Depression... Ich kann nicht mehr...

Begonnen von LostSoul, 27 September 2016, 00:12:45

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hardworking fool

Hello again!

Schlussverkauf! Genial! Das kommt auf die Liste. Aber was zum Geier ist ein Stoffmarkt? Ich kann mit gutem Gewissen behaupten, dass ich noch nie auch nur in die Nähe einer derartigen Veranstaltung gekommen bin.

Hmmm, die Schlacht am kalten Büffet wäre wahrscheinlich auch eine Möglichkeit.

Junehoney, LostSoul und eventuelle Mitleser, dann hoffe ich mal, dass die diversen Therapien helfen und ihr keine weiteren Tipps von mir braucht. Höchstens einen noch: Falls es wie ein Unfall aussehen soll, kann man sich beim Erdbeerpflücken von der Leiter stürzen.

Wie wahr! Eine ganz spezielle Spezies, diese Psychiater. Meine hat es beim Erstgespräch innerhalb von knapp 20 min geschafft, die komplette Anamnese abzuhandeln, dazwischen ein paar Fragen ihrer Sprechstundenhilfe zu beantworten, eine genaue Diagnose zu stellen, die Ursache meiner Depression konkret zu benennen, die richtige Therapie zu finden, ein Rezept auszustellen und sich dazu noch ausführlich bei mir über ihre frühere Kollegin zu erkundigen. (Meine jetzige Psychotherapeutin war im gleichen Krankenhaus als Psychiaterin tätig wie sie - bevor die beiden unabhängig von einander ihre eigenen Praxen eröffnet haben.)
Hat eigentlich schon irgendjemand begriffen warum Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie nicht gleichzeitig eine medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung durchführen dürfen? Das wäre so viel einfacher und ich bräuchte den Termin heute mittag nicht. Stöhn!

Ha ha, und ich habe meiner Therapeutin beim letzten Mal erzählt, dass ich überhaupt keine Angst mehr habe bzw. spüre. (Das mit den Gefühlen ist bei mir z.Zt. sowieso so eine Sache. Aber wenigstens lachen kann ich noch!)
Tatsächlich hatte ich kurz vorher ein interessantes Erlebnis gehabt. Ich war spätabends mit einer Kollegin unterwegs als wir einem Besoffenen mit einer Eisenstange begegneten. Die Kollegin bekam voll die Panik, aber ich habe überhaupt nicht begriffen warum. Für mich gab es keine Bedrohung. Ist ja auch überhaupt nichts passiert. Keine Ahnung ob der Kerl uns überhaupt bemerkt hat.

Na und nun? Nun schiebe ich voll die Panik weil ich zum Psychiater muss. Wegen eines saublöden Rezepts. Womit wieder einmal bewiesen wäre was für ein Narr ich bin. :-)
Liebe Grüße Fool

LostSoul

Guten Morgen.

Was für eine Nacht, wieder mal jede Stunde aufgewacht und kaum erholt. Gestern Abend noch einen Streit mit meinem Freund gehabt und er meinte, er schafft das mit mir nicht mehr, ihn macht das zu sehr fertig und er geht selbst daran kaputt wenn nicht bald mal etwas besser wird. Genau, als ob es einem innerhalb von ein paar Wochen mit Therapiesitzungen sofort wieder super geht. Warum verstehen es manche Menschen einfach nicht??

@Fool: Genau, brauchte einfach gestern bisschen Ruhe und Zeit für mich nach der Sitzung. Hier zu Hause wird zur Zeit eh von früh bis abends unter uns gebaut, also den ganzen Tag Lärm. Da ist man ganz froh wenn man bisschen raus kommt.
Ich hab eigentlich den ganzen Schrank voll mit Büchern, alle mal angefangen zu lesen, aber die meisten nie zu Ende gebracht, weil mal wieder die Motivation fehlte und ich mich, wenns mir schlecht geht, eh kaum konzentrieren kann..

Hmm aber wenn Therapeuten kaum was sagen, wie sollen sie mir dann helfen? Aber gut, am Anfang wird es wohl normal sein, er muss mich ja auch erstmal kennen lernen. Allein was in den Fragebogen, die ich mitbekommen hab, alles gefragt wird, da gibts soviel zu schreiben, da reicht das Blatt gar nicht aus.

Ok schon mal beruhigend, dass ich damit scheinbar nicht alleine bin. Wäre ja auch zu einfach, wenn der Körper einfach mal funktionieren würde. :( Kopfschmerzen hab ich wirklich ständig, hab schon manchmal Angst gehabt, einen Tumor zu haben, man liest im Internet soviel, dass man irgendwann komplett durchdreht. Hmm aber irgendwie muss ich ja die 1 1/2 Jahre noch überstehen, trotz Schichtarbeit. Ich weiß zwar nicht wie, aber ich darf nicht schon wieder was abbrechen. Fühle mich ja sowieso schon wie ein Versager, danach wird es nicht besser werden.

Dein Untertitel war eher auf Anstalt in Form von "Irrenanstalt" auf mich bezogen. ;) Trifft in gewisser Weise auf mich zu, auch wenn ich glücklicherweise nicht lange in dieser Klinik war. War die pure Hölle...

@Junehoney. Schön, dass du dich getraut hast und die Sitzung hinter dir hast. Hast du sowas jetzt öfters? Da hast du aber eine wirklich gute Therapeutin, wenn sie dir sogar anbietet, noch danach Kontakt mit ihr aufzunehmen und dich fragt wie es dir geht nach der Sitzung. So müssten alle Therapeuten sein.
Muss man eigentlich die 5 probatorischen Sitzungen machen, oder kann man das auch überspringen? Na da bin ich mal gespannt wie sich die Therapie entwickelt. Wie genau er mir helfen wird, weiß ich zwar immer noch nicht, aber ich bin mir sicher, dass es etwas bringt.
Ja das denke ich auch, dass ich deswegen so schlecht schlafe. Naja seit ich krank geschrieben bin, schlaf ich zumindest wieder etwas mehr, aber besser einschlafen kann ich auch nicht. Als ich noch gearbeitet hab war aber eine Stunde Schlaf pro Tag manchmal viel, das hat sich jetzt schon gebessert.

Das mit den Psychiatern geht mir aber genauso. War ja nicht der erste bei dem ich war. Meistens dauert das erste Gespräch 10 bis 20 Minuten höchstens, aber sie wollen trotzdem genau wissen was man hat, welche Medikamente man braucht, welche Therapie.. Da hat man mehr das Gefühl, dass es nur ums Geld geht. Deswegen bin ich froh, endlich einen Therapeuten zu haben, der sich wirklich Zeit nimmt. Kann man nicht bei dem Psychiater auch eine Therapie beginnen, wenn er auch als Psychologe ausgebildet ist? Dachte immer das wäre möglich..

@Fool: Ich glaub ich hätte auch wie deine Freundin reagiert. :D Bekomme ja schon Panik, wenn ich draußen alleine rum laufe, wenn es dunkel ist und irgendjemand hinter mir läuft. Denke mir dann immer das schlimmste. Bin allgemein ein Angsthase, wenns um Dunkelheit geht, hasse es, dann alleine zu sein.

hardworking fool

Hey LostSoul,

willst du mir etwa wirklich erzählen, dass du nach der ersten Sitzung nicht schon komplett geheilt bist? Na, da kann ich deinen Freund aber verstehen.
--- Sorry, aber wenn ich so etwas höre / lese werde ich echt sarkastisch.

Hoffe du kannst dich noch etwas erholen. Später mehr - jetzt muss ich erst mal zum Irrenarzt.

LG Fool : PS: Natürlich denkt bei dem Titel jeder an eine Irrenanstalt. Das ist auch gewollt, aber nicht gemeint. :-)

LostSoul

Hey,

ja natürlich, war auch ganz enttäuscht, dass ich nicht sofort fröhlich durch die Gegend gesprungen bin nach der ersten Sitzung..

Aber was soll man tun, wenn es jemand nicht versteht... Ich erwarte doch nur etwas Unterstützung, aber scheinbar ist das zu viel verlangt. Mir ging es gestern Abend wieder sehr schlecht, die Gedanken im Kopf haben nicht mehr aufgehört und musste plötzlich heulen, einfach aus dem nichts. Er hat natürlich gefragt was los ist, ich wollte es erklären und das Ende vom Lied war, dass er genervt ins Bett gegangen ist.. Vielleicht kann so eine Beziehung ja auch nicht funktionieren, in der der eine gesund ist und der andere eine psychische Krankheit hat... Ich weiß es nicht.

Ok dann gutes Gelingen beim Irrenarzt. ;)

LG LostSoul

Junehoney

Hey lostsoul.

Das tut mir leid, dass dein Partner bisher so wenig Verständnis zeigt. Du machst das ja nicht extra. Vielleicht muss er es noch ein bisschen besser verstehen!? Zeig ihm mal auf YouTube das Video mit dem schwarzen Hund (gibts auch ein Buch zu). Das erklärt das ganz gut. Und sag ihm vielleicht noch mal, dass du das nicht extra machst und dir selber wünscht, dass es besser wird.
Mein Mann und ich hatten seit letztem Jahr auch die totale Krise. Aber seit er und ich Therapie machen, reden wir mehr. Vor Allem mehr über Gefühle, Gedanken und Ängsten.  Seitdem verstehen wir uns wieder viel besser und sind sehr zusammengewachsen. Und das nach 13 Jahren Beziehung....Wir haben lange dafür gebraucht uns so nah zu kommen. Eine Beziehung braucht halt Arbeit, sonst geht sie kaputt.

Ja, meine Therapeutin ist eine ganz Gute! Wobei nach Trauma-Sitzungen ein abendlichen Nachkontakt wohl üblich ist.

Du fragst dich, wie der Therapeut dir helfen kann? Es ist mehr Hilfe zur Selbsthilfe. Er macht dir ein Beziehungsangebot, also mit Zuhören, Verständnis, Unterstützung usw. Das soll dich befähigen Vertrauen aufzubauen und Mitgefühl mit dir selbst zu lernen. Denn erst dann kannst du anfangen dich selbst zu verstehen, dich selbst zu mögen und Dinge zu tun, die dich glücklich machen. Das macht der Therapeut, indem er dir hilft dich und dein Verhalten zu reflektieren, Verständnis für dich zu entwickeln und dich ableitet genauer hinzusehen, alternative Denkmäler zu entwickeln und neues Verhalten auszuprobieren. Zudem hilft er dir Zugang zu deinen Gefühlen zu bekommen, dadurch dann auch zu deinen Bedürfnissen und somit ein Weg zufriedener zu werden. Die Methoden sind bei Verhaltenstherapie und Tiefenpsychologischer Behandlung unterschiedlich. Aber das Ziel ist dasselbe.
Zum Beispiel:
Ich sage zu meiner Therapeutin "ich bin selbst schuld, dass ich krank geworden bin."
Dann sagt sie: "Wie kommen Sie darauf?"
Ich sage: "Ich bin nicht zum Arzt gegangen, habe gemerkt, dass es mir schlecht geht und trotzdem weiter gemacht. Wie dumm von mir"
Therapeutin: "Wie konnten Sie denn wissen, dass Sie krank werden?? Können Sie Hellsehen? Ich glaube, Sie hatten gute Gründe sich so zu verhalten. Haben für Ihre Familie weiter gemacht. In gewisser Weise war es also sogar nützlich, dass sie nicht bei jedem Pieps zum Arzt gegangen sind. Und wer rechnet schon mit 29 Jahren damit schwer krank zu werden?"
Ich: "Ja, damit gerechnet habe ich nicht. Aber ich bin schlecht mit mir umgegangen, habe nicht auf meinen Körper gehört."
Therapeutin: "Das heißt, Sie wussten es nicht besser. Nun können Sie es ja anders machen. Damals wussten Sie es nicht."

Das ist jetzt nur ein kleiner Ausschnitt, der aber vielleicht zeigt, wie sie macht, dass ich anfange neu zu überdenken, Verständnis für mich entwickelt habe und aufhören kann mir selbst Vorwürfe zu machen.
Manchmal ist auch Humor oder Sarkasmus hilfreich. Das macht das Thema nicht so schwer. Hilft aber auch neue Perspektiven einzunehmen. Ne, Fool?
Dein Therapeut muss dich aber dafür erstmal kennenlernen. Dafür ist die Probatorik gut.
Damit es dir nicht so lang vorkommt, kannst du dir ja auch selbst Ziele für die Woche setzen. So mache ich das.
Meistens kommen mir auch über das Tagebuchschreiben neue Erkenntnisse.

Fool: wie war dein Termin beim Pillendoktor?

Herzliche Grüße
Junehoney

LostSoul

Hey..

Eben, wenn ich es extra machen würde, dann hätte ich es auch unter Kontrolle. Hab ich aber nicht. Es ist einfach da und ich kann es mir selbst oft nicht erklären. Er bemüht sich aber nicht mal wirklich es zu verstehen. Er sagt immer, er kennt niemanden der so drauf ist wie ich und kommt deswegen nicht damit klar. Und dass es ja sein Leben kaputt machen würde, wenn er weiterhin mit jemanden zusammen lebt, der so depressiv ist. Sehr aufbauend sowas... :(
Kenne ich seit gestern das Video, hab ich zufällig gefunden und fande es gut erklärt. Ich habe ihm schon mal Seiten zeigen wollen, aber es interessierte ihn nicht wirklich. Er beschäftigt sich lieber mit seinen Hobbys, anstatt sich mal darüber zu informieren, warum es mir so schlecht geht. Ich mein es gibt tausende Seiten im Internet, auch für Angehörige, wo gezeigt wird, wie man mit Menschen, die Depressionen haben, umgeht. Aber wenn man nicht mal Eigeninitiative zeigt, dann kann ich auch nichts mehr tun.. Fühle mich irgendwie nur noch als Last, es ist einfach jedem zu viel mit mir....

Wie lange bist du denn jetzt eigentlich schon in Therapie?
Du scheinst ja schon einiges mehr an Erfahrung damit zu haben wie ich. Hatte zwar damals auch eine Therapie angefangen, es hatte mir auch zeitweise geholfen, aber wie genau meine Therapeutin das gemacht hat, weiß ich bis heute nicht. Ist auch schon zu lange her und kann mich gar nicht mehr richtig daran erinnern.
Ich erhoffe mir ja von einer Therapie genau das, was du beschrieben hast. Dass man eine andere Sicht auf die Dinge hat, lernt mit sich selbst besser klar zu kommen und das Leben auch mal wieder von der positiven Seite zu sehen. Sich selbst wieder zu mögen ist auf jeden Fall ein wichtiger Schritt, würde so gerne endlich mal mehr Selbstvertrauen haben, aber schaffe es seit Jahren einfach nicht. Hab manchmal regelrechten Hass auf mich und denke mir, es wäre besser ich wäre gar nicht hier. Solche Gedanken will ich aber eigentlich gar nicht haben. Hoffe wirklich der Therapeut kann mir dabei helfen.

Tagebuch schreiben habe ich mal angefangen, aber war dann irgendwann zu antriebslos und nicht ausdauernd genug, es weiter zu führen.. Immerhin habe ich es heute mal geschafft, mich etwas um den Haushalt zu kümmern. Wäsche Waschen, Geschirr spülen, Staubsaugen. Für andere vielleicht normal, aber für mich ist es schon eine enorme Leistung. Wenn ich da an die meisten anderen Tage denke, an denen ich zu gar nichts zu gebrauchen bin..

Liebe Grüße, LostSoul

hardworking fool

Hallo, liebe Mitstreiterinnen!

Phew, Termin beim Pillenlieferant überlebt. Falls ihr es noch nicht bemerkt habt: Ich habe ein Problem mit Ärzten, v.a. mit allwissenden Psychiatern!
Soll ich's erwähnen oder nicht? Heute morgen habe ich festgestellt, dass ich im Schrank noch eine komplette Packung Venlafaxin habe. (Eigentlich logisch, da ich die Dosierung nicht wie verordnet verdoppelt habe.) Der Termin heute war also für die Katz.
Immerhin habe ich jetzt eine neue Diagnose und gleich die passende Lösung. Ich leide an Iatrophobie (Angst vor Ärzten). Hört, hört! Therapie: "Sie sollen halt einfach keine Angst mehr haben."
Siehste, LostSoul. So leicht geht das.

Manchmal ist es vielleicht ganz sinnvoll wenn der Partner bei einer Therapiesitzung dabei ist. Das Thema solltest du auf alle Fälle beim nächsten Mal ansprechen.

Das Beispiel von Junehoney ist übrigens sehr gut und beschreibt die Sache recht zutreffend. Meine Therapeutin würde da ähnlich reagieren:
"Wieso glauben sie, dass sie schuld sind?" "Sie sollten nicht immer so negativ von sich selbst sprechen. Sie sind nicht dumm. Sie sind eine intelligente Frau." (Sowas geht runter wie Öl. Fällt mir aber verdammt schwer derartige Aussagen über mich zu akzeptieren. "Sie sind ja verrückt" zu glauben würde mir irgendwie leichter fallen.)

Wie das Ganze funktioniert habe ich immer noch nicht begriffen - obwohl ich mittlerweile schon einiges über Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie gelesen habe, sozusagen als "Zweitstudium." Aber irgendwie funktioniert's.

Noch merkwürdiger stelle ich mir das bei der klientenzentrierten Gesprächstherapie vor, die allerdings bei uns nicht von den Krankenkassen übernommen wird. Dabei hält sich der Therapeut noch mehr zurück und wiederholt eigentlich nur die Aussagen des Klienten mit anderen Worten bzw. fasst sie zusammen und bringt sie auf den Punkt. Zumindest habe ich das so verstanden. Zur Illustration ein weiterer Witz aus dem Reich der Psychiatrie:

Der Professor ist sehr beeindruckt von den Leistungen seiner Lieblingsstudentin und beschließt, ihr Gelegenheit zu geben praktische Erfahrungen mit der Gesprächspsychotherapie zu sammeln.
Er bittet dazu einen seiner Patienten um seine Mithilfe. Dieser erklärt sich nur zu gerne bereit, mit der attraktiven jungen Dame ein Gespräch zu führen. Die Studentin soll ihren Kommilitonen dabei demonstrieren wie im Rahmen eines therapeutischen Gesprächs die Gefühle des Klienten widergespiegelt werden:
Patient: ,,Ich fühle mich einfach nur tieftraurig."
Studentin: ,, Sie fühlen sich einfach nur tieftraurig."
Patient: ,,Das ganze Leben hat keinen Sinn und alles ist wie ein schwarzes Loch."
Studentin: ,,Das Leben macht überhaupt keinen Sinn und alles ist schwarz."
Patient: ,,Ich habe das Gefühl, in einen tiefen Abgrund hinabgezogen zu werden. Das Leben, es wird mir alles zu viel."
Studentin: ,,Es ist wie ein Sog. Eigentlich können Sie sich nur noch umbringen."
Patient steht langsam auf, geht schweigend zum Fenster, öffnet es und springt in die Tiefe.
Studentin: ,,Platsch."

LG Fool

Junehoney

Hallo Ihr!

Fool!! Du bist ja fies :-D Aber sehr amüsant!

Willkommen im Club! Ich habe auch eine Ärztephobie!! Man könnte auch sagen, ich hasse Ärzte. Es gibt auch nette, keine Frage. Aber es gibt richtig böse, selbst verliebte, ignorant, inkompetente Arschlöcher!! Und Einige durfte ich schon kennenlernen!
Eins meiner Traumata ist, dass ich 6 Wochen!! dachte, ich hätte Metastasen im Rücken und würde dieses Jahr noch sterben, weil ein Arzt mir das (am Telefon!!!) gesagt hat und die Diagnostik das Gegenteil zu beweisen dann noch 6 Wochen gedauert hat.
Ein weiteres Highlight war der Arzt vom MDK. Ich nur am Weinen. Er stellt kaum Fragen. Stattdessen hält er mir 1.5 Stunden einen Vortrag darüber, wie toll er ist, wie dumm ich bin und zeigt mir seine Lauf-App und meint nur Joggen hilft gegen Depressionen. Ich solle nicht so viel auf dem Sofa rumsitzen (tue ich nie, mache Sport, aber das konnte er ja nicht wissen, wenn er nix fragt). Erzählt mir aber wie dumm ich bin, dass ich Psychotherapie mache. Das helfe ja eh nicht. Wie dumm ich bin vom Pferd gefallen zu sein. Er habe seit seinem 5. Lebensjahr voltigieren gemacht und könne kontrolliert vom Pferd fallen. Das können ich ja offenbar nicht. Das alles wusste er nur aus seinen Unterlagen. Dann hat er mir eine schwere Depression diagnostiziert und aber meine AU beendet.
Wenn ich keine Kinder hätte, wäre ich danach von der nächsten Brücke gesprungen!
So ein Arschloch! Das meinte selbst meine Therapeutin und die wählt normalerweise nettere Worte ;-)

Lostsoul: ich habe viel gelesen und Vorträge über Psychotherapie bei YouTube geguckt. Ich finds megaspannend. Und meine beste Freundin ist Psychotherapeutin. Bin selbst erst seit Anfang Juli in Therapie ;-)
Tut mir leid, aber dein Freund ist wirklich unsensibel! Vielleicht sollte er tatsächlich mal mit zu deiner Therapie kommen!
Viele trennen sich ja in oder nach einer Therapie. Sozusagen als Nebenwirkung. Manchmal ist es ja vllt. auch besser. Aber nichts Überstürzen. Vllt. braucht er Redundanz. Also häufiger Erklärungen von dir. Männer sind ja manchmal etwas begriffsstutzig. Aber es liegt bestimmt nicht an dir! Du kannst nichts dafür! Und dass du dir Sorgen um eure Beziehung machst, zeigt ja wie wichtig dir das ist.
Vielleicht kannst du ihm das nochmal sagen?

Herzliche Grüße
Junehoney 

hardworking fool

What the ...! Junehoney, was bitte soll denn das heißen? Ich und fies????? Niemals, unter keinen Umständen, gar nie nicht, never ever, sozusagen überhaupt nicht!
(= Danke für das Kompliment.) ;-)

Mich hat mal eine Ärztin in eine elementare Existenzkrise gestürzt. Ich ging zu ihr weil ich durch's viele Schreiben per Hand (damals noch eine ziemlich ungewohnte Tätigkeit für mich) Schmerzen hatte und eigentlich eine Überweisung zum Orthopäden wollte. Sie diagnostizierte (ohne weitere Untersuchung) sofort Multiple Sklerose.
Dies zu einer Zeit als im mitten im Referendariat steckte und nur kurz nachdem ich erfahren hatte, dass der Sohn einer Bekannten meiner Mutter mit 25 Jahren wegen MS pensioniert wurde. Perfektes Timing.
Als Referendar ist man Beamter auf Widerruf und hat dementsprechend nach der Ausbildung nicht einmal Anspruch auf Arbeitslosengeld. Ich konnte mir also ausrechnen, wie es mit mir weiter gehen würde:
Einfache Rechnung:
Lehrer + MS  = ist nicht.
Ausbildung beendet - Verbeamtung = Hartz IV
Die Diagnose hat sich zwar nicht bestätigt, aber irgendetwas ist wohl irgendjemanden zu Ohren gekommen, jedenfalls bekam ich nach kurzer Zeit auf der Warteliste (für die Verbeamtung) vom Ministerium die Mitteilung, ich hätte nie eine Wartelistenberechtigung gehabt und auch eine Festanstellung sei bei mir generell nicht möglich. Trotz bestandenem 2. Staatsexamen.

Hmmm. Wenn ich so darüber nachdenke... Keine Ahnung warum ich was gegen Ärzte habe. Vielleicht weil bei der Geburt meines Sohnes so ziemlich alles schief ging was in einem Krankenhaus verkehrt laufen kann? Weil es fast ein Wunder ist, dass wir beide diese Erfahrung einigermaßen (!!!) unbeschadet überlebt haben. (Ich kann schließlich nicht beweisen, dass die Behinderung meines Sohnes irgendetwas damit zu tun hat, dass bei einer Steißlage kein Kaiserschnitt gemacht wurde etc. pp.) Nö, gibt wirklich keinen Grund.

Wenn meine liebe Pillenlieferantin allerdings noch einmal gefühlte 10 min auf meinem Geburtsdatum herumreitet und mir erklärt, dass ich bald eine alte Frau sein werde (wie sie es im Grunde schon beim letzten Mal gemacht hat), dann könnte es sein, dass sie irgendwann einmal selbst eine traumatische Erfahrung macht. Mit einer Patientin. Nennen wir sie der Einfachheit halber: Fool.

LostSoul: Ich bin seit Anfang März in Therapie, hatte aber noch gar nicht so viele Stunden, da ich grundsätzlich nur jede 2. Woche Zeit habe und meine Therapeutin und ich unsere Urlaube nicht wirklich gut abgesprochen haben. :-( Da gab's schon mehrfach ziemlich lange Pausen.
Das wichtigste was ich in dieser relativ überschaubaren Zeitspanne bisher gelernt habe:
Auch mal für sich selbst Partei ergreifen und sich nicht immer alles gefallen lassen. Wenn ich so lese, was du über deinen Partner und deinen Chef schreibst, scheinst du dich meist in einer Verteidigungsstellung zu befinden. Du versuchst dich ständig zu rechtfertigen (Ist das eigentlich auch typisch Depression? Wahrscheinlich! Geht mir manchmal immer noch so.), statt mal mit der Faust auf den Tisch zu hauen und zu sagen: Ich bin krank und ich brauche eure Hilfe und Unterstützung. Ich brauche keine bescheuerten Ratschläge und ich bin ganz sicher nicht schuld an meiner Krankheit.

Viel Kraft euch allen!
Fool

Junehoney

Hey ho.

Fool: Ja kein Wunder, dass du Ärzte hasst....Bei den Erfahrungen. Unglaublich wie unbedacht manche Ärzte Diagnosen raushauen, ohne über Konsequenzen nachzudenken!

Ja, sich verteidigen und ständig in der unterwürfigen Position sein, ist bestimmt depressionstypisch. Meine Therapeutin war ja auch schon ganz verwundert, was ich mir Alles so gefallen lasse. Und ich dachte, das sei normal! :-D Da sind wir wahrscheinlich Alle etwas depressiv verdreht in unserer Wahrnehmung. Aber dann kann es ja nur besser werden.

Ach, noch ein Buchtitel bzw. Lieber das Hörbuch: Mark Uwe Kling "Die Känguruchroniken". Da gibt's auch einen Psychiater, der selbst bekloppt ist ;-)

Und als Serie fiel mir eben ein: Der Tatortreiniger, auch sehr feiner Humor! Die Folge "Geschmackssache" hab ich gestern noch gesehen. Da habe ich dran gedacht, als du schriebst, Fool, dass deine Psychiaterin ein Problem mit dir kriegt. Der Psychiater hatte nämlich auch ein Problem mit seiner Patientin :-D

LG Junehoney

LostSoul

Guten Abend..

Gut zu wissen, dass ich nicht die einzige bin, die ein Problem mit Ärzten hat. Hab auch schon mehr als genug schlechte Erfahrungen gemacht mit Ärzten. Von einem wurde ich mal regelrecht angepöbelt, dass ich nur simulieren würde, weil ich keine Lust hätte zu arbeiten. Wie es mir danach ging, kann man sich sicherlich denken. Dort bin ich nie wieder hin. Bin froh, dass ich mittlerweile wenigstens eine gute Hausärztin gefunden hab, die auch Verständnis hat.
Habe letztens mal eine Liste von allen Ängsten bzw Phobien gesehen, die es so gibt. Was da teilweise dabei ist.. Zum Beispiel "Angst vor Erdnussbutter, die am Gaumen kleben bleibt" oder so ähnlich. Mittlerweile glaube ich, dass jeder Mensch irgendwie psychisch krank ist, denn irgendetwas hat jeder und wenn nicht, wird eine neue Krankheit gefunden.

Geht das denn so einfach, den Partner zu einer Sitzung mitnehmen? Aber ich denke er würde eh nicht mitmachen, er sträubt sich immer gegen alles, was mit Psychologen, Psychiatrie, psychischen Krankheiten zu tun hat und will am liebsten nichts davon wissen. Hmm Trennung kann ich mir auch gar nicht vorstellen, weil ich dann mein Leben komplett für mich alleine Leben müsste, keiner mehr da, der mir auch mal beim Haushalt unter die Arme greift, keiner mit dem ich einfach mal reden kann.. Gerade bei einer Depression ist es ja sehr wichtig, dass man Menschen hat, die hinter einem stehen und unterstützen. Will gar nicht dran denken, dass es womöglich vorbei sein könnte. Ja Männer sind da wohl wirklich so. Hab schon oft versucht es zu erklären.. :(

So geht es mir auch immer. Mir kann jemand sagen, ich sehe gut aus oder irgendwas anderes nettes, aber so recht glauben kann ich es einfach nicht. Bin einfach mit mir selbst nicht im Reinen und sehe eigentlich nur schlechtes an mir..

Naja so eine Gesprächstherapie könnte ich mir gar nicht vorstellen, wenn der Therapeut nur zuhört oder alles nur wiederholt. Dann kann ich ja auch gleich mit meiner Wand reden. :D Aber wenn es Leute gibt, denen es hilft.. Ja der Witz ist böse, ich mag schwarzen Humor. :D Wenigstens habe ich es noch nicht verlernt zu lachen, zumindest ab und zu gelingt es mir noch.

So ist es, muss mich eigentlich immer vor allen rechtfertigen. Obwohl ich darauf gar keine Lust mehr hab. Ich weiß auch, wenn ich nächste Woche wieder auf Arbeit gehe, dass Fragen von meinem Chef kommen werden und ich mich wieder erklären muss. Statt dass die Leute mal Verständnis haben und mich unterstützen, reden sie solange auf mich ein, bis ich nachgebe und einfach dem was sie sagen zustimme... Kann mich wirklich sehr schlecht verteidigen, sag dann meistens lieber gar nichts mehr um es nicht noch schlimmer zu machen.

Und hat sich seit ihr eure Therapien angefangen habt schon etwas gebessert bzw. geht es euch besser?

LG LostSoul

Junehoney

Hey.

Mensch, Lostsoul....Du klingst wirklich sehr verzweifelt. Das tut mir wirklich leid, dass dein Freund und dein Chef so hartnäckig verständnislos sind. Aber ganz ehrlich: du darfst dich wehren!! Das ist nicht ok, wie sie dich behandeln! Du kannst es ja zumindest vorsichtig versuchen, indem du sagtst: "Ich finde das nicht ok. Ich mache das nicht extra!"
Erzähls auf jeden Fall deinem Therapeuten, dass der dir helfen kann resistenter und mutiger zu werden. So kann es ja nicht gut für dich sein! Fühle dich herzlich umarmt ;-)

Meine Therapie hilft mir sehr! Ich habe das erste Mal in meinem Leben das Gefühl, dass mir wirklich Jemand hilft, ich wirklich Jemandem vertrauen kann und nicht ausgelacht, verletzt und verstoßen werde. Und sie kennt ja mittlerweile wirklich meine verrücktesten Seiten und macht trotzdem Therapie mit mir bzw. Sagt auch, dass sie mich mag und deshalb möchte, dass es mir besser geht.
Zudem hat sie mich zu dem wichtigsten Schritt ermutigt.....Meine Stelle in dem Irrenhaus aufzugeben (dabei ist Irrenhaus nicht wörtlich zu nehmen). Dabei stand sie mir mit Rat und Tat zur Seite und hat mir Zuversicht vermittelt, sogar bei Kollegen und Freunden recherchiert, was Rechtliches zu bedenken ist usw.
Und natürlich, dass sie einfach weiß, was Depression und Trauma bedeutet, es ernst nimmt und mir zuversichtlich und überzeugt vermittelt, dass wir das in den Griff kriegen.
Vermutlich würde ich ohne das nicht mehr leben.
Im Juli und August hatte ich fast jeden Tag Suizidgedanken und auch -Pläne.  Das habe ich überwunden. Und darüber bin ich mittlerweile froh.

Bin dann mal weg für heute.
Ich treffe mich gleich mit meiner besten Freundin (die sich so lange nicht gemeldet hat) und wir wollen das klären. Bin sehr aufgeregt.

All the Best!
Junehoney

hardworking fool

Guten Abend!

LostSoul, da hast du ja was angerichtet! ;-) Der Gedanke, dass Erdnussbutter am Gaumen kleben bleiben könnte, ist mir noch gar nicht gekommen. Aber nun...! PANIK!!!
Gott sei Dank habe ich eine Erdnussallergie. Vielleicht kann ich also trotz
"Erdnussbuttersandwich-pappt-im-Mund-fest-Phobie" weiterleben.

Danke! Habe schon lange nicht mehr so sehr gelacht!

Spaß beiseite, auch wenn's schwer fällt. Natürlich kannst du nicht einfach deinen Partner mitschleppen, aber ich habe mir sagen lassen, dass manche Therapeuten sogar ganz gerne das Umfeld ihrer Patienten in die Behandlung einbeziehen. Wie gesagt, einfach nachfragen.
Was ich durch die Depression und die Therapie gelernt habe:
1. Depressive sind unglaublich stark!!!
Klingt erst einmal doof, ist aber so!
Was wir uns von anderen so alles gefallen lassen, würde die "Normalen" dazu bringen zum Hackebeil zu greifen und Amok zu laufen. Falls ihr mir nicht glaubt, versucht doch mal euren Partnern bei der nächsten Erkältung klar zu machen, dass sie sich bloß ein bisschen zusammenreißen müssen. Dann läuft auch die Nase nicht mehr.
2. Depressive sind unglaublich belastbar!!! Was wir uns an Aufgaben und Pflichten aufladen lassen, würde innerhalb von Minuten den stärksten Ochsen in die Knie zwingen. Aber wir halten das Jahre aus bevor wir irgendwann zusammenbrechen - und dann machen wir uns auch noch Vorwürfe deswegen.
3. Depressive sind absolut selbstlos!
Wir sind unglaublich sozial und stets bereit anderen zu helfen. Dabei sind wir ja ach so bescheiden und anspruchslos. Wenn uns mal jemand lobt, glauben wir es nicht, denn wir sind so verdammt selbstkritisch, dass wir immer glauben, dass jeder andere besser ist als wir. Nie sind wir mit uns selbst zufrieden. Sagt einer, "du hast schöne Haare" hören wir "die Haare sind ja vielleicht ganz okay, aber die Figur und das Gesicht! Unmöglich!" Hilfe von anderen? Erwarten wir eigentlich gar nicht.
4. Depressive sind unglaublich leidensfähig und geduldig.
Wir lassen uns mies behandeln weil wir meinen, ohne den anderen nicht überleben zu können. Oder noch schlimmer, wir lassen uns nur zu gerne einreden, dass wir es ja gar nicht anders verdient haben.
Wenn ich daran denke, was der Vater meines Sohnes mir so alles angetan hat.... Und nie habe ich darüber nachgedacht, ob da vielleicht irgendetwas falsch lief. Ich habe es einfach akzeptiert und versucht alle seine Wünsche zu erfüllen - und mir eingeredet, dass ich genau das Gleiche will wie er. Verdammt noch mal, wenn der Kerl sich überlegt hätte, mich "zu meiner Sicherheit" einzusperren, hätte ich wahrscheinlich gesagt, das sei eine hervorragende Idee.

Die schwerste Lektion, die wir aber wahrscheinlich alle noch lernen müssen:
Widerstand. Wir müssen uns wehren, für unsere eigenen Rechte eintreten. LostSoul, du sagst selbst, dass du lieber schweigst als dich zu rechtfertigen um es nicht noch schlimmer zu machen. Das ist gleich zweimal falsch. Erstens musst du dich nicht verteidigen. Zweitens, wenn du dich nicht gegen Vorwürfe wehrst, wird es immer schlimmer.
Du denkst dir jetzt wahrscheinlich, "Die hat leicht reden." Aber das scheint nur so. Theoretisch wüsste ich vielleicht schon, was ich selbst auch besser machen könnte, aber die praktische Umsetzung? Das klappt auch bei mir nur sehr, sehr selten. Aber immerhin, es klappt schon manchmal. Zu erkennen, was man tun müsste ist immerhin schon ein wichtiger Schritt.
Das eigene Verhalten zu ändern ist unendlich schwierig und es ist durchaus möglich, dass dein Partner damit nicht zurecht kommt. Andererseits scheint es ja so zu sein, dass ihr bereits massive Probleme miteinander habt. Wenn du etwas änderst, kann es also auch sein, dass es wieder besser wird und eure Partnerschaft sogar gestärkt aus dieser Krise herausgeht.

Phew. Jetzt habe ich aber wieder mal viel zu viel geschrieben. Hoffe, ich habe eure Geduld nicht allzu sehr strapaziert.
Schönen Abend!
Fool

Junehoney

Danke, Fool! Diese Auflistung was depressive sind, stimmt sowas von! Und ist Balsam für meine Seele! Danke dafür :-)

Schönen Abend!

hardworking fool

Nachtrag: Achtung jetzt wird's hart. #Trigger#
Auch bei mir ist einer der wichtigsten Erfolge der Therapie, dass ich noch am Leben bin.
Ich war an einem Punkt angelangt an dem mir absolut egal war, was mit mir oder meinem Sohn passieren würde. Ich dachte überhaupt nicht mehr darüber nach, ob mich vielleicht irgendjemand vermissen würde. Eigentlich hatte ich nur noch kein konkretes Datum ausgewählt, aber auf der Suche nach der passenden Autobahnbrücke war ich schon recht erfolgreich. 
Bewusst war mir diese Todessehnsucht gar nicht gewesen, aber sie hatte schon lange Zeit bestanden bevor ich gezwungen wurde einen Spezialisten aufzusuchen. (Lange Geschichte.)
Ich fuhr in dieser Zeit am liebsten mit Bleifuß, völlig übermüdet und ganz und gar nicht im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, Auto. Dabei dachte ich immer darüber nach, wie schnell durch einen einfachen kleinen Unfall alles vorbei sein könnte. Für mich damals eine verlockende Vorstellung.
Erst als mich meine Therapeutin auf mögliche Suizidgedanken ansprach (die ich natürlich auf's Entschiedenste verneinte), erkannte ich, dass ich tatsächlich nicht mehr leben wollte.
Meine Therapeutin sagte mir damals, sie könne mich nicht behandeln, wenn ich ihr nicht verspräche, mich nicht umzubringen. Ich erinnere mich noch, dass ich damals dachte, "Na, die ist ja gut. Was soll sie denn machen, wenn ich mein Versprechen breche? Mich verklagen?!" Also schloss ich diesen Non-Suizid-Vertrag mit ihr. Während ich das tat, war ich überzeugt, dass ich ihn sehr bald brechen würde, aber dann realisierte ich allmählich, dass sie mir mehr vertraute als ich mir selbst in diesem Augenblick. Wenige Tage später hätte ich beinahe tatsächlich einen Unfall auf der Autobahn gehabt. Ohne eigenes Verschulden. Bei Tempo 180 (mehr schafft meine Karre nicht) wäre wahrscheinlich nicht viel von mir übrig geblieben.
Mein erster Gedanke war. Scheiße, wenn du da nicht so schnell reagiert hättest, dann würde Frau Dr. .. jetzt denken, dass du den Vertrag gebrochen hast.
Völlig absurd, ich weiß, aber dieser Gedanke drang irgendwie in meine Seele vor und brachte eine verloren geglaubte Seite wieder zum Klingen. Wie gesagt, an meine Familie dachte ich in dieser Zeit gar nicht mehr, aber ich wollte nicht, dass eine Fremde glauben würde, ich hätte sie angelogen.

Jedenfalls habe ich danach nie wieder das Schicksal auf der Autobahn herausgefordert und fahre seitdem wieder so vorsichtig und defensiv wie früher. Und mittlerweile kann ich überhaupt nicht mehr verstehen, warum zum Geier ich mich umbringen wollte. Das heißt nicht, dass mich das Thema nicht mehr beschäftigt, ganz im Gegenteil, aber zumindest im Moment scheint die Gefahr einigermaßen gebannt zu sein.

So, beim nächsten Mal werde ich versuchen, wieder etwas mehr zur Erheiterung beizutragen, aber manchmal wird eben auch ein alter Narr ernst.


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