Auf Wiedersehen

Begonnen von Müde Maus, 07 Oktober 2020, 08:32:56

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Müde Maus

Ich möchte hier Abschied nehmen von meinem Kinderwunsch!

Ich trage ihn nun seit mehr als 10 Jahren mit mir herum. Es fin mit 29 an. Wir waren frisch verheiratet und jagten beschlossen, jetzt darf ein Kind kommen. Die Pille nahm ich schon seit 4-5 Jahren nicht mehr... nun begann also die Zeit... immer Sex, wenn der Eisprung nahte... Temperatur messen, ovulationstest... nach 1 Jahr gingen wir in die Kinderwunschklinik und starteten mit Hormoneller Unterstützung... und in einer Behandlungspause (weil ich einen neuen Job gestartet hatte) kam dann unser erstes Wunder... beim zweiten ging es unerwartet schnell und nach nicht mal 2 Jahren war ich wieder schwanger... wir freuten uns total. Sie kam 4 Wochen früher... aber ist bis heute super fit, gesund und aktiv.
Das war vor mehr als fünf Jahren... nach wiederum nicht mal 2 Jahren war ich wieder schwanger...

Nun begann die traurige grausame Zeit voller Leid... in der 20. Ssw war kein Herzschlag mehr da. Ich merkte es weil ich keine Bewegungen mehr spürte. Ich hatte mich so gefreut, es hätte perfekt gepasst... nochmal derselbe Abstand, drei Kinder mit 36... da wäre sogar ein viertes möglich gewesen... aber es sollte nicht sein. Ich musste das tote Kind alleine auf die Welt bringen. Mein Mann war bei den anderen beiden. Ich litt so sehr und heulte und heulte und heulte... ich hatte unsrträglixhe Schmerzen... sie waren psychisch... bis heute brauche und liebe ich schmerzen ... ich muss damit diesen psychischen Schmerz betäuben...
Nur wenigeMonate später dachte ich der Himmel sei auf Erden gekommen... unser Engel hat ein Kind geschickt... noch im selben Jahr, nur vier Monate später war ich wieder schwanger und der Test so eindeutig positiv und alles so super schön... bis zur 12. Ssw. Da entdeckte die Ärztin auf dem Ultraschall unregelmässigkeiten. Ein Feinultraschall folgte.

Müde Maus

Es war nicht auszuhalten... ich hätte das Kind behindert genommen, ich hätte die vielen Krankenhausaufenthalte, die Operationen und alles mit diesem Kind geschafft wir hÄtten gekämpft und es zusammen hin bekommen... aber ein Hirnschaden, Trisomie 13 mit mehreren eindeutigen nicht lebensfähigen Markern... das Kind hätte keine 3 Tage überleben können... auch nicht mit noch so guten Operationen... vermutlich wäre es noch im
Bauch oder bei der Geburt gestorben. Ich musste es gehen lassen... mir zuliebe, meinen anderen Kindern zuliebe, meinem Mann zuliebe und der Familie zuliebe. Aber es ist etwas in mir kaputt gegangen... ein Kind töten... das wollte ich niemals tun... bei mir sollte jeder und jede eine Chance bekommen... seither habe ich mich verändert - das Leben hat sich verändert.

Auch diese Geburt habe ich alleine und mit irrsinnigen Schmerzen erlebt und ertragen... ich trage bis heute... ich habe alles unterdrückt... ich habe weiter gemacht... aber meine Kinder hatten eine tote Mama... die Sehnsucht einfach hinterher zu gehen kam auf... als nochmal ein Kind in der 8. Ssw ging, war ich so weit.

Ich überlegte wo ich die Kinder unterbringe, wer sich um sie kümmern kann und wie ich das Leben regeln kann, wenn ich nicht mehr da bin.
Ich wollte nur noch fort.

Aber ich blieb. Ich machte weiter. Je mehr ich gehen wollte umso mehr klammerte ich mich an den Wunsch doch noch ein weiteres gesundes Kind hier auf die Welt bringen zu dürfen... es folgten positive Test, Eileiterschwangerschaft, frühe FG... 4-5... Ich hab aufgehört zu zählen... seit Januar klammere ich mich an den Wunsch von anderen Männern aus Versehen schwanger zu werden, ich suche auf entsprechenden Portalen Männer für Sex... ich hatte kein GV, oder nur mit Kondom... aber vielleicht, dachte ich, vielleicht hilft das schlucken von fremdem Sperma meinem Immunsystem... aber dieSchwangerschaft bleibt bis heute aus... dafür ging die Ehe fast in die Brüche... ich tat es heimlich - ich schämte mich so sehr und wollte nicht, dass meinMannes weiß... er weiß es inzwischen... aber dafür hält er mich jetzt gefangen

Müde Maus

Meine Seele schreit nach Freiheit... sie will fliegen, fliehen, weg, weit weg von all dem... aber ich kann doch meine einzigen beiden gesunden Kinder, die hier bei mir leben nixht dafür im Stich lassen... ich muss doch für die beiden da sein...
BDSM... Fesseln lassen, Schlagen lassen, Sich erniedrigen lassen... es tut mir gut und ich brauche es. Ist es eine Folge der Erlebnisse oder hat es schon immer in mir gewohnt und sucht sich jetzt seinen Weg.
Sex war vorher nur Mittel zum Zweck... jetzt macht er Spaß und ich suche ihn bei Menschen außerhalb... Menschen die mich nicht in solch einer Situation allein gelassen haben, Menschen die ich nicht mit Kinderwunsch und all dem schrecklichen verbinde...
Am liebsten würde ich alle Brücken abschlagen... aber dann fehlt mir der einzige Halt im Leben... die Menschen die ich liebe und die mich lieben... das aufgeben um frei zu sein????

Müde Maus

Daher möchte und muss ich nun (ich werde im März 40 und der Kinderwunsch damit 11 Jahre alt)
Dem Kinderwunsch und einem Abschnitt in meinem Leben Lebewohl sagen... meine Geschwister werden weiterhin Kinder bekommen... es ist hart zu sehen, die beiden Neffen die im Alter meiner gestorbenen Kinder sind mit meinen Kinder spielen zu sehen... meinen Kindern zu erzählen, wie alt sie jetzt wären, wir sehr ich sie vermisse und wie traurig ich bin...
Ich möchte die Kilo los werden, die ich durch Hormone, wiederkehrende Schwangerschaften oder Trauer drauf bekommen habe... sie sind mein Schutzmantel... abe rich möchte den Mantel ablegen... lernen damit zu leben, es zu akzeptieren und endlich wieder leben - nicht nur hier bleiben weil ich muss und eine Verpflichtung habe.

Den Job hab ich gerade hin geschmissen... ich habe ihn gern gemacht... aber ich kann nicht mehr. Ich bin kaputt... Erschöpfungsdepression, psychosomatische Beschwerden, nicht Alltagstauglich...

Ich muss den Kinderwunsch aufgeben und hergeben... er macht mich kaputt, er frisst mich auf und er kostet sooooo viel Kraft. Ich wollte ihn ersetzten mit meinen sexuellen Eskapaden... aber das ist nicht erlaubt... nun muss ich einen anderen Weg finden. Ich bin noch auf der Suche... aber vielleicht, vielleicht gibt es irgendwann einen Weg für mich... und vielleicht ist irgendwann bald...
Ich muss die Hoffnung begraben sonst kann nichts neues entstehen..

riversong

Liebe Müde Maus

Ich will dir schreiben "hochachtung hochachtung" für deine schonungslose Ehrlichkeit
Ich wünsche dir Heilung Heilung und nochmals Heilung
gut dass du dich verabschiedet hast von deinem erneuten Kinderwunsch

Vollbringe noch eine wunderschöne Zeit mit deinem Mann und euren beiden Kindern zusammen
Ihr habt es euch verdient.

In diesem Sinne habe ich euch jetzt schon liebevoll in mein Herz geschlossen
und bin davon überzeugt dass ihr alle noch eine glückliche Zeit haben werdet
in Liebe riversong <3
Hinfallen, aufstehen KRONE RICHTEN weitergehen

Müde Maus

Liebe River Song,

ja, Heilung wäre so schön... aber ich glaube nicht mehr daran... ich glaube gar nichts mehr nicht an mich, nicht an die Hoffnung... nicht mal mehr an die Liebe im Moment...
darum danke ich Dir für Deine lieben Worte - mögen sie das schaffen, was ich im Moment nicht mehr schaffe oder noch nicht schaffe 🤷‍♀️.


riversong

Liebe Müde Maus

Du bist ja noch mittendrin in deinen Gefühlen das ist nur verständlich dass du gerade so denkst
Aber das nur eine Wort "noch" noch nicht schaffe! lässt mich erkennen, dass du es schaffen wirst.

Ich wünsche dir eine gute Aufarbeitung vielleicht mit Hilfe von einer Therapie vielleicht mit deinem
Mann zusammen.

Das sind nur mal so Gedanken von mir, ich weiß nicht wie du dazu stehen kannst.

Viel viel Kraft !
Hinfallen, aufstehen KRONE RICHTEN weitergehen

Müde Maus

Vielen lieben Dank Wohlstandspudel...
Ich habe gerade bemerkt, dass ja auch vielleicht der Zeitpunkt derjenige ist um Abschied zu nehmen... mein liebes Regenbogenkind wäre in der nächsten Woche drei Jahre alt geworden... am 10.10. War der errechnete ET... verloren habe ich es Ende Mai...
Es tut weh, es treibt mir die Tränen in die Augen und alles hätte so anders laufen können.
Ich habe einen Platz in der Tagesklinik ab dem 16.11... also aus der Sicht bin ich gut versorgt und ich suche einenTherapieplatz... da stehe ich auf der Warteliste... ich hoffe einfach das irgendwie alles gut wird... und ich merke wie ich mich fest klammere... ich kann nicht los lassen... ich wünsche und hoffe und hoffe und wünsche, dass dieser Alptraum diese 5 grausamen Jahre irgendwie noch einen positiven Abschluss bekommen... ich schaffe es nicht dieses Seil zu kappen... ich habe Angst zu fallen unendlich viel Angst... ich fühle mich wie über einer endlosen schwarzen tiefen Schlucht, ich habe das Gefühl den Aufprall nicht zu überleben... ich hänge oben in der Sonne und träume noch immer davon vom Glück, dass mich fliegen lässt, vom Glück, dass mir Flügel verleiht und Leichtigkeit, dass mir Kraft gibt alles zu schaffen... mit dem kleinen Baby in meinem Bauch oder an meinem Bauch würde ich den Aufstieg schaffen, es würde meine Seele heilen und mit Energie, Kraft, Selbstvertrauen, Gottvertrauen, Hoffnung, Lebensmut zurück geben... ich würde den Aufstieg wagen und schaffen... ich könnte mich befreien und den Weg zu Ende gehen...

Aber ohne diese Hoffnung... bleibt mir nur das Seil durch zu schneiden und mich nach unten fallen zu lassen... in das Schwarze nichts... ich weiß nicht was oder wer mich auffangen könnte... da gibt es kein Netz, keinen Boden, kein sicherndes des Seil...Da ist nur unendliche Dunkelheit, Trauer, Schmerz, Einsamkeit und Hilflosigkeit...
Wie soll ich mich denn da überwinden diesen Weg zu gehen? Das ist ja irrsinnig!!!! Niemand würde den Weg gehen... wer hilft mir? Ich brauche den Menschen, der mit mir gemeinsam den Abstieg macht, mir zur Seite steht, der erfahren ist und mich begleitet - oder mir sagt wie es geht... vielleicht schaffe ich es auch alleine... aber ich sehe keinen Weg. Da sind keine Stufen und das Seil hat sich weit oben verfangen... damals, als ich so glücklich war und dann so tief abgestürzt bin... zwei mal... ich hatte keine Zeit das Seil zu entheddern...
Ich bin einfach nur gestürzt und jetzt bin ich verletzt und hänge da... vielleicht bin ich ja bald verhungert... dann muss ich die Entscheidung nicht mehr treffen mich los zu schneiden... dann erledigt es sich von selbst... vielleicht erfriere ich beim nächsten Sturm oder ich vergesse einfach zu atmen... all das wären so viel leichtere Lösungen als sich fallen zu lassen in das Nichts unter mir... und doch - es ist unumgänglich ...

Müde Maus

Fast drei Jahre später... ich habe es nicht geschafft. Ich bin daran zerbrochen. Ich war nochmal schwanger. Bis zur 22. Woche. Hatte auf eine Frühgeburt gehofft. Aktuell kämpfe ich mit einer bipolaren Störung, vielleicht auch PTBS... ausgelöst dadurch? Das weiß niemand. Mein Leben ist aus den Fugen geraten. Ich glaube es wird nie wieder zusammen gesetzt werden. Ich werde mit den Scherben lernen müssen zu leben. Die Alternative ist nur zu sterben. Es gibt viele Momente wo ich dazu bereit wäre. Viel mehr bereit als dieses Leben hier so zu ertragen. Ich hoffe irgendwann kommt wieder die Sonne