The Ghost

Begonnen von Lifelover, 15 Februar 2017, 01:26:16

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Lifelover

The Ghost

Ein leises Licht scheint im Raum der Pein, ein Kerzenlicht flackert romantisch neben einem Bild das ich gemalt... Schau auf mein Bild, ist es nicht schön? Es zeigt mich wie ich klettere, auf dem großen Baum, starre zur Sonne, mit dem lächeln, zeichnete der Sonne ein zurücklächelndes Gesicht. Lang ists her als ich dies gemalt, ich war nicht besonders gut, der Baum wurde etwas zu klein, doch sah er schön aus, ich liebte Natur und Bäume, Tiere und eigentlich auch Menschen...
Da war ich noch aus Fleisch und Blut, da hatte ich noch ein brennendes Herz, brennend wie die Sonne, wollte ich hoch auf den Bäumen und Bergen, mit meinen Freunden.
Ach wie sorgenfrei, wie gewissensleicht wie eine Feder, das stolze und glückliche Kind.
Das Bild ist uralt und alles was ich je gemalt habe, ist eingerahmt, und alles was ich je geschrieben, in Büchern gehalten.
Sitze gerade an meinem Schreibtisch, mit der Feder in der Hand, schreibe bis es nichts mehr zu schreiben gibt, doch gibt es so viele Worte und Gedanken die ich aufbewahren möchte.
Manchmal kommen sterbliche in mein Gemäuer, die laufen einfach umher und schauen auf meine Bilder, beinahe emotionslos und unwissend wer sich dahinter verbirgt, bis man sie aufklärt wer hier gelebt hat. So viele Spuren von meiner sterblichen Existenz, keiner hebt sie auf, keiner interessiert sich dafür. Als ich verstarb war es wie ein Donner, der in den Häusern mir nahe Menschen einschlug und alles zerstörte, gefallen Im Kampf auf dem Schlachtfeld Seele...
Mir nahe Menschen? Wer war mir schon nahe? Schreibe es zu meiner Liste mit den Dingen die ich nie geschafft habe, Jemanden nahe zu sein. Vermissen konnten sie vielleicht, aber mir nahe sein, das sollten sie oder wollten sie nicht.
Mich interessert es nicht wenn Menschen hier herumirren, sie reden von einem Geisterschloss, wo Klagegeister leben, tud mir leid, dass ich manchmal so laut bin wenn ich meine Lieder singe.
Da ist ein altes Instrument in der Zimmerecke, die von Gedanken gefertigte Gittarre, auf der spiele ich jede Nacht in Kummer und Schmerz meinem Leben nach.
Der hundertvierzigste Tag und zum hundertvierzigsten mal, flüster ich mir zu: ,,mh schade, es hätte besser laufen können".
Und dann fange ich an durch die ganze Burg zu schreien.
Mein allnächtliches gewimmer, irgendwie passt mir das alles einfach nicht mehr, ich muss etwas ändern....
Achja ich bin ja schon ein Geist...
Doch bleibt in mir das Gefühl sterblich zu sein und deswegen lege ich mich manchmal zur ruhe, mit einer kleinen Kiste in der Hand, wo das drin ist was mir jemals aus tiefstem Herzen geschenkt wurde, kleine Erinnerungen an kleine Momente, in diesem all der Kummer, all die Trauer verstarb, bis ich es eines Tages wieder ins Feuer warf.
Über meine Schuldgefühle forme ich Gedichte, diese bleiben für alle Ewigkeit in mir verschlossen, das Interesse für meine Kunst war eh für niemanden erweckt. So schreibe ich für mich allein, so tue ich alles was ich tue für mich allein, für Jemanden den es nicht mehr gibt und der keine Bedeutung mehr für euch hat, ich bleibe für euch ein Geheimnis.

Und so Klage ich heute Nacht schon wieder um diese Uhrzeit.
So nehme ich mich gefangen, denn Geister brauchen keine Freiheit.

Ina

Oh, wie wunderschön Du das geschrieben hast!
Wie traurig Deine Worte sind – und wie berührend – und so verständlich für mich.
Welch wunderbare Metaphern Du gewählt hast... Faszinierend!

Ich fühle im Herzen, was Du geschrieben hast – und ich verstehe.

Danke, dass wir diese Zeilen hier lesen dürfen.
Mir gefallen sie sehr! <3
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Lifelover

Vielen vielen Dank Ina :) <3

Ich werde das auch noch weiterschreiben, das war jetzt quasi Teil 1
Freut mich wirklich sehr, dass es dir gefällt!

Lifelover

II

Zwei Räume tiefer, steht ein Schrank mit Büchern, beklebt mit Zetteln und bemalt mit Farbstiften...
Ich habe zu Lebzeit nicht viel gelesen, aber nun lese ich jeden Tag. Eine Reihe voll mit meinen eigenen Büchern und eine Reihe mit anderen, liebevoll sortiert und beschriftet. Heute möchte ich dir noch einmal vorlesen aus einem meiner Lebensbüchern...
...Ich war verliebt in eine Frau, ihr Name... Annika, traf sie beim spazieren gehen im Park, nähe des dunklen Waldes, umringt von einem ruhigen Fluss. Da war sie, saß da so auf der Bank, starrte in den Sternenhimmel, mit den zauberhaften blauen Augen, ganz allein, ihr dunkles Haar fiel mir nicht  auf in der nacht, trotzdem hatte sie immer ein leichtes lächeln auf den Lippen, ich habe mich immer gefragt, warum?...
was macht sie glücklich? Hat sie schon einen Freund? Wie ich das kenne, habe ich da eh niemals Glück... Ich stand ein paar Meter ihr entfernt und habe darüber nur nachgedacht, blieb stehen und ich wusste irgendwie, dass ich es trotzdem versuchen musste. Ich habe meinen Mut gefasst, ich habe all meine Gedanken gebündelt, ich habe mich neben der Bank an einem Baum gelehnt und mit ihr in die ferne geschaut. Sie schaute mich an und sagte nichts. Sicher 10 Sekunden haben wir uns einfach in die Augen geschaut, und in ihnen sah ich ein weinender Geist, ein von Dunkelheit umhüllter Schleier. Mir entfiel kein Ton, eigentlich begrüßt man sich doch zumindest, es ist schließlich das dritte mal, dass ich sie hier sitzen sah während ich an ihr vorbei laufe, jedes mal bemerkte sie mich und sie schaute mich an mit einem Gesichtsausdruck als wäre sie das verlorenste Wesen der Erde...
,,hey" schließlich sprach ich doch.
,,setz dich ruhig"
Und ich setzte mich neben ihr.
Einige Minuten saßen wir da und schwiegen, währenddessen schwirrten tausend Gedanken in meinem Kopf, mein Herz schlug tief und ich spürte das etwas nicht okay ist. Sie versuchte ihr Gesicht zu verbergen, denn ach.... Sie weinte, ganz unbemerkt und leise. Die Tränen fielen ihr sanft auf den Schoß, sie ist so allein, sie sucht in der nacht das stille einsamsein, gebrochener Engel, wo sind deine Flügel, wo ist deine Familie, deine Freunde? Niemand ist mehr da...


Ich möchte hier nicht mehr weiter erzählen, denn Gewiss ist das nur ein Gedanke und niemals sogeschehen, so verzeiht meine Schwindelei, ich wünsche mir nur manchmal nicht alleine zu sein, ich bin nun ein Geist und ich werde niemanden je mehr berühren können, und auch Annika ist nur eine von hunderten Vorstellungen, und diese Szenen ist nur eine aus meinen Träumen, ich lege mich jetzt zur Ruhe und freue mich auf meinen Traum, vielleicht erwache ich irgendwann wieder als lebender.

Und so Klage ich heute Nacht schon wieder um diese Uhrzeit.
So nehme ich mich gefangen, denn Geister brauchen keine Freiheit.

Lifelover

 III

Der Abend dämmert, die letzten Sonnenstrahlen verschwinden vom Suizidfenster und die Wolken verstecken sich im düsterem Horizont. Ich Gedenke noch einmal meines eigenen Todes und zünde mir eine Kerze... Tagsüber schlafe ich und nachts beginne ich zu schreien... Doch sitze ich nun erst einmal auf dem Schloss Balkon, blickend auf die Abgründe und diese Abgründe sind tief...
Ich kümmere mich noch liebevoll um die zarten Röslein in meinem Schlossgarten, und der große Teich um den ich täglich meine Runde dreh ist sauber und klar von allen Schmutz bereinigt. Ich wünschte ich hätte mich einst um mein Leben so gekümmert und wäre nicht im tiefen Dreck verkommen. Als ich meinem Leben entfloh, war ich weit in die nacht gelaufen, bis ich dieses alte Gebäude sah, welches umheimlich vom Mondeslicht berührt und von einem uralten Zauber belegt war... Ich habe mich davon berühren lassen und es zog mich in seinem Bann, ich begann in den alten verlassenen Gemäuern zu wohnen und mich nicht mehr zu ernähren, ich hörte auf zu trinken und hörte auf zu atmen, die Welt dort draußen sie zeigt mir die kalte Schulter, die Menschen waren in Aufruhe und täglich herrschte der Krieg. Niemand hat mehr von mir gehört, es war eine Reise tief in mein inneres Ich, wo ich das Ende meines letzten Lebenskapitels einleitete.
Diesmal fantasiere ich nicht, umgeben von Dunkelheit, waren die Tiere des Waldes meine einzigen Freunde. Ihr fragt euch sicher, warum ich das alles tat, warum ich mich an diesem Tag sterben ließ, was hat mich zu so einer Tat bewegt? Vorher lebte ich in Gefangenschaft, gefangen in einem einsamen dunklen Raum. Ein Bett, ein Gitter und eine schmale Decke. Ich musste für mein Essen kämpfen, und für den Rest des Tages war ich allein, ich war allein mit mir und meinen Gedanken, genug Zeit um über alles nachzudenken was geschehen ist. Was habe ich eigentlich verbrochen? Ich fragte es mich jeden Abend und konnte mich nicht mehr daran erinnern warum ich hier herkam. Es mag verwirrend klingen, aber ich erinnerte mich nur an eine Zeit wo noch die Sonne schien und ich mich frei fühlte. Gedankenfrei und Gewissensleicht, was ist nur aus mir geworden?
Selbst nach dem Tod fühle ich keine Freiheit mehr, keine Zufriedenheit, ich muss wieder zurück ins Leben...

schreit

Und so Klage ich heute Nacht schon wieder um diese Uhrzeit.
So nehme ich mich gefangen, denn Geister brauchen keine Freiheit.

Ina

Wie schön, dass Du es weitergeschrieben hast!
Gefällt mir wieder sehr gut und in manch traurigem Gedanken finde ich mich wieder...

Besonders schön finde ich die abschließende Feststellung (ja, in meinen Augen ist es eine Feststellung, obgleich der darin enthaltene Wunsch natürlich nicht mehr zu realisieren ist):

Zitat von: Lifelover in 21 Februar 2017, 02:10:03
Selbst nach dem Tod fühle ich keine Freiheit mehr, keine Zufriedenheit, ich muss wieder zurück ins Leben...

In diesem einen Satz lässt sich so viel erkennen – zumindest nach meiner freien Interpretation. Und zwar das, was ich allen hier wünsche: Zu erkennen, dass der Tod etwas Endgültiges ist und keine Veränderungen mehr zulässt. Für Freiheit und ein glückliches Herz können wir nur kämpfen, solange wir am Leben sind. Auch wenn ich es selber nicht immer kann, wünsche ich jedem von Herzen, dass er daran glauben kann und es sich wert ist! <3

Ich freue mich auf eine Fortsetzung, lieber Lifelover. :)
Love is God's favorite daughter. (David Crosby)

Lifelover

Vielen Danke, liebes :)

Du hast es gut auf dem Punkt gebracht, das ist quasi die Kernaussage in dieser kleinen Geschichte.

Ich wünsche es auch jedem, und besonders dir Ina !
Wir sollten das Leben nutzen solange wir es haben, sei es auch noch so unterträglich, die Welt bietet uns so viele Möglichkeiten unser Leben zu verändern, die uns meist gar nicht bewusst sind.