Unterblätterhaufenhöhle

Begonnen von Hobo, 14 September 2011, 05:36:14

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Hobo

#15
Alle Tage sind gleich lang aber unterschiedlich breit. Heute ist ein sehr breiter Tag. Nichts von dem, was ich hätte machen müssen, sollen und wollen habe ich geschafft. Gar nichts. Nur unter dem Blätterhaufen gelegen und nichts gedacht. Anscheinend geht das doch. Früher glaubte ich, dass ein Mensch nie an nichts denken kann. Wahrscheinlich ist es aber so, dass es im Unterbewusstsein gelaufen ist und ich nur nichts mehr erinnern kann. Wobei das vollkommen egal ist. Ein Tag ist einfach verschwunden. Das ist als solches kein Problem für mich, ich habe ja Zeit. Und trotzdem hinterläßt der Tag einen schalen Geschmack. Und eine große Leere. Ich wollte meinen Dartleuten absagen, ich wollte zum Psychiater, ich wollte zum Briefkasten und Bratkartoffeln wollte ich machen.

Na ja, die Dartleute sind das gewohnt, der Psy merkt es nicht mal, der Briefkasten ist morgen auch noch da und Hunger hab ich keinen. Also ist alles nicht so schlimm. Sollte man meinen. Und doch empfinde ich es so. Es ist die Distanz zwischen mir und dem Leben. Inzwischen ist es mehr als Distanz, eher ein Abgrund. Und ich entferne mich immer weiter und weiter vom dem was ich einmal war. Ich galt tatsächlich einmal als zuverlässig und pünktlich, gewissenhaft und offen für alles. Das ist lange her.

Am Anfang dachte ich, dass diese blöde Krankheit irgendwann einmal einen Pegel erreicht, der gleich bleibt. Auf den man sich verlassen kann. Der dann zwar weit unten liegt, aber stabil und einschätzbar wäre. Das ist wohl nicht so. Es geht immer noch eine Stufe tiefer. Selbst diese kleinen Erfolge, also mal tatsächlich einen wichtigen Brief zu schreiben, drohendes Unheil abzuwenden, oder auch nur mal raus zu gehen und einen Spaziergang zu machen - es hält nicht vor. Es ist ein kurzes Glücksgefühl und verschwindet viel zu schnell wieder im Ordner "abgehakt und vergessen". Und nichts bleibt über. Nur die Unterblätterhaufenhöhle.

Immerhin ist dieser Ort zuverlässig. Nur ist es schwer hier zu sein mit diesem schlechten Gewissen. Wieder das aufgeschiebene, das geplante Tagesziel nicht erreicht. Wieder einmal total versagt. Morgen hab ich kein Ziel auf meiner Liste. Das sollte eigentlich beruhigend wirken. Aber das tut es nicht. Dinge, die man nicht tut, die wichtig zu tun wären, die addieren sich. Erst ist es nur ein Stapel und dann ein Berg. Am Ende so hoch wie der Mount Everest und unerreichbar. Und irgendwie wird der Druck immer größer. Manchmal denke ich, dass es schön wäre, wenn diese Depression nicht nur die Seele zerstören würde, sondern im gleichen Maße auch das Gehirn. Das würde vieles leichter machen. Man würde langsam verblöden und hätte nie mehr ein schlechtes Gewissen. Aber so ist es nicht. Das Gehirn funktioniert, zumindest theoretisch. Nur die praktische Umsetzung der Gedanken ist nicht mehr möglich. Und das führt natürlich wieder zu einem noch schlechteren Gewissen. Ein Kreislauf, der sich spiralförmig nach oben bewegt.

Wie lange sowas wohl gutgeht? Ich werde mal neues Kaminholz holen, es wird kalt langsam. Dann setze ich mich davor und schaue den Flammen zu. Und dem Holz, das langsam verbrennt und sich in Asche verwandelt. Immerhin hat es vorher noch einmal hell gebrannt. Das ist viel. Vielleicht stelle ich noch ein paar Schaukelstühle von den Kamin für andere, die auch in der Unterblätterhaufenhöhle sitzen und sich ähnliche Gedanken machen. Schaukeln wir eine Runde zusammen und schauen ins Feuer. Und jeder wird etwas anderes darin sehen, eigene Gedanken haben, nachdenklich auf sich selbst blicken. Und sich vielleicht im Feuer erkennen...

Genauso ist es in der Unterblätterhaufenhöhle...

lg
Hobo, Kaminkehrer...


Hobo

Schlafen wird gemeinhin überschätzt. Ich mag es eigentlich nicht, so früh am Tag wach zu sein. Es ist dann einfach noch zu viel Tag vor einem. Gut, der Tag kann nichts dafür. Und der heutige sieht wirklich gut aus. Es ist gutes Wetter, Stress ist nicht in Sicht und es gibt keinen Grund sich schlecht zu fühlen. Bisher. Man muss ja vorsichtig sein.

Wenn ich so auf meinen Tagesplan schaue trübt sich der Tag aber doch ein wenig ein. Da steht "Geschirr spülen und saugen". Grummel, wie ich es hasse. Vor allem weil ich ja eine Putzfrau habe. Die ist aber krank. Bett neu beziehen und Staubwischen, Zigaretten stopfen und kochen. Immerhin muss ich nichts einkaufen. Man hat es nicht leicht als Quasi-Rentner. Wobei das Kochen könnte ich umschiffen. Es gibt da eine Metzgerei, die Mittagessen bietet für 4 €. So günstig kann man kaum kochen. Na ja, wenn man denn richtig kocht. Ich wärme ja nur auf. Ich sollte wirklich langsam mal kochen lernen. Früher war ich nicht schlecht. Konnte sogar Braten und sowas alles machen. Aber mit meinen zwei Kochplatten ist natürlich nicht allzu viel möglich. Einen Ofen hab ich auch nicht. Dafür ist meine Mikrowelle hilfreich. Für Fertiggerichte.

Wenn ich mich hier so umsehe, so bei Tageslicht, dann werde ich schon etwas nachdenklich. Mein Schreibtisch ist eher eine Müllhalde. Der ist zwar riesig, aber ich kann nichts mehr vom Holz sehen. Flächendeckend zugemüllt. Na ja, nicht wirklich Müll. Nur Papier. Aber da sind mit Sicherheit Sachen dabei, die längst erledigt sind. Früher hatte ich Ordner für alles. Heute nur noch Stapel. Auch so ein Zeichen, dass ich die Dinge schleifen lasse. Das ist wohl der Nachteil wenn man alleine lebt. Wobei ich das jetzt schon seit 7 Jahren mache. Bestimmt liegen hier noch Briefe, die 7 Jahre alt sind. Es ist seltsam, wenn man es nicht gewohnt ist. Also das alleine leben. Es hat für mich viele Vorteile. Aber der Nachteil ist deutlich sichtbar. Man wird nachlässig. Früher habe ich großen Wert auf Ordnung und Sauberkeit und sowas gelegt. Heute muss ich mich zwingen, überhaupt irgend etwas zu tun.

Hm, Fenster putzen. Angefangen hab ich ja, 2 von 5 Fenstern hab ich tatsächlich schon geschafft. Nicht schlecht für 2 Wochen. Immerhin hab ich eine Lösung für die "ausgefallenen" Termine bei meinem Psy gefunden. Ich werde ihm einen Brief schreiben. Zum einen bin ich da offener und zum anderen erspare ich mir sein dummes Gelaber. Leider hat er keine Mail-Addi. Aber es ist ja auch nicht so sehr eilig. Also klassisch per Postreiter...

Die Höhle ist heute ziemlich leer. Viele gehen tagsüber raus, kümmern sich um vieles, arbeiten oder studieren und haben ein zweites Leben. Oder überhaupt ein Leben. Es ist wohl dieses "geregelte" Leben, das ich irgendwie vermisse. Wenn man Zeit ohne Ende hat, dann führt das anscheinend ins Chaos. Zumindest habe ich den Eindruck, dass ich darauf zusteuere. Nichts gegen Chaos. Mathematisch betrachtet ist das auch ein Ordnungssystem. Wenn man es beherrscht. Das Chaos. Leider entgleitet es oft und wird dann unübersichtlich und hinderlich. Und diese Tagespläne bergen ein großes Risiko. Wenn man sie aufstellt und schreibt ist man oft sehr optimistisch. Also ich. Aber wenn man sie dann nicht erfüllen kann, die Tagesaufgaben oder -Vorhaben, dann ist man enttäuscht und es zieht ziemlich runter. Wenn es sich wiederholt und die Liste nicht abgehakt werden kann, dann frisst es, nagt an einem und führt zu einem ganz miesen Selbstwertgefühl. Vielleicht sollte ich keine Pläne mehr schreiben. Vielleicht ginge es mir dann besser.

Ich kann jetzt ganz gut laufen, mit diesem komischen Metallteil am Fuß und den Krücken. An der Ferse ist so eine Art Gummiknopf zum Auftreten. Eine tolle Erfindung. Umständlich ist das Anziehen. Da muss ich das Teil abnehmen, sonst komme ich nicht in die Hose. Auch lustig irgendwie. Aber das sind nur 2 Klettverschlüsse. Schaffe sogar ich. Früher hätte man einen riesigen Gipsfuss gehabt. Heute ein Tape und so ein Teil. Moderne Zeiten halt. Nicht schlecht. Trotzdem braucht das kein Mensch. Ärgerlich...

Aber in der Unterblätterhaufenhöhle ist das nicht so wichtig. Da kann ich mich in meine Ecke verkriechen und den ganzen Mist vergessen.

Dafür ist sie da, die Unterblätterhaufenhöhle...

lg
Hobo




parapieps

schleiche leise die treppe hinunter und verzieh mich in meine ecke. stöpsel mir die ohren zu und lege mir mein tageslied in die endlosschleife. grabe mich unter den blättern ein. es ist mal wieder soweit, bin hochgradig explosiv. eigentlich sollte man eine bleimatte über mich decken. nur so falls ich doch noch hochgehe. am liebsten würde ich mich richtig vergraben und ein paar tage ganz hier unten bleiben.....
lg das pieps, unglücklich

Nicki

Als ein gebeugter Schatten husche ich in einen Winkel, suche die Einsamkeit, weil ich mich ohnehin einsam und allein fühle.
Vielleicht wird morgen ein besserer Tag...

Fee

... puh,flattern ohne ende ... bin schon fix und alle.

da ist es schön,nun zwischendurch mal wenigstens alles einfach zu verleugnen,was da oben weiterhin getan werden muß,und hier völlig unbelästigt abtauchen zu können.

aber da hockt doch jemand mit kaltem herzchen - *herzenchenwärmflasche reich*,statt bleimatte.

hm,und der alte grizzly,muß auch überall,wo gerade etwas zu boden knallt,seine pranken schnell noch drunter schieben *salbenverband und coolpack wechselt,fetten knuddler und gute besserung wünscht*

ja und dort,schweigt jemand über seine kindheit und fühlt sich einsam- *schaukelstuhl dazu stellt und auch schweigt*.und schon sind wir zweisam ;)

Nur mein gehirn,ist wieder nicht zum schweigen zu bekommen ... *denk`,grübel,sorg`*


***Manchmal denke ich, dass es schön wäre, wenn diese Depression nicht nur die Seele zerstören würde, sondern im gleichen Maße auch das Gehirn. Das würde vieles leichter machen. Man würde langsam verblöden ..........***

genau das,habe ich gestern auch zu meiner thera gesagt.aber sie war,wie immer,dagegen.und meinte,ich würde selbst dement noch merken was abgeht und dann seeeeeeeeeeehr darunter leiden.


... so,jetzt aber ab in den schaukelstuhl und ihr schlaft alle schön *schaukel*.


Nicki

@Fee

Danke. Das leise Knarren vom Schaukelstuhl hat sehr beruhigend gewirkt und das einsame Gefühl etwas vertrieben!

LG
Nicki

parapieps

lieber hobo,
die nächsten tage werde ich hier in der höhle bleiben. also achte auf kleine blätterhaufen, die komische geräusche von sich geben. da könnte das pieps sich vergraben haben. die schaukelstühle werde ich wohl meiden, denn im augenblick ist an entspannung nicht zu denken. leider.
aber ist versprech dir, ich mache hier keine unordnung.
*leg noch jedem ein kleines gänseblümchen auf seinen platz und kuschel  unter den blätterhaufen....bis die tage....zettel hinhäng Pieps-kurzer Herbstschlaf" bitte nicht wecken, auch wenn da ein kleiner actionfilm abzulaufen scheint.
lg das pieps, unhappy

Hobo

Hallo Pieps, dafür ist die Unterblätterhaufenhöhle da. Und Unordnung darst Du auch machen. Soviel Du willst. Jeder darf hier alles. Feen flattern, alte Bären tappsen schon mal mitten in der Nacht grummelnd herum, andere schaukeln vor dem Kamin. Wieder andere schlafen irgendwo unter Blätterhaufen und verstecken sich einfach nur vor der Welt da oben.

Ich wünsche Dir einen guten Herbstschlaf.

lg
Hobo

Fee

O.k. das mit der Unordnung überlese ich mal lieber.Denn hier in der Höhle,akzeptiert man,jeden so weit wie möglich.

Und dabei,kann auch mal so manche Unordnung entstehen.Aber niemals `ne Klopperei und das ist doch wirklich viiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeeeeel wichtiger.


... ääääääääääähhhhhhhhmmmmm,weiter putzen geht ... äääääääähhhh ... flattert.


Gute Besserung allen wünscht !

L.G. Fee

Hobo

Hier in meinem Schaukelstuhl vor dem Kamin sitze ich immer wieder gerne. Wenn man eine Weile ins Feuer schaut, dann schweifen die Gedanken ab und es entstehen Bilder im Kopf und eine Menge Gedanken. Das muss nicht schlimm sein, aber es kann schlimm sein. Manchmal zumindest. Aus naheliegenden Gründen schau ich öfter mal auf meinen lädierten linken Fuß und diese Krücken. Und schon entstehen diese Vergleiche wieder im Kopf.

Eigentlich ist so ein angebrochener Fuß ähnlich wie eine angebrochene Seele. Dann ist das Tape und das Laufgestell wohl vergleichbar mit Medikamenten. Die verhindern wohl auch, dass es ein kompletter Bruch wird, halten die Seele zusammen wie das Tape den Fuß. Die Krücken sind die Hilfen, die es möglich machen trotzdem noch zu gehen. Was ist wohl die Entsprechung für die Seele? Ich denke es muss der Wille sein, der Wille weiter zu gehen und nicht aufzugeben.

Es ist erstaunlich, welche Gedanken man in einem Schaukelstuhl vor dem Kamin in der Unterblätterhaufenhöhle hat. Höchst erstaunlich. Ich werde wohl noch eine Runde durch die Höhle drehen und dann meinen Blätterhaufen aufschütteln.

Drei Uhr in der Unterblätterhaufenhöhle, eigentlich lohnt es sich nicht mehr zu schlafen. Werd dann eben wieder ins Feuer schauen und nachdenken.

Dafür ist sie da, die Unterblätterhaufenhöhle...

lg
Hobo

parapieps

#25
dein vergleich hat mich sehr beschäftigt und ich finde, dass du da voll und ganz recht hast. aber ich gehe da noch einen klitzekleinen schritt weiter. wie reagiert die gesellschaft auf menschen mit krücken? kaum jemand kann das ignorieren. manche blicken mitleidig manche auch anders. so ist es auch mit der seele. sobald andere mitbekommen, dass man einen psych. störung hat, verhalten sie sich anders als sonst. wie, das weiß jeder hier von uns. fazit, man zieht sich hier in die unterblätterhaufenhöhle zurück, um nicht aufzufallen. so viel zum eigenen willen, das "laufen" zu lernen. es ist ein immerwährender kreislauf und es bedarf eines riesigen energieschubs, um aus dieser spirale herauszukommen.
aber nichts desto trotz, krabbel auch ich jetzt in einen leeren schaukelstuhl und schaukel ein bischen neben dem großen bären. reich ihm einen pott schönen warmen kakao und schau dem feelein zu, wie sie versucht, ihrem oma-trolli jeden zentimeter platz streitig zu machen... in 10 tagen.....
lg das pieps

WeirdLife

Den Vergleich mit den Krücken hatte meine Thera auch letzens. Dass Medis Krücken seien bis ich wieder alleine laufen kann oder irgendwie so, aber ich beharre ja darauf den Weg ohne Krücken zu gehen...
I decided not to give up today. After all, it sure would have been a waste surviving all that other bullshit for nothing.

Fee

... mit Krücken oder ohne ... hatte da eher keine Wahlfreiheit mehr,am Ende.


Aber was mir wirklich auch weh tut,wie Dir liebe parapieps,ist das:

***sobald andere mitbekommen, dass man einen psych. störung hat, verhalten sie sich anders als sonst.***


"Früher" sahen Menschen in mir die gestandene Frau.Taff,fleißig,klug,hübsch ( reicht Fee ;)  ),
aber seitdem andere wissen dass ... werde ich manchmal schlichtweg wie ein "Volldepp" behandelt.

"Trinke kein Gangeswasser,Feelein !"

... ist da eher noch einer von der harmlosen Sorte an Tipps.


Und schön finde ich auch immer die Frage:

"Hast du heute schon deine Tabletten genommen ?"


... wenn man in i.einer Form "ungemütlich" wird.



*Hobobärs Beinchen versorgt,allen Kakao nachschenkt und flatter,flatter,flatter ...*

Nicki

@parapieps und Fee:

Bei mir war es witzigerweise genau andersherum!
Ich wurde früher immer schief angeguckt, komisch behandelt oder ausgegrenzt, weil ich ja offensichtlich anders bin, als die meisten anderen Menschen.

Seit ich weiß - und offen ausspreche, das ich Depressionen, Angststörung und soziale Phobien habe, hat "das Kind" einen Namen. Darunter kann man sich etwas vorstellen.
Das hat mich auch sehr ermutigt, weiter offen damit umzugehen.

Lieben Gruß,
Nicki

Hobo

#29
***sobald andere mitbekommen, dass man einen psych. störung hat, verhalten sie sich anders als sonst.***

Oh ja. Ich weiß nur noch nicht, was schlimmer ist. Einerseits der Rückzug von Bekannten, wohl aus Angst vor dem Fremden, vielleicht halten die das ja für ansteckend? Oder andererseits, dieses vorsichtige Mitleid und diese Versuche, bloss nichts falsches zu sagen. Bloss dem armen Kranken nicht weh tun...

Genau deshalb bin ich so gerne hier in der Unterblätterhaufenhöhle. Hier weiß ich, dass zumindest die meisten Mitbewohner genau wissen wovon ich rede und wie man sich fühlt, wenn der Boden verschwindet, wenn man im freien Fall ist. Und wie es ist, dann irgendwann ganz unten zu sitzen wo man kein Licht mehr sehen kann. Dort, wo es nur nach Angst gibt vor dieser Welt da draußen, die man sowieso nicht mehr verstehen kann. Die immer wieder versucht einzudringen, wohl als Marter, um mich noch tiefer ins dunkle zu ziehen, auch wenn es nicht mehr möglich ist. Die immer wieder versucht mit mörderischen Briefen oder Anrufen, das letzte kleine bisschen Ruhe, das man sich so hart erkämpft hat, auch noch zu zerstören.

Und ja, das schaffen sie locker. Für sie ein Verwaltungsakt, für mich ein Aufruf doch endlich diese Welt von mir zu befreien und ihre Welt nicht mehr zu stören. Ich kann sie ja verstehen. Da ist einer, der gesetzliche Ansprüche hat, der Anspruch auf medizinische Versorgung hat, aber noch nicht verrentet ist. Nur ausgesteuert. Was mit dem anfangen? Wer ist zuständig? Die Lösung ist für sie einfach, sie schieben den schwarzen Peter hin und her, nur dummerweise auf meinem Rücken. Ich sitze zwischen den Stühlen und bin ihnen ausgeliefert. Ja, das grenzt hart an versuchten Totschlag. Nur gibt es kein Gesetz dagegen.

Ein Beispiel hatte ich letztens wieder mal. Da kam ein Schreiben von der Rentenversicherung und ein gewaltiger Fragebogen. Nie im Leben könnte ich den ausfüllen. In meiner Not habe ich den Sozial-Psychiatrischen Dienst angerufen und denen das geschildert. Die Antwort war, sie kennen sich damit auch nicht so gut aus, ich soll doch zur Beratungsstelle der Rentenversicherung in meiner Stadt gehen.

Nun bin ich zwar krank, aber noch nicht ganz verblödet. Ich soll mich von denen, die mich da "verfolgen" beraten lassen, wie ich mich da am besten verhalte? Das ist für mich so, als wäre der Kläger vor Gericht auch gleichzeitig der Sachverständige, Gutachter und Richter. Irgendwie habe ich das System nicht verstanden. Also was bleibt? Noch eine Etage tiefer eingraben in der Unterblätterhaufenhöhle.  

Nicht anders ist es bei Reha-Maßnahmen. Die werden im Auftrag der Rentenversicherung und auch auf deren Kosten durchgeführt. Wieso habe ich das Gefühl, dass die Objektivität der Reha-Klinik, die davon lebt, leidet? Bin ich zu misstrauisch? Vielleicht greift diese Krankheit doch das Gehirn an und man verblödet still vor sich hin.

Solche Dinge sind es, die uns Betroffene immer weiter runter ziehen, im Extremfall dazu führen aufzugeben. Ich habe den Verdacht, dass es nicht nur die Krankheit selbst ist, die viele in den Suizid treibt, sondern wohl auch der Umgang der Bürokratie mit uns. Sie machen uns deutlich, dass wir ein Spielball der Institutionen geworden sind. Im besten Fall noch Befehlsempfänger, im schlechtesten Fall alleine gelassen und aufgegeben. Wenn der Antrieb, der Lebensmut und die Kraft schon am Ende sind, dann kommen sie und geben einem den Rest.

Deshalb gibt es in der Unterblätterhaufenhöhle keinen Briefkasten und kein Telefon. Aber natürlich weiß ich, dass ich ihnen auch hier nicht entkommen kann. Und wenn, dann nur entgültig...

So ist das in der Unterblätterhaufenhöhle...

lg
Hobo