Es muss doch mal besser werden ...

Begonnen von Freiflug, 29 November 2020, 12:31:31

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Freiflug

Mein erster Beitrag, danke für die Aufnahme. Ich bin 46 Jahre und männlich. Ich fang einfach mal an, ich weiß gar nicht, ob mein Beitrag in der richtigen Kategorie ist. Ich versuche mich auch kurz zu halten. Ich bin wieder in so einem komischen, matten Dasein und suche weitere Gleichgesinnte, um Erfahrungen zu sammeln und andere Hilfe zu bekommen, als ich schon in Anspruch nehme. Seit ca. 4 Monaten bin ich jetzt krank geschrieben und nach einem kompletten Check meines Körpers nach insgesamt 6 Wochen, kam man dann auf die Idee, mal in der Psyche zu forschen. Vom Glauben würd ich sagen, man fand keinen anderen Ausweg und schob meinen Zustand auf Depressionen. Mittlerweile denke ich, dass es wohl so ist. Glauben tu ichs halb / halb, weil man ja wirklich nichts anderes finden konnte, und aber, weil meine bisherigen Medikamente und meine Psychositzungen nichts geholfen haben. Ich habe nun meine zweite Psychotherapeutin, mit der ich sehr gut klar komme und mich wohlfühle. Medikamente nehme ich Johanniskraut Laif 900 und zum Schlafen Kytta Sedativum. Ich habe auch Antidepressiva da, aber möchte sie eigentlich nicht mehr nehmen. Ich war drogenabhängig und bin trockener Alkoholiker. Seit 2001 von dem Mist aber komplett weg. Als ich eine Antidepressiva genommen hatte, war ich am nächsten Tag entzügig, da hat es durch meinen damaligen, langen Drogenkonsum wohl klick gemacht. Deshalb habe ich das gleich wieder sein lassen. Das Schlimmste an meiner jetzigen Krankheit (die Ärzte haben eine mittelschwere Depression festgestellt mit "Abzweigungen" und meine neue Psychotherapeutin meint, dass ich Ängste in mir habe, wo sie sicherlich nicht unrecht hat), auf jeden Fall, mir ist es relativ egal, ob schwer, leicht, mittelschwer und/ oder Ängste, meine dumpfen Gefühle, meine Energielosigkeit, oder eher Antriebslosigkeit und auch meine Kälte gegenüber meiner Frau und Familie, kotzen mich an. Es tut mir unendlich weh, meiner Frau nicht die Liebe momentan zu schenken, die sie mir schenkt. Sie hat es nicht verdient, so behandelt zu werden. Sie hält auch weiter zu mir, wir reden offen und ehrlich über alles, seit über 12 Jahren. Aber auch dieses dumpfe Gefühl in mir und um mich herum, dass nervt mich. Wie eine Mattscheibe die mich im Denken und Handeln ausbremst. Wenn ich mich gestresst fühle, kommt es, aber seit Neuestem auch, wenn ich einfach morgens aufwache, so wie heut. Ich sitze nun da, schreibe diesen Text und habe diese Mattscheibe vor mir, in mir. Dieser Mist kommt und geht auch wieder. Nach langem Überlegen, hatte ich das früher auch schon, aber konnte es nicht einordnen und dachte immer, ich werd krank, Grippe oder so ein Mist. Seit 4 Monaten ist es sehr häufig geworden, hält auch länger an, meist für ein paar Stunden bis zu einem halben / dreiviertelten Tag. Meine Psychotherapeutin verbindet es mit Ängsten, aber ich hatte heut morgen weder Ängste noch Stress. Leider, und nun komm ich auf den Punkt, hat uns die Zeit vorerst gefehlt, Lösungen zu finden, und deshalb würde ich mich unendlich freuen, wenn es hier Gleichgesinnte gibt, die das Gleiche fühlen. Ich freue mich natürlich nicht für euch, dass ihr auch in so einem Schlamassel seit, aber würde mich sehr freuen, wenn ihr Vorschläge, Lösungen für mich habt, wie ich damit umgehen kann, was ich tun kann. Bitte helft mir. Vielen Dank erstmal, wünsche trotz allen dunklen Wolken, eine helle Kerze heute am ersten Advent, die Euch ein bisschen Glanz in die Augen zaubert.

Ina

 
Hallo Freiflug,

willkommen im Forum!

Mir geht es teilweise genauso wie Dir. Kein Antrieb, keine Energie, alles ist dumpf und matt, denken und handeln ist schwer und teilweise praktisch unmöglich... Dazu diese innere Kälte, weil einfach kaum noch Gefühl wahrnehmbar ist... Wie von einem dicken Wattebausch umgeben, nur nicht so angenehm flauschig. Ja, so in etwa geht es mir zurzeit recht oft und in diesen Momenten habe ich keine Chance, da irgendwie herauszukommen. Furchtbar.

Ich glaube, was Du brauchst, ist ein bisschen mehr Geduld. Du sagst, seit vier Monaten seist Du krankgeschrieben. Und in dieser Zeit hast Du die Therapie begonnen? Verstehe ich das richtig? Wenn ja, muss ich Dir leider sagen: So schnell geht es nicht. Depressionen und Ängste schleichen sich oft über einen langen Zeitraum ein, ohne dass man wirklich etwas davon merkt, z.B. weil man erste Anzeichen nicht ernst nimmt oder sie nicht mit der Psyche in Verbindung bringt. Irgendwann ist es aber nicht mehr zu übersehen und dann kommt es einem vor, als wäre sie ganz plötzlich da. Vieles passiert eher unterbewusst und ist nicht von Anfang an so klar ersichtlich (und somit auch nicht verständlich). Oftmals gilt es also, erst einmal herauszufinden, was die Ursache für die Depression ist. Du bist bereits in Therapie und fühlst Dich bei der Therapeutin wohl – das ist schon mal eine gute Voraussetzung dafür! Aber nimm Dir Zeit – und gib Dir Zeit. Zeit für Dich und Deine Seele. Zeit, um Schritt für Schritt einen Weg aus der Depression zu finden – oder zumindest einen Weg, wie Du damit zurechtkommen kannst und besser / anders mit Deinen Symptomen umgehen kannst, damit sie Dich nicht mehr so sehr einschränken.

Viel mehr kann ich im Moment leider gar nicht sagen.
Ich wünsche Dir aber auf jeden Fall Durchhaltevermögen und dass es bald wieder aufwärtsgeht!

Liebe Grüße
Ina
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Freiflug

"Ein Wattebausch", dass ist auch gut. Ich habe seit langem Ohrprobleme, immer nach dem Duschen muss ich das Wasser aus den Ohren saugen und ein Wattebausch dann für n paar Stunden rein tun, sonst krieg ich Ohrschmerzen. Ja, und genau so, wie wenn ich den Wattebausch in meinem Ohr hab, genau so fühlt sich dann auch mein ganzer Körper an. ich seh schon, ich bin nicht allein mit diesem Gefühl. Jeder leidet ja anders unter seinen Depressionen.
Geduld, ja das weiß ich, die benötige ich. Das Problem dabei ist, dass ich ja schon 4 Monate Geduld hab. Leider wurde bei mir erst nach ca. 6 Wochen und einem kompletten Körpercheck festgestellt, dass ich psychisch angeschlagen bin. Und deshalb hat es auch solange gedauert, bis ich dann einen Therapieplatz bekommen hab, auch den kriegt man ja nicht gleich von heute auf morgen. Ich hab ja vielleicht Geduld, aber ich frag mich wie lange haben meine Arbeitskollegen und meine Vorgestzten Geduld. Ich weiß auch nicht so recht, was mich daran stört, dass ich schon solangen arbeitsunfähig bin. Bin ja doch nur ne Nummer in der Arbeit.Naja in meinem Geldbeutel macht es sich leider schon bemerkbar. Aber gut, Gesundheit ist eh unbezahlbar. Und ich habe irgendwie Angst, dass ich noch lange, lange zu Hause bin, irgendwie sehe ich kein Licht, und glaube manchmal einfach nicht, das ich "nur psychische Probleme habe.

Ina

#3
 
Zitat von: Freiflug in 29 November 2020, 18:54:34
irgendwie sehe ich kein Licht, und glaube manchmal einfach nicht, das ich "nur psychische Probleme habe.

Das kann ich sehr, sehr gut nachempfinden, gerade wenn die körperlichen Symptome so ausgeprägt sind.

Mit 11 Jahren bin ich wegen häufiger Kopfschmerzen zu meinem Kinderarzt gegangen und er überwies mich zweimal zum Röntgen an die Radiologie. Es wurde nichts gefunden, was für die Kopfschmerzen verantwortlich sein könnte – und da hieß es dann direkt, dass sie wohl psychische Ursachen hätten. Ich konnte das nicht glauben – damals wusste ich allerdings noch nichts von Depressionen usw. – und habe mich weiteren Untersuchungen wie einer Kernspintomografie und einer Computertomografie unterzogen. Alles ergebnislos. Jahre später habe ich einen Neurologen aufgesucht, der verschiedene Tests und ein EEG gemacht hat – ebenfalls ohne einen Grund für die ständigen Kopfschmerzen zu finden. Zudem war ich bei einem Kopfschmerzspezialisten, der aber auch nichts feststellen konnte und der Meinung war, dass es psychisch bedingt sein muss. Ich bekam drei verschiedene Kopfschmerzdiagnosen. Medikamente haben nicht geholfen.

Ich habe mir sogar schon oft gewünscht (!), dass eine körperliche Erkrankung dahintersteckt, weil es mir irgendwie einfacher erscheint, eine geeignete Behandlung zu finden, als wenn es sich um etwas nicht "Sichtbares" wie Depressionen oder Traumata handelt.

Mittlerweile (22 Jahre später) muss ich wohl einsehen, dass die chronischen Kopfschmerzen tatsächlich psychosomatisch sind.

Ich möchte Dir damit keine Angst machen und nicht sagen, dass es bei Dir definitiv auch psychisch bedingt ist und so lange anhalten wird wie bei mir! Ich möchte Dir damit nur deutlich machen, dass es durchaus möglich ist, dass Deine Beschwerden auf psychische Probleme zurückzuführen sind, auch wenn sie Dir noch nicht so bewusst sind oder vielleicht "nicht so schlimm" erscheinen.

Warst Du schon mal bei einem Neurologen? Wahrscheinlich kann er noch einiges testen, was der Hausarzt nicht kann.
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)