. Diesem wurde alles genommen, Reichtum, Tiere, Kinder und am Schluss seine Gesundheit nur um zu prüfen, ob sein Glaube stark genug ist.
Das deckt sich genau mit dem was du erwähntest, über die Schuldgefühle die psychisch kranken Gläubigen noch zusätzlich aufgezwungen werden.

**Diese ziemlich vereinfachende und tendenziell selbstgefällige Sichtweise gibt dem von Suizidabsicht Geplagten noch zusätzlich das Gefühl persönlichen Versagens, da sein Glaube und sein Vertrauen in Gott offenbar nicht groß genug ist, seine seelische ,,Krise" mit dessen Beistand oder mit Hife hingebungsvollen Gebets zu überwinden.
Er kann nur deshalb nicht geheilt werden, weil er nicht an seine Heilung glauben kann.**

Er zog alle Register, konnte mir aber nicht beantworten wie ein Gläubiger später als Erwachsener mit seiner Wut zurecht kommt, wenn Gott ihm als Kind solche Prüfungen auferlegt, dass er dadurch später schwer krank wird.

Er war so bibelfest, dass ich irgendwann aufgab, mich danach aber  selbst verletzen musste. Aufgrund dessen, weil er sagte, dass ich meinem Vater vergeben müsse, so wie Gott ihm auch vergeben habe. Das hat mich damals wie einen Hammer getroffen.

Ich fragte dann, dass ich folglich damit rechnen müsse, wenn ich in den Himmel komme, meinem Vater dort zu begegnen, was er bejahte. Dieser Gedanke hat mein kindliches Ich extrem aufgewühlt!
Obwohl ich damals schon nicht mehr an Gott glauben konnte, hat mir dies gezeigt, dass  ich dennoch  immer noch damit behaftet war. Der Gedanke ihm erneut zu begegnen war schrecklich für mich. Ich schämte mich sofort und alle Schuldgefühle ihn schlecht gemacht zu haben überrollten mich.

Lange, lange habe ich mich danach gefragt was das für Menschen sind, die Gott zugestehen pädophile Straftaten zu vergeben. Man tut Busse, bereut , betet ein paar Rosenkränze und alles ist vergeben? Ist es wirklich so einfach?

Eine gerade total aufgewühlte
Epines


Gedankenschachtler

Epines, mich beschäftigt das auch sehr.
Die Antwort meiner Mutter auf meine Frage, ob mein Vater in den Himmel komme: "Ja. Der Gedanke ist meine Hoffnung."
Uneingeschränkte Vergebung verbittert.

Sintram

Guten Morgen!

@Epines, das tut mir jetzt leid, dass meine Zeilen derlei aufwühlende Erinnerungen in Dir wachgerufen haben.

Aber so bibelfest, wie der Möchtegerngott vorgegeben hat zu sein, war er offanbar nicht.
Sonst hätte er das Zitat kennen müssen, dass ein Mensch, der ,,eins von diesen Kleinen zum Bösen verführt", sprich es in die Wirklichkeit des Bösen zerrt, ihm Böses antut, ,,mit einem Mühlstein um den Hals im Meer versenkt" werden soll.
Unter Anwendung der wortwörtlichen Auslegung, zu der manche Freikirchen mitunter neigen, könnte man daraus ohne Weiteres die Befürwortung der Todesstrafe bei Kindesmissbrauch ableiten, im übertragenen Sinn springt auf alle Fälle die Verdammnis raus, der kommt nie mehr hoch.

Wohlbemerkt, es handelt sich um ein Zitat des Nazareners Jesus, unter anderem Reformator des Judentums, der viele andere überflüssige und kleingeistige Gesetze und Gebote seiner Zeit nicht nur in Frage gestellt, sondern über den Haufen geworfen hat, als unmenschlich, unbarmherzig und heuchlerisch gebrandmarkt, nicht im Sinne Gottes von Menschen gemacht.

An anderer Stelle wird er zitiert, dass den Kindern ,,das Himmelreich gehört, ihre Engel immerzu vor Gott stehen", sprich sie als unantastbar und heilig zu betrachten und behandeln sind. Also das genaue Gegenteil davon, wie es dein seltsamer Heiliger dir um die Ohren gehauen hat. 

Nicht die Opfer, die sich sehr oft das zerstörte Leben nehmen, müssen die Hölle fürchten, sie sind auch nicht zu Vergebung verpflichtet oder besser verdammt,
die Täter sind diejenigen, denen diese ungeheure Schuld nicht vergeben wird, werden kann, darf oder will. Keiner von ihnen, egal ob Vater, Onkel, Lehrer oder Fremder, wird im Himmel zu entdecken sein, wer sie wiedersehen will, der wird sich wohl in die Hölle bequemen müssen.

@Gedankenschachtler, du hast vollkommen recht, uneingeschränkte Vergebung verbittert, was würde ein Holokaust Opfer zu einem Adolf in der Seligkeit sagen, Gott sei Dank sag ich jetzt mal, gibt es ja auch noch sowas wie Gerechtigkeit.
Vergebung darf die selbe nicht auf den Kopf stellen oder zunichte machen.


Tja, das hab ich jetzt davon, wer ein kirchliches Dokument als Diskussionsvorschlag reinstellt, muss sich nicht wundern, wenn er sich im Dschungel der Theologie wiederfindet.
:-)
Ich hab das Evangelium gelesen und mir meine Gedanken gemacht dazu, mehr kann ich nicht dazu sagen, wenn da was geschrieben steht von Schuld, die nicht zu vergeben und zu ahnden ist, kann ich mich darauf berufen, wenn ich mich dazu genötigt fühle, wie in diesem Falle der Fall.

Ich wünsch Euch allen einen schönen ruhigen Tag!
Sintram