Tiefe Depressionen über Monate

Begonnen von Vorsichtig rantasten, 07 Januar 2021, 08:10:43

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Ina

 
Hallo Vorsichtig rantasten,

Amisulprid ging gar nicht? Inwiefern? Nebenwirkungen?


Zitat von: Vorsichtig rantasten in 05 Februar 2021, 22:48:13
Abwarten, was es bringt. Tiefer geht eh net .

Vielleicht ist diese Einstellung in Deiner Situation gar nicht so schlecht. Denn wenn Du meinst, schlimmer könne es nicht werden, bedeutet das im Umkehrschluss, dass es entweder so bleiben wird, wie es ist, oder aber aufwärts gehen wird. Im Grunde hast Du nichts zu verlieren. Ich halte es nach wie vor für gut, dass Du in der Klinik bist, denn so lange Du Dich dort aufhältst, hast Du wenigstens die Chance (!), eine therapeutische und / oder medikamentöse Behandlung zu finden, die sich als hilfreich erweist.

Ich wünsche Dir alles Gute und dass Du bald etwas zuversichtlicher wirst.

Liebe Grüße
Ina
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Vorsichtig rantasten

Danke InaDiva

Aufgrund der heftigen NW hat der doc gewechselt. Vielleicht hätte ich es dennoch aushalten sollen.
..verlasse mich dann vlt zu sehr auf die Erfahrungen der Ärzte.....

Kannst du mir kurz beschreiben, wie sich das Dissoziieren anfühlt?

Würde gerne mehr schreiben,  der Kopf gibt keine vernünftigen Sätze her, es fühlt sich an, als würde ich mich von mir selbst abkapseln. Schwer zu beschreiben, Panik vorm Leben.... Alles ist kräftezehrend, die Mitpatienten "aushalten ", am Liebsten Morgens liegen bleiben. Aufraffen, Therapien so gut es geht nutzen, obwohl ich das Programm öfters durch habe, Theoretisch weiß ich es ja, nur diese Blockade...die kann keiner einreißen, und dass dies länger dauert....bin müde

Vorsichtig rantasten

Wann ist genug?
Wie lange kann man einen Menschen leiden lassen?
In der Klinik sah ich eine Frau, in meinem Alter, Mitte 50. Beim letzten Aufenthalt ging sie noch ab und zu über den Flur, das Essen hat sie verweigert. Einmal sah sie mich an, hat gemurmelt  dass sie sterben will....Jetzt sitzt sie festgebunden in einem Hochstuhl, wird "zwangsernährt ", ist das menschlich?

Wenn die Ärzte einsehen, dass sie nicht mehr zur Genesung beitragen können, wieso erfüllen sie nicht den Wunsch der Patienten, in Würde zu gehen?

Ich will auch nicht mehr, habe es oft genug gesagt, keiner hört mir zu. Schickt mich an die frische Luft, ich soll positiv denken.....blablabla....

Mein Leben ist gelaufen, es kommt Nichts mehr, ich kann und will nicht mehr.
Ich will nur Ruhe........

Hat Jemand eine Idee, wo es gnädige Ärzte gibt, an wen kann ich mich noch wenden?


Vorsichtig rantasten

Ist kein Mensch hier am Lesen, dem es ähnlich geht? Ich fühle mich so alleine mit diesen Gedanken, in diesem Zustand. 
Traut euch einfach zu schreiben,  wenn ihr wie ich kein Licht seht. Es würde mir helfen, mich nicht als "Verrückt " zu sehen.

Wäre ich depressiv, und könnte damit umgehen, würde ich hier nicht schreiben. 


Ina

 
Du bist nicht "verrückt". Überhaupt nicht.
Du bist depressiv, hoffnungslos und verzweifelt, weil Du keinen Plan hast, wie es weitergehen soll – und weil Du anscheinend auch gar nicht willst, dass es weitergeht.
Du hast Suizidgedanken, weil Du diesen Zustand nicht mehr aushältst.

Das ist alles verständlich, aber nicht "verrückt".
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Ina

 
Und auch der Gedanke, dass da nichts Positives mehr auf Dich wartet und es immer so bleiben wird, wie Du es gerade erlebst, ist hier sicher für sehr, sehr viele nachvollziehbar.
Ich kenne diese Gedanken selber. Diese tiefe Verzweiflung, das Gefühl von Aussichtslosigkeit und dass ich das alles nicht mehr ertragen kann. Auch der Wunsch und der innere Drang, meinem Leben "endlich" ein Ende zu setzen, ist mir bekannt. Allein bist Du damit wirklich nicht.

Ich würde Dir so gerne ein bisschen Licht schenken, aber weiß nicht, wie mir das gelingen könnte...
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Vorsichtig rantasten

Dass du mir schreibst, auch wenn ich deine Hilflosigkeit spüre, finde ich beachtlich.

Wieso traut sich keiner der Gäste, die hier lesen und vielleicht in einer ähnlichen Situation sind. So viele lesen,  auch wenn ihr nur wenige Worte findet, schreibt drauflos, lasst es raus.  Eine Heilung finden wir nicht, aber Verständnis erleichtert.

Mich überfordert alleine schon diese Buchstabenfolge einzugeben, das ist doch irre,verrückt......

Ponyhof

Liebe Vorsichtig Rantasten,

Du suchst Leute, die das kennen?
Damit kann ich dienen.
ICH kenne das. Habe allerdings irgendwann kapieren müssen, dass ich auf "gnädige Ärzte" warten kann, bis ich schwarz werde. Ich glaube, dass unsere Gesellschaft so konzipiert ist, dass wer sterben will sich die Finger schmutzig machen und sich umbringen muss. Es passt mir überhaupt nicht, aber ach... Das Leben ist halt kein Ponyhof...
Es ist angeblich (!) in medizinischen Kreisen ein offenes Geheimnis, dass sich nicht wenige Depressive umbringen, wenn es beginnt ihnen besser zu gehen. - Klar. Vorher hatte man die Kraft dafür nicht...

Ich weiß nicht, was ich Dir wünschen soll, daher lasse ich einfach nur liebe Grüße da.

Ponyhof

Vorsichtig rantasten

Danke Ponyhof für die lieben Grüße. Ich weiß, dass kein Mensch mir helfen kann. Ich denke an das, was ich an Leid und Schmerz zurück lassen würde.
Egal wie ich es anstellen würde, die Schäden bei Dritten wären nicht vorhersehbar. Deshalb wäre die Option des a.S. die "Schonendste" für Alle. Vorher Alles regeln, die Wohnung auflösen, Abschied nehmen, erklären, begründen....

Ich gehe davon aus, dass du wesentlich jünger bist als ich, und noch viel vom Leben erwartest. Mein Leben war erfüllt, es gibt Nichts mehr was mich reizt. Heute scheint die Sonne. Sie dringt nicht durch, ich werde dennoch raus gehen, meine Angst überwinden, Zwang.....Das ist doch kein Leben....


Violetta

Hallo Vorsichtig rantasten,

du suchst einen Ausweg aus einer unerträglichen Situation. Und im Moment fällt dir nur ein Suizid ein. Aber etwas in dir möchte leben und ahnt, dass es noch andere Möglichkeiten und Auswege gibt.
Wenn ich könnte, würde ich sage: "Pack einen Rucksack, wir gehen jetzt tausend Kilometer zu Fuß, bis die Depression vor Erschöpfung auf der Strecke bleibt. Unterwegs überlegen wir uns, was wir uns als junge Menschen gewünscht haben, welche Wünsche wir erfüllen konnten und welche Dinge wir noch immer tun möchten."

Gruß Violetta

Vorsichtig rantasten

Danke Violetta für deine Zeilen.
Wenn es nur ein "momentaner Zustand " wäre, könnte ich besser damit umgehen. Nur geht es schon über Jahre so. Dahin vegetieren, mich durch jeden Tag hangeln, die Verpflichtung wegen meiner Kinder weiter zu leben. Das nagt extrem an mir.
Vor 4 Jahren habe ich sämtliche Instanzen angeschrieben/angerufen.  Meine damalige Therapeutin hat lapidar gemeint, sooo schlecht könnte es mir nicht gehen, weil ich die Kraft dazu noch aufbringe. Es war die pure Verzweiflung, und die ist es Heute noch.
Hier darf ich es offen aussprechen, schreien, ein wenig von dem Leidensdruck los werden.

Wäre meine körperliche Verfassung besser, wäre dein Vorschlag echt gut. Laufen,laufen,laufen.....ohne Ziel, bis die Schuhe durchgelaufen sind. Aber....ich habe mich nach Draußen gewagt, die Sonne scheint, die  Vögel singen, erste Blüten zeigen sich....und ich...habe mich elendig einsam gefühlt. Früher war der Frühling meine liebste Jahreszeit. Es ist, als würde ich das Alles immer mehr vergessen, verdrängen, die Erinnerung tut weh :(

Alles Gute für dich.

E.

Ponyhof

Oh, das ist eine interessante Frage @Violetta.

Darf ich auch mitmachen?  😉

Ich komme gerade vom Sport. Waren zwar keine 1000Km, aber ich zwinge mich immer zu Bewegung und frischer-Luft. Man kann ja nicht nur in der Bude hocken, ob es nun Spaß macht oder nicht. Soll ja angeblich helfen. Vitamin D und so. Also, ist doch jetzt perfekter Zeitpunkt, oder?

Also.
Als ich jung war, wollte ich gern Straßenmusik machen. Ich wollte mit der Gitarre und dem Schlafsack per Anhalter nach Italien. Dachte, ich könnte mit der Musik genug Geld für Essen machen und im Schlafsack irgendwo draußen schlafen. Warum ich das nie getan habe? Wollte es meiner Mutter / meinem Freund nicht zumuten...
Als ich jung war, wollte ich gern ausprobieren mit wie wenig man auskommt. Was braucht man tatsächlich? Kann man vielleicht von den Resten der Gesellschaft leben? Kann man vielleicht alles selbst im Garten ziehen? Warum ich das nie getan habe? Ach... Irgendwie waren da immer so viele Dinge von denen "man" meinte, das sei gerade wichtiger als meine verrückten Ideen. Und ich hab's geglaubt.
Als ich jung war, wollte ich auch schon sterben. Aber man sagte mir, ich "solle" durchhalten, es werde besser. Und auch das habe ich geglaubt.
Naja, was soll man auch sagen, nicht wahr?

Das sind die Träume, an die ich mich erinnere. (Als ich 7 war, wollte ich glaube ich Sängerin werden, aber ich bin nicht mehr sicher).

Möchte ich HEUTE meinen Mann verlassen, all mein Zeug verschenken und mit meiner Gitarre durch die Welt trampen? Nein, möchte ich nicht. Ich bringe mich ja ihm zuliebe nicht um, da wäre das nicht sehr hilfreich... ich bin auch nicht mehr 20 wo man überall Anschluss findet, der Zeitpunkt ist verpasst, falls er irgendwann Mal existiert hat - wovon ich nicht überzeugt bin. Ich möchte meinen Job nicht kündigen, möchte nicht mehr anderer Leute Müll aufbrauchen.
Es sind die Träume einer 18 jährigen. Und ich BIN nicht mehr 18.
Von Rockstar werden (Traum einer 7jährigen) völlig zu schweigen...
Andererseits sind es die einzigen "echten" Träume , an die ich mich erinnern kann.
Ansonsten erinnere ich mich was Träume angeht nur an 5000 verschiedene Ideen, wie sich mein Leben beenden ließe. Vorzugsweise ohne, dass jemand anderes zu Schaden käme. usw usw usw. Aber wie gesagt: das wird nix. Muss ich jetzt durch.

Fazit: Ich habe einen Mann, einen Job, einen Freundeskreis. Ich habe mich nicht für dieses Leben entschieden, weil es mir gefällt, aber ich HABE mich dafür entschieden. (Ich will den Kollateralschaden auch nicht verantworten) Die Frage wäre demnach, ob es möglich ist, neue Träume zu entwickeln, die zu den "Fixpunkten" passen, die ich habe (Mann, Job, Freundeskreis), stimmt's? Irgendetwas muss man schließlich tun, während man auf den Tod wartet, der kommt ja davon, dass ich zwischendurch noch irgendwas unternehme auch kein bisschen später.

Also. Es kommt keiner und gibt uns den Tod, @Vorsichtig Rantasten. Und wir nehmen ihn uns auch nicht.
blöd aber wahr...
Soweit richtig? Tja. Dann bleibt uns wohl nur, die Zeit so gut wie möglich rumzukriegen. Hilft ja alles nix...

Was hast Du für "Fixpunkte" @Vorsichtig Rantasten? Ich finde diese "Was wurde aus früheren Träumen und was hält mich hier?" Check eigentlich ganz konstruktiv...

Liebe Grüße

Ponyhof


Violetta

Hallo Vorsichtig rantasten,

einiges ist bei mir ähnlich wie bei dir. Ich bin Mitte fünfzig und seit elf Jahren depressiv. Trotz verschiedener ambulanter, teil- und vollstationärer Behandlungen hat erst vor zwei Jahren eine Behandlung Wirkung gezeigt. Ich war dazu zehn Wochen auf einer Spezialstation für chronisch Depressive mit einer sehr durchdachten, systematisch aufgebauten Therapie. Und auch heute noch lebe häufig nur aus Disziplin und Pflichtbewusstsein. Aber es gibt seitdem auch gute Wochen.

Wenn bei dir die üblichen Medikamente nicht wirken, und die Standardtherapien nicht helfen, liegt es daran, dass du noch nicht in passenden Therapie warst. Chronische Depressionen haben oft andere Ursachen und Auslöser als akute Depressionen und müssen auch  anders behandelt werden. Leider ist das nicht mal allen Psychiatern bekannt.

Die Aussage der Psychologin die meinte, wenn du noch anrufen kannst, bist du nicht krank genug, finde ich ziemlich dämlich. Die Antwort hätte nämlich auch heißen können: Gut, dass Sie es trotzdem geschafft haben anzurufen.

Vorsichtig rantasten

Liebe Violetta

Es fällt mir so schwer, das auszudrücken was ich empfinde.  Einerseits schäme ich mich, offen zu sagen wie ich mich wirklich fühle, andererseits will etwas in mir es hinausschreien, in den virtuellen Raum, weil ich es nicht hinbekomme, im Wald rumzuschreien. Die Bäume und alle Bewohner können Nichts dafür.

Ich stelle mir vor, wie es wäre wenn ich noch einen Job hätte....die Verpflichtung im Außen.  Nö, würde nicht klappen, höchstens 6 Monate,  so lief es bis zu meiner Berentung. Ständig meine Grenzen überschritten, auch danach noch. Mit dem Haus, Alles alleine gestemmt, bloß nicht um Hilfe bitten. Angst vor Zurückweisung, die begleitet mich ständig. Ich kann nicht daran arbeiten, zu tief verankert.

Träume habe ich nicht, hatte ich nie. War ein Realist, Familie, Haus und Hof.

Jetzt ist das Alles weit weg. Ich stehe Alleine da, finde keinen Halt in mir. Das kleine Kind in mir schreit um Hilfe, das Erwachsene in mir hat vergessen wie es ist,sich um ein hilfloses Kind zu kümmern.

Ein paar Gedanken, die mir grad im Kopf schwirren.

Ich schicke es ab


An Ponyhof.....ich kann leider Nichts mit deinem Text anfangen. Sei mir nicht böse, kann dir nicht sagen wieso. Vielleicht liegt es am Altersunterschied??? Keine Ahnung....dennoch danke!!!

E.

Ponyhof

Liebe Vorsichtig Rantasten

Tut mir leid, dass ich hier in Deinem virtuellen Wohnzimmer einen Text gepostet habe, der Dir so gar nichts bringt. Ich nähme ihn raus, wenn ich könnte - aber das geht ja nicht. So muss er da stehen bleiben - Vielleicht einfach ein Zeichen dafür, dass wir trotz des einen gemeinsamen Problems eben doch alle Individuen sind und bleiben. - Und das ist manchmal dann halt auch völlig unterschiedlich.

Ich wünsche Dir alles Gute.

Ponyhof