Man hätte es doch sehen müssen?!?!

[Angst]

Ich habe heute etwas getan, was ich nich hätte tun dürfen, obwohl es überhaupt nix schlimmes war,
aber es hat mir sehr weh getan, macht mich traurig, wütend, sauer, ich bin enttäuscht und weiß nich
wie ich damit umgehen soll?!

Ich hatte heute zufällig meine ganzen Zeugnisse in der Hand, von der 1. bis zur 10. Klasse und was
ich da gelesen habe, hat mich umgehauen! Nach dem, was in den Beurteilungen stand, so denke ich,
hätte man sehen müssen, dass etwas bei mir nich stimmt! Bis mitte der 8. Klasse klang alles fast gleich:
hibbelig, unkonzentriert, schnell abgelenkt, unruhig, "tempramentvoll", immer wieder auffällig...
Meine Noten waren dafür aber relativ gut, ich war ja nich dumm, aber ich hatte starke Probleme ruhig
zu bleiben. Bei mir läuteten sofort die Alarmglocken: Das ist so nich normal, aber gesehn hat das
keiner! Es hieß nur: "Die ist halt so!" oder "Wir kriegen das in Griff!" N' Sch***!!! Kein Lehrer und auch
nich meine Mutter haben irgendwas an der Sache versucht zu ändern... Das macht mich wirklich traurig
und wütend, denn hätte man hingesehn, wäre ich heute nich so krank wie ich es bin! Auch das mit meinen
Kreislaufproblemen, die ich schon habe seit ich 6! Jahre bin... KEINER kam auf die Idee, bei mir könne
was "falsch laufen"... Dabei lag es so unglaublich offen auf der Hand, das KONNTE man nich übersehen,
außer man WOLLTE!

Ich weiß nich, vielleicht bewerte ich es grad einfach über, aber irgendwie glaub ich das nich, so wie es
Jahr für Jahr im Zeugnis stand... Das hätte irgendjemanden auffallen müssen!? Ich war ja auch so ein
"lebendiges Kind", immer fröhlich, immer am lachen... Ob ich da schon unbewusst eine Maske getragen hab,
nur um nich zu zeigen, wie schwer ich es habe, wie weh alles tut, wie sehr ich mich für meinen Vater geschämt
habe??? Ich weiß es nich...

:(

[Epines]

Hallo liebe Angst

Bei mir stand auch; ist schwierig unkonzentriert, ist nicht fähig sich sozial zu verhalten, ist aufmüpfig und frech, hält sich nicht an Regeln u.s.w.

Meine Eltern haben nach außen immerzu ratsuchend gefragt was wohl mit mir los sei...dabei wussten sie es ganz genau.

Aussenstehende hätten es sehen müssen, ja stimmt, aber beschuldige einmal jemanden, keiner nimmt so etwas auf sich, man könnte ja jemandem Unrecht tun und wegen Verleumdung selbst belangt werden.

Auch viele Täter drohen den mittlerweile erwachsenen Opfer immer wieder sie wegen Rufschändung und Verleumdung anzuzeigen. Diese Drohung macht oft Eindruck, so dass man es lieber lässt.

In meinem Bekanntenkreis gab es einen Vorfall wo ein Bekannter von mir, angeblich sein Kind missbraucht hat. Seine Frau hatte den Verdacht und hat ihr Kind im Kinderspital abklären lassen, da es markante körperliche Schäden hatte (Herpes im Genitalbereich).
Dies hat damals meinen ganzen Bekanntenkreis in zwei Gruppen gespalten. Die meisten haben IHM geglaubt und sich sofort gegen sie (seine Frau) gestellt.

Seine Tochter war gerade 7 Jahre alt und extrem schwierig.

Das Kinderspital hatte damals die Staatsanwaltschaft informiert und die hatte ein Verfahren eingeleitet. In der Folge wurde der Bekannte aus Mangel an Beweisen frei gesprochen. Seit damals feiert er jedes Jahr ein Fest an diesem Datum...

Seine Frau ist mit dem gemeinsamen Kind weit weg gezogen und er hat sich nie mehr bei ihr gemeldet und brav die Alimente bezahlt.

Ja liebe Angst man könnte es merken, aber keiner will sich daran die Finger verbrennen, dies war früher so und hat sich auch heute, wo man eher darüber redet nicht geändert.

Für die betroffenen Kinder gibt es keine Veränderungen, sie schweigen nach wie vor, weil man ihnen nicht glaubt, weil der Täter droht und weil es weiss, dass die Familie auseinander brechen würde.

Ich habe diese Zeit in der ich dachte, dass wirklich alle hätten merken müssen, dass man mir etwas antut auch lange bedauert. Ich denke, dass dieses Bedauern und auch die Wut die danach folgt, ein wichtiger Schritt im Heilungsprozess ist.

Alles Liebe dir
Epines

[Angst]

@Epines:
Als ich Dein Beitrag las, sah ich gleich dass Du mein "mich für ihn schämen" falsch interpretiert hast,
vielleicht habe ich mich aber auch einfach nich klar ausgedrückt, aber ich glaube das hatte ich in einem
andern Thread schon mal geschrieben: ER hat mir SOWAS NIE!! angetan!!!!!
Ich schäme mich für andere Sachen die er getan hat, Gewalt, Missbrauch an meiner Mutter, wie er meine
Schwester behandelt hat, das er nie wirklich Vater war...

[Epines]

Aha, da habe ich wohl, sensibilisiert in diesem Bereich nicht verstanden, warum du dich für deinen Vater schämst...

[Ina]

Rückblickend erkennt man tatsächlich schon häufig im Kindesalter erste Anzeichen
einer psychischen Erkrankung, die entweder schon vorhanden ist oder sich gerade
klar entwickelt. Oft sind es genau die Verhaltensweisen von denen Du, Angst, und
Epines schreibt: Unruhe, Widerstand, Unkonzentriertheit, Kontaktschwierigkeiten
oder "schlechtes" Sozialverhalten. Nicht selten ist es aber auch das Gegenteil: Auf-
fälliges Zurückhalten, Schweigen, sich immer hinten anzustellen, andere wichtiger
zu nehmen als sich selbst und ähnliches. Das war bei mir der Fall. Ich habe kaum ge-
redet, war zu jedem freundlich, egal wie schlecht er mich behandelt hat, habe prak-
tisch alles mit mir machen lassen. Meine Klassenlehrerin hat schnell bemerkt, dass
mit mir etwas nicht stimmt und bot mir ihre Hilfe an: Sie wollte für mich Termine
beim Schulpsychologen vereinbaren. Das Schlimme jedoch war, dass meine Mutter
sich tierisch darüber aufgeregt hat und vehement behauptet hat, es sei alles gut bei
mir und das Familienleben wäre intakt. "Was soll der Quatsch, was redet die Lehre-
rin denn da? Es ist doch alles gut - und geht die auch gar nichts an! Die soll sich da
bloß raushalten!", so ungefähr hat sie "argumentiert", weshalb schlussendlich nichts
unternommen wurde. Sie wollte nicht sehen, dass ich unter der familiären Situation
leide und vor allen Dingen wollte sie nicht, dass irgendwas nach außen gelangt. Ich
denke, dass es möglicherweise ein guter Halt gewesen wäre schon in dem Alter da-
rüber zu sprechen, was mich belastet und worunter ich leide. Doch - wie immer, auch
noch viele Jahre später - wurde mir die Hilfe verwehrt bzw. von meiner Mutter unter-
sagt.

Ich denke, es ist aber nicht immer der Fall, dass Lehrer, Eltern oder Bekannte der Fa-
milie nicht sehen wollen, dass es dem Kind nicht gut geht und dessen Verhaltenswei-
sen unüblich für ein Kind dieses Alters sind. Meiner Meinung nach wird das alles auch
oft gar nicht ernst genommen. Wieviele AD(H)S Kinder laufen "unbehandelt" herum
oder es dauert Jahre bis sie eine Diagnose gestellt bekommen, welche schon viele Jah-
re vorher hätte erkannt werden müssen? "Der ist halt so, dem geht's gut und deshalb
ist er aufgedreht" oder "Wie, was soll daran nicht normal sein? Mein Sohn ist eben tem-
peramentvoller Natur und kann sich deshalb nur schwer konzentrieren", das sind Sätze,
die vielen Erwachsenen durch den Kopf gehen. Vielleicht beobachten sie das Verhalten
ihres Kindes nicht aufmerksam genug oder haben einfach keine Ahnung davon, dass
ein solches Verhalten als Auffälligkeit gilt und Ursprünge hat, die tiefer sitzen. Es gibt
genug Menschen, die sich nie mit der Thematik psychischer Erkrankungen auseinander-
gesetzt haben und niemals damit rechnen würden, dass so etwas das eigene Kind be-
treffen könnte. Viele Eltern wollen auch einfach "das Beste für ihr Kind", lassen es tun
und machen, was es will (wobei leider viel zu oft keine Grenzen gesetzt werden!) und
denken, dass es sich dann wohl fühlt. Aber wie gesagt: Auffälliges Verhalten beim Sohn
oder der Tochter will oft nicht gesehen oder anerkannt werden, wird einfach verdrängt...



(Das mit dem AD(H)S war nur eins von vielen Beispielen)

[KeksI]

Das mit dem "Andere vor sich stellen" usw kenn ich nur zu gut... jz seh ich was ich davon hab... Mittelschwere Depressionen und keine Freunde.... Nur leute die mich ausnutzen.... Und das nur weil ich immer unwichtig war... Ich war immer die Ruhige aber nie ein Beispiel, man hat auch nie Gesagt das ich in irgendeiner weise Verhaltensauffällig sei.... Ich kam, und komme, immer besser it Jungen aus, habe mich mehrmals Geprügelt... Aber nein an mir ist nichts Auffällig.... Meine Mom meinte dann iwann mich testel lassen zu Müssen.... Et Voilá... ADS...

[nubis]

Liebe @Angst

Im Nachhinein ist es immer leichter Dinge zu deuten - vor allem, wenn man selber noch weiß, was in einem vorging.

Und natürlich ist es im Nachhinein immer möglich zu sagen: 'da hättet ihr doch...!' und 'warum habt ihr nicht...?!'

Die Überlegungen gehen auch immer dahin, dass alles anders und besser verlaufen wäre, hätte - wäre - wenn...

Aber weiß man's?


Statt darüber nachzudenken, was irgendwann mal schief gelaufen ist, solltest du dich fragen, was du heute machen kannst, damit es dir besser geht.

Damit du nicht in 5 Jahren darüber grübelst, warum dir heute keiner angesehen hat, was das Beste für dich wäre...

[Angst]

Danke für Eure Antworten!

Ja nubis, eigentlich sollte ich nich groß drüber nachdenken, aber als es so offen und eindeutig
vor mir lag, konnte ich nich anders. Auch das "hätte, wäre, wenn" stellt sich mit in den Raum...
Sowas kommt halt wenn man es sieht!
Ich hab meine Mutter auch drauf angesprochen, warum ihr denn nix aufgefallen sei, ob sie die
Zeugnisse nie richtig gelesen hätte... Ja, auch ein stückweit vorwurfsvoll!

Ich will versuchen, das alles irgendwie so anzunehmen wie es ist, nich nur weil ich nix dran ändern
kann, auch weil es nur ein Problem mehr für mich wäre und das kann ich nir momentan nich geben!
Ich hoffe es belastet mich in Zukunft nich all' zu sehr! :-/