Gedichte aus der Seelennacht

Begonnen von Sintram, 05 Juni 2010, 08:06:54

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Sintram




Des Leidens schwarze Krone

´s gibt eine Nacht
die dunkler ist als jede Finsternis
die je dem Menschen dargebracht
die jedes noch so helle Licht verlacht

Da ist kein Hoffen auf ein zartes Morgenrot
wo jedes Lebenslicht erlischt
vor Augen nur der sichre Tod
in trüber Höllenwasser Gischt
kein Menschenwissen diese Qual ermisst

Und Angst
noch größer als das Firmament
der Hoffnung letzter Keim ist umgebracht
gebenedeit wer sie nicht kennt
des Leidens schwarze Krone
das fremde öde Land in dem ich wohne
die dunkle ewge namenlose Pein
der Seelennacht

Sintram

Der Schub

Lautlos gellender Schrei
schmerzgekrümmt
Tränenstrom
Speichelfluss
entgleiste Züge
Hände in die Decke gekrallt
Verkrampfung
tobende Pein
unsägliche Qual
endloser Schmerz
nackte kalte Verzweiflung
Todessehnsucht
Erlöschen
Erlösung
Ruhe

Ein letztes Aufbäumen
Gedankenwirrwarr
qualvolle Ausweglosigkeit
bleierner Druck auf der Brust
steinerner Kloß im Hals
schwerer Atem
Röcheln
Japsen
Stöhnen
Sterben
Zerbersten


Bezirksklinikum 05

Ina

http://www.jana2002.com/Meine_Kunst_leben/Karikaturen/licht_im_wald.jpg

Licht - das wünsch ich Dir in Deinen dunklen Seelennächten
Kein böses Wesen und kein Feind, der Dich will ächten

Viel Kraft und Mut, der Dich soll leiten
Um Lieb' und Freud' in Dir zu verbreiten

Ein Hauch von heit'rer Frühlingsfrische
Und Glück auf Deinem Lebenstische
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Sintram

Danke Ina für Deine Gedicht.
Es hat etwas Tröstendes und Beruhigendes, tut gut zu lesen.
Meine sind auch nicht alle schrecklich.

Am Ziel

Gewissheit kommt über mich
mit ruhiger Kraft
ich weiß nun ganz sicherlich
ich hab es geschafft

Ich habe gewonnen
und nichts ist verloren
kein Farbton zerronnen
kein Pflänzchen erfroren

Ich habe gefunden
was stets ich gesucht
mein Herz ist zerschunden
bin doch nicht verflucht

Die Zeit sie mag schwinden
das Ziel ist erreicht
der Weg wird sich finden
ob schwer oder leicht

Die Qual ist verklungen
mein Lauf ist vollendet
der Kranz ist errungen
mein Schicksal sich wendet

Fern aller Sorgen
jenseits der Schmerzen
bin ich geborgen
in meinem Herzen


Strider


Sintram

Hallo Streicher

ich bedank mich. Für´s Lesen. Und freu mich, wenn sie Dir gefallen.


Heimkehr

Wieder bei mir angekommen
nach langem Irren durch das Nichts
hätt´ fast das Leben mir genommen
erkenn´s in Spuren des Gesichts

Mein irrer Blick ist wieder klar
der Falten sind es mehr geworden
erstarkt und wuchernd quillt mein Haar
um das ich fast mich wollt ermorden

Bin fünf Wochen alt nicht älter
neugeboren aus der Hölle
etwas wärmer und nicht kälter
ausgespieen wie Gewölle

Hab den Sensemann gesehen
war ihm nah wie nie zuvor
wollte aus dem Leben gehen
pochte an des Himmels Tor

Nun bin ich zurückgekehrt
und gelassen wie ein Baum
in der Seele unversehrt
lebe wie in einem Traum

Sintram

Folterhaus

Ein Albtraum ist mein Leben nun
am Besten ist es noch im Ruhn
im Todesschlaf der tiefen Nacht
ein Grauen wenn ich aufgewacht

Der Tag beginnt mit großer Qual
ich muss ihn leben ohne Wahl
gibt kein Entkommen kein Zurück
ich sterbe peinvoll Stück für Stück

Dann der Gedanke zu beschließen
was Leid und unablässig´s Büßen
bedrängt mich vor dem Morgen schon
die Hoffnung scheint mir blanker Hohn

Jedoch ich will mein Haupt erheben
und unverdrossen weiterleben
mag auch die Schwermut mich erdrücken
es muss ein bessres Morgen glücken

Im Heute kann ich nicht bestehn
ich harre aus und lass vergehn
ist auch mein Leiden noch so groß
und liegt die Seele blank und bloß

Ich muss es schaffen hier zu bleiben
mag mich die Hölle auch zerreiben
mag mich die Last auch niederdrücken
es muss ein bessres Morgen glücken

Ich bin verzweifelt in der Seele
ja jeder Tag den ich so stehle
erscheint mir wie mein Leichenschmaus
ich halt es einfach nicht mehr aus
das ganze Leben ist ein Graus
in Folterknechtens Folterhaus

(Psychiatrie)

Sintram

Der bleiche Mond

Und als die Lichter um die Ecke schwanden
schwand alles Licht in mir
da scharfe Dornen um mein Herz sich wanden
und meine Seele gellend schrie nach Dir

Ich wankte suchte taumelnd Halt
doch keine Mauer mochte meinen Schmerz ertragen
bleich stand der Mond verstummt und kalt
der Sternenhimmel fasste nicht mein Klagen

Dein Name bebte auf den Lippen
den sie so zärtlich noch geformt vor Stunden
die Seele keucht im Würgegriff der Rippen
wo Liebe strömte schoss nun schwarzes Blut aus tiefen Wunden

So starb ich hin in namenloser Todespein
und alle Hoffnung sank mit mir hinab
da war kein Leben ohne Dich kein Sein
und alle Sehnsucht streckte sich ins feuchte Grab


Sintram

Der geschlossene Kreis

Genau dort
wo der Kreis begonnen hat
schließt er sich
und nirgendwo sonst

Sein Ende
ist seine Vollendung
jetzt erst
ist und bleibt er

Mein Kreis
ist geschlossen
ich fließe ruhig
und für immer

Sintram

Tränensack

Mein Tränensack ist leer
ich hab mich ausgeweint
das kümmert mich nicht sehr
bei allem wie es scheint

würd ich den Kummer trinken
der mir den Sinn erdrückt
ich müsste drin ertrinken
so ist es mir geglückt

dass ich grad schwimmen kann
so wie im Toten Meer
im Nirgendwo und nirgendwann
mein Tränensack ist leer

Das Herz ist mir zerrissen
weit klafft ein tiefer Spalt
und geht’s mir auch beschissen
ich habe noch Gestalt

Mag auch das Salz geronnen
in meinen Augen sein
das Glück es ist gewonnen
des Lichtes heller Schein

Mag auch der Schmerz mich nimmer
zu Tränenströmen rühren
so wird der Freude Schimmer
zu solchen mich nun führen

Mein Tränensack ist leer
ich hab ihn ausgegossen
an Deiner Schulter schwer
das Herz ist mir zerflossen



Sintram

Lazarus

Schritt erneut durch Tiefen
tiefer als das Meer
alte Geister riefen
ein schwarzes Totenheer

Sah Gevatter Tod
auf seiner fahlen Mähr
wand mich voller Not
im Innern gähnend leer
Schatten um mich her
die Sonne kalt und rot

In der Hölle Mitten
fern von jedem Licht
ließ sich Satan bitten
ich kenne sein Gesicht

Alle Hoffnung starb
all mein Mut sank hin
die Zuversicht verdarb
verdüstert war mein Sinn
glitt hinab ins Grab
wo ich gestorben bin

Lazarus im Linnen
lag ich kalt und leer
reglos war mein Sinnen
die Gruft sie drückte schwer

Hört´ ein fernes Rufen
klang ein rollend Donnern
taumelte zu Stufen
erdrückt von Achtzigtonnern
verschwunden ihr Gewicht
blinzle ich ins Licht

Sintram

Der Tunnel

Tief war das letzte Tal
eng wie ein Tor
doch tiefer noch die Täler die zuvor
und größer noch die kalte Schattenqual

Nun steig ich an
der Boden weich von grünem Gras
wo blanker Fels die Hoffnung fraß
und komm mit müdem Schritt voran

Schau nicht zurück
wo Finsternis und Dunkel klafft
der bleiche Tod aus jeder Ecke gafft
ich streck mich aus nach meinem Glück

Ein Tunnel war ´s
ein schwarzer düstrer Schlund
er schluckte mich mit gierig heißem Mund
im Morgengrauen dieses langen Jahrs

Ich ging durch Nacht
konnt´ keine Hand vor Augen sehn
ich musste tastend weitergehn
ein kurz Verweilen hätt´ mich umgebracht

Ein fernes Licht
ich suchte fiebernd seinen Schein
der Mut war schwach die Hoffnung klein
erstarrt vor Kälte war mein müdes Angesicht

Bis ganz zuletzt
ich völlig mich hab aufgegeben
und abgeschlossen mit dem hehren Leben
zerschunden zitternd weinend und zerfetzt

Da brach der Tag
durch einen nadelfeinen Riss
ein goldner Strahl von Licht fiel in die Finsternis
da fasst ich den Entschluss dass ich’s noch einmal wag

Sintram

Der Psalm des Hades

Ich sinke hinunter zu den Grabhöhlen der Ahnen
tief hinab in vertraute Gewölbe und Kammern
die Schluchten schließen sich über mir wie ein Zelt
verbergen die leuchtenden Himmel

Finsternis umhüllt mich wie eine wollene Decke
wohlbekannt ist mir das Wispern und Raunen rundum
in der Dunkelheit zu wandeln
bin ich gewohnt von Kindesbeinen an

Sage mir Angst ich sage dir Gleichmut
denn wo Alles und Jedes verloren ist
wartet kein Siegeskranz auf niemanden mehr
des Menschen Streben und Sehnen und Trachten
verhallt in den Schlünden unsichtbarer Wände

Nennt es Abyss nennt es Hades
Totenreich Unterwelt Hölle nennt es wie ihr wollt
auf dem Styx zu gleiten kümmert mich nicht
Charons Nachen durchpflügt die schwarzen Fluten
in meiner Seele aber ruht
Persephones goldenes Tränenhaar


Sintram

Satans Ode

War der Schönste doch von Allen
trug den hellen Schein des Lichts
musste weichen musste fallen
ward zum Kläger des Gerichts

Zu betören und verstören
zu verführen und verblenden
alle die zu mir gehören
und zur Finsternis sich wenden

So die Stolzen und die Schönen
selbst die kleinste Kinderseele
zwinge ich dem Selbst zu frönen
schling mit nimmersatter Kehle

Nie zum Frieden mich zu kehren
um im Blut des Kriegs zu waten
falsche Weisheiten zu lehren
und mit schlechtem Rat zu raten

treibt es immerfort mich um
ruhelos bleibt mein Bestreben
bin der Liebe Feind rundum
hasse grimmiglich das Leben

Große nehme ich wie Kleine
wer da fällt der ist gewonnen
Schmutzige so gut wie Reine
deren Zuversicht zerronnen

War der Schönste doch vor Zeiten
strahlend wie der Sonne Glanz
sie zum Bösen anzuleiten
raub ich jeder Seele Glanz



Sintram

Ode an die Seelennacht

Die Pein die bleiern sich in meinem Innern windet
an jedem Morgen treu ihr müdes Opfer findet
im weißen Licht früh beim Erwachen
zerrt sie mich roh in Charons Nachen
sie kehrt zurück mit unerbittlicher Begier
verbeißt sich in die Seele wie ein geifernd wildes Tier
sie ist nicht abzustreifen ist nicht abzuschütteln
sie will mich plagen schütteln rütteln
ob ich nun schweige oder schreie
sie überzieht mich mit Gespeie
hat meine Seele fest im Griff
verschlingt mich wie ein tückisch´Riff
die Qual die glühend sich in meinem Herzen weitet
mir wie ein böser Dämon stets im Nacken reitet

Wem soll ich dieses Leiden in die Ohren flüstern
das mich umwölkt aus fahlen Totengaules Nüstern
das mich zermalmt mit Leviatans Zähnen
bis ich Gewöll und Staub aus dürren Spänen
ich bin so müde wie die alte Welt
ein schwarzes Küken das sich aus der Schale pellt
im tiefen Dunkel einer Legebatterie
der Sonne lichten Strahl ich spür ihn nie
es gibt kein Leben hier für mich in diesem Totenhaus
kein weiter Raum kein Himmel kein Hinaus
ich gehe langsam vor die Höllenhunde
und sinke wie ein toter kalter Stein zu Grunde
ins tiefste Meer das je die Erde hat bedeckt
ins tiefste Schwarz das je die Welt befleckt

Ja selbst der Liebe holdes Locken mir den Atem nimmt
weil ´s mich aus süßem Todesschlaf ins nackte Leben zwingt
und alles wache Sein ist nichts als ungeheure Qual
nicht zu ertragen doch ich habe keine Wahl
mein Herz es pocht und pulst mir ohne Gnade
selbst wenn im Lavastrom der irren Pein ich bade
mein Odem geht und will mich nicht verlassen
ich fange an des Blutes roten Strom zu hassen
da keiner goldnen Küste Strand von Hoffnung spricht
keiner Erlösung Ahnung tränkt mein Augenlicht
nur weites ewges Meer der Leiden ringsumher
und schwarzer Wirbelstürme düstres Heer
ach könnt ich doch ertrinken
im leeren Nichts versinken