Freund mit manischer Depression

Begonnen von Gast(Guest), 01 Februar 2010, 20:02:32

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Gast(Guest)

Mein Freund hat eine manische Depression, ich kann schwer damit umgehen, weil er ja nur zwei extreme Pole kennt, die mich beide anstrengen und fordern. Ganz lange habe ich ihm bei vielen Sachen geholfen, da hatte er die Depression und kam alleine schlecht zurecht. In der letzten Zeit ist er wieder sehr überdreht, schläft kaum, gibt unnötig Geld aus, die Manie ist nun wieder dran. Am schlimmsten ist für mich, dass er über meine Grenzen geht, sehr egoistisch und egozentrisch ist und wie verrückt redet. Ich halte das nicht aus!
Er beginnt gerade eine Therapie und meint, das würde nun alles dort weggehen. Medikamente lehnt er ab.
In dieser Manie erreiche ich ihn überhaupt nicht, er sieht nur sich und was gut für ihn ist. Bin nur noch überfordert. HELP!

21HEIDI

Hallo lieber Gast!
Du schreibst,daß Du ihm ja schon mal dabei geholfen hast,weiler alleine nicht damit zurecht gekommen wäre.
Wie alt seid ihr Beide?
Wie lange seid ihr schon fest zusammen?
Wie war das damals?
Wie hast Du das so alles geschafft?
War es schlimmer oder gleich wie jetzt?
Hatte er damals schon ärztliche Hilfe oder Medikamente?

Selbst wenn er eine Therapie beginnt,wird er Medikamente bekommen,das kannst Du ihm schonend gleich beibringen.
Ohne diese Medikamente werden sie keine Therapie mit ihm machen können.
Wird er auch alles beider Therapie angeben???
Wäre es vielleicht besser,wenn DU mitgehst und vielleicht einige Fragen beantwortest???

Wird sicher nicht einfach,das weißt Du ja selbt.
Aber wie stark ist sein Wille?
Will ER SELBST?
Wieso macht er es?
Dir zuliebe oder "nur" für sich?
Solche Fragen solltest Du ihm mal schonend und vorsichtig stellen,....

Liebe GRüße erstmals,
HEIDI  (45J.)   :-)

freierFall

Ich bin selber manisch-depressiv.
Es ist schwer damit umzugehen, das ist wahr.
Wenn ich in einer manischen Phase bin (welche bei mir zum Glück nur selten ausartet), dann ist es schwer für mich, mich "normal" zu verhalten.
Ich drifte dann auch ab und "schwebe" über dem "Normalen". Das macht es mir auch schwer in der Zeit mit anderen Menschen umzugehen.
Was mir hilft ist mich körperlich auspowern.
Ich nehme zur Zeit auch keine Medikamente und kann auch gut verstehen, warum er sie ablehnt.

Schau erstmal, wie sich das mit der Therapie entwickelt.
Gib da nicht auf. Auch wenn es viel Kraft erfordert.
Es ist ja nich so, als ob er sich dir entziehen will.
Es ist Teil der Krankheit.
Es schmerzt umso mehr, weil sie einen so krass verändert.
Aber es ist nicht so, als wäre es überhaupt nicht einzuschränken.
Die Therapie ist ein guter Anfang und vielleicht ist er ja auch irgendwann bereit Medikamente zu nehmen.
Dräng ihn da aber nicht mit.
Das ist eine Entscheidung, die nur er treffen kann.
Es ist ein krasser Eingriff in die eigene Persönlichkeit. Oder fühlt sich zumindest so an.

Ich wünsch dir alles Gute und viel Kraft zum Durchhalten.

Liebe Grüße,
Freddy

Gast(Guest)

Hallo Freddy,

herzlichen Dank für Deine persönlichen Erfahrungen, eben aus Betroffenensicht.
Es ist nicht leicht, das finde ich auch. Ich habe mich schon ganz gut mit dem Krankeitsbild befaßt; da scheint es wirklich als krasser Eingriff empfunden zu werden, wenn es um die Einnahme von Medikamenten geht, zumal während der manischen Phase ja eben auch die Einischt weitestgehend fehlt. In der Tat powert er sich bei sportlichen Aktivitäten auch gerne aus. Wenn das gut tut, ist das ja auch gut so.
Ich freue mich sehr, dass er eine Therapie begonnen hat und der Draht zu der Therapeutin auch zu stimmen scheint. Allerdings glaube ich persönlicher eher weniger daran, dass man dort nun alles wegtherapieren kann, eher an einen Umgang. Dem gegenüber steht aber für mich, dass er eben gerade in der für mich anstrengenden Zeit der manischen Episode keine Einsicht hat, wie soll er dann einen solchen Umgang dort umsetzten, wenn die Notwendigkeit nicht gesehen wird?
Darf ich fragen, ob Du schon Therapie gemacht hast und vielleicht von Deinen Erfahrungen erzählen möchtest? Was genau können Medis in der manischen Phase bewirken? Ich kenne mich als Laie natürlich auch gar nicht mit den Nebenwirkungen solcher Sachen aus und habe sicher auch Verständis, dass man so etwas nicht mag, wenn die zu krass sind.

Nette Grüße

Gast(Guest)


Hallo Heidi,

Du hast nun eine Menge Fragen gestellt, sicher in guter Absicht, für mich persönlich aber wenig hiilfreich, habe ich selbst doch so viele und übrigens ganz andere Fragen.

Dennoch möchte ich auf den Punkt der Therapie kurz eingehen:

wie im Einganspost beschrieben, ist er bereits in der Therapiesituation. Woher Du nimmst, diese kann ohne Medikamente nicht beginnen, ist mir unklar, zumal dem ja auch tatsächlich nicht so ist. Daneben ist es nicht so, dass Psychologen Medis verordnen, das hatte ich in einem solchen Forum als bekannt voraus gesetzt.... so also Dein Hinweis, er würde ohnehin über kurz oder lang welche bekommen, auch eine Fehleinschätzung, zumal so etwas ja auch kaum gegen den Willen eines Patienten geschehen kann, und wir befinden uns ja auch klar im ambulanten Bereich.



Nichts für ungut! Der gute Wille zählt ;-)

freierFall

Ich mache gerade eine Therapie, Medikamente werde ich erst im März nehmen, da ich vorher keinen Termin bei dem Psychater bekommen habe.
Therapeuten haben da ihre Tricks und Kniffe, wie sie an dich rankommen, deshalb denke ich, das sie auch deinen Freund erreichen wird.
Heidi meinte das so:
Bei manischer Depression wird eigentlich standartmäßig mit Medikamenten gearbeitet, da die Krankheit an sich nicht therapierbar bzw nur in Maßen therapierbar ist.
Der Therapeut behandelt sozusagen größtenteils die Symptome, weil er viel mehr nicht machen kann.
Die Medikamente schneiden die "Stimmungsspitzen" ab und sorgen so für eine konstantere Laune.
Ich habe mich auch noch nichts so ganz amit abgefunden die zu nehmen, aber ich sehe den Sinn inzwischen ein.
Deinen Freund kann man natürlich nicht dazu zwingen, aber ich denke die Therapeutin wird versuchen ihn dahin zu bringen, weil es anders wohl nicht in den Griff zu bekommen ist.
Sie kann ihn zwar aufbauen, wenn er depressiv ist und beruhigen, wenn er manisch ist, aber sie kann mit Gesprächen nicht die Stoffwechselerkrankung im Hirn heilen.
Es ist ein schwerer Schritt. Aber im Endeffekt bin ich froh, dass ich eingewilligt habe, die Medikamente zu nehmen.
Und ich denke es ist normal Angst und Ablehnung zu empfinden, was das angeht.
Ich hoffe ihr beide steht das durch!

Liebe Grüße,
Freddy

Gast(Guest)

Hallo Freddy,

das wirkt als wärst Du auf einem guten Weg mit der Therapie und der Einsicht, Medis zu benötigen.
Dennoch denke ich, dass Psychologen nicht unbedingt so pro Medis eingestellt sind, sie behandeln ja anders und möchten sicher auch eher ihren Schwerpunkt verkaufen, zumal die Therapeutin bislang auch noch gar keine Diagnose gestellt hat und möglicherweise eher nur von einer Depression ausgeht, so ist jedenfalls meine Vermutung. Machst Du da eine Verhaltenstherapie?
Mir selbst ist auch klar, dass die Erkrankung nicht plötzlich weg geht, dennoch glaube ich, dass man sehr viele Sachen in so einer Therapie erreichen kann. Zu der Stoffwechselstörung im Gehirn habe ich gelesen, dass dies eben bei bipolarer Störung unbehandelt leicht in eine Psychose übergehen kann, und genau das ist ein Punkt, der mir Sorge bereitet. Auch bei ihm steht im März ein Psychiater Besuch an, nachdem er schon einge durch hatte, die mehr als unmöglich in ihrer Art und Weise waren, hoffe ich dieser ist etwas menschlicher und eben auch sorgfältig genug, die richtige Diagnose zu stellen....

freierFall

Als ich bei meinem Therapeuten anfing ging er auch von einer "normalen" Depression aus.
Er meinte auch, dass er von Tabletten wenig hielte, weil vieles so machbar sei.
Er ist selber Psychater, hat aber, weil ihm mit seiner Oberarztstelle auch der Kontakt zu den Patienten abhanden ging auf Therapeut umgesattelt.
D.h. der hat da durchaus Ahnung.
Als sich aber abzeichnete, dass ich an einer manisch-depressiven Störung leide, war er für die medikamentöse Behandlung.
Er hat mir auch einen Psychater empfohlen, den er persönlich kennt und schätzt, sowohl als Mensch wie auch als Mediziner.
Ich glaube eigentlich nicht, dass ein Therapeut, wenn er die Diagnose hat da gegen die Tabletten sprechen wird, weil es ja die Kombination aus Medikament und Therpie ist, die helfen soll.
Ich hoffe, dass das auch in eurem Fall so sein wird.

Liebe Grüße,
Freddy

Gast(Guest)

Hallo Freddy (netter Name übrigens  ;)),

das läßt mich ja nun wieder hoffen, dass bei Dir auch anfangs "nur" von einer Depression ausgegangen worden ist. Das liegt nun ja auch erst mal nahe, weil die Betroffenen ja eher während der depressiven Phase Hilfe suchen.
Das ist dann in meinen Augen eine Sache der Sorgfalt, die man sicher eher bei einem verantwortungsbewußten Psychiater vorfindet. Glaubst Du, es ist ok, wenn mein Freund selbst sowohl bei der Therapeutin als auch bei dem Psychiater das mal anspricht? Ich fände das im Zweifel gar nicht so schlecht.
Wenn Du bei einem Psychiater Therapie machst, arbeitet der ja sicher auch er tiefenpsychologisch oder analytisch?
Mein Freund ist jedenfalls bei einer tiefenpsychologisch, traumatologisch arbeitenden Thera, was ich in seinem Fall auch ganz passend finde.

Nette Grüße & vielen Dank auch, dass Du mir etwas weiterhilfst  :)

voice of hope

Bei " manischen Depressionen" sind Medikamente immer die erste Wahl.

Vieles ist sicher "so" machbar. Aber wenn zum Beispiel erst mal größere Geldmengen verzockt  und die Angehörigen/Freunde etc. völlig verstört sind, ist immer weniger machbar. Ihm läuft bei nur psychotherapeutischer Behandlung die Zeit weg. Und zwar schnell.

lg

voice




freierFall

Ich habe keine Tiefenpsychologie.
Ist eher unkonventionell, wie das bei uns abläuft.
Es ist allerding mehr Verhaltenstherapie.
Ich denke es ist notwendig, dass er das bei beiden anspricht, damit das ganze in die richtige Richtung geht.
Ich wurde ein Jahr lang mit einem Antidepressivum behandelt, weil eine "normale" Depression vermutet wurde.
Ich habe das dann zusammen mit meinem Therapeuten abgesetzt.
Es war eine Sch***aktion, weil mich das Medikament total ausgebremst hat.
Die Medikamente, die ich bald nehmen soll, wirken anders und sind mehr auf meine Probleme zugeschnitten.
Bevor er etwas nimmt, was nicht passt soll er das lieber ansprechen.

Liebe Grüße,
Freddy

Gast(Guest)

Hallo Freddy,

ich finde es schön zu sehen, dass auch Du es für wichtig hältst, die Sache mit der Diagnose anzusprechen. Der Besuch beim Psychiater dient eher dazu, krank geschrieben zu werden, nicht der Suche nach einem Medikament. Weißt Du jetzt schon, was Du zukünfig einnehmen wirst? Ich drücke jedenfalls alle Daumen, dass es auch den gewünschten Effekt hat!
Sicher ist es auch sinnvoll, dass die Therapeutin Klarheit über das richtige Beschwerdebild hat, verwunderlich, dass dies noch kein Thema war finde ich..aber viele ziehen vielleicht auch nur da ihren Stiefel durch, also Kindheit beackern und empfinden eine Diagnose nicht als wichtig.

freierFall

Ich weiß nicht, was ich nehmen werde.
Bisher war Valproinsäure im Gespräch.
Aber das ist eher als Beispiel verwendet worden.
Mal schauen, was da auf mich zu kommt.

Liebe Grüße,
Freddy

Gast(Guest)

Hi Freddy,

ok, ja .... Du wirktest so entschlossen bezüglich Deiner zukünftigen Mediaktion. Man sieht es erst tatsächlich, wenn man denn gut eingestellt ist, denke ich mal. Dass ein AD Dich "ausgebremst" hat, verstehe ich nicht...in einer depressiven Phase gibt es doch eher Auftrieb, in der manischen Phase wirst Du es eher nicht bekommen haben ... *grybel*....  und dort schadet ein Bremsen ja nicht, oder?

freierFall

Es gibt ja viele verschiedene Antidepressiva.
Das was ich genommen habe wirkt sedierend und hat mich dementsprechend ziemlich müde und schlapp gemacht.
Ich habe es durchgehend genommen, weil ja eine "normale" Depression diagnostiziert wurde.
Die depressiven Phasen waren zwar gelindert, aber ich war dafür die ganze Zeit betäubt.
Die manischen Phasen wurden dadurch auch gedämpft.
War keine schöne Erfahrung.