Ich weiß nicht was ich tun soll

Begonnen von Eiszapfen, 11 September 2016, 21:22:57

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Junehoney

Ja, Fool, wenn man es wirklich tut, obwohl man Kinder hat, dann sieht man ws. Nichts mehr realistisch.
Egoistisch....naja....Ich dachte ich tue Anderen einen Gefallen nicht mehr da zu sein. Sprich, wenn ich eh keine gute Mutter mehr bin, dann kann ich auch weg sein.
Meine Therapeutin hat dann in Frage gestellt, dass ich keine gute Mutter bin. Sie meinte, egal, wie viel Sie weg waren, egal wie verzweifelt Sie mit sich waren. Ihre Kinder spüren die Liebe. Und dann hat sie Argumente angeführt, wo ich ihr Dinge erzählt habe die meine Kinder tun oder nicht tun und das zeigt meiner Therapeutin, dass sie geliebt wurden. Sie meint: Kinder, die nicht geliebt werden und es nicht spüren, wären verhaltensauffällig, selbst depressiv oder haben schlechte Schulnoten usw.
Das hat mir zu Denken gegeben. Und wenn es mir schlecht geht, denke ich daran, dass sie meine Liebe dennoch spüren und mich brauchen. Obwohl ich nur das Negative sehe und es aktuell nicht spüren kann.

hardworking fool

Oje und oh ja, das mit dem nichts spüren kann ich aktuell auch sehr gut nachvollziehen. Das mit dem anderen einen Gefallen tun - mit Einschränkungen auch. Ich hatte zwar nicht das Gefühl, dass ich anderen damit etwas "Gutes" tun würde (obwohl es ein paar liebe Kolleginnen gab, die mich wohl gerne los gehabt hätten.... different Story), aber ich war überzeugt, dass es keinen großen Unterschied machen würde ob ich lebe oder sterbe.
Junehoney, ich bin mir sicher, dass Du eine gute Mutter bist. Beweis: Du würdest dir sonst niemals so viele Gedanken um Deine Kinder machen.
Die Liebe zwischen Euch wird alles überdauern.
Alles Gute! Fool.

Junehoney

Danke! Gut, dass ich mit meinen Gedanken nicht alleine bin.

Und vielleicht hast du recht.....Ich würde mir nicht so viele Gedanken darum machen und ws. auch keine Therapie.

hardworking fool

Hey June!

Ich habe nicht vielleicht recht, ich habe absolut recht. Bei mir selbst bin ich mir zwar nicht so sicher ... wie heißt es doch so schön? "Lehrers Kinder, Pfarrers Vieh gedeihen selten oder nie" .... aber Du hast mich überzeugt: Du bist eine gute Mutter!
Brauchst Du noch einen Beweis? Voila:
Nur die besten Mütter machen sich ständig Gedanken darüber, ob sie eine gute Mutter sind.
UND Nur die allerbesten Mütter sind selbst der Meinung, dass sie nicht gut genug sind. Warum? Weil sie für ihre Kinder nicht mit dem Besten zufrieden sind, sondern die absolute Perfektion wollen. Die ideale Supermutter. Absolute Perfektion ist nicht zu erreichen - also sind wir ständig unzufrieden mit uns selbst.
Hmmm. Wenn ich das so lese... Vielleicht bin ich ja doch selbst auch keine so ganz furchtbare Mutter.
Ich würde jedenfalls nicht zögern mich zwischen meinen Sohn und einen wütenden Tiger zu werfen. Und wenn dieser wütende Tiger zufällig Depression heißt, wer von uns würde dann nicht alles tun um die Bestie zu besiegen? Und damit schließt sich der Kreis. Auch die Tatsache, dass du die Depression bekämpfst, zeigt wie viel du für deine Familie zu tun bereit bist. Sich einfach aufzugeben und ... zu schlucken wäre schließlich viel bequemer und nicht so schrecklich anstrengend.
In diesem Sinne: Kopf hoch und weiter kämpfen!
Fool

Eiszapfen

Ich sehe das auch so , wer sich viele Gedanken um seine Kinder macht ist eine gute Mutter!

Müde Maus

Ja das denke ich auch...aber ich neige dazu mir zu viele Gedanken zu machen...manchmal wäre es besser über manche Dinge nicht nachzudenken.

hardworking fool

Paracelsus hatte eben doch recht: "Alles ist Gift, es kommt nur auf die Dosis an."

Aber ganz ehrlich, ich mache mir lieber zu viele Gedanken als zu wenig. Überlegt doch nur was für eine Sch..... manche Leute machen weil sie eben nicht genug nachdenken.

Andererseits, und jetzt wird's frustrierend, lebt es sich vielleicht doch viel leichter wenn man seinen Kopf nur als Hutständer benutzt. Zuviel Grübeln führt zu Depressionen. Oder umgekehrt?

Junehoney

Ich danke euch für die lieben Worte.
Es braucht ws. Zeit, bis ich die letzten Jahre verarbeitet habe und mir dann auch Fehler verzeihen kann.

Ja,  negative Gedanken machen krank. Deswegen versuche ich dieses Wochenende mal ins Tun und Fühlen zu kommen. Dann hat mein doofer Kopf nicht so viel Zeit zum Grübeln.
Und natürlich!! seid ihr auch gute Mütter! Ihr kämpft gegen die Depression, ihr seid am Leben, obwohl euch nicht danach ist und ihr macht euch doch auch Gedanken darum. Es ist euch wichtig, wie es euren Kindern geht!

In diesem Sinne....Ein schönes oder zumindest ertragbares Wochenende wünsche ich euch!

Leah

Hallo,
ich hoffe es ist okay, wenn ich hier auch ein paar Worte dazu schreibe, denn ich lese schon länger mit und das alles ist/war auch mein Thema. Vor 10 Jahren hatte ich meinen Tiefpunkt erreicht, Posttraumatische Belastungsstörung, Depressionen, starke Ängste. Seither befinde ich mich in Therapie, mein Thera hat mich mit seinen Notfallstunden durch Therapiepausen geschleust.
Als das alles bei mir los ging war mein Sohn 15 Jahre alt. Mich erwischte es vermeintlich aus dem "Nichts", heute weiß ich, es war eine extrem schwierige, belastende Zeit... dazu später vielleicht mehr, denn ich überlege gerade, mich hier anzumelden.

Ich war mir so fremd, kannte mich nicht mehr...eigentlich immer ein aktiver, kommunikativer Mensch...hatte ich nun Angst vor Menschen (außer aller engster Kreis), konnte alleine nicht mehr das Haus verlassen, Wortfindungsstörungen (für meinen Beruf war Sprechen extrem wichtig und vor dem Tag X war ich darin ziemlich gut), ein kaum mehr vorhandenes Kurzzeitgedächnis etc. und ein schreckliches Gedankenkarussell...mein Selbstwertgefühl nicht mehr vorhanden...ich war schuld an allem, unfähig, zu sensibel...eine Zumutung für alle. Ich hatte mich verloren, dachte auch die wenigen Menschen die liebte verloren zu haben...weil "sie so wie ich war nichts mehr für mich empfinden können, ich nur Last/Belastung für sie sei, es ihnen ohne mich besser gehen würde".
Ich wäre so gerne gegangen, gleichwohl in wenigen "mehr klaren" Momenten erkannte ich, ginge ich, müßte mein Kind zu all den Menschen zurück, die in mir den Grundstock gelegt hatten, dass ich nun so war, wie ich war...und das konnte ich ihm nicht antun. Also machte ich mir einen "Masterplan"...irgendwie durchhalten bis er 18 Jahre ist...dann mußte er nicht mehr dahin zurück...dann, durchhalten bis er Abi hat...Bachelor, Master... du kannst nicht gehen, sonst "verbaust" du ihm die Zukunft, denn wir lieben uns sehr und das würde ihn zurückwerfen. Seit dem Bachelor ist es bei mir eh nicht mehr so schlimm, die Gedanken sind nicht mehr ständig in mir...heute sind es Phasen, wo ich müde bin und hoffnungslos bin.
Mittlerweile ist die Möglichkeit "zu gehen" meine "Rettungsring"...eine Option, wenn garnichts mehr gehen sollte...aber derweil bin ich auch schon weiter gekommen, aber ich brauche das Gefühl noch immer... es gibt mir Sicherheit, das Leben zu versuchen...schwierig zu erklären.
Ich dachte oft, ich bin eine schlechte Mutter. Andere Muttis waren aktiv, fuhren ihre Kinder durch die Gegend, machten tolle Sachen mit ihnen...ich konnte nur für das allernötigste das Haus verlassen...danach brauchte ich Tage um mich davon zu erholen...weil alles soviel Kraft kostete. Immer Angst, berührt mich wer...und immer Scham...ich kann nicht mal mehr einen Satz gerade sprechen.
Mein Thera hat gefühlte 10000 Mal versucht mir zu erklären, dass ich keine schlechte Mutter bin. Dass es nicht darauf ankommt, seinem Kind die Welt zu schenken, es zu chauffieren...ganz schwer das zu begreifen, weil ich es mir für mein Kind anders vorgestellt hatte. Unbeschwert und leicht...
Im Nachhinein gab es Gespräche mit meinem Sohn...er meinte, ich sei immer für ihn da gewesen...und seine Freunde hätten mich immer total cool gefunden ( ich lief eigentlich immer mit Sonnenbrille draußen rum...auch ein Schutz...aber für mich auch eine Notwendigkeit, da ich generell verheult aussah vom vielen weinen), habe mich nur recht wenig in das Leben meines pubertierenden Sohnes eingemischt ( wurde besonders positiv erwähnt, eigentlich war ich nur bei Alkohol streng und das ausgemachte Zeiten eingehalten wurden und das man spricht, wenn was ist).
Mein Thera meinte auch oft, die Depression hätte meinen Sohn auch gestärkt. Er ist ein sehr empathischer, lieber, offener Mensch geworden (und vieles mehr :-) ) mit einer großen inneren Ruhe und Gelassenheit.
Ich denke, man sollte sich von dem Bild ein wenig befreien, dass die Gesellschaft vorgibt....dann muß man sich auch nicht ständig Vorwürfe machen, wie schlecht man ist und was man seinem Kind antut usw. Kann ich heute im Nachhinein leichter sagen, klar...wollte es auch mehr als Beispiel sagen, macht euch keine Sorgen, es ist nicht so negativ wie ihr es vielleicht gerade fühlt. Ich habe mir sehr viele gute und schöne Momente durch meine ständigen Selbstzweifel genommen...

Mir hat beim Thema Ängste geholfen, mich ihnen zu stellen. Panikattacken anzunehmen und sie zu überstehen...und zu sehen, es ist nichts passiert.
Bei den Depressionen war es langwieriger...zuerst mußte ich mich finden. Das funktionierte bei mir sehr gut übers Laufen und fühlen. Mich beim Laufen gezielt hinstellen, den Wind fühlen, den Regen, die Sonne... beim Laufen, was tut es in mir. So habe ich mich zumindest über das Körperliche wieder kennen gelernt. Laufen über den Punkt der Erschöpfung hinaus macht auch glücklich... und die Momente versuchte ich tief in mir einzuschließen und sie bei Bedarf hochzuholen. Beim Laufen konnte ich mich später auch sehr gut sortieren. Sich selbst zu mögen, mit den eigenen Fehlern und trotz der eigenen Fehler ist, glaube ich, auch ein guter Grundstock um Depressionen in ihre Schranken zu weisen. Und jeden Tag sich selbst wenigstens einmal im Spiegel anlächeln. Ist alles nur ein kleiner Schritt, aber ich glaube, zumindest war es bei mir so...es verändert auf Dauer die Sicht auf sich selbst.
Das alles soll nicht heißen, dass ich keine Depressionen mehr hätte. Oft knallen sie mit einer Wucht auf mich ein, meist dann, wenn ich denke, prima läuft gerade gut. Oder sobald ich hart an meine Grenzen gehe oder drüber....die Quittung folgt.
Was mich aber nicht davon abhält es von Zeit zu Zeit zu tun. Weil ich ehrlich gesagt nicht glaube, dass ich jemals wieder dauerhaft ohne Depression leben werden kann. Darum versuche ich auch nicht mehr, wie es hier, ich glaube hardworking fool schrieb, sie auszurotten...weil ich dann auch einen Teil von mir bekämpfen würde. Das führt bei mir nur zu einer Verstärkung. Mir hilft, gut zu mir zu sein und milde/nachsichtig und zu schauen, was tut mir gut und was nicht. Was nicht heißt mich gehen zu lassen, nur nicht immer so furchtbar streng mit sich zu sein.
Vor 16 Jahren hatte ich Krebs...das war mein Feind, den konnte man rausschneiden...genauso ging ich auch in einer Phase gegen meine Depri vor....hat alles nur verschlimmert...sie ist nun mal da, ist in mir, ich muß mit ihr Leben, darf ihr aber nicht zuviel Raum geben. Mal ein paar miese Tage...aber dann...das innerliche "jetzt reicht es"...
Sorry, muß schließen es läutet,  ist eh viel zu lang geworden...hoffe, nicht zu lange
Liebe Grüße Leah

hardworking fool

Hallo Leah,

herzlich willkommen und vielen Dank für Deinen langen Beitrag. Ich glaube, dass jeder von uns in vielen Deinen Worten wiederfindet. Ich fand vor allem das mit den Wortfindungsstörungen interessant. War mir gar nicht bewusst, dass das auch ein Symptom der Depression ist. Ich dachte eigentlich, das sei ein Zeichen allmählich zunehmender Verblödung. Na ja, typisch depressives Selbstwertgefühl eben.
Ich war früher Lehrerin, ausgerechnet auch Fremdsprachen. Da ist es besonders toll, wenn die Worte fehlen oder momentan leider nur in der falschen Sprache zur Verfügung stehen. :-)
Heute ist es "glücklicherweise" (Sarkasmus pur! Sorry) so, dass ich hauptsächlich mit Leuten zusammenarbeite die nur rudimentär Deutsch sprechen und keine der Fremdsprachen die ich irgendwann gelernt hatte. Da macht es wenig wenn mir mal wieder die Worte fehlen, ich spreche eh hauptsächlich mit Händen und Füßen.
Schönes Wochenende!
Fool

Junehoney

Liebe Lech.
Danke für deinen Beitrag.
Es macht mir Mut zu kämpfen.
Noch stecke ich mittendrin, aber langsam kommen auch Tage wo ich ein Fünkchen Hoffnung spüre.
Toll, dass dein Sohn so gut gediehen ist....Da sieht man mal wieder, wir sind doch bessere Mütter als wir denken.

Mich quält aktuell auch meine PTBS. Essen intern Trigger und so bin ich sehr dünn geworden.
Aber meine Therapeutin macht mir Hoffnung, dass sie mir mit EMDR helfen kann.

Eiszapfen

Die Depression geht einfach nicht weg , ich habe keine Lust zu nichts und hänge nur rum.Es ist furchtbar.Ich will aber auch keine Medikamente nehmen.

Junehoney

Eiszapfen, ich versteh dich total, dass du keine Medis nehmen willst. Ich auch nicht. Das ist irgendwie mein letztes Fünkchen Selbstwert, es alleine, ohne Medis zu schaffen.
Machst du denn Therapie? Mir hilft das total.
Insbesondere wenn du auch Zwängen hast.
Ich habe nämlich auch noch eine PTBS zu der Depression. Wenn die Depression besser wird, wird die PTBS schlimmer.
Nur Mut. Es dauert sehr lange bis man die Depression bekämpft hat.

Eiszapfen

Ja dazu kommt noch ein Waschzwang der Hände .Ich komm einfach nicht mehr klar ! Ich wasche meine Hände bestimmt am Tag über hundertmal!Es belastet mich sehr ! Und wenn ich mir mal nicht die Hände wasche denke ich, ich tue jemand etwas schlimmes an!

Junehoney

Ja, das muss heftig sein.
Jemandem etwas antun zu können, ist ja auch ein Zwangsgedanke.
Hast du schon mal überlegt in eine Spezialkliniken für Zwangsstörungen zu gehen?

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