Psychotherapeut seriös?

Begonnen von Moonracer, 10 April 2019, 19:22:17

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Moonracer

Hey,

bei mir wurde eine mittelgradige bis schwere depressive Episode diagnostiziert und ich bin gerade sehr mühsam auf der Suche nach einer geeigneten Therapiestelle, was sehr mühsam und schwer ist. Ich hatte schon bei 4 Psychotherapeuten ein Erstgespräch. Bei 3 Therapeuten blieb es dabei und bei 1nem habe ich komischerweise gleich draufkommende Woche einen weiteren Termin erhalten. Habe mich schon etwas gefreut, weil ich sofort Hilfe brauche.

Ich habe mich dann auch über die Psychotherapie informiert, wie es abläuft. Da habe ich gelesen, dass zuerst 5 probatorische Sitzungen möglich sind indem die Diagnostik erfolgt und die Therapie aufgestellt wird. Bei dem jetztigen Therapeuten der gleich einen Termin mir gegeben hat hat bisher mit mir nur geredet. Hat mir etwas geholfen. Dann kommt er zum Ende der Stunde mit der Aussage: "Das nächste mal gebe ich ihnen einen Zettel mit für den Hausarzt welchen dieser für mich ausfüllen muss". Ich habe mir daraufhin echt Gedanken gemacht weil keine Diagnostik gemacht wurde und noch nicht so richtig über die Therapie gesprochen wurde. Mir kommt es irgendwie so vor als wolle er schnell dies machen, damit er mein Therapeut wird. Das kann ich auch falsch liegen. Aber so von der Art und Weise wie er mir dies rüberbringt denke ich genau daran.

Nun stellt sich mir die Frage ob er überhaupt seriös ist und mir wirklich helfen kann. Denn ich brauche jetzt in meiner Verfassung keinen Fall wo der Therapeut sich zu aller Erst so hilfbereit erklärt und dann wenn alles durch ist mit der Beantragung mir nicht mehr richtig hilft. Da habe ich gerade echt rießen Angst davor und ich weiß nicht ob ich wieder zu ihm gehen soll.

Ich weiß es einfach nicht..... :(

Was meint ihr?

Moonracer


nobodyisperfect86

Hallo Moonracer,

ich kann verstehen, dass es dich irritiert, weil der Therapeut so auf Tube tritt. Ich finde es persönlich eher nicht so gut, wenn man so gedrängt wird. Wie du schon sagtest, kann man bis zu 5 Probesitzungen machen, bevor beide Seiten entscheiden, ob man denn eine gemeinsame Grundlage findet. Diese würde ich auch dir empfehlen, da es sehr wichtig ist, dass du dich dem Therapeut oder der Therapeutin anvertrauen kannst. Ich kann auch verstehen, dass man nun zwar will dass es klappt, weil es ja schwer genug ist überhaupt einen Termin zu bekommen, aber auf der anderen Seite auch skeptisch bist wegen dieses drängenden Verhalten.

Ich würde halt die zweite Sitzung abwarten und die Fragen stellen, die dich so beschäftigen. Und auch nachfragen, was er/sie für eine Therapie für richtig haltet. Wenn du danach trotzdem noch ein schlechtes Gefühl bei der Sache hast, dann kannst du ja immer noch sagen, dass du sein Angebot ablehnst und weiter suchen.

Gruß

Nobody

Mickie

Huhu,

grundsätzlich erscheint mir an dem Therapeuten nichts unseriöses, ausser das er vielleicht vergessen hat dir zu erklären wie es weitergeht.

Meine Erfahrung ist, der eine Therapeut benennt seine Diagnose und ein anderer eher nicht, weil die Wertstellung der Diagnose anders gewichtet ist.
Auch gibt es Therapeuten die nur zu einem Termin bitten, wenn sie Kapazitäten haben und einen dann auch weitere Termine geben, wenn der als Therapeut sich vorstellen kann mit dir zu arbeiten.

Das erste Gespräch ist meist ein erstes Kennenlernen, wo der Therapeut einen ersten Eindruck gewinnt und  beide sich überlegen können ob sie es sich vorstellen können. Auch den sogenannten Konsilarbericht für den Hausarzt wird oft beim 2. oder 3. Gespräch mitgegeben, weil der Antrag ja im Idealfall zügig nach den ersten 5 Gesprächen gestellt werden sollte, um dann keine lange Wartezeit zu haben.

Ich würde die zweite Stunde nutzen um die Fragen die dir auf der Seele brennen zu stellen, wie z.B. wie läuft so eine Therapie ab, was passiert nun etc.Auch der Therapeut wird normalerweise in den Stunden 2-4 sich mit deinem Lebenslauf beschäftigen, deine Ziele die erreicht werden sollen etc.

Im Konsilarbericht geht es übrigens nur darum das der Hausarzt bestätigen muss das nichts gegen eine Therapie spricht.

Bei meiner allerersten Therapie habe ich Dienstags angerufen Mittwochs meinen ersten Termin gehabt und danach auch gleich die nächsten Termine. Ich weiss noch wie buff ich war, weil ich ja überall gelesen hatte man wartet immer so lange etc. am Ende war es das beste was mir damals passieren konnte. Insofern freu dich das es einfach mal zum nächsten Termin gekommen ist und gucke wie kommst mit dem Therapeuten klar, auch du kannst in den ersten 5 Stunden sagen, hier fühle ich mich nicht wohl und weitersuchen.

ich wünsche dir viel Glück einen Therapeuten zu finden der zu dir passst.

Lieben Gruß

Mickie

hardworking fool

Hallo,

ich kann mich Mickie nur anschließen. Beim Erstgespräch geht es nur um ein erstes Kennenlernen. Wenn du einen Therapeuten findest, der dir dann gleich einen Termin für eine probatorische Sitzung gibt, hast du wahrscheinlich einfach Glück gehabt.

Bei mir war es tatsächlich ähnlich. Ich hab sehr schnell einen Termin bekommen und dann ging es auch gleich zur Sache. Viel erklärt hat mir meine Thera auch nicht, was aber auch daran liegen kann, dass ich sie beim ersten Mal kaum zu Wort kommen ließ. Wieviel dir dein Therapeut erklärt hängt vermutlich auch ein bisschen vom Verfahren (Verhaltenstherapie, Psychoanalyse oder tiefenpsychologische Therapie) ab. Du kannst aber natürlich jederzeit Fragen stellen.

An deiner Stelle würde ich mich erstmal freuen, dass es vorerst mal weiter geht. Ob du dann wirklich die Therapie bei dem Therapeuten beginnst kannst du dir ja immer noch überlegen.

Zweifel an der Seriosität des Therapeuten kann ich allerdings nachvollziehen. Bei mir war es so, dass das Erstgespräch quasi in einer Baustelle stattfand. Da hing tatsächlich noch nicht mal ein Namensschild an der Tür. Da kamen mir im nachhinein schon komische Gedanken, aber ich war so froh, dass mir endlich mal jemand zuhörte, dass ich die Bedenken beiseite schob.
Gott sei Dank, kann ich heute nur sagen.

Alles Gute und viel Erfolg mit deiner Therapie.

Fool

Ina

 
Hallo Moonracer,

ich sehe es wie Mickie und Fool. Lass erstmal die nächsten Stunden bei dem Therapeuten auf Dich zukommen, stell ihm Deine Fragen und entscheide dann, wie Du mit seinen Antworten umgehst und ob Du Dich immer noch unwohl und unsicher fühlst. Ich denke nicht, dass Du mit so einem negativen Gefühl an die Sache heranzugehen brauchst. Sei offen für das, was Dich bei ihm erwartet – und wenn es Dir nicht gefällt, wird er eben nicht Dein Therapeut.


Zitat von: Moonracer in 10 April 2019, 19:22:17
Ich habe mir daraufhin echt Gedanken gemacht weil keine Diagnostik gemacht wurde
[...]

Ich würde mich wahrscheinlich eher Gedanken machen, wenn er mir schon nach dem ersten Gespräch eine Diagnose gestellt hätte! Da hätte ich das Gefühl, dass er mich vorschnell in irgendeine "Schublade" steckt, ohne wirklich etwas über mich, mein Leben und meine Gefühle zu wissen. Das würde bei mir wahrscheinlich eher den Eindruck hinterlassen, dass der Therapeut unseriös ist.

Übrigens hat keiner meiner bisherigen Therapeuten jemals mit mir über Diagnosen gesprochen. Sie haben sich Gedanken und Notizen gemacht, keine Frage, aber thematisiert haben sie es nie, denn im Grunde ist die Erstdiagnostik doch nichts weiter als formeller Papierkram, der für die Krankenkasse von Belang war, nicht aber für unsere Gespräche. Viel wichtiger war, dass meine Fragen nicht kommentarlos übergangen wurden und die Therapeuten mir zugehört haben.

Liebe Grüße
Ina
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Moonracer

Hey,

danke für eure schnellen Antworten. War die letzten Tage nicht gut drauf. Daher schreib ich jetzt erst.

Ihr habt schon recht. Das ist halt meine erste Therapie und da ist alles neu für mich. Ich werde meinem Therapeuten dann bei der nächsten Sitzung meine Fragen stellen. Je nach dem wie gut er die beantwortet entscheide ich dann.

ZitatIch würde mich wahrscheinlich eher Gedanken machen, wenn er mir schon nach dem ersten Gespräch eine Diagnose gestellt hätte! Da hätte ich das Gefühl, dass er mich vorschnell in irgendeine "Schublade" steckt, ohne wirklich etwas über mich, mein Leben und meine Gefühle zu wissen. Das würde bei mir wahrscheinlich eher den Eindruck hinterlassen, dass der Therapeut unseriös ist.

Okay. Bisher war dies bei mir immer der Fall gewesen. Bei den 3 vorigen Therapeuten wurde gleich im Erstgespräch die Diagnose gestellt. In diesem haben sie mir eben zugehört und dann so aus meinem Beschwerdebild und Verlauf die Diagnose gestellt. Ist das nicht normal?

Eine Frage habe ich noch:

Meine Psychaterin hat mir eine Einweisung für eine Tagesklinik gegeben. Da habe ich mich dann auf die Warteliste eintragen lassen. Da muss man auch ca. 2 Monate plus/minus auf einen freien Platz warten. In diesen 2 Monaten hätte ich dann meinen Therapeuten der mich therapiert, oder wenn es nicht klappen würde übergangsweise eine andere Therapeutin/anderer Therapeut. Angenommen mein Therapeut beantragt sagen wir mal 60 Stunden. Das sind dann 60 Sitzungen. Denn eine Sitzung sind ja 60 Minuten. Dann würde die beantrage Therapie über 15 Wochen ( ca. 4 Monate) gehen, denn pro Woche gibts nur eine Therapiestunde. Nun bekome ich eben nach 2 Monaten von der Tagesklinik eine Mitteilung, dass ein Platz frei ist. Dann gehe ich natürlich in diese.

Wie läuft es dann so ab? Sollte ich meinen Therapeuten darüber informieren? Macht es überhaupt Sinn während einer Psychotherapie in eine Tagesklinik zu gehen?

Grüße,
Moonracer

hardworking fool

Also ich finde schon, dass es Sinn macht während einer PT in die Tagesklinik zu gehen. Während deines Aufenthalts dort musst du halt die Therapie unterbrechen - aber das ist kein Problem. Ich hab das damals auch so gemacht.

Ich frage mich nur gerade warum du so scharf auf eine Diagnose bist von deinem Therapeuten. Irgendeine Indikation musst du ja haben, sonst hätte deine Psychiaterin dir wohl keine Einweisung für die TK gegeben. Und wenn die drei anderen Therapeuten dir eine Diagnose gegeben haben müsste deine Neugier diesbezüglich doch befriedigt sein. Oder haben die dir alle etwas völlig anderes bescheinigt?
In der Therapie geht es darum, dass du an dir arbeitest mit Hilfe des Therapeuten. Vielleicht sehe ich das völlig falsch, aber mir wäre die Zeit zu kostbar um über Diagnosen zu diskutieren. Habe ich mit meiner Therapeutin auch nie gemacht. Fand ich anfangs auch komisch so wenig zu wissen über ihre Vorgehensweise etc. aber im Nachhinein muss ich sagen, dass das zumindest für mich genau die richtige Vorgehensweise war. Ich will nicht wissen was mir fehlt, was an mir falsch ist, ich will wissen was ich tun muss um wieder gut zu leben. Auch darüber hat sie mir nichts gesagt, mir keine Handlungsanweisungen oder Richtlinien gegen, aber sie hat immer wieder die richtigen Fragen gestellt die mir geholfen haben selbst Lösungen zu finden. Auch das fand ich manchmal einfach nur zum Kotzen und trotzdem hatte sie auch damit recht. Irgendwann ist auch die längste Therapie vorbei und dann muss man seine Probleme auch wieder alleine bewältigen können.
Wichtig ist doch vor allem, dass du an deinen Baustellen arbeitest UND dass du einen Therapeuten findest mit dem du arbeiten kannst.

Mickie

Hi Moonracer,

wenn dein Therapeut eine Thera beantragt mit 60 Stunden würde eine Thera bei einmal die Woche über ein Jahr dauern (52 Wochen hat das Jahr) und da ist noch kein Urlaub mit eingerechnet. In dieser Zeit kann soviel geschehen, dass eben auch Klinikaufenthalte geschehen, was i.d.R. kein Problem ist, die Thera ruht dann und da man nach der Klinik meist eh eine Empfehlung bekommt der ambulanten Weiterbehandlung.
Insofern einfach offen mit dem Therapeuten reden. Da du ja scheinbar auch eine Psychiaterin hast, dürftest ja schon eine Diagnose von da haben und ich wüsste jetzt nicht warum man das nu mit einem Therapeuten diskutieren muss. Ich hatte darüber eigentlich nur ein Gespräch mit dem Therapeuten gehabt, weil ich auf der Rechnung die Diagnose lesen konnte und bei der einen meinen Therapeuten erstmal für verrückt erklären wollte, im Nachgang musste ich ihm was Diagnose anging aber doch Recht geben.

Klar ist es normal das ein Therapeut eine Diagnose aus dem Beschwerdebild und Verlauf stellt, ebenso das sie am Anfang einige Tests machen. Mit der neuen Erstgesprächsmentalität vor den 5 Probiatischen Stunden scheint es aber einen Trend zu geben eine erste Verdachtsdiagnose zu stellen und eine erste Einschätzung ob eine Therapie sinnvoll ist und welche Therapieform. Hab ich diesmal auch zum aller ersten mal erlebt, auch das man ein Zettel mitbekommt wo das drauf steht und das kein Therapieplatz in den nächsten 3 Monaten angeboten werden kann.

Bei meiner ersten Therapie wäre ich mit den Infos was für eine Diagnose welche Therapieform etc. alles überfordert gewesen, weil ich überhaupt keine Idee hatte wie so ne Therapie abläuft, was mich erwartet etc.
Rückblickend würde ich gerade bei der ersten Therapie sagen, ist das sich darauf einlassen das wichtigste. Psychotherapie ist etwas was man nicht durchplanen kann, wann was geschieht, es ist ein Abenteuer auf der Reise zu sich selbst.

Lieben Gruß

Mickie