Wie lebt ihr anderen?

Begonnen von Madele, 25 Juli 2010, 22:40:52

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Madele

Ich hätte gerne mal gewusst, wie ihr lebt, wir ihr mit den Diagnosen umgeht die ihr habt, arbeitet ihr? Studiert ihr? Was gibt euch noch etwas? Was macht für euch Sinn?

Ich frage das weil bei vielen Threats kaum Hintergründe zu erkennen sind, wie schafft ihr das Leben? Ich war mal für mehrere Jahre stabil und hab dabei echt was geschafft, bin auf die Uni und plötzlich ging der Punk ab, schleichend zuerst, dann immer mehr, Stress, Druck, Leistungsdruck, Bewertungen, Analysen...schlimmer als eine röntgenaufnahme, Fehleinschätzungen, Einschüchterung seitens von Lehrer und Ausbilder, wie ich schon mal schrieb. Jetzt habe ich mir eine Auszeit genommen um mir überhaupt klar zu werden ob ich das noch will, gut ok ich bin jetzt in der "Halbzeit" aber ich denke nicht dass ich die ganze quälerei noch 2 Jahre durchstehen werde. Vielleicht ist es besser den Studiengang zu wechseln. Donnerstag habe ich ENDLICH einen neuen Termin beim Psychodoc, ich überlege mir wie ich dem meinen ganzen Seelenschlamassel vor die Füsse werfe, ich hab soviel in mir aufgestaut dass mir der Anfang fehlt. Positiv betrachtet muss ich sagen dass mir meine Mittelohrentzündung die Benzofreie Zeit bisschen leichter gemacht hat, da das Penicillin 800 mg Wirkstoff per Tablette enthielt und ich per Tag 6 stück zu schlucken hatte. War ein gutes Mittel zum schlafen. Wenn es die nächsten Tage so kalt bleibt wie es jetzt war, hole ich mir mal eine Seelenmassage in Form von Schwimmen und Sauna. Muss einfach mal wieder etwas für mich tun und versuchen stark zu sein, Zumindest ein paar stunden, vielleicht bin ich dann weniger zappelig und meinen Angstdämonen weniger ausgesetzt.

21HEIDI

Hallo Madele!

Ich kann Dir nur sagen,wie ich HEUTE damit umgehe.

Inzwischen ist mir total egal,was die Menschen von mir denken...
Seit ich 3x i´m Coma lag und das Licht bereits sah,habe ich keine Angst mehr...
Bin in der Arbeitunfähigkeitspension und muß "nur" zu den verschiedensten Untersuchungen.
Kann mir also den Tag so einteilen,wie ich mag...
Ich lasse mich nicht hetzen,mich nicht einteilen wie eine Maschine oder so,...
Ich helfe sehr gerne,wenn andere Menschen mich darum bitten,...
aber nur,wenn ich selbst in der Lage bin!
Und wem meine Krankheiten und mein ICH nicht passen,wer mir nicht glaubt,u.s.w..,der kann mich ....
Meine Lebensdevise lautet ja:
"Wenn alle Menschen das tun würden,was sie mich können,
käme ich nie wieder im Leben zum Sitzen!"

Und ehrlich gesagt,ich komme sehr gut damit zurecht!
Was gibt mir noch was?Was macht mir Sinn?

Die Genugtuung,daß ich es immer wieder schaffe,obwohl die Ärzte anders reden...
Daß ich immer wieder gebraucht werde,...
Daß ich Verantwortung habe,weil ich einen Sohn und eine Katze habe!
Ein ehrliches Dankeschön von einem anderen Menschen...
Daß es wunderbar ist,wenn man die Natur so beobachtet...
Daß ich wie ein Stehaufmännchen bin,...
Daß ich eigentlich immer wieder was dazugelernt habe und auch weiterhin lernen werde,...
Daß man mir fast nichts anmerkt,wenn ich auf der Straße gehe...
Daß man meine selbstgemachten Süßspeisen und Kekse sehr liebt,...
Also daß ich noch viel zu tun habe,weil ich immer irgendwie von irgendwem  gebraucht werde...

Liebe Grüße,
HEIDI :-)

sensitive_ignored

#2
Hallo Madele!

Also, ich lebe mit der "Diagnose" seit ich 20 bin...wobei es auch eher mit Ängsten angefangen hat, später dann wurde ich depressiv...ich habe studiert (FH) und dann noch ne Zusatzausbildung "Bilanzbuchhalter" gemacht...wie ich das trotz meines Zustands geschafft habe: keine Ahnung...eigentlich fast unmenschlich das Ganze...meine Zeugnisse (Studium, BiBu) sind auch nicht wirklich toll....aber das will ich mir mal nicht übel nehmen (und ist mir inzwischen auch total egal).....noch arbeite ich....wielange ich das noch durchhalte: ungewiss...bin jetzt über 30 und das Leben zieht so an mir vorüber...viel Sinn kann ich darin nicht erkennen...

LG

Madele

Wenn ich mir die Beiträge so ansehe möchte ich mal eine Riesenumarmung machen und euch sagen ihr seid nicht alleine, euere Gedanken sind weder fremd noch abnorm so wie sie uns alle einreden wollen. Vielleicht leben wir wirklich in einer art anderen Welt, in einer wo wir viel hinter den Kulissen sehen, ich glaube früher waren das mal Propheten oder so die das konnten. Jedenfalls werde ich in den tiefsten und schwersten Phasen regelrecht von Wahrheiten erschlagen. Plötzlich wird mir alles so gewiss, aber anstatt daran anknüpfen zu können, verliere ich das " gesehene" wieder. Mir geben frühe Morgen etwas, ich mag das Licht, die Luft alles ist noch ruhig. Vielleicht erklärt das auch warum ich eher ein Nachtmensch bin. Ich mag den Regen draussen, das ist auch das einzig natürliche das mich beruhigen kann, Regen und das Rauschen des Meeres, da kann ich jede Meditations CD glatt in den Eimer treten. Und ich mag Erdbeereis mit Vanillie und Schokososse.
Oder heisse Himbeeren, dafür würde ich alles stehen lassen. Aber das ist leider nur eine Seltenheit.  :(

Driver

Hmmm, wie lebe ich ?

Habe mich wieder gefunden - jedenfalls vieles von mir. Einiges fehlt noch, aber mittlerweile glaube ich daran, dass es auch noch wieder kommt.

Ich freue mich über die neue Chance, den neuen Job. Freue mich auf meine Freundin, die auch bald aus der Klinik zurück kommt. Wundere mich manchmal darüber, dass ich ganz gut wieder alleine sein kann, jedenfalls zeitweise.

Ich sehe auch die dunkle Seite, meine Süchte, meine Abhängigkeiten, meine Schwäche. Bin aber stolz auf mich, dass ich trotz aller "Deformationen" überlebt habe und nie aufgegeben habe.

Ich bin dankbar für die Hilfe, die ich mir geholt habe und die mir gewährt wurde. Dankbar für die Menschen - auch hier im Forum - die mir Trost und Mut zugesprochen haben.

Das Leben fühlt sich wieder besser an. Anders, nicht so, wie früher, aber besser als noch vor Monaten. Und die Gewißheit, dass es nicht mehr so wird, wie früher, macht mir keine Angst mehr.

Ich lebe.

Driver

Madele

Das klingt so wunderbar, das muss sich doch anfühlen wie im Himmel. Teilweise weiss ich noch wie alles sein kann weil ich es auch schon anders erlebt habe, aber im Moment bin ich noch in mir selber gefangen, weil ich mich nicht fallen lassen kann und mich immer vor dem danach fürchte. Und ich bin nicht bereit jemanden wirklich und aus vollsten Herzen zu ver-trauen weil ich viel zu viel Angst vor seelischen Verletzungen habe.
Aber ich bin (noch?) da. Vielleicht geht auch für mich irgendwann wieder die Sonne auf, die Regenwolken verschwinden und die Sterne in meinen Augen kehren wieder zurück?
Ich weiss es nicht. Nicht jetzt  jedenfalls, der Weg ist noch lang.

Driver

Ja, der Weg ist lang. Meiner dauert schon 30 Jahre lang - und er ist noch nicht zu Ende. Ich hatte gute Zeiten und schlechte Zeiten. Die letzten 9 Jahre waren hart, fast zu hart. Aber ich habe sie überlebt. Und jetzt sind wieder bessere Zeiten. Wie lange mögen sie dauern ? Keine Ahnung - will es auch gar nicht wissen. Versuche, im hier und jetzt zu bleiben, diese Zeiten so gut, wie möglich zu genießen. Mit allen Sinnen, die mir geblieben sind. Man mag das als oberflächlich ansehen, aber das ist es nicht. Im Gegenteil. Weil ich weiß, dass es gute und schlechte Tage gibt, versuche ich, die Guten so intensiv und bewußt, wie möglich zu leben.

Ja, es ist im Vergleich zu den schlechten Tagen himmlisch. Und ich nehme diese Zeiten jetzt dankbar an. Und ich wünsche allen, denen es nicht so gut geht, wieder Hoffnung zu finden und durchzuhalten. Auch wenn es jetzt noch dunkel ist, der Himmel voller Wolken - einer, der aus der Dunkelheit zurück gekehrt ist, kann sagen: "Die Sonne scheint noch. Wir können es manchmal nicht sehen, aber die Sonne ist immer da. Wenn wir irgendwann die Kraft finden, den dunklen Raum zu verlassen, können wir sie wieder sehen."

Möge uns allen die Sonne wieder scheinen.

Ein dankbarer Driver.

Ina

Hallo Madele,

wie gehe ich mit meinen Diagnosen um, wie lebe ich mein Leben? Meine Antworten
darauf sind traurig, aber leicht zu beantworten:

Seit vielen Jahren geht es mir schlecht - ich habe deshalb die Schule nach der 11.
Klasse auf dem Gymnasium abgebrochen. Studiert habe ich nicht, eine Ausbildung
habe ich auch nicht gemacht. Ich habe für eine Zeit lang als Autorin für Webseiten
gearbeitet, dies allerdings ebenfalls aufgrund meiner Depression aufgegeben. Ir-
gendwann wurde ich dann vom Arbeitsamt zum Gesundheitsamt geschickt, wo ich
zu einem Amtsarzt musste, der eine Stunde lang mit mir gesprochen hat und am
Ende feststellte, dass ich nicht erwerbsfähig bin. Sprich: Ich bin wegen meiner psy-
chischen Erkrankungen nicht in der Lage zu arbeiten. Das ist aber hoffentlich nur
im Moment so und wird sich irgendwann wieder ändern, wenn es mir besser geht.

Mein Weg, mir irgendwie helfen zu lassen, ist schon lang und bringt nur kleine Fort-
schritte mit sich. Was ich bisher versucht habe: Neurologe, verschiedene Psychia-
ter, 17 unterschiedliche Antidepressiva und Neuroleptika, zweieinhalb Jahre Psycho-
therapie, zweieinhalb Monate stationärer Aufenthalt in einer Klinik, im Moment auf
der ständigen Suche nach einem Therapeuten, hier und da mal ein Vorgespräch...
So wirklich komme ich zur Zeit trotzdem nicht voran, aber ich kämpfe weiter und
gebe mein Bestes. Zwischendurch gibt es immer Zeiten, in denen ich am liebsten
aufgeben und mich umbringen würde, es tut sich dann einfach gar nichts und ich
will dann auch keine Hilfe. Aus diesen Phasen komme ich aber immer wieder raus
und suche nach einem Therapeuten, versuche mir etwas Gutes zu tun, etc...

Was macht noch Sinn beziehungsweise was macht mich noch glücklich? Das wich-
tigste für mich ist meine Kreativität, auf die ich manchmal auch stolz bin. Ich singe
für mein Leben gern und habe hin und wieder auch mal Auftritte. Das Singen gibt
mir manchmal Kraft und vermittelt mir ein Gefühl von Freiheit. Es gibt mir einfach
wahnsinnig viel. Dazu kommt noch das Schreiben von Gedichten. Das mache ich
sehr gerne und manchmal bin ich auch stolz auf das Ergebnis. Das Problem an die-
sen Dingen ist, dass ich einfach nichts daraus mache. Es gäbe sicherlich Möglichkei-
ten, da irgendwie weiterzukommen, aber soweit bin ich noch nicht. Vielleicht werde
ich irgendwann die Kraft dazu haben.

Jetzt hab ich den Faden verloren und höre erstmal auf zu schreiben ;)


Liebe Grüße,
Ina
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

mister_nico_86

Hi Madele,

also wenn du fragst "wie lebe ich?" kann ich nur sagen: irgendwie einfach vor mich hin.
ich bin grad in so einer Phase, wo mir alles völlig egal ist. ICh studier auch momentan, zwischenprüfung ging grade mal so durch, irgendwie mogel ich mich da mit möglichst wenig aufwand durch und versuche, möglichst nicht aufzufallen. aber grade hab ich das gefühl ich bin auf dem völlig falschen dampfer... warum mach e ich das alles eigentlich?!?
Das ist natürlich total deproimierend, aber irgendwie weiß ichj auch nicht, wie ich mich grade für irgendwas außer vor der Glotze hocken und rauchen aufraffen soll. meinem therapeuten erzähl ich das dann, und der bringt's vielleicht  fertig, dass ich nen halben Tag mal nicht denke, wie mich das alles anödet... aber recht viel länger auch nicht  :-/

gefrustete Grüße


21HEIDI

Hallo Madele!
Du schreibst,daß Du noch viel zu viel Angst vor einer seelischen Bindung hast,...

Ist doch klar,daß Manches nicht von heute auf morgen klappt...!
Sage Dir doch so:
Eine wirklich gute Freundschaft ist oft 100x besser als eine beschi..ene Beziehung.Und "zwing" Deinen Körper und dieSeele nicht.Das ergibt sich von alleine...
Liebe,liebe Grüße,
HEIDI :-)

aepfelchen

Wie ich lebe? Ich lebe nicht mehr ich vegetiere nur noch vor mich hin  :'( Aber ich muss halt durchhalten. Habe 3 ( 2 schon erwachsen) Kinder und denen kann ich nicht antun einfach zu gehen. Aber jeder Tag ist nur noch Qual und jede Nacht ebenso. Ich schlafe seit Monaten so gut wie gar nicht mehr, in den letzten 5 Tagen komme ich z.B. insges. auf 8 Std. Schlaf. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren, mir ist häufig schlecht, schwindelig, usw. Dazu die psych. Probleme. Ich gehe noch immer voll arbeiten, aber ich leiste dort eigentlich nichts mehr. Wie lange mein Arbeitgeber da noch mitspielt ist die Frage. Zwischendurch hatte ich mal ein paar gute Jahre. Da habe ich durch viel Arbeit meine psych. Probleme verdrängt. Habe mit 3 Kindern studiert und meinen Doktor gemacht. Und dann kam der grosse Absturz. Die letzten 6 Jahre geht von Tag zu Tag immer weniger, trotz Therapie, Klinik, Medikamente.

Gruss Aepfelchen

aepfelchen

Hallo JustMe,

nein hat sich nicht entspannt. er hat die Schule nicht geschafft und wohnt nun wieder komplett zu Hause. Hilfe habe ich keine bekommen. Betreutes Wohnen bekommt er auch nicht, da er 'nur' körperbehindert ist.

Meine Thera hat nun doch verlängert. Es ist mir aber relativ egal. Es nutzt eh nichts. Bin auch wieder heftig in der Essstörung und im Untergewicht. Und eben wie gesagt schlafen geht so gut wie gar nicht mehr.
Ausraster hatte ich leider auch wieder einige. Im Urlaub gings, fing aber schon kurz danach wieder an. Der Stress wächst mir einfach über den Kopf.

Gruss Aepfelchen

aepfelchen

Wie soll ich an eine berufliche Auszeit kommen? War vorgestern noch beim Arzt weil es mir echt mies geht (Herzstiche, Schwindel, etc.). Meinter er nur "Oh so dünn waren Sie noch nie. Haben Sie Stress? Na machen Sie erstmal keinen Sport mehr.". Eine Krankmeldung habe ich natürlich nicht bekommen. Sitze heute schon seit Stunden am PC und bekomme meine Arbeit nicht hin, ist einfach keine Konzentration mehr da. Weiss nicht wie ich das meinem Chef beibringen soll. Sollte alles heute noch fertig werden.

Aepfelchen

aepfelchen

Hallo JustMe,

meine Psychiaterin will mich auch nicht mehr krank schreiben. Sie sagt ich war so lange krank geschrieben (ist wohl schon 2 Jahre her) und es wäre mir nicht besser gegangen, da soll ich mich jetzt mal durchkämpfen. Wäre sowieso besser wegen der Tagesstruktur. Irgendwo hat sie da auch recht und eigentlich geht es mir auf Arbeit sogar besser als zu Hause. Nur das ich kaum noch was geleistet bekomme macht mir schon schwer zu schaffen.

Aepfelchen

21HEIDI

ps: Es gibt noch einen anderen,höheren Facharzt,der über der Krankenkasse ist und der bis zu 1 Jahr einen Menschen zur Arbeitsunfähigkeit(krankheitshalber) schreiben und bestimmen kann!!!
Lieben Gruß,
HEIDI :-)