Erinnerungen können nachträglich manipuliert werden

Begonnen von Epines, 31 Mai 2011, 13:31:29

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Epines

Hallo liebe Leute

Was man schon lange wusste wurde nun auch fundiert  wissenschaftlich belegt.
Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass es funktioniert sich eine "neue Geschichte" auszudenken und diese künftig als wahr anzunehmen. Dies gelingt mit kleineren Alltagsmissgeschicken genau so wie mit schwereren Altlasten. Durch Imagination gelingt es feindliche traumatisierende Ereignisse in freundlichere umzuwandeln.

Klingt verrückt ich weiss und natürlich sind sie nicht für Jedermann genau gleich wirksam. Aber es ist durchaus einen Versuch wert.

Interessanter Artikel:

http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article13397599/Erinnerungen-koennen-nachtraeglich-manipuliert-werden.html

Liebe Grüsse
Epines

Epines

Hier ein interessantes Buch als Hilfe zur Selbsthilfe.

http://www.amazon.de/Imagination-Behandlung-Traumafolgen-ressourcenorientierten-Verfahren/dp/3608890343/ref=pd_cp_b_2

"Die Autorin ist Leiterin der Klinik für psychotherapeutische und psychosomatische Medizin in Bielefeld und gilt als eine der herausragenden Persönlichkeiten in Bezug auf die Behandlung schwer traumatisierter Menschen. Sie beschreibt in ihrem Buch die einzelnen Phasen der Traumabehandlung unter Einbeziehung der von ihr entwickelten imaginativen Techniken... Das Buch ist nicht nur geeignet als Anregung für Therapeuten. Es ist auch eine gute Informationsquelle für traumatisierte Menschen und für all diejenigen, die mit Hilfe der Imagination zu einer inneren Stabilität finden möchten."

Dazu gibt es auch eine CD
http://www.amazon.de/Imagination-heilsame-Übungen-Aktivierung-Selbstheilungskräften/dp/3608897240

nubis


Wenn ich den Titel lese, denke ich unweigerlich an Personen, deren Erinnerungen durch Suggestivfragen dahingehend manipuliert wurden, dass sie meinen, es wäre wer-weiß-was geschehen... - also eher im negativen Sinne, was in dem ersten Artikel ja auch angesprochen wird.

Das man soetwas auch positiv nutzen kann wusste ich noch nicht - danke für die interessanten Links!
Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

Epines

Hallo liebe Nubis und Mitlesende

Ich habe von dieser Methode schon vor vielen Jahren gelesen und sie zusammen mit autogenem Training regelmässig erfolgreich angewandt.
Nicht nur in der Vergangenheitsbewältigung, sondern auch  im Alltag, wenn ich mich  falsch verhalten habe und dies die bekannten schlechten Gefühle ausgelöste, die mich dann tagelang begleiteten.

Manche nennen es Selbstbetrug, aber unser Gehirn funktioniert nun mal auf dieser Basis, alles ist so wie wir es  sehen wollen und mit dieser Methode steuern und beeinflussen wir es lediglich etwas bewusster und in die gewünschte Richtung.

Ein Beispiel aus meinem Leben was mir sehr peinlich war.
Inmitten eines Vortrages bestätigten sich meine schlimmsten Befürchtungen, ich verlor den Faden und in meiner momentanen Panik fand ich ihn nicht wieder. Natürlich setzte ich den Vortrag fort und es war ein Erfolg, aber dieser faut pas verfolgte mich noch ins Schlafzimmer. Ich wollte mich vergraben, nie mehr hingehen, alles wegwerfen, es war mir so unendlich peinlich ich schämte mich so fürchterlich und ich wusste, dass es mich wochenlang begleiten würde.

Ok, ich überlegte wie ich gewollt hätte, dass ich die Situation im Griff habe und legte mich ruhig hin, machte ein paar Entspannungsübungen und stellte mir bildlich folgendes vor:

Ich sah mich vor den Leuten stehen und den Faden verlieren. Ich sah in ihre Gesichter und sie lächelten freundlich, ich lächelte auch, atmete tief durch und sofort kam mir alles wieder in den Sinn und ich setzte den Vortrag fort.
Am Schluss klatschten alle.
Das schlechte Gefühl war sofort weg! Und kam auch nicht wieder als mir Leute begegneten die am Vortrag anwesend waren.

Im Supermarkt fuhr mir jemand von hinten mit dem Einkaufswagen in die Beine, ich drehte mich um und sagte giftig:" Können sie nicht aufpassen!"
Sofort danach tat es mir Leid so unfreundlich gewesen zu sein, kann ja jedem einmal passieren und es war bestimmt nicht beabsichtigt.
Also gleiche Übung, ich drehte mich um, lächelte den Mann an und sagte:" oh, nicht so schlimm", er lächelte auch und mein schlechtes Gefühl war sofort weg.

Nach vielen weiteren erfolgreichen Erlebnissen dachte ich, dass ich mich einmal an mein Mutterproblem damit wagen könne.

Ich stellte mir also vor, dass ich im Bett liege und meine Mutter in mein Zimmer kommt. Sie liest mir eine Geschichte vor,nimmt mich in den Arm und drückt mich und  deckt mich dann liebevoll zu, lächelt und sagt; schlafe gut mein kleiner Schatz.

Nun da klappte es nicht so einfach, wohl weil es älter war und sich das Erlebte tief eingebrannt hatte. Schon beim Gedanken, als sie mich drückte kam so ein extremer Widerwille auf, dass ich es lange nicht mehr versuchte.
Monate später wollte ich es jedoch wissen und begann jede Nacht vor dem Einschlafen daran zu denken. Wochenlang und stur.
Es kann sein, dass es gewirkt hat, denn sie ist mir heute ziemlich gleichgültig geworden, also da ist keine Wut und kein Hass mehr wenn ich an sie denke sondern nur noch ein leichtes Bedauern.

Na ja soviel zu meinen Erfahrungen mit Imagination. Einen Versuch ist es allemal wert.

Alles Liebe
Epines




Sintram

Hallo epines und wen das Thema interessiert,

Es ist doch völlig normal, dass im Gedächtnis gespeicherte Erinnerungen im Prozess wiederkehrenden Erinnerns manipuliert werden, neu bewertet und gefühlsmäßig verändert.

Da gibt es schöne Erinnerungen, die eigentlich solche sein sollten, aber durch spätere Ereignisse ihren Reiz und das emotionale Zugehörigkeitsgefühl verlieren, die schal und geschmacklos werden obgleich sie seinerzeit als intensiv erlebt wurden, weil die daraus resultierenden Entwicklungen und Erfahrungen als negativ bewertet werden.
Manche wundervolle Erfahrung will man am liebsten vergessen, weil sie zu tiefem Schmerz geführt hat und nun ebenso schmerzt obwohl sie damals beglückend war.

Andersherum gibt es schlimme Erfahrungen, die im Nachhinein infolge der Aufarbeitung und all des Positiven was sie ausgelöst haben an Schrecken verlieren, relativ neutral wenn nicht sogar bisweilen positiv erlebt werden im Erinnern.
Manches was einen aus der Spur warf kann man im Erinnern mit gelassener Entspanntheit und nüchterner Objektivität erneut erleben, ohne das es als Ereignis bedrängende Gefühle auslöst.

Die Erinnerung ist wie alles im Leben ein beweglicher Prozess, manches Gefühl kann nicht mehr wachgerufen werden schlicht auf Grund des zeitlichen Abstands und wird mit den gegenwärtigen Gefühlen beurteilt und durch sie ersetzt.

Ich finde es großartig, dass der Mensch die Fähigkeit hat, seine Erinnerungen zu verändern. Wäre ja schrecklich wenn´s nicht so wäre.

LG
Sintram

Sintram

#5
Dann hatte ich das Glück mit meinem Unfall...
Dann verlor ich meinen Job, das hat mir das Leben gerettet...
Dann hatte ich das Pech, meine Exfrau kennen zu lernen...
War eine schöne Zeit damals, nur leider ohne Ergebnis...
Hätte ich dem Frieden nur mal nicht getraut...
Anfangs war ich ja begeistert...
Zu Beginn dachte ich, ich werd verrückt, heute kann ich sagen, es war das Beste was mir passieren konnte...
War eine schwierige Phase, hat mir aber voll was gebracht...
Ich hatte da ein sehr schlimmes Erlebnis, aber ich kann inzwischen gut damit leben...
Meine Kindheit war ein einziger Alptraum, aber das liegt ja gottseidank weit zurück, und ich bemühe mich auch deshalb, meinen Kindern eine schöne Zeit zu schenken...

Ein paar Beispiele selbstmanipulierter oder relativierter Erinnerungen.

Das eigentliche Problem eines Traumas ist im Grunde nicht das schreckliche Erlebnis selbst, das wird eines Tages verblassen, Zeit heilt Wunden und das stimmt tatsächlich.
Schwierig sind die daraus resultierenden Folgehandlungen, irrationalen Reaktionen und schädlichen Verhaltensmuster, die sich aufeinander häufen und sich zu einem unüberwindlichen Hindernis in der Entfaltung und Heilung türmen.

Die Stunde der Rekapitulation und erneuten massiven Konfrontation mit dem ursprünglichen Schrecken kommt bei den Meisten in späteren Jahren ganz von selbst, bei manchen nie, je nach Notwendigkeit und Dringlichkeit, die Psyche und Unterbewusstsein selbst einzuschätzen in der Lage sind.

Manchmal kann der Wille ein aufbrechendes Trauma erneut abwürgen, wenn die negative Belastung größer ist als der zu erhoffende Erfolg endgültiger Bewältigung, was auch kein großes Problem bedeutet, das verstandesmäßige Wissen um seine unterschwellige Gegenwart genügt vollauf, um damit leben und umzugehen zu lernen.

Ein Trauma ist kein Todesurteil und besitzt nie Endgültigkeit, es prägt und verändert ein Leben ja den Menschen selbst, aber keiner kann sagen, wie sein Werdegang ohne Trauma verlaufen wäre und ob er womöglich ein zumindest oberflächlicheres wenn nicht gar ärmeres und unglücklicheres Leben geführt hätte ohne diese Erfahrung.
Ja ein selbstsüchtig abstoßendes unter Umständen.

Nach dem Warum und Gründen zu fragen ist sinnlos, es genügt vollständig, die negativen Folgen zu erkennen, aufzuarbeiten und zu verändern, auch wenn das Trauma als solches bis ans Lebensende nicht vollständig verschwindet, ja sogar massiv bestehen bleibt.
Entscheidend ist, dass es keine Kraft und keinen Einfluss mehr hat darauf, ein erfülltes oder wenigstens zufriedenes Leben führen zu können.

Tja, soweit
Lieben Gruß allen die es lesen
Sintram

@epines,
mit Dreiviertel meines Lebens jongliere ich inzwischen fast unbeteiligt in meiner Erinnerung herum, empfinde ihren Aufruf verschieden nach Stimmung und Laune und lass sie im großen und ganzen relativ bedeutungslos für mein Heute und Hier im Raum stehen. Manchmal langweilen sie mich sogar, sowohl die guten als auch die schlechten.
Kann nichts mehr rückgängig machen und daran ändern, das steht fest.

Epines

@sintram

**mit Dreiviertel meines Lebens jongliere ich inzwischen fast unbeteiligt in meiner Erinnerung herum, empfinde ihren Aufruf verschieden nach Stimmung und Laune und lass sie im großen und ganzen relativ bedeutungslos für mein Heute und Hier im Raum stehen. Manchmal langweilen sie mich sogar, sowohl die guten als auch die schlechten.
Kann nichts mehr rückgängig machen und daran ändern, das steht fest.**

Mir geht es genau so, ich denke wenn der Punkt erreicht ist, wo  sie einen langweilen, wo man  nicht schon wieder erzählen will was war, ist man darüber hinweg. An den Folgen des Traumas arbeitet man ein wenig länger, aber auch diese sind in ein erträgliches Maß zu bringen, allerdings nicht durch abwarten und nichts tun.

**Ein Trauma ist kein Todesurteil und besitzt nie Endgültigkeit, es prägt und verändert ein Leben ja den Menschen selbst, aber keiner kann sagen, wie sein Werdegang ohne Trauma verlaufen wäre und ob er womöglich ein zumindest oberflächlicheres wenn nicht gar ärmeres und unglücklicheres Leben geführt hätte ohne diese Erfahrung.
Ja ein selbstsüchtig abstoßendes unter Umständen.**

Es gibt auch in meinem Leben einiges, was durch das Trauma wohl anders gelaufen wäre, vielleicht wäre ich Wissenschaftlerin, oder gar Bundespräsidentin :-), aber ob ich damit die Zufriedenheit mit meinem Leben hätte die ich heute habe, bezweifle ich stark.

Das Pech mit deiner Exfrau hat dir wenigstens die Kinder gebracht, so hat alles was uns im Moment als schlecht erscheint wiederum auch etwas Bereicherndes, etwas wunderbar Gutes.

Alles Liebe
Epines


Amazone

wer in aller welt sollte interesse haben unsere erinnerungen nachträglich zu manipulieren?
also wenn ich das merken sollte, gibts ärger
Amazone

Epines

@Amazone
öhhhh... hast du gelesen um was es geht?

LG
Epines