Nehme ich anderen den Therapieplatz weg?

Begonnen von Hardworking Fool, 11 August 2016, 11:36:08

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Hardworking Fool

Hallo! Ich bin seit März 2016 in psychotherapeutischer Behandlung (Depression). Eine Zeitlang war es auch ganz schlimm und ich wollte mich umbringen. Jetzt geht es mir besser, ich kann zwar immer noch nicht schlafen, aber ich denke nicht mehr an Suizid.
Frage: Sollte ich nicht besser den Therapieplatz aufgeben? Es gibt doch sicher viele, denen es schlechter geht als mir. 

Harmonie

Hallo,
Du nimmst niemandem einen Therapieplatz weg - der steht DIR zu!

Es ist ein gutes Zeichen, dass es dir besser geht und du in letzter Zeit nicht mehr über Suzid nachdenkst!
Dass du noch nicht schlafen kannst, ist aber noch ein Zeichen, dass du nicht "geheilt" bist :(

Bitte mach die Therapie zumindest zu ende!
Wahrscheinlich hast du eh erstmal nur für ca ein halbes - bis zu einem Jahr die Stunden verschrieben bekommen - nutze die Zeit alle Themen anzusprechen, die dich deinen Schlaf kosten ;)


Adrenalinpur

Wünsche dir alles Liebe und Gute! Nein habe bitte kein schlechtes Gewissen

Hardworking Fool

Hallo und vielen Dank für Eure netten Worte. Ich weiß wirklich nicht, was ich machen soll. Ich habe von der Krankenkasse eine Langzeittherapie bewilligt bekommen. Bei der momentanen Behandlungsfrequenz die ich habe sind das ca. 2 Jahre !!! (aus beruflichen Gründen kann ich nur alle 14 Tage zur Therapie gehen.) Ob meine Probleme wirklich so groß sind, dass ich nicht alleine damit fertig werden kann? Manchmal komme ich mir so dumm vor. Ich habe es mit 40+ geschafft nach langer Arbeitslosigkeit einen völlig neuen Karriereweg einzuschlagen, eine Arbeit zu finden die mir endlich finanzielle Sicherheit, eine Perspektive für die Zukunft und das Gefühl gebraucht zu werden gibt. Eigentlich könnte es gar nicht besser laufen! Ganz objektiv gesehen geht es mir gut Ich habe wirklich keinen Grund dazu depressiv zu sein. Deswegen meine ich ja, dass ich den Therapieplatz jemanden überlassen sollte der ihn dringender braucht.
Sorry, das findet ihr jetzt sicher alle ganz albern, aber ich habe echt ein schlechtes Gewissen deswegen. Trotzdem danke für's "Zulesen."

Freudestrahlend

Hallo Hardworking Fool,

eins der richtig üblen Dinge bei einer Depression ist ja gerade, dass es keinen Grund braucht, damit sie auftaucht. Meine Therapeutin hat immer gesagt: Es ist nicht nötig, dass es Ihnen total mies geht, um hierherzukommen. Solange Sie denken, dass es Ihnen nur ein winziges bisschen besser gehen könnte als bisher, ist es gut, dass Sie kommen.

Und auch wenn alles soweit gut ist, gibt es doch meist noch "Luft nach oben", oder?
Ich wünsche dir, dass du eine gute Entscheidung triffst.
Most people do not listen with the intent to understand, they listen with the intent to reply.

Hardworking Fool

Danke nochmals für Eure lieben Worte. Ich hab's begriffen - allerdings erst nachdem mich der Zaunpfahl getroffen hat.
Gestern hatte ich die vorerst letzte Sitzung bei meiner Therapeutin da diese demnächst für 4 Wochen in Urlaub fährt. Kein Problem dachte ich - schließlich ging es mir ja vielleicht nicht richtig gut, auch nicht 95% geheilt, aber doch deutlich besser.
Tja und heute habe ich dann gleich so eine richtig, dicke, fette Panikattacke bekommen und bin in ein ganz, ganz tiefes Loch gefallen.

Adrenalinpur

@Hardworking schreibst du Tagebuch? Das hilft und es wäre gut wenn deine Coach-Dame das liest, alles was dich bewegt

Gute Nacht

Hardworking Fool

Hallo Adrenalinpur,
ja, ich schreibe schon seit Jahren Tagebuch. In letzter Zeit könnte man sogar sagen, dass ich zwei Tagebücher schreibe, ein normales und ein therapy diary in dem ich mir notiere was in den einzelnen Therapiesitzungen besprochen wurde.
Ich wäre allerdings niemals auf die Idee gekommen diese meiner Therapeutin zu zeigen. Das "normale" Tagebuch ist m.E. zu banal und das andere enthält Kommentare, Eindrücke und Spekulationen über meine Ärztin die wirklich nicht für fremde Augen bestimmt sind.
Trotzdem danke für Deinen Rat.

hardworking fool

So, jetzt ist es wieder einmal so weit. Dem Esel geht es zu wohl, er will auf's Eis.

Ich habe ja schon des Öfteren gesagt, dass ich ein schlechtes Gewissen habe. So viele Menschen bräuchten dringend einen Therapieplatz - und ich mit meinen banalen, völlig unbedeutenden Mini-Problemchen nehme ihnen diese Chance einfach weg.

Gestern fragte mich meine Therapeutin doch allen Ernstes, ob ich mehr Stunden brauchen würde. Ich komme mir vor wie ein kleiner, mieser Betrüger. Meine Güte! Ich hatte eine glückliche Kindheit, mir hat es nie an irgendetwas gefehlt. Ich wurde gefördert und gefordert. Kindererziehung wie im Bilderbuch. Ich bin ein Schoßkind des Glücks, verdammt noch mal. Wenn ich mir einbilde depressiv zu sein, dann ist das wirklich lächerlich. So ein Bullshit! Wenn ich mir in den Finger geschnitten habe, rufe ich doch nicht auch gleich den Krankenwagen.

I'm a fraud. Just a mean old, fucking fraud. Trying to get some sympathy for my "terrible" life. Bloody hell. Worst thing that's ever happened to me has been  a real blessing in disguise compared to what most ordinary people go through every day.
This sucks so much. I suck. It's a fleming miracle I can look at myself in the mirror. I should go and fuck myself. Hit my head real hard with a sledgehammer to beat some sense into it.
How dare I even think of complaining! I'm so pathetic for crying out loud!
Sometimes I think that I just invented all this shit about my depression to avoid being recognized as the damned drunkard I am. Didn't I just tell them that fairy tale to avoid being kicked out of my job straight away? Well, you damned cunt. You got more than you bloody well asked for, didn't you? You started this shit and now you fucking idiot actually started to believe it. You actually believe that you are sick. But really you are just a fucking Freak.
For Christ's sake!
Get a grip! And stop kicking up such a fuss about your own pathetic life.

LostSoul

Ich hatte auch eine tolle Kindheit, super Eltern, die immer für mich da waren. Zumindest bis ich aufs Gymnasium kam war mein Leben perfekt. Und trotzdem hab ich Depressionen. Ich gehe davon aus, dass auch du schon genug mitgemacht hast im Leben, was diese Krankheit ausgelöst oder verschlimmert hat. Also bitte hör auf, dir selbst irgendwelche Vorwürfe zu machen, dass du anderen den Therapieplatz weg nimmst. Du selbst wirst es am besten wissen ob du noch weitere Stunden brauchst. Was bringt es dir, jetzt aufzuhören obwohl es dir noch nicht wieder gut geht? Gar nichts. Ich hab auch schon mal eine Therapie frühzeitig aufgehört, weil ich dachte: Ach wird schon, mir gehts doch gut. Den Rest kannst du dir denken, sonst würde ich mich jetzt nicht in einem Depressions Forum rumtreiben. ;)

hardworking fool

Liebe Seele,

du hast ja recht. Mein Verstand weiß das auch. Aber mein verdammtes Selbst schießt immer quer.

In der letzten Therapiesitzung kam ich mir so lächerlich vor. Wir haben uns über Klamotten unterhalten. Also ganz ehrlich - ist das ein Problem mit dem man zum Psychiater muss? Wie armselig ist das denn, wenn eine 43jährige sich immer noch mit ihrer Mutter über Klamotten streitet.
Und für das eine Thema, was eine Depression vielleicht in Ansätzen rechtfertigen würde, bin ich laut meiner Therapeutin "noch nicht bereit." Ich glaube auch ehrlich gesagt nicht, dass ich dieses Problem jemals lösen werde, also warum darüber reden? X Jahre brainwashing lassen sich auch mit noch so vielen Therapiestunden nicht rückgängig machen.
Das trage ich wahrscheinlich mit mir rum bis mir eine gnädige Demenz die Erinnerungen stiehlt.
Hey! Es gibt Grund zur Hoffnung.
LG Fool

LostSoul

Hey Fool.

Vielleicht ist es manchmal auch ganz gut, wenn man nicht die komplette Zeit über schlimme Dinge redet? Ich mache zwar noch nicht so lange meine Therapie, aber auch ich rede nicht 50 Minuten lang über todernste Sachen. Letztens hat mich mein Therapeut sogar zum lachen gebracht und sowas muss man erstmal schaffen bei einem depressiven Menschen. Ich würde mir deswegen aber nie Gedanken machen, dass ich Fehl am Platz sei.

Manchmal muss man einfach aufhören sich über alles Gedanken zu machen (auch wenn ich es selbst ständig mache). Einfach die Dinge geschehen lassen so wie sie kommen, damit lebt man denke ich besser...

Alle Gute weiterhin.
LG LostSoul

hardworking fool

Liebe LostSoul,

ich kam noch gar nicht dazu mich bei dir für deinen Beitrag zu bedanken. Du hast mir auf alle Fälle viel zum Nachdenken gegeben.

Du hast völlig recht, ständig nur über so erquickliche Themen wie Tod, Selbstmord und Depression zu reden das würde ja kein Mensch aushalten. Ich habe auch schon oft mit meiner Therapeutin zusammen gelacht. Trotzdem dachte ich mir nach dem letzten Mal schon, dass es Wichtigeres / Lohnenswerteres gegeben hätte als unbedingt Kopfbedeckungen. :-)

Vielleicht sollte ich wirklich weniger denken. Wenn ich mich so in meinem (Arbeits-) Umfeld umschaue, komme ich nicht umhin festzustellen, dass fehlender intellektueller Tiefgang offensichtlich sehr wohltuend sind. Manche dieser lieben Menschen werden wahrscheinlich irgendwann den Geist aufgeben ohne ihn je benutzt zu haben. ;-)

Noch mal vielen Dank für deinen Beitrag!
LG Fool

LostSoul

Hey Fool. :)

Stimmt, da war ja noch was. In letzter Zeit sind so viele neue Beiträge hier im Forum, da kommt man kaum noch hinterher.

Das freut mich, dass du über meine Worte nachgedacht hast, das war auch mein Ziel. Reicht schließlich, wenn ich mir den Kopf über alles zerbreche, da müssen es nicht auch noch andere tun.

Ich hatte gestern auch wieder Therapiesitzung und es ging um solche Themen wie Freundschaften und andere Menschen. Auch nicht gerade etwas, wo man sich denkt: "Dafür brauch ich unbedingt einen Therapeuten." Aber ich hab langsam das Gefühl, dass mir die wöchentlichen Sitzungen gut tun und es mir langsam etwas besser geht.

Weniger denken ist wirklich manchmal besser, merke ich selbst oft genug. Nur das erstmal zu schaffen ist die Herausforderung.

LG LostSoul

hardworking fool

Liebe LostSoul,

tut mir leid, aber da muss ich dir widersprechen. Weniger denken kann nicht wirklich eine Herausforderung sein. Ich kenne sogar einen ganzen Haufen Leute, die überhaupt nicht denken!

Andere Menschen? Also ich finde, dass das sogar ein ganz besonders wichtiges Thema für eine Therapie ist. Ich kann es kaum erwarten am Donnerstag mit meiner Therapeutin darüber zu reden. Letzte Woche habe ich nämlich so einiges erfahren worüber ich unbedingt mit jemanden sprechen muss.
So kann's gehen. Vor zwei Wochen habe ich mal wieder am Sinn der Therapie gezweifelt und dann kommt plötzlich mit dem Thema Mobbing ein völlig neues Betätigungsfeld auf meine arme Therapeutin zu. Tja, da muss sie auch noch durch. ;-)

Freut mich, dass es bei dir aufwärts geht!
LG Fool

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