Rat suche wegen Klinikwechsel

Begonnen von Mira, 16 Oktober 2022, 00:16:21

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Mira

Seit Jahrzehnten habe ich Probleme mit der Wirbelsäule, konkret Wirbel 3 - 5 im Lendenbereich. In den letzten Jahren wurden die Schmerzen massiv, so dass ich nach 10- 20 Metern eine Pause einlegen muss, damit sich die beidseitigen Muskelkrämpfe etwas lösen.
Fast zehn Jahre bin ich deswegen in Behandlung in der Uniklinik "rechts der Isar". In der Notaufnahme wurde mir dort gesagt, ohne OP geht da nichts mehr. Die Notaufnahme schickte mich zur Neurochirurgie. Letztere denkt nicht daran, mich zu operieren. Ständig bekomme ich von der Abteilung Neurochirurgie Infiltrationen, die überhaupt nicht helfen. Trotz starker Schmerzmittel ist es auch zuhause schwer, etwas zu machen. Im Grunde genommen bin ich pflegebedürftig.

Wegen eines neuen Termins soll ich ein aktuelles MRT machen lassen. Nun gut, Zähne zusammenbeissen kann ich schon, aber immer weniger. Ich zähle jeden Schritt, den ich machen muss von A nach B. Unnötig mache ich keinen Schritt mehr. Ich weiss, man soll sich viel bewegen. Habe mich auch in meiner Freizeit immer viel bewegt, einfach, weil es mir ein Bedürfnis war und eigentlich noch ist. Zum Pflegefall zu werden, ist mir ein Gräuel.

Jetzt überlege ich, ob ich nicht doch besser im Krankenhaus Bogenhausen um einen Termin bitten soll. Kenne etliche Leute, darunter selber betroffene Ärzte (ja, auch die werden krank oder verunfallen), die mit dieser Klinik nach langer Odyssee vollends zufrieden waren. Habe Angst, dass ich nochmal alles durchlaufen muss. Aber meine Antwort lautet jetzt. Ich darf nicht so ängstlich sein. Viele haben mit Bogenhausen beste Erfahrungen gemacht. Ich sollte das angehen. Denn KH rechts der Isar nimmt mich trotz vieler neu vorgelegter MRT-Aufnahmen nicht ernst. Chronisch starke Schmerzen machen einen so fertig, dass man darunter nicht mehr leiden will. Das ist kein Leben, höchstens im Endstadium.


Ina

 
Eine Klinik kann ich Dir nicht empfehlen, aber Du hast ja bereits eine im Blick.

Es kann nicht schaden, Dir eine zweite Meinung in einer anderen Klinik einzuholen und Dich dort in Zukunft ggf. behandeln zu lassen. Ich kann Dich eigentlich nur dazu ermutigen, diesen Schritt zu gehen, denn ich weiß leider nur zu gut, wie verloren man sich fühlt, wenn man trotz schlimmer Symptome von Ärzten nicht ernst genommen wird und keine angemessene Behandlung bekommt. Genauso weiß ich, wie belastend chronische Schmerzen sind und wie sehr sie das Leben einschränken.

Viel Glück, dass man Dir in der anderen Klinik weiterhelfen kann!
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Mira

Danke Dir Ina für das Verschieben und Deine lieben Wünsche.

Was mich an der bisherigen Klinik stört ist das Fehlen von Rückmeldung. Kontakt habe ich dort nur mit jungen Assistenzärzten, die eine Weiterbildung zum Facharzt absolvieren. Die dauert dort meist nur ein halbes Jahr bis es für sie zu einer anderen Klinik geht. Ist ja schließlich eine Uni-Klinik, die eben auch für Fortbildung zuständig ist. Meine Behandlung bestimmt deren Vorgesetzter, den ich nicht sprechen kann. Daher erfahre ich auch nicht, warum ich nicht operiert werde, was dagegen spricht. Insofern liegt die Sache schon am System, dass ich mit dem Entscheider nicht den geringsten Kontakt habe, sei es schriftlich oder telefonisch.

Mir ist schon klar, dass es von Patient zu Patient unterschiedliche Probleme mit der Wirbelsäule geben kann. Da handelt es sich wahrlich um Feinheiten, die man auf dem MRT sieht. Nur fände ich es zumindest beruhigend, wenn man mir sagte, warum man mich nicht operiert. Kenne etliche Leute, die an der Wirbelsäule operiert wurden und danach völlig frei von Beschwerden waren. Eine Kindheitsfreundin in Paris lebend wurde sogar nur mit örtlicher Betäubung operiert, bekam alles mit, auch die vielen Ärzte, die während des Eingriffs um sie herumhuschten.

Es können seltene Komplikationen auftreten, auch davon weiss ich. Bei einem Mitpatienten in einer Schmerzklinik bildeten sich ständig nachwachsende Narben, die dann ihrerseits auf den Nerv drückten. Solches ist jedoch eine sehr seltene und nicht vorhersehbare Ausnahme. Es kann sogar nach einem Wespenstich sich ein chronischer Schmerz entwickeln, der dann nur noch im Gehirn vorhanden ist. Das sind allerdings wirklich seltene Ausnahmen. Jeder Eingriff in den Körper birgt ein gewisses Risiko, sei es auch nur minimal. Ich bin bereit für jedes Risiko, weil mir mein Zustand einfach sehr zusetzt.

Danke für die Aufmerksamkeit.

Liebe Grüße, Mira

Mira

Hinzufügen möchte ich noch, dass ich in derselben Klinik an den Halswirbeln operiert werden sollte. Fünf Schrauben auf der linken Seite, fünf Schrauben auf der rechten Seite jeweils zusammengehalten von einem Titanband. Davor schickte mich die Neurochirurgie noch in die Neurologie, die bei mir einen Schiefhals feststellte, also eine ebenso sehr schmerzhafte Anomalie.

Jedenfalls erschien dort sogar der die Klinikabteilung leitende Professor in die Sprechstunde und hielt eine OP für blanken Unsinn. Ein bisschen lästerte über die Neurochirurgen schon ab. Insofern vermute ich einen Kompetenzenstreit unter Kollegen auf oberster Ebene. Er hielt eine OP mit Diagnose "Schiefhals" allein deshalb für abwegig, als mein Kopf damals willkürlich im Sekundentakt nach links zuckte. "Da kann doch keine Wunde heilen"- meinte er.
Er verordnete mir Botox-Spritzen in den Nacken, also nicht zur Glättung von Faltenn im Gesicht, sondern zur Lockerung der Nackenmuskeln. Siehe da, das Kopfzucken war weg. Dann ging ich noch zu einem niedergelassenen Schmerzarzt, der mir wegen "Schiefhals" Physiotherapie "nach Bobath-Prinzip" verordnete. Und das war's. Meinen Kopf kann ich seitdem schmerzfrei wieder gerade halten. Zucken ohnehin verschwunden und das ohne OP.

Insofern kann ich ohne es zu wollen sozusagen zum Opfer von Streitigkeiten zwischen zwei Professoren (Alphamännchen) geworden sein, der im wahrsten Sinne auf meinem Rücken ausgetragen wird. Das geht mir gerade durch den Kopf und bewegt mich, die Klinik ambulant zu wechseln.

Mira

Gestern habe ich den schriftlichen Befund der MRT-Aufnahme bei meiner Hausärztin abgeholt, genauer gesagt eine Kopie davon erhalten. Das klingt alles nicht gut. Ca. 20 Zeilen an komprimiert geschriebenen Diagnosen. Zudem haben sie dort auch noch Zysten gefunden, die operiert werden müssen, weil sich aus ihnen Krebs entwickeln kann. Innerlich hab ich schon geflucht auf die Ärzte, bei denen ich bisher in Behandlung war, dass sie es so weit haben kommen lassen. Nur bringt das alles nichts.

Bin froh, dass ich in der neuen Klinik ernst genommen werde. Habe in der radiologischen Praxis am Empfang erwähnt, dass ich einen Klinikwechsel beabsichtige nach "Bogenhausen". Anscheinend hat sich die Sprechstundenhilfe das notiert und weitergegeben. Gestern bekam ich einen Termin in "Bogenhausen".  Man riet mir, die CD mit der MRT-Aufnahme an die Chefärztin Frau Dr. P... zu schicken, damit sie sich ein Bild machen kann. Demnach müssen die Radiologen vorab die betreffende Abteilung in der Klinik über meinen Zustand informiert haben. In der bisherigen Klinik bekam ich nur überwiegend gelangweilte Assistenzärzte zu Gesicht, die ihre 10 Minuten mit mir hinter sich brachten. Aber wirklich so.

Bis gestern war ich wirklich verzweifelt, hatte keine Kraft und keine Motivation mehr nach dem Motto "Im Jenseits ist sicher ein Platz für mich frei". So viele Bemühungen für nichts und wieder nichts. Jetzt habe ich einen Hoffnungsschimmer, dass ich in der neuen Klinik nicht so einfach von einem Assistenzarzt durchgeschleust werde. Denn es geht mir trotz Krankengymnastik miserabel.

"Auf in den Kampf, Torero..."

Mira

Heute war ich erstmals in diesem für mich "neuen" Krankenhaus zur Sprechstunde. Wurde nachmittags angerufen wegen OP-Termin gleich nächste Woche. Das ging aber sowas von rasant, da komme ich selber nicht mehr mit. Einer meiner Nachbarn, er war Medizinstudent meinte heute, anschließend käme ich in die Reha. Dann ist aber bereits Weihnachten. Also rufe ich morgen noch einmal an, um um eine Vorverlegung des "Einweisungsgesprächs" zu bitten. Muss doch alles Drumherum selber organisieren, also auch den Koffer in entsprechender Größe packen. Eine Woche ist anders als vier Wochen, oder?

Meine Schmerzen ausgehend von der Wirbelsäule haben sich zuletzt so verschlimmert, dass ich ernsthaft daran dachte, so einige Pillen mehr könnten das Leiden ein für allemal beenden. Im Grunde bin ich schon lange gleichsam ein Pflegefall. Benötigte jemanden, der für mich einkauft, mich zum Arzt bringt. Allein mein Stolz verbietet mir, fremde Hilfe anzunehmen. Zur U-Bahn, zum nächsten kleinen Supermarkt habe ich schlappe 400 Meter Gehweg. Und solche Gehstrecken bewältige ich mittlerweile nur, indem ich alle 5 - 10 Meter stehenbleibe, um mich zu erholen. Selbst mithilfe von Krücken.

So viele Leute sagten mir, dass es ihnen seit ihrer OP an der Wirbelsäule prächtig geht. Die Frage, warum mich das bisherige KH nicht operieren wollte, trieb mich in die tiefste Verzweiflung. Ich wollte nicht mehr leben mit diesen Schmerzen und dieser Bewegungseinschränkung und dem Nichternstgenommenwerden. Das ging und geht mir mächtig gegen den Strich. In Gedanken wurde ich aggro.

Ab heute bin ich guter Dinge, dass es ab nächster Woche aufwärts geht.

Danke Euch, dass ich mich hier aussprechen darf.

Mira

Es war eine richtige Entscheidung, sowohl der Klinikwechsel als auch die OP. Seitdem geht es mir wesentlich besser. Natürlich war es gleich nach der OP nicht besonders prickelnd. Ich soll vor Schmerzen wirklich geschrieen haben. Operiert wurde ich vom Chefarzt, vier Stunden lang an fünf Wirbeln. Er meinte, es wundere ihn nicht, dass ich gerade so starke Schmerzen habe. Sind durch OP auch zusätzliche Verletzungen entstanden, die schmerzen, bis sie abheilen.

Nach Reha wurde ich nachhause entlassen. Erst zuhause entdeckte ich, dass mir ein morphiumähnliches Schmerzmittel gegeben wurde. In KHs bekommst doch nur so eine Tagesschablone mit vielen bunten Smarties. Heute war ich bei meiner Hausärztin, der ich das Rezept für Oxycodin = morphiumähnlich zurückbrachte. Meine Ärztin lächelte dankend, da ich weiss, dass solches vom Zoll strengstens überwacht wird. In Apotheken, in denen ich arbeitete, kam der Beamte vom Zoll immer unangekündigt und überprüfte dann wirklich alles, was mit Opiaten zu tun hat. Was bin ich froh, solch ein Zeug überhaupt nicht zu benötigen.

Rundum glücklich schätze ich mich nicht. Meine beide leiblichen Schwestern werden zunehmend aggro mir gegenüber. Oder empfinde ich das nur so, weil ich mich immer noch geschwächt fühle? Eine jede OP greift sehr wohl in den Körper ein. Der gesamte Körper benötigt Zeit, um sich davon zu erholen. Selbst bei Schönheitsoperationen, Brustvergrößerungen und Ähnlichem. Also, vom OP-Tisch frisch und munter aufzuspringen, gelingt wohl den wenigsten.

Mit nahen Angehörigen sich nach OP zu verständigen gelingt wohl den meisten. Mir allerdings nicht. Ich nehme meine Beine unter die Arme und laufe von denen weg, so schnell ich kann. Alles Reden nützt nichts. Es verhält sich regelrecht wie mit Putin. Meine leiblichen Schwestern wissen einfach alles besser. Welch ein Glück, dass es neben meinen beiden Schwestern noch so viele Leute gibt, mit denen ich mich bestens verstehe.

Ich wünsche Euch alles Gute!

Mira