was tut Ihr, wenn die Dunkelheit einfach unaufhaltsam kommt

Begonnen von Mausezahn, 09 Oktober 2011, 21:11:50

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Mausezahn

Hallo Ihr alle,

wie letztens in meinem Tagebuch geschrieben, ist hier mein Versteck, mein Platz für Ehrlichkeit, Vertrauen und Wahrheit. Ich weiß, es ist eigentlich schizo, wenn ich mich an einem Ort geborgen fühle und ihn als mein Versteck bezeichne, der so öffentlich ist, wie kein anderer Ort. Aber ich habe ihn im August bewusst gewählt und dennoch so wenig Kontakt zu Euch gesucht.

Heute schreib ich hier - an Euch, weil ich nicht weiter komme.
Es ging mir schon so gut im September, aber vielleicht hatte ich mir dies auch nur eingeredet? Jetzt drängt sich mir seit letzter Woche eine Dunkelheit auf, die unaufhaltsam heran rollt.... so wie bei Kings Nebel, falls das einer kennt von Euch. Alles verschlingende Dunkelheit gegen die ich mich nicht wehren kann. Und ich habs echt versucht... und schon wieder rollen mir die Tränen über die Wangen und mein Kopf ist kurz vorm Zerspringen.

Ich weiß nicht weiter. Wie wehre ich mich gegen diese Welle, bevor sie mich wieder überrollt???
Ich hatte gehofft und geglaubt, endlich Licht zu sehen... Und ähnlich wie Lith es schrieb, ist da keiner, dem man so richtig vertrauen kann. Freunde sind doch irgendwie alle weg, Familie hat fürchterliche Angst um mich (meine Mutter hat sogar mit meiner Therapeutin telefoniert, um der mitzuteilen, wie es mir ginge und welche Dinge ich schon wieder verzapfe). Das ist bescheuert! Die engen mich ein, wollen mich kontrollieren mit ihrer Fürsorge und gerade meine Mutter setzt immer alle Hebel in Bewegung, um mir zu helfen. Leider besorgt sie mir, z.B. Termine beim SPD vor Ort, und tut damit nur sich selbst Gutes, sie befriedigt ihre Besorgnis und gibt sie einfach weiter. Das hat sie schon immer gemacht und nennt das noch heute, sich um mich kümmern.... was glaubt ihr, wann habe ich gelernt, alle meine Dinge selbst zu regeln, anstatt sie an meine überfürsorgliche Mutter abzugeben?
Aber das wollte ich nicht fragen.

Die Dunkeheit, das wars.
Also ich mache ne Therapie, aber 1x wöchentlich, da komme ich selten an den Punkt, an dem ich mich endlich richtig öffnen kann und wenn ich mal da bin, ist die Stunde rum.
Medikamente, ich hab Donnerstag nen Termin beim Psychiater wegen Antidepressiva... darauf setze ich jetzt ein wenig Hoffnung...
Gespräche mit Freunden - ich habe jegliches Vertrauen verloren in Freunde, weil ich, seit es mir soooooo beschissen geht, noch dazu jedes Mal enttäuscht wurde, wenn ich vertraut habe.
Meine Eltern - hyperaktiv besorgt...
Meine Schwester - trägt alles an meinen Exmann...
meine Schwägerin - trägt auch alles weiter...
alle anderen - waren eigentlich Familie und Freunde meines Exmannes...
meine 2 besten Freundinnen - leben jeweils 500km von mir weg und haben ihr eigenes Leben...
mein Exmann - vögelt eine 14 Jahre jüngere vulgäre Dorftussi, die wir seit 15 Jahren kennen...

mein bester Freund - hatte nichts weiter zu tun, als meinen Eltern jede Kleinigkeit von meinen Gedanken und Problemen mitzuteilen... (dadurch noch mehr Aktivität bei denen ausgelöst) und meine Tochter angeschrieben, ohne über daraus folgende Reaktionen nachzudenken, denn ich durfte zusätzlich zu den Problemen, die ich eh schon hab, auch noch diese Dinge wieder gerade rücken ... so ist ein bester Freund, der nur seinen eigenen Vorteil sieht und glaubt, mit solchen Aktionen, mich als Frau zu gewinnen.... das ist bekloppt und deshalb hab ich jetzt jeglichen Kontakt unterbunden, alle TelNrn gelöscht, ICQ gelöscht.... weg mit solchen "Freunden", brauch ich nicht.

Und jetzt sitze ich hier, alleine.... höre Musik und sehe der Dunkelheit entgegen, hilflos, machtlos.
Und wisst Ihr, was das bekloppteste daran ist: Das ich mir noch immer nicht erklären kann, wieso ich in ein so tiefes Loch fallen konnte wegen der Liebe, wegen Gefühlen zwischen Menschen, wegen Reaktionen, die auf Gefühlen folgen, nichts, was man fassen und klären kann, sondern etwas so virtuelles unfassbares im doppelten Sinn. (bis vor 16 Monaten war ich mir nicht wirklich bewusst, dass ich richtige Gefühle haben kann, weil es immer die Notwendigkeit gab, diese weit zu verdrängen, um die coole, lösungsorientierte, erfolgreiche, tolle Frau zu sein)

Ich weiß nicht weiter. Ich bin fast am Abgrund, ich kann die Tiefe schon sehen und wenn ich die Augen weit aufmache, kannn ich die Steine des leeren Flussbettes am Grunde erkennen. Es ist noch ein Schritt.
Ich hebe schon den Fuß...
was tut ihr, wenn ihr dort steht?

cellardoor

ich kenne dieses Gefühl. Auch bei mir sind es die zwischenmenschlichen Gefühle, die mich verschlingen. ich stand auch an diesem Abgrund. Weit entfernt von ihm bin ich noch immer nicht. Etwas womit man sich davor schützen kann gibt es glaub ich nicht. ich weiss nur, dass das was mich bewahrt hat davor diesen letzten Schritt zu tun Musik ist. Ich spiele ein paar instrumente, und ich finde ein Instrument kann das was man fühlt zu Klang verwandeln. Etwas was man in Worte eben nicht fassen kann. Auch wenn es dann noch so traurig und düster klingt, es hat mich bisher bewahrt. Ein Instrument kann mich ein wenig trösten. Vielleicht kann Musik auch etwas ähnliches für Dich bewirken?

LG
Michael

Hobo

Ja, vieles kommt vielen hier wohl sehr bekannt vor. Es ist eine bittere Erkenntnis, wenn man sich eingestehen muss, dass man trotz vieler sozialer Kontakte in den wichtigen Situationen alleine ist. Immer...  Das hat mehrere Gründe oder kann mehrere haben. Die einen wollen unbedingt helfen und machen alles noch schlimmer, die anderen wollen nichts damit zu tun haben und wieder anderen ist es vollkommen egal.

Was bleibt ist klar. Jeder für sich alleine. Mit viel Glück vielleicht ein/e gute/r Thera, das ist dann aber schon alles. Die Gesunden werden nie etwas verstehen und die Kranken, die können nicht wirklich helfen. Weil sie genauso alleine sind. Und viel mit sich selbst zu tun haben.

Also gehts nur ohne Hilfe. Das Bild mit der Dunkelheit gefällt mir. Jetzt stell Dir mal vor Du wärst blind. Natürlich käme die gleiche Dunkelheit. Aber Du würdest sie nicht sehen. Nicht mal bemerken. Du hättest Licht in Deinem Kopf, so wie Du Dir Licht vorstellst.

Und wenn ich am Abgrund stehe, dann überlege ich einfach mal kurz, was es mir bringen würde weiter zu gehen. Natürlich nichts. Ich hätte Ruhe und alles wäre vorbei. Aber das ist unsinnig. Morgen würde die Sonne wieder aufgehen und ich könnte es nicht mehr sehen. Ich würde neue Menschen kennenlernen, wenn ich denn noch da wäre. Ich könnte ein neues Leben beginnen, wenn ich denn noch eines hätte.

Also ist die Antwort einfach. Ich drehe mich um, lache noch einmal in den Abgrund und spucke höchstens mal hinein. Dann suche ich mir einen ruhigen Platz, der für mich alleine ist, ein Platz an dem ich mich wohl fühlen kann und nichts von der Welt höre und sehe. Immer mit dem Wissen, dass es nicht dunkel bleibt. Vielleicht eine ganze Weile und sicherlich oft schwer zu ertragen. Aber nicht entgültig.

lg
Hobo

Nicki

Die Dunkelheit zeigt sich bei mir als Trauer, Einsamkeit und Verzweiflung.
Ich merke es zur Zeit auch wieder stärker werdend, versuche es sachlich zu beobachten und ansonsten mein tägliches Leben weiter zu führen. Daran halte ich mich fest und suche nach den kleinen, schönen Momenten. Die gibt es, wenn man nur genau genug hinguckt!
Mit meiner Therapeutin spreche ich auch darüber, sie merkt mir sowieso an, wenn etwas nicht stimmt. Ihre Ratschläge helfen mir zwar in den dunklen Zeiten wenig, aber es tut gut jemandem davon erzählen zu können und ihr Mitgefühl zu spüren.

Den einzigen Rat, den man geben kann, ist DURCHHALTEN!

LG
Nicki

Sintram

Hallo Nicki,

Durchthalten, mehr geht nicht.
Und sich im Kopf immer wieder klar machen und wachrufen, dass es vorbeigeht. Auch wenn alle Gefühle und sogar Gedanken das Gegenteil behaupten, so dass dir diese Beruhigung wie blanker Hohn vorkommt.

Je öfter du durch die Dunkelheit wanderst, desto sicherer wird das Wissen im Hinterkopf, dass es sich um einen vorübergehenden Zustand handelt, selbst wenn du es nicht empfinden und formulieren kannst, es ist da.

Sich mit Gewalt dagegen aufbäumen hat keinen Sinn und bewirkt das Gegenteil, besser ist es, die Dunkelheit zuzulassen und so bewusst wie möglich wahrzunehmen, sich ihr quasi zu stellen.

Ins Bett legen, sich ergeben und hineinfallen lassen- so ist das jetzt und nicht anders, da muss ich durch, ich weiß nicht wie, ich kann nicht mehr, also einfach stillhalten und abwarten- mich beruhigt das.

Und wenn alles nicht mehr hilft, gibt es Tabletten, hilft ja nichts. :-)

Es geht vorbei, es geht vorüber, es hält nicht ewig an, es ist nicht das Ende...

LG
Sintram

Mausezahn

Hallo Ihr Zusammen,

Danke, dass Ihr Eure Gedanken mitgeteilt habt. Ich hab einige Ansätze darin gefunden, die wahr sind und vielleicht die Momente vergehen lassen.
Ich habe mich gestern nacht bis halb drei im Bett gewälzt, nur um halb sechs wieder rauszukrabbeln, weil Arbeit und Schule angesagt waren. Nachmittags bin ich extra früher heim, weil ich schlafen wollte, nur um die Tränen meiner TeenagerTochter zu trocknen, die mit ihrer Emotionalität und ihren Hormonen nicht klar kommt... Mama ist da. Nur um mit meinem Sohn für eine Klassenarbeit zu lernen und uns dann einfach ein tolles Abendbrot zu machen.
Geschlafen hab ich noch immer nicht und müde bin ich auch nicht.

Ist das jetzt wieder ein Moment der Hyperaktivität, der der totalen Erschöpfung vorausgeht?

Donnerstag hab ich den Medi-Termin und hoffe, mit Tabletten nicht ganz so große aufs und abs zu haben. Gleichzeitig hab ich wieder Therapie. Das ist alles gut, glaube ich. Es wird mich weiter tragen und mit ein wenig Glück auch ein Stück voran, weg von der Dunkelheit.

Musik? ich höre sie tagelang dieselben Songs und ich finde mich darin, obwohl viele mich an Momente erinnern, die mich traurig machen. Aber manchmal genieße ich den Song und die Traurigkeit, nur um dann aufzustehen. Vielelicht klappt es ja wirklich.

Meinen schwärzesten Moment hatte ich im Juli, nachdem ich meine Tochter in die Auslandsferien verabschiedet hatte und meinen Sohn beim Vater abgeliefert. Mein Plan stand und dann rief meine Tochter an und ich holte sie zwei Wochen früher als geplant ab. Der richtige Moment ging vorbei - ungenutzt und ich bin froh darüber.
Ich werde das Licht sehen, ich glaube einfach daran.

Danke
Mausezahn

Sintram

Hallo Mausezahn,

das Licht sehen wir noch früh genug.
Wichtig wär erst mal, dass Du mal wieder eine paar durchgeschlafene Nächte siehst. Schlaflosigkeit soll man nicht unterschätzen, die kann einen ganz schön fertig machen, irgendwann ist kein klares Denken mehr möglich und das Leben nur noch eine trübe Glocke voller Angst.

Manche Kliniken bieten ambulante Schlaftherapie an, auf alle Fälle besser als sich mit Tabletten in den Schlaf zu zwingen.
Ging mir grade so durch den Kopf.

LG
Sintram

-Sachmet-

Als es mir Ende letzten, Anfang diesen Jahres beschissen ging, und ich auch an Schlafen nichtmal mehr denken konnte, hab ich mir L-Tryptophan aus der Apo geholt und nen Vitamin B-Komplex dazu. Ist kein Wundermittel, hat mich aber unterstützt. Das Vitamin B morgens, das L-Tryptophan abends nehmen. Kannst dich ja mal via Google schlaumachen.

LG -Sachmet-
Es gibt andere Welten als diese