Ghosting

Begonnen von Fin82, 02 Mai 2020, 14:12:42

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Fin82

@hardworking fool:

Toll, dass Du mir jetzt noch absprechen willst, dass ein Medikament mein Leben zerstört hat. Jedenfalls zu einem erheblichen Teil. Ich kann und werde das hier nicht ausbreiten. Aber seit der Einnahme von diesem Zeug waren bei mir Dinge einfach weg. Bis heute...

Ja, es ist sogar richtig, dass das Medikament mir im Hinblick auf die Sozialphobie geholfen hat. Aber ich hätte es trotzdem nie genommen, wenn ich auch nur eine Ahnung gehabt hätte, was es für einen Schaden anrichten KANN. Ich betone das kann, weil ich damit nicht behaupte, dass das bei jedem so sein muss.

Ina

 
Zitat von: Fin82 in 04 Mai 2020, 14:48:25
Gegen die Zerstörung der eigenen Würde gibt es keine Hilfe. Stell es Dir vor wie eine Vergewaltigung, gegen die es keine Therapie gibt.

Offenbar "vergewaltigst" Du Dich im Moment selber. Du machst Dich runter, wertest Dich ab, nimmst Dir vom Gefühl her selbst den Wert. Aber Hilfe nimmst Du in keiner Form an. Ja, das ist Zerstörung: Selbstzerstörung.

Wenn Du Dir nicht helfen lässt und Dir selbst keine Chance gibst, z.B. in einer ambulanten Psychotherapie oder einer psychiatrischen Klinik etwas über Dich selbst zu lernen, an Dir zu arbeiten und Dein Leben zu verändern, solltest Du Deine Situation nicht als hoffnungslos oder aussichtslos bezeichnen. Das kannst Du ja gar nicht wissen, wenn Du es nicht ausprobierst.
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Fin82

@Ina Diva:  Ich war tatsächlich mal in einer Klinik. Im Hinblick auf die Sozialphobie hat es mir bleibend geholfen.

Aber wegen allem anderen, was dort gemacht wurde, ging es mir psychisch noch schlechter. Eben genau weil immer wieder der Gedanke da war, dass diese Leute (Mitpatienten) tatsächlich ausschließlich psychische Probleme hatten. Das hat mich noch zusätzlich getriggert, weil mir dadurch eben bewusst wurde, dass ich unlösbare Probleme habe, die man eben genau nicht mit irgend einer Therapie bekämpfen kann.

Ina

#63
 
Zitat von: Fin82 in 04 Mai 2020, 15:16:31
In dieser Welt zählt Stärke. Besonders als Mann.

Das hat die Evolution so eingerichtet und gewollt. Männer mit großen Problemen sind damit aus diesem "Spiel" raus. Es sind Dreckstücke, so wie ich, die fertig mit der Welt sind.

Männer können nur stark sein oder sie sind nicht. Wohingegen die Frau eben durchaus "die Schwache" sein darf und sich beschützen lassen darf. 

Früher war das so, ja. Und auch heute schwebt dieses klischeehafte Bild, wie ein Mann "zu sein hat", noch vielen Menschen vor. Aber längst nicht allen. Da haben sich die Zeiten doch sehr gewandelt.


Zitat von: Fin82 in 04 Mai 2020, 15:34:40
Es scheint sogar so zu sein, dass vor allem Frauen darauf stehen, sich von Männern "dominieren" zu lassen...nicht nur in bestimmter Hinsicht, sondern auch psychisch und im Leben.

Ja, es gibt viele Frauen, die das mögen – und viele Männer, die das gerne machen. Es gibt genauso aber auch Frauen mit einem dominanten Wesen und Männer, die sich bei genau diesen Frauen am besten aufgehoben fühlen. Das ist sicher keine Schande. Und dann gibt es noch einen mindestens genauso großen Anteil – sowohl Frauen als auch Männer – der weder das eine noch das andere will, sondern sich auf niemanden mehr verlässt als auf sich selbst und seinen ganz eigenen Weg geht. Das lässt sich so pauschal also nicht sagen.

Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Fuchs

Ich hatte eigentlich nicht wirklich vor, zu antworten, tue es jetzt aber trotzdem.

In einer Therapie geht es nicht darum, Probleme wegzureden. Man thematisiert sie natürlich, denn unsere Probleme sind gerade der Grund, warum man zur Therapie geht. Es ist nicht schlimm, wenn man keine psychische Krankheit in dem Ausmaß hat, dass man nicht mehr normal leben kann, denn auch die, wie Du sie nennst, "Realen Probleme" belasten sehr und führen doch gerade dazu, dass es einem nicht gut geht.
(An dieser Stelle möchte ich auch anmerken, dass nicht sichtbare Probleme wie psychische Krankheiten genauso real sind!)

In einer Therapie wird nicht weggeredet, es wird darüber geredet. Ein Therapeut kann sehr oft neue Denkweisen vermitteln und helfen, aus schädigenden oder alten Mustern auszubrechen. In der Therapie lernt man mit der Zeit viel über sich und den Umgang mit sich selbst und anderen - was sehr wohl bei Problemlösungen hilft.


Zu dem anderen, was Du schriebst:
Ja, in dieser Welt braucht man Stärke. Das Leben ist nunmal nicht geschaffen, um leicht zu sein. Aber Du, und im Grunde alle hier, besitzen diese Stärke, denn sonst wären wir nicht hier.
Kraft und Stärke bedeuten nun mal nicht mehr (nur) Muskeln und die Fähigkeit, Emotionen zu verstecken, um stark zu wirken, sondern etwas anderes: nämlich Emotionen zuzulassen, ihnen Raum zu geben. Stark ist es auch, sich nicht von anderen mitreißen zu lassen und zu sagen: "Alle sind so, also muss ich auch so sein." Damit verbiegt man nur sich selbst und dass "Alle stark sind nur ich nicht" ist einfach falsch.

Männer dürfen weinen. Männer dürfen sich schwach fühlen, leiden und psychische Krankheiten haben. Es ist nicht albern, als Mann zur Therapie zu gehen.
Ganz ehrlich, wir leben im 21. Jahrhundert. Es ist bekannt und wird immer anerkannter, auch als Mann schwach sein zu dürfen.

Und klar gibt es Frauen, die sich von Männern dominieren lassen, um auf einen weiteren Punkt von Dir einzugehen. Bei der Ansicht fehlt mir aber die Kehrseite: Es gibt genauso Männer, die sich eher dominieren lassen und in Beziehungen ist es doch fast immer so, dass man sich immer mehr ausgleicht, gleichberechtigt und unterstützt - und das ist in keinem Fall weniger männlich.
Es scheint mir immer mehr, dass Männlichkeit für Dich etwas anderes bedeutet als für mich. Und auf Kommentare wie "so sind Frauen halt" und "das ist normal so" habe ich echt keine Lust. Wie gesagt, wir sind im 21. Jahrhundert. Die Vielfalt ist so viel größer und anerkannter geworden. Männlich sein bedeutet nicht gleich, immer stark sein zu müssen.
Denn unerträglich muss dem Fröhlichen
Ein jäher Rückfall in die Schmerzen sein.

- Iphigenie auf Tauris (Goethe)

Fin82

@Ina Diva:

Aber ich behaupte, dass es eine Tendenz gibt. Und die halte ich für biologisch festgelegt. Natürlich gibt es immer Ausnahmen von einer Regel in der Natur.
Aber ich halte es wirklich für eine Illusion, dass wir nicht zutiefst biologisch geprägte Wesen sind. Sonst gäbe es uns und die anderen Tiere ja nicht.
Alles andere ist nur durch die Religion gekommen, wo Menschen eben an einen Sinn geglaubt haben, an einen Schöpfer. Sicher, dadurch ist auch für die moralischen Werte der Menschheit wohl einiges geleistet worden. Aber es taugt glaube ich nicht zur Beschreibung der menschlichen Psyche. Man muss da ganz wertfrei sein und auch erbarmungslos gegen sich selbst.

Und als Mann ist es eben aus diesen Gründen ein viel größerer Makel, wenn man zu viele Probleme hat. Man weicht zu sehr vom "Durchschnitt" ab.
Wie gesagt, Ausnahme und Regel. Das meine ich.


Ina

 
@ Judith: Toller Beitrag, danke dafür!

@ Fin82:

Zitat von: Fin82 in 04 Mai 2020, 16:08:22
Und als Mann ist es eben aus diesen Gründen ein viel größerer Makel, wenn man zu viele Probleme hat. Man weicht zu sehr vom "Durchschnitt" ab.
Wie gesagt, Ausnahme und Regel. Das meine ich.

Was heißt denn "zu sehr"? Sicher muss man sich bis zu einem gewissen Grad anpassen, um im Leben klarzukommen. Aber muss man immer mit dem Strom schwimmen und so sein wie "alle" anderen? Ich persönlich entspreche auch nicht "dem Durchschnitt" und möchte es auch gar nicht, denn dann wäre ich nicht mehr ich selbst. Ich glaube, es geht viel mehr darum, wie man damit umgeht, dass man so ist, wie man ist – und darum, welche Menschen man an sich heranlässt. Sie müssen eben zu einem passen.

Ganz ehrlich: Ich habe vor Menschen, die einfach sie selbst sind, sehr viel mehr Achtung als vor jenen, die in jeder Hinsicht "mitlaufen", obwohl es ihnen nicht entspricht. Menschen, die sich selbst treu sind, zeigen doch viel mehr Stärke.
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Fin82

@Ina Diva:

Ich meine es so: Für mich sind die Chancen, mal eine "Liebe" oder Beziehung zu finde, aus tausenderlei Gründen sehr gering. Und weil ich das eben so analysiert habe, bin ich der Meinung, dass es (auch) mit der Eigenschaft "Mann" zusammenhängt. Auch wenn es blöd klingen mag.

Ist jetzt nur ein Beispiel: Weibliche Sozialphobiker sind zum Beispiel viel seltener Single als Männer. Es ist einfach so, ich war in unzähligen Foren etc. zu diesem Thema und das ist einfach die statistische Realität.

Und leider ist "Sozialphobie" nicht mein einziges Problem. Also es gibt noch viel mehr, das die Chancen gegen Null sinken lässt, jemals glücklich zu werden...

Fin82

@Judith C. Zum Thema Therapie:  Wenn ich mit einem Mann rede, fühle ich mich "unterlegen". Wenn ich mit einer Frau rede, fühle ich mich aus scheiße.

Das hat Gründe. Und leider ist das nicht lösbar. Was würde ich darum geben, dieses Problem zu lösen. Ich wäre sofort ein energiegeladener Mensch, würde machen können, was mir Spaß macht und meinen Interessen entspricht. Aber durch dieses verfluchte eine Problem (nicht psychisch) bin ich nur ein halber Mensch und ein Schatten meiner selbst.

Fin82

"auch scheiße" sollte das heißen.

Fin82

In der Klinik hat die Frau, bei der ich Gesprächstherapie hatte, sogar ihre Verachtung unterschwellig zum Ausdruck gebracht. Als ich von dem Problem geredet habe.

Fin82

Ich vermute schon, dass jetzt wahrscheinliche viele denken, ich hätte da irgend. was reininterpretiert (was meinen letzten Satz angeht). Klar, Sozialphobiker...kann ja nicht ganz richtig im Kopf sein und interpretiert das Verhalten von Menschen falsch?

Es war aber wirklich so, das heißt der Begriff "unterschwellig" ist eigentlich zu mild gewählt. Die ist aggressiv geworden und hat fast geschrien.

Fin82

"Living a lie

My sexuality used to define who I was; it shaped my personality, it influenced how I expressed myself, how I dressed, talked, acted and interacted. It drove me; it enabled me to fulfill my physical and emotional needs. Without it I feel lost, empty and lacking direction, and that I've been eliminated from the game of life. My confidence and ego have been crushed. PSSD is so profound in its all-encompassing nature, it runs so much deeper than a collection of symptoms. It's a very scary thought that I probably won't ever be me again, and I have moments of real fear when I think what I've lost. To live with PSSD is to live a lie.
I went to my doctor for help and ended up in a horrible place; a place that I did not think could even exist. I was given a drug that ruined my life. The medical system violated my trust and my body. They took advantage of me during a period of weakness; and then they left me on the scrapheap."

(Anthony Czoka)

https://rxisk.org/buried-alive-post-ssri-sexual-dysfunction-pssd/

Fin82

Zitat von: Judith C. in 04 Mai 2020, 16:04:16
Ja, in dieser Welt braucht man Stärke. Das Leben ist nunmal nicht geschaffen, um leicht zu sein. Aber Du, und im Grunde alle hier, besitzen diese Stärke, denn sonst wären wir nicht hier.

Ganz ehrlich: Ich besitze nur (noch?) nicht die Stärke, es zu beenden. Die denkbaren Methoden sind alle sehr heikel und kosten teilweise große Überwindung.

Vor 7 Jahren hätte ich es fast geschafft.

Fin82

Danke für deine Worte.

Aber Klinik ist keine Option. Wie gesagt, dadurch steigern sich die Gedanken eher noch ins Negative.

Ich werde meine blöde Prüfung demnächst schreiben, die mich wahrscheinlich wegen meines Zustandes überfordern wird und in der ich nicht ansatzweise das Ergebnis erzielen werde, was ich bei voller Konzentration und freiem Kopf erreichen könnte. :(  Danach sehen, wie es weitergeht.
Der Gedanke, dass ich nun auch noch diese Person verloren habe, nimmt mir einfach jegliche Perspektive gerade...