Suizid

Begonnen von Thalia, 02 November 2010, 17:55:03

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Thalia

Guten Tag,

ich leide seit Jahren an starken Depressionen und möchte mir das Leben nehmen. Ich habe aber Angst um meine Familie, ich möchte Ihnen nicht weh tun und Ihnen das Leben schwer machen. Was kann ich tun damit ich so wenig Schaden wie möglich anrichte?

Sintram

Hallo Thalia,

ganz einfach: Am Leben bleiben! Dir helfen lassen, am besten stationär. Nicht aufgeben!

Lieben Gruß
Sintram

Thalia

Danke Sintram.

Möchte ich aber nicht mehr. Vor 10 Jahren hatte ich noch Hoffnung daß alles mal besser wird, habe auch sehr viel dafür getan, aber Jahr für Jahr wurde es schlechter. Jetzt will ich einfach nicht mehr, und die Depressionen sind ja auch eine Belastung für das Umfeld. In eine Klinik bekommt man doch nur Tabletten und keine Perspektive.

Sintram

Die Perspektive musst Du selbst entwickeln, in einer Klinik, Tagklinik, Rehaklinik, können sie Dir höchstens Anregungen und Ideen verabreichen, möglicherweise Deine ersten Schritte einleiten und unterstützen.
All das klappt aber nur mit Hilfe eines wirkungsvollen Anti-Depressivums.

Welche Last Du mit Deiner schweren Depression auch immer darstellst -oder zumindest glaubst es zu sein- für Deine nächsten Mitmenschen, mit einem Suizid machst Du diese tausendmal schwerer, die Leute haben ihr restliches Leben dran zu tragen.

Außerdem ist es mit der Unterstützung ausreichender Medikamentierung möglich, mit einer schweren Depression weiterzuleben ohne eine konkrete Perspektive entwickeln zu können.
Leben einfach um des Weiterlebens Willen. Wie ein Maulwurf oder ein Igel.

Und auch so ein scheinbar nutzloses Leben kann schön sein und lebenswert. Zumindest immer wieder und für gewisse Phasen.
Kann Glücksmomente haben und friedliche Stunden.

Alles ist besser als Suizid.

Thalia

Hallo Sintram,

Mit diesen Medikamenten ist das Leben einfach nicht mehr lebenswert. Ich hatte eine andere Vorstellung vom Leben und ertrage einfach nicht mehr dieses Gefühl der Nutzlosigkeit und der Minderwertigkeit. Ich will endlich daß es aufhört.

ruach

Grüß Dich, Thalia,

ich versteh Dich. Das erst einmal vorne weg.
Ja, kranke Menschen - also Du und ich und viele, viele andere - sind eine 'Belastung' für das Umfeld.
Nur wäre es für dasselbe Umfeld unendlich belastender, würdest Du Dir - würde ich mir oder sonstwer sich - das Leben nehmen.
Das Argument ist also keines.......

Nur geht es eigentlich auch nicht um Argumente, sondern es geht darum, sich zum Leben verdammt zu fühlen. Nicht wahr? Ganz genau so fühlte ich mich lange. Und ich war dem Suizid mehr als einmal sehr nahe. Bis ich begriffen habe, gespürt habe, mich getraut habe zu erkennen, dass ich eeeigentlich schon leben wollen würde, wenn ich doch so leben könnte, wie ich wollte. Und dann brauchte es noch einmal eine gewaltige Kraftanstrengung zuzulassen, dass mich nicht nur und vor allem andere Menschen oder "die Umstände" daran hindern, mein leben zu leben, sondern - ganz böse anstrengend, aber wahr - vor allem ICH SELBST.

Thalia, Du KANNST leben. Und einen Weg dahin finden. Ich sag Dir nicht, dass das leicht ist - nein, das wäre gelogen. Aber wenn Du Deine Restenergie, die Du noch hast, darauf lenken kannst (und nicht weiter in die Frage, warum Du denn nun leben musst, denn die Antwort findest Du nicht), dann kannst Du diese Restenergie (und sei es noch so wenig, aber etwas ist da) FÜR DICH nutzen, und dann wirst Du es schaffen können.

Ich schätze, das glaubst Du nicht oder willst Du nicht hören. Ich hätte damals niemandem geglaubt, hätte es mir jemand gesagt. Heute weiß ich aber, dass es wahr ist.
Ich wünsche Dir den Mut, Dich dem zu stellen. Dich schützen zu lassen, wenn Du Dich selbst nicht schützen kannst (hierfür gibt es gute Kliniken, Therapeuten, die Telefonseelsorge und andere Anlaufstellen - bitte, nutze sie). Ich wünsch Dir die Kraft zu leben. Und irgendwann den Blick zurück, der Dich froh sein lässt, Dich für das Leben entschieden zu haben.

Mut, Thalia, den wünsch ich Dir so sehr!

Liebe Grüße
ruach

Sintram

Thalia,

weder bist Du nutzlos noch wertlos.

Du kannst hören, sehen, riechen, fühlen, denken und schreiben.
Deine eigenen Gedanken allein machen Dich wertvoll und einzigartig genug um zu leben.
Ebenso Deine ganz persönlichen Gefühle, die nur Du allein fühlen kannst.

Du bist um Deiner selbst willen wertvoll, und gerade Dein gebrochener Lebenswille ist es, der Dir die sogenannte Nützlichkeit schenkt.
Du bist für andere Menschen eine Herausforderung, ein Gedankenanstoß, ein Impuls, über sich und das eigene Leben ja das Leben an sich nachzudenken.
Die Welt durch die Konfrontation mit Deinem Leiden mit anderen Augen zu sehen. Bewusster, tiefer, mitmenschlicher.
Deine Mutlosigkeit ist so gesehen eine überaus nützliche Eigenschaft und Dein "Vegetieren" alles andere als eine sinnlose Existenz.

Denn wenn Du mit und trotz Deines unsäglichen Leidens weiterlebst, scheinbar ohne erkennbaren Sinn, quasi lebst um die meiste Zeit davon zu leiden...
dann gibst Du dem Dasein einen wesentlich mächtigeren Sinn als jeder noch so aktive und tatkräftige Mensch es je zustandebringen könnte.

Weil Du der lebende Beweis bist dafür, dass das Leben weitaus mehr ist als sichtbare und unmittelbare Wirkung und Veränderung. Ja Du widerlegst diesen weitverbreiteten Irrtum durch Deine bloße Existenz.

Ein kaum zu ertragendes Leben, das dennoch ertragen wird, diese Botschaft ist das Allerbeste, was Du tun kannst für Deine Familie. Denn ob sie es wahrhaben wollen oder nicht und auch wenn sie beharrlich das Gegenteil behaupten:
Du machst ihnen Mut dadurch.

Die Depression ist der Wahrheit menschlicher Existenz sehr viel näher als die Lebenstüchtigkeit.



dejavu

Der Wunsch zu sterben bedeutet nicht, freiwillig aus dem Leben gehen zu WOLLEN sondern grundsätzlich den Wunsch nach tiefgreifender Veränderung.

Thalia

Sintram, Ruach,

Eure Gedanken sind sehr tiefsinning.
Ich denke, jeder kann weiterleben. Aber es geht ja nicht um das irgendwie weiterleben, sondern daß man anders leben möchte. Du hast Recht wenn Du sagst, daß Weiterleben einen Sinn macht wenn man so weiterleben könnte wie man es gerne hätte. Aber das geht nun mal nicht immer. Meine Depression verschwindet einfach nicht weil ich auf der Stelle trete, ich komme nicht weiter, ich fühle mich ausgeliefert und machtlos.  Sich selbst das Leben schön zu reden, daß man keine Freunde braucht, keinen Partner, keine Arbeit? Was macht das Leben denn noch lebenswert wenn man noch nicht einmal mehr die Hoffnung hat, daß alles besser wird? Man ist sich selbst oft der größte Widersacher, und in dem Falle ist es leicht, eine Änderung herbeizuführen. Aber es liegt nicht immer an einem selbst.
Leben und Leiden- schlimm. Ich wollte mal Freude in meinem Leben haben.

Thalia

Hallo Dejavu,

das ist ein sehr wahrer Satz. Aber eine Veränderung geht nicht immer. Man hat nicht alle Möglichkeiten der Welt.

nubis

#10
Hallo Thalia

Du schreibst aber selbst, du hast Angst um deine Familie, wenn du dir was antust... - also gibt es doch Menschen, denen du etwas bedeutest?
Die dir etwas bedeuten, dass du ihnen das nicht antun willst?

Man hat nicht alle Möglichkeiten der Welt - aber vielleicht hast du noch nicht alle Möglichkeiten gesehen, die DU hast?

Vielleicht erzählst du ein bisschen mehr von dir und deinen Problemen ...und vielleicht kann dir hier der Austausch mit anderen Betroffenen noch Möglichkeiten zeigen, die du vielleicht nur im Moment nicht siehst?


Manchmal will man nicht mehr.
Noch nicht mal mehr nach Möglichkeiten suchen.

Aber ich glaube, jemand, der noch hier ins Forum findet, hat noch nicht abgeschlossen, sondern sucht noch.

Und nun hast du uns erst mal gefunden: Willkommen im Forum :-)
Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

stern

nubis worten ist nicht viel zuzufügen

eines nur vlt.      wenn du statt ganz aus dem leben deiner familie zu gehen
mal eine längere auszeit nimmst?reha?kur?klinik?

schön das du bei uns bist
stern(Admin)

Thalia

Vielen Dank für die lieben Worte. Ja, ich habe noch drei Menschen denen ich noch etwas bedeute, aber die brauchen auch Hilfe die ich Ihnen nicht geben kann.

Mein Problem ist sehr kompliziert. Egal wie ich es formuliere , es hört sich nach einem Wahn an, ist es aber nicht. Ich bin schon seit einiger Zeit krank geschrieben, die Probleme werden aber immer größer. Ich kann euch noch nicht einmal mein Problem schildern. Ich will, daß einfach Ruhe ist und ich nichts mehr denke und fühle. Ich habe einfach nur Angst vor der Zukunft, ich fühle mich traurig und schwer und will verschwinden. Mein ganzes Leben war für die Katz.

Sintram

Guten Morgen Thalia,

auch von mir noch ein herzliches Willkommen.

Du kannst ganz sicher wieder zu Lebensfreude zurückfinden, selbst dann, wenn die Depression immer wieder mal zurückkommt und Deine Begleiterin bleibt, es lohnt sich weiterzumachen.
Im Augenblick ist der Gedanke undenkbar für Dich, Du bist felsenfest davon überzeugt, dass sich nie mehr etwas daran ändern wird, dass Dein Leben vergeudet ist und keine Zukunft vorhanden.

Dieses Empfinden ist im Herzen der Depression vollkommen normal, aber es stimmt ganz einfach nicht.
Die Depression gaukelt nein lügt Dir das vor, sie hält Dich gefangen und will Dir weismachen, dass alles seine logische Richtigkeit hat und es keinen anderen Ausweg gibt.

Das macht sie immer so, und je öfter du diesen Zustand erlebst, desto weniger bedrohlich wird er, weil du im Innersten weißt, dass du auch beim letzten Mal rausgekommen bist aus dem tiefen Loch.
Eine schwere langjährige Depression kann länger dauern, sie verschwindet nicht von heute auf morgen, aber sie lässt sich beherrschen...
allerdings nur mit Hilfe der richtigen Medikamentation. Und es gibt inzwischen wirklich gute AD mit verhältnismäßig wenig Nebenwirkungen, früher war das viel schlimmer.

Es ist noch Lebenswillen in Dir, ganz ohne Zweifel, der Gedanke, Dein Leben könnte Leid bleiben, erschreckt Dich.
Das ist ein deutlicher Lebensimpuls, Du wehrst Dich gegen die Depression und willst ihrer Allmacht nicht glauben. Und in der Tat, sie ist nicht allmächtig.
Du sehnst Dich zurück nach einem glücklichen frohen Leben. Dieses -oder der Wunsch- liegt nicht nur hinter Dir, es liegt auch vor Dir. Es wird nicht mehr dasselbe sein, aber ein gutes Leben steht Dir allemal offen.
Dass Du Dich noch erinnern kannst beweist, dass Du es noch nicht vollständig aufgegeben hast.

In Deiner momentanen Verfassung gibt es nur einen Weg, der Unerträglichkeit Deiner Seelenqual zu entkommen: Die Einweisung in eine Klinik, ein Bezirkskrankenhaus.
Und glaube mir, dort kann Dir wirklich geholfen werden. Jedenfalls soviel, dass Du der Endgültigkeit Deiner momentanen Not entkommen kannst.

Alles andere wird sich entwickeln, weil Du Dich weiterentwickeln wirst.
Mag Deine Lebenssituation noch so schwierig sein, Du wirst Lösungen finden.
Als neuer Mensch wirst Du ein neues Leben beginnen.

In jeder noch so tiefen schweren Depression ist die Chance zu einem Neuanfang verborgen.
Nutze sie. Lass Dich einweisen, und sei es nur für Deine drei geliebten Menschen.
Gib "Selbstgefährdung" als Grund an und lass alles was folgt auf Dich zukommen.

Alles ist besser als Suizid, glaube mir, ich weiß wovon ich rede.

Lieben Gruß
Sintram


dejavu

Hallo Thalia

ich widerspreche dir. Ich sage, es geht. Du suchst hier Rat und Hilfe, das ist ein 1. Schritt. Ich weiß nicht, welche konkreten Dinge dich umtreiben, ich war selbst am Rande der Verzweiflung, ehe ich sehen mußte, daß es um mich geht und nicht darum, ob ich unersetzbar auf der Arbeit bin, ob ich grundsätzlich für das Wohl der anderen sorge und mich komplett verliere.
Ich hab mich eingelebt in Suizidgedanken, bin akut suizidal aus der Klinik abgéhauen, weil ich arbeiten und für meinen Sohn dasein wollte.
Ich hab weitergelebt unter der Prämisse, es nur für meinen Sohn zu tun, und so bald er 18J ist von dieser Welt verschwinde. Ich hab in einem anderen Thread geschrieben, welche körperlichen Symptome mich über 20Jahre gequält haben. Vllt hast du Lust, es zu lesen. Der Thread ist von EinsamesMadel hier in diesem Unterforum.
Ich befinde mich im3.Jahr einer rezidivierenden schweren Depression mit PK- Störung. Oder umgekehrt. Wie auch immer. Ich habe niemanden in meiner realen Welt, der für mich da ist und bin eigentlich allein. Die einzigen Menschen, die mich wirklich tief im Grunde meines Herzens verstehen, hab ich hier gefunden und ich haue nicht auf den Putz, wenn ich sage, es hat mich überleben lassen.
Erst jetzt, ganz langsam, beginne ich zu begreifen!!, was mit mir los ist, warum es so ist und was meine Wünsche sind, die ich soweit weggeschoben habe, daß sie verschüttet waren und ich sie zuerst nichtmal sehen konnte.
Das ist kein schöner Weg, beileibe nicht. Es tut verdammt weh, ihn zu gehen, denn man erkennt Dinge, die einen in den Abgrund reißen.
Nichts desto trotz!
Es geht um Veränderung.
lg deja