Was beschäftigt Euch gerade?

Begonnen von EngelCarmen, 26 Dezember 2010, 10:35:44

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Angst

Ich frag mich warum mich der Vorfall von gestern nich sonderlich mitnimmt...
Also versteht mich nich falsch, mir tun die ganzen Opfer und deren Angehörige leid, selber habe ich mich ja auch umgehört, man macht sich ja sorgen um Freunde, Bekannte und Familie.
Vllt dringt es nich so dicht ran, weil ich schon seit Monaten mit den Gedanken spiele, dass es nich mehr lang dauert bis es die Hauptstadt erreicht...
Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich gestern und auch heute nich 100% davon überzeugt bin, dass es 'so ein' Anschlag wa... Ja der Täter soll ein Flüchtling sein, aber nich jeder von ihnen is fmfleich ein islamistischer Terrorist. Vllt wurde ja nur sein Antrag abgelehnt und er drehte durch.. Es wurden ja weder Schüsse abgegeben noch schrie irgendwer was auf arabisch..
Ich mag diese Medienpanikmache nich, aber es wird noch viel schlimmer kommen...
Jeder Mensch ist ein einmaliger Mensch und tatsächlich,
für sich gesehen, das größte Kunstwerk aller Zeiten.

~Thomas Bernhard~

Angst

Ok.. Also selbst wenn es stimmt und es ein Anschlag wa.. Warum berührt es mich nich so wie es sollte?
Das kann dich nich nur mein 'mir wa es kla' sein..
Jeder Mensch ist ein einmaliger Mensch und tatsächlich,
für sich gesehen, das größte Kunstwerk aller Zeiten.

~Thomas Bernhard~

Freudestrahlend

Mich beschäftigt dasselbe wie Angst. Ich bekomme den ganzen Tag "are you safe?"-Nachfragen. Ehrlich gesagt, habe ich erst daraufhin im Internet geguckt und gesehen, was los war. Habe es nämlich gar nicht mitbekommen, da ich kein Radio höre, kein Fernsehen schaue und gestern nicht im Netz war.

Als ich dann die Nachricht las, ging es mir wie Angst: Aha, jetzt also in Berlin. Ich habe München 1972 miterlebt, dann die Anschläge Ende der 70er, Manchester, Atlanta, Barcelona, London, Paris... irgendwie machte das für mich nie einen Unterschied, ob es "bei uns" oder anderswo war. Mich haben die europäischen Anschläge (oder auch Unglücke) nie mehr berührt als die Dinge, die weiter weg waren. Fokushima fand ich genauso schlimm wie Harrisburg oder Tschernobyl. Das Unglück bei der Love Parade war genauso schrecklich für mich wie die Pilgertoten in Mekka oder Indien.

Wo viele Menschen sind gibt es immer Gefahr. Das ist mir schon lange klar und daran ändern auch die Medienberichte nichts. Für mich ist die Gefahr gefühlt weder größer noch kleiner geworden. Und ich verstehe nicht, wie ich jetzt "auf mich aufpassen soll". Ich muss jetzt gleich noch quer durch die Stadt. Soll ich warten, bis eine U-Bahn kommt, in der jemand sitzt, der aussieht wie ein potentieller Terrorist? (Wie sieht der denn eigentlich aus???) Vielleicht sollte ich laufen? Kann aber auch gefährlich werden...

Aber noch mehr beschäftigt mich, dass ich mir jetzt tagelang dieses Zeug anhören muss über "Flüchtlinge" und "Integration". Wenn etwas in mir Hass schürt, dann das eurozentristische Beileids-, Unheils- und Schuldgelaber.

Meine Gedanken sind bei all denen, die aufgrund dieser Vorfälle jetzt ein noch härteres Leben haben, die noch mehr misstrauisch beäugt werden, beschimpft, unbegründet kontrolliert und ausgeschlossen werden...bei all meinen syrischen Freund*innen und allen anderen, die jetzt darunter zu leiden haben.
Most people do not listen with the intent to understand, they listen with the intent to reply.

Alana

@Freude und Angst: Natürlich nerven die Fragen, aber (und jetzt rede ich nur für meinen Teil) sitze kilometerweit von Euch entfernt und möchte, dass es Euch gut geht - ja, da kommt mein Glucken-Gen durch ;-)

Ich habe heute "live" mitbekommen, dass sich Menschen mit Migrationshintergrund kaum auf die Straße trauen oder, sollten sie es tun, beschimpft werden. Das macht mich enorm traurig.
Unser wirklich übersichtlicher Weihnachtsmarkt war wie leergefegt... Angst - genau das, was ein Terroranschlag erzielen soll. Menschen, die sich entfernen, aufgrund Religion, Ethnie, Aussehen - dabei ist doch das einzige, was zählt, wie es innen aussieht.

hardworking fool

Mich beschäftigen gerade ein paar ganz ketzerische Fragen:

Ist man durch die ganzen Schreckensmeldungen, Paris, Nizza, München, Ansbach, Würzburg ... tatsächlich schon so abgestumpft, dass man Meldungen wie die aus Berlin mittlerweile einfach hinnimmt, ohne sich groß aufzuregen?
Und wenn ja, wäre das wirklich so schrecklich? Denn dann hätten die Terroristen endgültig verloren!
Wenn uns die Meldung über einen Akt des Terrors nicht mehr berührt als die Statistiken über Verkehrsunfälle, wie wollen uns diese Fanatiker dann noch einschüchtern?

Leid tun mir nur all diejenigen, die unschuldig unter Generalverdacht geraten. Und diejenigen, die vor lauter Hass und Verblendung ihre Mitmenschen nur noch als Schablonen wahrnehmen können:
DIE Asylanten! DIE Flüchtlinge! DIE Ausländer! Warum nicht gleich DIE Schafkopfspieler! DIE Schnapstrinker! DIE Betschwestern! ....

"Die Angst ist die Flamme unserer Zeit und die wird eifrig geschürt." Lasst uns der Panik das Brennholz entziehen! 
Nur so ein paar Gedanken von einem dummen Narren.

nubis


Meine Gedanken dazu:

...11 Tote sind 11 Einzelschicksale, 11 Menschen, die jetzt anderen fehlen werden, die aus unserer Sicht sinnlos gestorben sind...

Aber: 'nur' weil es ein idiotischer Radikaler (egal welcher Glaubens- Partei- oder Szenengruppe) war - was macht deren Tode so viel schlimmer als die der rund 900.000 anderen Menschen, die jährlich in Deutschland sterben?

Es rückt immer in den Fokus der Öffentlichkeit wenn eine größere Anzahl Menschen zeitgleich stirb - bei Unfällen, Flugzeugabstürzen oder eben durch einen Terrorakt.

Tatsächlich empfinde ich 11 aber gar nicht als so große Zahl.
Klar - bei einem Verkehrsunfall sterben in der Regel 1 bis 4 Personen - die werden allenfalls in den Regionalnachrichten erwähnt.
Ein Zugunglück ...ok - da sind schon mehr Personen betroffen - das schafft es dann auch in die überregionalen Nachrichten.
Oder ein Flugzeugabsturz mit 100 oder mehr Toten.

Mich irritiert dabei: nachdem angenommen wurde, es sei ein Terrorakt gewesen, wurde Trauerbeflaggung angeordnet.
Wäre das auch geschehen, wenn es ein Unfall (zB versagende Bremsen, ein Herzinfarkt des Fahrers am Steuer) gewesen wäre?
Wenn es 'nur' 2 Tote gegeben hätte?
Oder wird jetzt anders herum nach einer Massenkarambolage mit x Toten auf der Autobahn auch die Flagge gehisst?
Eher nicht ...dabei ist es für den Verstorbenen doch letztlich egal, ob es ein Unfall war oder Absicht ...tot ist er so oder so.
Der einzige Unterschied bei Gewaltverbrechen betrifft die Hinterbliebenen: man kann jemandem die Schuld geben.
Was daran führt aber zu der Aussage, die wie schrecklich das doch sei - und wie sinnlos?
Andere Todesfälle können bestenfalls mit Zufall, Schicksal oder allenfalls noch 'eigene Schuld' erklärt werden - macht sie das 'sinnvoller'?

Hat nicht genau genommen der Tod durch ein Gewaltverbrechen als einziges einen Sinn? - nämlich für den Täter?

Ich will nicht sagen, dass es mich kalt lässt ...es ist eher so eine resignierte Traurigkeit, die ich spüre - aber letztlich: noch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich einen Herzinfarkt bekommen werde, an Krebs sterben, oder bei einem Unfall ums Leben kommen werde - ja sogar, dass ich Suizid begehen werde - um ein vielfaches größer als die, einem Terrorakt zum Opfer zu fallen.

In sofern denke ich: Gewaltverbrechen (egal welchen Hintergrundes) sind eine mögliche Todesursache.
Nicht mehr und nicht weniger - dementsprechend berührt mich das genau so viel oder so wenig wie andere Nachrichten zu dem Thema.
Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

Alana

@nubis: Um ehrlich zu sein, hatte ich einen ähnlichen Gedankengang, nur wusste ich jenen nicht so präzise in Worte zu fassen, wie Du es kannst.

Ich schätze, die Menschen reagieren so enorm darauf, da es sich um die Weihnachtszeit und den - markt handelt. Es ist ein christliches Fest, wo Menschen einfach näher rücken. Und genau dort "verwundet" zu werden, ist für viele schmerzlicher.

Hiermit möchte ich nicht sagen, dass dies meine Meinung ist, es ist ledigliche Taschenpsychologie.

Nur als Beispiel: in der Türkei ist ein Russe "für Aleppo" erschossen worden - das ging absolut in dem Wust an Nachrichten über den Terrorakt unter (weil es nur einer war?!). Jeder Tod durch Gewalt, Terror, Krankheit, Suizid ist für die Umwelt, Familie, Freunde "sinnfrei".

Ina

Was für ein gutes, beruhigendes Gefühl, dass ich mit meinen Gedankengängen zu diesem Thema ganz und gar nicht allein bin... Ich habe mich gestern Vormittag während und nach einem Gespräch darüber gefragt, ob ich kalt oder gar abgestumpft bin – und wenn ja, warum das so ist und ob das "richtig" ist. Es hat sich fast schon "falsch" angefühlt, so zu denken und zu fühlen (oder eben *nicht* zu fühlen). Hier steht in jedem Beitrag etwas, dem ich mich anschließen kann, deshalb verzichte ich darauf, meine Meinung zum Thema nochmal in andere, eigene Worte zu fassen (es wäre lediglich eine Wiederholung).
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Bella

Nun ja, ich finde jedenfalls, dass es schon ein Unterschied ist, ob Menschen von anderen Menschen vorsätzlich umgebracht werden oder ob es ein Unfall ist. Für mich ist das ein riesiger Unterschied und ich fühle mich von der Tat in Berlin sehr betroffen.
Ich kämpfe bis zum Sieg.

Wolke

...ich nicht für diese welt geschaffen bin

LostSoul

Warum Weihnachten immer alle auf heile Welt tun, nur um danach genauso verlogen zu sein wie vorher auch...

Angst

Das sich alles in mir falsch anfühlt...
Jeder Mensch ist ein einmaliger Mensch und tatsächlich,
für sich gesehen, das größte Kunstwerk aller Zeiten.

~Thomas Bernhard~

Angst

Was ich in manchen Zeiten wohl ohne das Forum gemacht hätte... Ohne die lieben Menschen die ich kennenlernen durfte...
Jeder Mensch ist ein einmaliger Mensch und tatsächlich,
für sich gesehen, das größte Kunstwerk aller Zeiten.

~Thomas Bernhard~

Angst

Das unsinnige Sachen dem ein herzrasen bringen, dem anderen lachen..

Das Menschen manchma einfach unsicher schlagen wenn sie emotional am Ende sind und in Situationen geraten in denen sie nich mehr sie selbst sind... und werden manchma auch verletzend...

Das ich mich in den letzten 3 Tagen gar nich richtig mit mir beschäftigt habe...
Jeder Mensch ist ein einmaliger Mensch und tatsächlich,
für sich gesehen, das größte Kunstwerk aller Zeiten.

~Thomas Bernhard~

Siny

meine Schwangerschaftshypochondrie
Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.

(Jean-Jacques Rousseau)