Verlust der Kreativität durch SSRIs?

Begonnen von Tennis, 09 September 2017, 15:54:50

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Tennis

Hallo Leute,

ich stehe vor der schwierigen Frage ob ich mir eine Antidepressiva verarbeichen lassen soll. Vielleicht könnt ihr mir ein bisschen helfen.

Seit etwa zwei Jahren habe ich ein Gefühl von Unglücklich sein. Ich kann es schwer beschreiben. Dinge die mir früher Spaß bereitet haben fühlen sich jetzt nicht mehr so richtig an. Ich habe dann Gedanken wie zB "Naja, so toll is das jetzt eigentlich garnicht". Wenn ich mit Menschen interagiere die ich früher sehr gern mochte denk ich mir "Hm,  so besonders is die Person eigentlich nicht". Es ist immer so als würde was fehlen. Ich denke nicht ständig dran, aber speziell bei Dingen die ich früher genießen konnte kommen dann zwischendurch oft "Gedankenblitze", dass das eigentlich grad ein bisschen scheiße ist. Es ist ein eigenartiges Gefühl von unglücklichsein das immer ein bisschen mitschwingt und ich habe die Leichtigkeit verloren mit der ich früher durchs Leben ging.

Seit März diesen Jahres mache ich eine Psychotherapie. Bisher hatte ich etwa 30 Stunden. Wir haben ein paar Interessante Dinge herausgefunden aber verändert hat sich noch nichts. Bei der Einstufung wurde mir eine leichte Depression diagnostiziert. Ich funktioniere allerdings ganz normal. Schlafe gut, komme gut aus dem Bett, geh arbeiten, erledige mein Tagesgeschäft und besuche Freunde (wenn auch eher Lustlos).

Dazu kommen noch Schmerzen in den Unterarmen (seit 4 Jahren), Knien und Fersen (seit einem Jahr). Bei unzähligen Arztbesuchen, verschiedenster Untersuchungen und Physiotherapien konnte mir nicht geholfen werden. Es scheint dass es keine physikalische Ursache gibt und diese Schmerzen psychisch bedingt sind. Eine Neurologin (die auch Psychiaterin ist) hat mir irgendwann ein SSRI empfohlen. Eine andere hat das ebenfalls naheglegt.

Ich habe das erst abgelehnt weil mir der Gedanke nicht gefällt, dass ich mein Glück von externen Einflüssen abhängig mache. Da die ganze Situation aber ein wenig Ausgwegslos erscheint und ich schon seit zwei Jahren ohne Lust dahinlebe würde ich es nun vielleicht doch mal versuchen. Zumindest wüsste ich dann vielleicht auch ob die Schmerzen psychischer oder körperlicher Natur sind.


Ein Freund meinte ich soll das bloß nicht tun weil (zusammengefasst):
- jegliche Kreativität verloren geht,
- die Begeisterung für Hobbys unterdrückt wird und
- man nie mehr davon los kommt weils eh alles so passt durch die Medikamente.

Was ist da dran? Stimmt es dass man durch SSRIs lethargisch durchs leben geht?

Außerdem hab ich so die Befürchtung, dass falls ich dann doch wieder von den Medikamenten weg will und alles ausschleiche, die Depression noch schlimmer wird als vor dem SSRI. So quasi "wenn ich einmal damit begonnen habe gibts kein zurück mehr".
Ist das so oder kann ich da unbesorgt sein?



Ich war noch bei keinem Psychiater der mich zu diesem Thema beraten hat. Erstmal wollte ich ein bisschen recherchieren was das ganze für mich bedeuten würde. Die oben genannten Bedenken sind noch offen.
Würde mich freuen wenn mir da jemand Rat geben kann.

Vielen Dank und liebe Grüße,
Thomas

Topolino

Hallo,

Also die einwende deines Freundes kann ich nicht bestätigen SSRI sind antriebsteigernd also genau das Gegenteil von Lethargie.

Aber am besten fände ich wenn du mit deinen Fragen zum Fachmann (Psychiater ) gehst und deine Bedenken ansprichst. Er kann dir sicherlich genauere Auskünfte geben. Und wenn du hin gehst heißt es nicht, dass du es nehmen musst, du weist jeglich was Sache ist.

Viel Erfolg

Lg
Topo

Tennis

Danke für deine Antwort!
Das is ja mal gut zu wissen.

Man ließt und hört ja immer wieder Berichte über Psychiater die eigentlich nicht richtig zuhören und sowieso immer das selbe Medikament verschreiben. Da sind mir die Meinungen hier von Leuten dies am eigenen Leib erfahren haben erstmal lieber.

Besonders diese Frage interessiert mich:
ZitatAußerdem hab ich so die Befürchtung, dass falls ich dann doch wieder von den Medikamenten weg will und alles ausschleiche, die Depression noch schlimmer wird als vor dem SSRI. So quasi "wenn ich einmal damit begonnen habe gibts kein zurück mehr".
Ist das so oder kann ich da unbesorgt sein?

In erster Linie möchte ich es mit einem SSRI versuchen um zu sehen ob meine Schmerzen psychisch sind. Falls es nichts bringt würde ich es dann lieber wieder ausschleichen anstatt weiter zu nehmen. Wenn es nun aber so ist dass diese Medikamente nachhaltige Veränderungen bewirken die mich nicht mehr davon loskommen lassen (bzw bewirken dass es mir nach dem ausschleichen schlechter gehen wird als vor der ersten Einnahme), dann würde ich mir das zwei Mal überlegen ob ich damit beginne.
Gibt es da eine Tendenz, dass das "Probieren" solcher Medikamente zu schwereren Symptomen führt als man vorher hatte?

Topolino

Also AD verändern nicht deine Persönlichkeit, es ist nur so dass du nicht davon ausgehen kannst, dass du ein Medi bekommst und das wirkt, das ist oft nicht einfach rauszufinden worauf du ansprichst, was du verträgst.

Aber auch hier kann dir am besten ein doc. Helfen.

Lg

Felidae

Hallo Tennis,

als ich angefangen habe, ADs zu nehmen, haben die ersten etwa 2 Jahre lang sehr gut gewirkt, danach ließ die Wirkung langsam nach, und ich probierte die nächsten aus. Von denen bekam ich Heulkrämpfe, also wieder andere ausprobiert. Übergangsweise nahm ich zusätzlich etwas zur Beruhigung, was bei mir entsetzliche Müdigkeit bewirkte bei gleichzeitiger extrem starker motorischer Unruhe in den Beinen, das ging gar nicht. Inzwischen bin ich bei den 8. Ads angelangt, die ich ausprobiere, welche mir aber bereits seit 2 oder 3 Jahren recht gut helfen. Wenn ich da mal 1 oder 2 Tage auslasse, merke ich gleich, dass ich wieder so wie vor den ADs bin, schlimmer glaube ich aber nicht.

Mach nix ohne Dein Doc, der kümmert sich um Dich, wenns zu Problemen kommt.

lg

nubis

Hallo Tennis,

meine Empfehlung ist natürlich auch: sprich das bei dem Arzt an, der das Medikament verschreiben will und lass dich da auch nicht abwimmeln, wenn er kurz angebunden sein sollte.
Ich habe meinem Psychiater damals auch Löcher in Bauch gefragt und wenn ich etwas nicht verstanden habe, so lange nachgefragt - oder etwas mit eigenen Worten wiederholt - bis ich sicher war: jetzt stimmts!

Als Erfahrung kann ich sagen, dass ich wohl Glück hatte, dass ich gleich das für mich richtige AD bekommen habe, welches ich gut vertrage und mir wirklich hilft.
Einen Verlust der Kreativität hatte ich dadurch ganz sicher nicht: im Gegenteil - wie schon jemand schrieb - ist das Mittel ja eher antriebsteigernt und es war die Depression, die mich ausgebremst hatte!

Auch habe ich es mit meinem Arzt so abgesprochen, dass ich innerhalb eines gesteckten Rahmens nach eigenem Ermessen dosiere: zwischen 1 oder 1/2 Tablette - eine Zeit lang hatte ich sie auch ganz abgesetzt.

Kommt sicher auch auf den behandelnden Arzt an - aber ich bin auch vollberufstätig und habe schlicht keine Lust ständig beim Arzt zu sitzen.
Man muss sich dann natürlich auch an die Absprachen halten: wenn es mir trotz längerer Einnahme 1 ganzen Tablette nicht besser ginge, darf ich nicht eigenmächtig weiter hoch dosieren - da ist dann auf jeden Fall vorher Rücksprache mit dem Arzt angesagt - aber kleinere Schwankungen kann ich eben nach eigenem Empfinden angleichen.


Ich hoffe, ich konnte dir damit auch ein wenig weiterhelfen.
LG und alles Gute!



Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

Tennis

Okay, ich denke meine Sorgen sind dann wohl unbegründet.
Ich werde mir einen Termin bei einem Psychiater holen, viele Fragen stellen und dann sehen wir mal :)

Vielen Dank und alles gute euch!