Heile-Welt-Ignorantin

Begonnen von Sternengucker, 18 Juli 2011, 12:09:49

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Sternengucker

Ich kann einfach nicht begreifen.. hm ja da fängts ja schon an! Da mache ich mir Gedanken darüber was ich nicht begreifen kann und weiß es nicht mal. verrückte Welt
Ich bin ein furchtbarer Ignorant! -.-  Oder Egosistisch. Oder beides? Beides.
Und noch viel mehr.
5 Jahre Tag für Tag lebe ich mein glückliches heile Welt leben. Das ist doch unbegreiflich.
Wie kann ich nur so .. soo.. naja wie kann ich nur?!
So vieles habe ich vergessen, 3 ,4 Jahre lang jedes Detail abgespeichert, rund um die Uhr flogen sie in meinem Kopf herum, immer, aber wirklich immer waren sie da. Und jetzt? Jetzt muss ich dafür nachdenken!! Das ist abscheulich Ignorant :(
Ich kann doch nicht einfach so weitermachen als wäre nichts. Ich hätte mich wirklich für menschlicher gehalten oder so.  Ich bin unglücklich weil ich glücklich bin. Jaa da hammas ja schon, was redet die Gucker da wieder fürn Müll. 100 Punkte in verrückt sein Gucker.
Andere wären froh sie seien glücklich aber nein du bist unglücklich weil du glücklich bist.
Undankbbar? Ist es das?
Aber eigentlich bin ich dankbar. Mhh.
Ich schäme mich.
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin und niemand ginge um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge..  (Kurt Marti)

nubis


Hi @Sternen :-)

Wie du weißt, kenne ich das...

Sich schlecht zu fühlen, weil man sich gut fühlt.

Ein schlechtes Gewissen haben, weil man glücklich ist.

Letztens habe ich mich erschrocken, wie leicht es mir viel etwas wegzuräumen, das ich zuvor 4 Jahre lang nicht mal nach dem Abstauben auf der Stelle verrückt hatte...

Und rechtfertigen tue ich mich auch - für all das - vor anderen und vor mir selbst.

Krieg ich jetzt auch 100 Punkte? ;-) ...aber halt! - mir wäscht dann gelegentlich eine @Gucker den Kopf und sagt mir, dass ich all das darf.

Das ich glücklich sein darf - dass ich mich nicht rechtfertigen brauche... - und im Grunde weiß ich das auch - brauche nur trotzdem manchmal den Halt, dass mir jemand das nochmal sagt, mir bestätigt.

Und deshalb sage ich dir jetzt: es ist weder Undankbar noch Egoistisch - es ist nicht Ignorant... : es ist schön, dass du noch lachen kannst und glücklich sein kannst - es ist schön, dass du lieben kannst und dich freuen... es ist schön : und richtig!


*drück dich*
nubis
Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

-Sachmet-

ich geb nubis einfach mal recht. und schau zu, dass du dir nichts einreden lässt von menschen, die eben noch nicht soweit sind.
Es gibt andere Welten als diese

Epines

Hallo liebe Gucker

Was du schreibst kenne ich auch in ähnlicher Form, irgendwie wartet man ständig auf etwas was unweigerlich kommen wird, dass uns wieder in die schwarzen Zeiten wirft, oder man hat das Gefühl nicht zu verdienen, dass es uns gut geht. Also mir ging es auf jeden Fall lange so und manchmal auch heute noch.

Der Song von Rosenstolz: "Mir darf es nicht gut gehn" trifft es irgendwie genau.

Heute denke ich nicht mehr viel darüber nach wie es mir morgen wohl geht und welcher Hammer mich wohl als nächstes trifft, sondern ich bin einfach froh, dass es mir heute gut geht.

Versuch das Glück so lange zu genießen wie es da ist und schäme dich nicht dafür, denn du hast alles Glück dieser Welt verdient!

Alles Liebe
Epines

Sternengucker

@Nubis
Ich hatte deinen Beitrag bereits heute mittag gelesen aber du weißt ja, dass ich bei sowas immer ne Heulsuse bin.
Ja .. wie recht du wieder hast. Und ich gestehe ja nur ungern ein wenn andere Recht haben.
Und genau das ist es!  "wie leicht es mir fiel.."
Dann muss dieser eine Gegenstand jahre lang auf ein und der selben Stelle stehen und ohweh einer verrückt ihn auch nur und dann aufeinmal fällt einem auf, dass man ihn selber weggetan hat.
Ich finde das schrecklich :(
Früher stand ich vor der Eistheke und dachte: "Er hätte jetzt Erdbeere genommen und wieder mal nicht verstehen können warum ich das nicht mal probieren möchte". Früher verging mir da schon die Lust auf Eis und ich bin in Tränen ausgebrochen.
Heute stehe ich vor der Eistheke, bestelle mir ein Eis und denke mir zwar auch "Er hätte jetzt Erdbeere genommen." Aber irgendwie .. ist es mir egal? nein nicht egal. Bedeutungslos?
Nein er ist doch nicht bedeutungslos :(

Danke Nubis, ja ich weiß ja auch, dass ich es weiß. Dann komm ich mir noch umso doofer vor, wenn ich denke, Mensch Gucker, Nubis verzählste das immer und selber kannst es dir nicht glauben.
Es ist gut, dass du mich daran erinnerst. Vielleicht sollte ich mir das mal aufschreiben und an die Tür hängen, wo ich es oft genug sehe.



@Sachmet
Ach nein Sachmet, niemand redet mir was ein, das mach ich ganz alleine - leider.
Im gegenteil die anderen erwarten doch, das man glücklich ist, das man so macht als sei nichts. Nach ein paar Stunden heißt es: Du musst jetzt viel weinen und reden.
Nach ein paar Tagen heißt es: Das wird wieder. Kopf hoch.
Nach ein paar Wochen sagen sie: Das Leben geht für dich weiter. Du musst das verstehen.
Nach ein paar Monaten belastet es sie selber so sehr, dass sie Druck ausüben: Du darfst uns keinen Kummer machen! Mach deine Ausbildung ordentlich!
Nach einem Jahr, schütteln sie den Kopf und versuchen einen in irgendwelche Therapien zu stecken.
Und weil man dann das Gefühl hat, man MUSS ihnen einen Gefallen tun, strengt man sich an.
Und dann heißt es nach Anderthalb Jahren: Gut hat die kleine das alles weggesteckt. Wie stolz wir doch sind.
Nach 2 Jahren: Und eine neue Liebe gefunden. Sie war schon immer eine Kämpferin.
Und dann? Tja dann muss man glücklich sein, weil es erwartet wird!
Und genau da finden wir mein Problem.
Wie soll ich nach ein paar Stunden weinen wenn man es erst nach Monaten versteht. Dann – wenn alle erwarten, dass man es bereits vergessen hat. Das tun sie nämlich – es vergessen.

@Epines
Das ist ja das Problem, ich frage mich warum ich alles Glück dieser Welt verdient habe und nicht er?!
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin und niemand ginge um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge..  (Kurt Marti)

Epines

#5
Hallo Gucker

*Das ist ja das Problem, ich frage mich warum ich alles Glück dieser Welt verdient habe und nicht er?!*

Über diese Frage habe ich nun lange nach gedacht, auch ich stelle sie mir ab und zu, warum ausgerechnet sie, denke ich manchmal noch. Warum dürfen einige glücklich sein und andere nicht, warum müssen einige so früh gehen und andere  dürfen/müssen bleiben.

Ich wusste ja noch  nicht, dass du ebenfalls einen großen Verlust erlitten hattest.

Diese Frage kann man nicht wirklich beantworten, auch nicht mit "die Welt ist ungerecht", oder sonstigen Sprüchen, denn im Prinzip haben doch fast alle Menschen Glück verdient.

Was du über das Erdbeereis geschrieben hast hat mich sehr berührt, denn es sind genau diese kleinen Dinge die uns immer wieder an geliebte Menschen erinnern. Auch ich höre jeden Tag, wenn ich  eine CD aus der Hülle reiße und sie verbiege, meine Freundin Karen sagen: "Nicht mit Gewalt, sondern drücken".

Na ja Karen war nur meine allerbeste Freundin, ich denke, dass es noch viel schwerer ist wenn es der Partner war.
Allerdings habe ich erst nach ihrem Tod bemerkt wie sehr ich sie wirklich liebte...

Ich weiss nicht wie es euch geht, aber ich bin einfach unendlich dankbar, dass ich so einen Menschen eine Zeitlang kennen und begleiten durfte und auch wenn der Verlust  immer noch schmerzt, war es doch wunderschön und ich bereue keinen Moment sie je gekannt zu haben. Und ich kann immer noch ihr Lächeln sehen.

Er würde sich  bestimmt sehr freuen, dass es dir besser geht und du endlich wieder glücklich sein kannst!

Alles Liebe
Epines

Sternengucker

#6
@Epines

In wirklichkeit weiß ich, dass es auf diese Frage keine Antwort gibt. Andererseits kann ich es manchmal einfach nicht glauben, dass es keine geben soll.
Wenn es eine Antwort gäbe, dann könnte man das alles an was festmachen. Dann könnte man sich sagen, Achsooo ja gut wenn das so ist, dann akzeptier ich das. Oder Ja ne also dann war er ja selbst Schuld. Oder gut die schuld lag bei mir.
Das wäre doch dann einfacher. Es muss eine Antwort geben. Es muss einfach!

Ja die kleinen Dinge. Ich frage mich ob du dann irgendwann eine Cd direkt mit drücken aufmachst oder mit Gewalt und keine Freundin mehr hörst.
Ich frage mich, ob es ein Schritt nach vorne ist, ein Eis ohne Tränen zu genießen und an jemanden zu denken, oder ein Schritt zurück, weil es der Anfang allen vergessens ist.
Ich frage mich, ob ich in zwei Jahren an der Eistheke stehe und nicht mehr weiß, was er genommen hätte und ich frage mich, ob es mir in 5 Jahren überhaupt noch auffällt, dass ich es nicht mehr weiß!
Das macht mich so wütend.
Alles diese Fragen machen mich wütend.

Ich habe die letzten zwei Tage über die Dankbarkeit nachgedacht.
Nein ich glaube ich bin nicht dankbar. Lieber würde ich alle tollen Erinnerungen, von denen man eigentlich eh nichts hat und die erlebte Zeit zurückgeben und dafür keinen verlieren.
Das erinnert mich an den Film ,,Der Plan".
Vielleicht wäre ja alles anders gekommen wenn..
Wie ich diese Gedanken hasse! Wenn – dann. Wäre .. dann. Hätte .. dann.
Sinnlos und doch immer wieder präsent.
Und überall kann man bei mir ansetzen. Wäre ich damals auf die Mädchenschule wie alle wollten, wären wir nicht in eine Klasse gekommen.
Wäre ich tussiger gewesen und hätte den Kerl nicht verkloppt der ihn doof angemacht hat, hätten wir uns nicht anfreundet...
Hätte ich keinen Streit angefangen wäre er niemals mit auf die Party.
Wäre er nicht auf die Party hätte er nicht im Auto gesessen.


@paradoxa
Ja ich kenne diesen Spruch.
Und manchmal finde ich ihn sehr schön und er gibt mir Trost. Aber manchmal genau das Gegenteil.
Was nützt mir die hinterlasse Spur..
Ich will sie nicht mal.
Was ist schon ein Teil vom Leben, wenn er sein eigenes nicht hat. Ich finde das so unfair. Das macht mich so wütend!
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin und niemand ginge um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge..  (Kurt Marti)

Epines

Liebe Gucker

Was wäre wenn?

Diese Frage kann man unendlich lange stellen und ich bin vermutlich Weltmeisterin darin.

Was wäre wenn ich nie geboren worden wäre? Man kann durchaus auch ganz früh ansetzen, vielen Menschen wäre dann der Schmerz den ich ihnen verursacht habe erspart geblieben...

Wie hätte mein Leben wohl ausgesehen ohne meine Freundin, die mich in den aller schwärzesten Momenten liebevoll begleitet hatte, wie wäre ich ohne sie geworden in meinem Misstrauen allen Frauen gegenüber? Durch sie habe ich so viel gelernt, ich habe gelernt zu vertrauen und auch zum ersten Mal in meinem Leben erfahren was Vertrautheit wirklich bedeutet und wie nahe man sich als Mensch sein kann, wenn man es zulässt. Ich hätte mir auch gewünscht sie ewig an meiner Seite zu haben, aber sie konnte dieses Leben nicht mehr ertragen und so habe ich sie verloren.

Mit ihr ist ein Teil von mir unwiederbringlich gestorben, ich weiss nicht, ob du es auch so empfindest, jeder , oder jede ist ja etwas anders.

Wenn jemand so überraschend aus dem Leben gerissen wird ist es furchtbar für jene die ihn liebten, man kann es einfach nicht glauben. Es entsteht ein unglaubliches Vakuum.
Anders ist es, wenn jemand eine schwere Krankheit hat und man hilflos zusehen muss und noch einmal anders, wenn man zusehen muss wie jemand sich selber langsam zu Grunde richtet.
Jeder Tod ist für jene die zurückbleiben tragisch und schmerzhaft, warum muss Liebe immer so weh tun?

Es ist wie du sagst schwer sich keine Schuld zu geben, denn die obligate Frage, was wäre und wie wäre es gewesen, wenn ich mich so, oder so verhalten hätte, kommt immer wieder. Selbstzweifel nagen, habe ich mich richtig verhalten? Wieso nur..., hätte ich nur...

Am Schluss fühlt man sich für den Tod irgendwie verantwortlich, obwohl man weiss, dass man nicht wirklich etwas dafür kann, aber trotzdem ist es bei einigen so, also bei mir z.B. Ich denke immer, dass ich nicht genug getan habe, aber dennoch weiss ich, dass ich nicht mehr hätte machen können, na ja...

"Zeit heilt alle Wunden" ich weiss nicht, ob das stimmt, heilt sie wirklich ALLE Wunden? Ist es nicht so, dass Schmerz auch zum Leben gehört, leben wir durch ihn nicht bewusster? Leben wir durch Verluste nicht intensiver?

Ich weiss nicht wie es ist ohne Schmerz zu leben, ob es überhaupt Menschen gibt die ihn nie erfahren haben? Ich bezweifle es.

Ein Bekannter verarbeitet heute seine Trauer in einem Buch. Er hat seine Mutter im Krieg auf der Flucht verloren und nun erst mit 73 ist er in der Lage es endlich zu bewältigen, wie gross muss sein Schmerz immer noch sein, wenn er ihn all die Jahre in sich trug? Und dies, obwohl er eine wunderbare Beziehung hat. Sie blieb immer bei ihm sagt er.

Die Menschen die in unserem Umfeld sind prägen uns, sowohl positiv wie leider auch negativ, stell dir vor was du alles nicht erlebt hättest, wenn es ihn nie in deinem Leben gegeben hätte und dann frage dich, ob du wirklich auf all dies gerne verzichtet hättest?  Diese Frage habe ich mir schon hunderte von Male gestellt und ich bereue nichts, aber eben, jeder geht mit seinem Schmerz etwas anders um.

Alles Liebe
Epines

nubis

#8
***Ich frage mich, ob es ein Schritt nach vorne ist, ein Eis ohne Tränen zu genießen und an jemanden zu denken, oder ein Schritt zurück, weil es der Anfang allen vergessens ist.
Ich frage mich, ob ich in zwei Jahren an der Eistheke stehe und nicht mehr weiß, was er genommen hätte und ich frage mich, ob es mir in 5 Jahren überhaupt noch auffällt, dass ich es nicht mehr weiß!***


Weißt du... - es gibt einige Vergleiche: das Leben ist ein Zugfahrt - das Leben ist wie dies - das Leben ist wie das...  - es hilft einem Dinge zu erklären, die sonst einfach nicht gut zu erklären sind.


Ich will es deshalb mal mit einem Weg versuchen ...der Lebensweg... - gar kein so schlechtes Bild.

Man geht - jeden Tag einen Schritt.
Ich glaube, dass es bestimmte Punkte gibt, die Vorbestimmt sind - Dinge, um die man einfach nicht drum herum kommt und es ist egal, welche Abzweigung man irgendwann nimmt: das wäre auf jeden Fall passiert.

Ereignisse und die Lebenswege anderer Menschen kreuzen den eigenen - manchmal nur kurz - manchmal verlaufen sie eine Weile parallel - manchmal laufen sie so zusammen, dass man den Weg gemeinsam geht - und manchmal trennen sich die Wege wieder - Mal gemächlich, ein anderes Mal abrupt - mal stolpert man über Steine, mal fällt man in ein Loch...

Alles, was man hinter sich lässt, ist anfangs noch gut zu sehen - verblasst aber mit der Zeit...
Zurück kann man nicht - höchstens langsamer gehen, oder auch mal eine Weile stehen bleiben, sich umdrehen und danach schauen.

Wenn man das weiter vergleichen möchte, dann sind Menschen, die einen verlassen haben, vielleicht wie Berge...
Anfangs allgegenwärtig - man kommt kaum aus ihrem Schatten heraus... - entfernt man sich etwas, kann man zunächst um so genauer alles ausmachen - manchmal sogar mehr, als man in unmittelbarer Nähe gesehen hat.
Aber je weiter man geht, desto unklarer wird das Bild...
Hatte er eine große Bedeutung für einen, wird man auch noch lange lange Zeit viele Details sehen, und ganz sicher auch bis ans Lebensende die Umrisse... das, was wichtig für einen ist...

Würde man alles festhalten wollen, würde man irgendwann von einer Bergkette eingeschlossen sein und nichts Neues käme mehr an einen heran...

Ich glaube, das ist von vielen hier ein Problem: sie schleppen ihre Berge mit sich, statt sie loszulassen und in der Vergangenheit kleiner werden zu lassen... - man wird krank daran.
Es ist nicht gesund, sich immer nur im Schatten vergangener Bergriesen aufzuhalten – man muss daraus hervortreten um die Sonne wieder sehen zu können – um seinen eigenen Weg auch wieder gehen zu können...


Ich denke, du bist auf deinem Weg weiter gegangen inzwischen – und hast grade festgestellt, dass du dabei bist ein paar Details aus den Augen zu verlieren...

Das macht Angst erstmal - man reibt sich die Augen und fragt sich, ob es daran liegt.. - dabei ist es ...'normal'?
Auf jeden Fall ist es richtig! - kein 'Anfang allen Vergessens' - sondern ein Anfang vom Loslassen...

Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

Epines

@nubis

Das hast du wunderschön erklärt.

Manchmal kommt es mir so vor, als ob man bewusst im Schatten verbleibt, um sich weiterhin selbst zu verletzen...

LG
Epines

Siny

#10



*Manchmal kommt es mir so vor, als ob man bewusst im Schatten verbleibt, um sich weiterhin selbst zu verletzen...*


hmm... mir auch...
Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.

(Jean-Jacques Rousseau)

Sternengucker

Liebe Nubis,

da gebe ich Epines recht, dass hast du wirklich wundergut erklärt. Und da du ja weißt, dass ich direkt bei allem Bilder im Kopf habe, ist dies ein schönes Bild. Traurig aber tröstend. Neue Fragen aufwerfend aber eine Antwort auf viele Fragen in meinem Guckerkopf.

Ich denke, wenn man dann ein wenig weiter geht, dann sieht man zwar unklarer aber man sieht ja auch den ganzen Berg, gell Nubis?
Vielleicht ist es gar nicht so wichtig, sich einzelne Details zu merken sondern die Gesamtheit zu betrachten. Ja ich hatte Angst, dass ich irgendwann ein paar Details vergesse. Aber du sagst, das man dann nicht gleich alles vergisst. Und das ich sein Aussehen vergesse, ist ja dank zweitem schonmal abgesichert.. -.-
Doch der Berg ist gut, ich meine ein paar Steinchen über die man stolpert vergisst man gerne aber wer vergisst schon ein riiiiesen Berg, gell Nubis.
Ja vielleicht ist es ein Fortschritt, ein Schritt des los lassens die Erinnerungen entspannter zu sehen. Ich meine wäre ja auch doof, ich heule die nächsten 10 Jahre bei Erdbeereis los, das wäre dann eher ein Zeichen, dass man nicht losgelassen hat, gell Nubis?
Nur irgendwie holte mich die Erkenntnis so schnell ein..

Also ist das jetzt was gutes, am anfang redeten die Leute immer was von ich müsse loslassen. Tja dann hab ich das ja nun geschafft. Also ein Erfolg. Keine Ignoratin sondern eine Erfolgin.

Deine Gucker
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin und niemand ginge um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge..  (Kurt Marti)

Sternengucker

Gestern war ich auf dem Weg in die Stadt. Wie so oft mal wieder Stau, schleppender Verkehr und zu allem Übel schon von weitem ein Unfall erkennbar.
Pah also das macht mir ja nichts, wir rasen da einfach vorbei und gut ist. Ich meine immerhin hab ich ja erst festgestellt, dass ich eine Erfolgin bin!
Aber nein es ist Stau also schleichen wir an dem Unfall vorbei.
Ich nehme mir vor die Augen fest zu schließen aber nur in Bruchteilen einer Sekunde habe ich die komplette Situation eh schon erfasst..
Zwei Rettungswagen, Notarzt, ein beiseite gestelltes Auto.. zwei Motorräder im Gras.
Mann auf Liege.. schmerzverzogenes Gesicht..
Okay gut Gucker Motorräder keeeiin Problem für dich.
Mal abgesehen davon, dass ich grundsätzlich einen leichten groll gegen Motorradfahrer schiebe, mache ich mir im Gegenzug auch immer besonders Sorgen wenn ich höre das einer fährt.
Daher meide ich das Thema eher und mache so als existiere es gar nicht..
Würde Cheru den Motorradführerschein machen, wäre eine weitere Zukunft, womöglich mit Kindern für mich ausgeschlossen. Diese na wie heißt es, Grenze? Erwartung? stellte ich ihm bereits vor vier Jahren. Sicherheitshalber ^^
Weiter geschlichen wunderbar alles gut.
Aber nein der Rettungswagen macht die Sirene an.
Sobald ich einen Rettungswagen höre oder einen Rettungshubschrauber wird mir flau und ich bin kurzzeitig um 5 Jahre zurückversetzt.
Aber alles aufeinmal, Unfall, verletzte, Motorrad, Auto, Sirene, Blaulicht.... hui.
Und dann erkennt man wie präsent alles ist, dass so weit man von diesem Berg auch weg stehen mag - Nubis das gefällt mir wirklich mit dem Berg, das hilft - eine Kleinigkeit genügt und schon steht man wieder in seinem Schatten.
Hey dabei stand man doch eben etliche kilometer weit weg! Dabei dachte man doch gerade noch man hätte alles vergessen.
Der Plattenspieler geht an und das Lied beginnt.. Stimmen, Schreie, Bilder -.-
Was fehlt ist das Gewicht im Schoß.
Deine Augen leuchteten kurz hell
dann ging alles ganz schnell
Blut quoll aus deinem Mund
schmerz zog mich in seinen schlund
Durch die Nacht flieht mein Schrei
sie brachten dich weg
es war vorbei..
Immer und immer wieder und das nur, weil man in die Stadt wollte und das zur falschen Zeit .. -.-

Also vergeht mir die Lust auf die Stadt und sowieso auf alles.
Ich meine letztens schlug der Lachs vor, ob ich nich ma in die Stadt wolle, ja keine schlechte Idee. Eine neue Jeans, ein neues Buch, vielleicht endlich mal grüner Nagellack. Super dachte ich, befolgst du mal den indirekten Rat.
Aber nein alles vergangen -.- Am liebsten wieder Heim.
Dennoch fuhr ich in die Stadt, mit schlechter Laune.
Aber ich bin eine Erfolgin.
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin und niemand ginge um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge..  (Kurt Marti)

nubis

#13
***Aber ich bin eine Erfolgin.***

Das bist du auch.



Und auch wenn man schnell wieder in den Schatten des Berges gezogen werden kann: dadurch, dass man den Weg schon mal heraus gegangen ist, geht es beim nächsten Mal leichter ...und beim übernächsten Mal noch etwas leichter...

Ja: es kann immer etwas geben, was einen Schlagartig wieder zurück versetzt - aber wenn man den Weg hinaus schon kennt - überhaupt schon mal weiß: es gibt einen Weg! ...dann muss man auch nicht mehr Fuß vor Fuß setzen, sondern kann einen einzigen großen Schritt machen um wieder dort weiter zu machen, wo man grade noch war...

Nein - es ist nicht schön, zurückgeschmissen zu werden - und das wird es nie sein.

Und man kann leider nicht immer vermeiden in Situationen zu kommen, die einen triggern und damit wieder in den Schatten ziehen.
Nicht, wenn man sich nicht eingraben will und gar nicht mehr am Leben teilhaben will...
Aber mit jedem Mal, dass man der Situation begegnet und sie überstanden hat, wird der Pfad, der einen wieder in die Gegenwart führt, ausgetretener und leichter zu begehen...


Übrigens... - wenn man selbst nicht so recht weiß, wohin den Fuß lenken, wenn man wieder im Schatten steht: es hilft, darüber zu reden und sich von helfenden Händen leiten zu lassen :-) - und da finde ich, bist du vollkommen auf dem richtigen Weg!



*knuddelgruß*


Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

Epines

Hallo liebe Gucker

Das Leid der Anderen.

Oftmals ist es so, dass uns das Leid anderer Menschen mehr und öfters zusetzt als unser eigenes, vor allem dann, wenn man das eigene noch nicht wirklich gut verarbeitet hat.  Es ist wesentlich leichter sich damit zu befassen als mit sich selber.
Durch erlebtes sensibilisiert, sind unsere Sinne  gerade zu geschärft was Schmerz angeht. Wir sehen  jemanden an und fühlen instinktiv wie es ihm geht, fühlen seine Trauer, fühlen den Schmerz der Welt, wie ich es gerne nenne.
Manche brauchen dazu nicht einmal in ein Gesicht eines Menschen zu sehen, sondern fühlen es am Telefon, oder sogar in geschriebenen Worten.

Ich könnte nun lange ausführen, dass dies mit den Spiegelnervenzellen im Gehirn zu tun hat, die uns fühlen lassen was andere fühlen, aber damit verschone ich dich heute :-).

Sich zu distanzieren ist nicht immer leicht und wenn man es versucht,  um sich selbst etwas zu schützen, dann wird einem oftmals Kaltherzigkeit und Egoismus vorgeworfen.

Nun wie geht man damit um?

Du beschreibst diesen Unfall, der dich wieder an jene schlimme Nacht erinnert hat, ja du hättest weg sehen können, was das Leichteste gewesen und in deiner momentanen Situation vielleicht auch das Beste gewesen wäre, vor allem weil schon Helfer da waren die sich  kümmerten. Du hast aber hingesehen und dich konfrontiert und dies war wirklich mutig!

Eine allgemeine Lösung wie du künftig damit besser klar kommst, habe ich leider auch nicht, ich kann nur beschreiben wie ich damit umgehe.
Seit ein paar Jahren versuche ich, diesen Schmerz der Welt auf ein Minimum zu reduzieren und es klappt immer besser.

Angefangen mit den Nachrichten, es grenzt ja schon fast an SVV was sich manche Menschen zumuten. Bilder von Krieg, Terroranschlägen, wo verletzte und sterbende Menschen gezeigt werden. Jeden Tag neue Meldungen, wo irgendwer verletzt wird und was es so Schlechtes auf der Welt gibt. Dies weiss ich auch ohne das es mir jeden Tag präsentiert wird, denn ich habe es um mich, es passiert in meiner Nähe genau so wie in weiter Ferne. Warum also halst man sich jeden Tag zusätzlich so viel Leid, Elend und Schmerz auf?

Früher las ich jeden Tag 2 Zeitungen um informiert zu sein. Ich empfand es als Lebensqualität morgens als erstes zusammen mit einem guten Kaffee zu lesen was es so Neues gab, es fiel mir anfangs gar nicht auf wie sehr mich diese Meldungen dann durch den Tag begleitet und nicht mehr los gelassen haben.

Ich merkte immer mehr, dass ich in so einer Welt nicht mehr leben will. Man stumpft auch zu sehr ab, wenn man jeden Tag von Gewalt hört und sieht und nimmt sie allmählich als gegeben hin und genau dies will ich nicht.
Natürlich habe ich weiterhin Kontakt zum Leiden in der Welt, alles lässt sich nicht vermeiden, viel sickert durch, aber es wird mir meistens von Menschen direkt erzählt, so wie gerade von dir hier, aber damit kann man besser umgehen, natürlich auch, weil man den, oder die Erzählende ein wenig kennt.

Wenn man sich prüft merkt man, dass man nahezu süchtig ist nach diesen schlechten Nachrichten, jeden Tag schaltet man den Fernseher zur richtigen Zeit ein, um ja nicht zu verpassen was es so neues an Gewalt und Entsetzlichkeiten gibt. Also bei mir war es auf jeden Fall so.

Menschen die traumatisiert sind brauchen jedoch mehr als alle anderen Schönes und Entspannendes  im Leben, eben Dinge die Freude machen, gute zwischenmenschliche Kontakte, einen Moment des Lächelns, des gegenseitigen Verstehens, um wie Nubis sagt aus dem Schatten heraus zu treten und den Weg, der wirklich breiter wird beschreiten zu können.

Manchmal ist es schwer das grelle Licht auszuhalten, aber die Augen gewöhnen sich nach und nach immer besser daran und am Schluss braucht man auch keine Sonnenbrille mehr.

Alles Liebe dir
Epines